Liebe auf den ersten Blick

Wohl jeder Mitarbeiter des Theaters wurde in seinem Berufsleben schon einmal gefragt: »Und was machen Sie vormittags?« Viele Menschen haben im Kopf, dass an den Abenden die Vorstellungen im Theater laufen, und sie können sich nicht vorstellen, dass Mitarbeiter dort fast rund um die Uhr arbeiten. Zum Beispiel: Die Verwaltungsleiterin Kerstin Leicht

»Es war Liebe auf den ersten Blick«, sagt Kerstin Leicht. Gleich am Tag ihres Bewerbungsgespräches für den Posten als Leiterin der Finanzbuchhaltung und EDV am Theater Heilbronn hat sie dieses Haus am Berliner Platz ins Herz geschlossen. Es war ein heißer Tag im Jahre 1992. Jürgen Frahm, der damalige kaufmännische Geschäftsführer an der Seite von Intendant Klaus Wagner, hat sie empfangen »und so begeistert von seiner Arbeit erzählt, dass er mich sofort angesteckt hat«, erinnert sie sich. Die Chemie stimmte und die junge Diplombetriebswirtin mit Schwerpunkt Personal und Hotelbetriebswirtschaft, die nach ihrem Studium an der Hochschule Heilbronn erst in einem Hotel an der Rhön, anschließend als Leiterin in einer Personalleasing-Firma und dann in einem Handelsunternehmen als Buchhaltungsleiterin gearbeitet hat, unterzeichnete ihren Vertrag mit dem Theater Heilbronn. »Von da an war ich für die, freie Wirtschaft’ verloren«, sagt Kerstin Leicht. »Mir eröffnete sich eine ganz neue Welt, in der ich meine betriebswirtschaftlichen Fachkenntnisse in den Dienst der Kultur stellen durfte.« Seit 22 Jahren hält sie dem Theater Heilbronn die Treue, geht mit ihm durch dick und dünn und lebt ihren Beruf. Seit Jürgen Frahm 2003 in den Ruhestand ging, hat sie als Verwaltungsleiterin den Überblick über die Finanzen und ist in kaufmännischen Belangen die Stellvertreterin des Intendanten. Sie kennt die Zuschauer und die Zuschauer kennen sie. Sie gilt als die Frau mit dem großen Herzen, als gute Seele. »Aber ich verwalte auch die Zahlen«, sagt sie energisch. Und da kann und darf man nicht immer großherzig sein, denn man kann nur so viel Geld ausgeben, wie da ist.

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Die Zeiten haben sich in den letzten 20 Jahren sehr geändert. Als sie hier anfing, wurden Einnahmen und Ausgaben noch sehr langwierig per Hand eingetragen. Ein computergestütztes Controlling gab es nicht. Auch der Druck, mit streng limitierten Geldern zurechtkommen zu müssen, war nicht so groß. Unter ihrer Leitung wurde eine Software eingeführt und im Laufe der Jahre ständig verbessert, mit deren Hilfe alle Finanzen automatisch kontrolliert werden können. 2001 war ein wichtiges Jahr – hier wurde nicht nur das Komödienhaus eröffnet, sondern auch das ganze System auf den EURO umgestellt, der ab 1. Januar 2002 offizielles Zahlungsmittel war. Außerdem wurde das Theater ein Eigenbetrieb und bekam von der Städtischen Kämmerei die Verantwortung für den Umgang mit den Geldern übertragen. Selbstverständlich vereinfachte das viele Wege, aber Rechenschaft über Einnahmen und Ausgaben auf Heller und Pfennig legt das Theater seither umso akribischer ab – bis heute alle drei Monate in Form eines Berichtes an die Stadtverwaltung und an den Gemeinderat.
Dank eines engen Miteinanders zwischen künstlerischer Leitung und Verwaltung steht das Theater finanziell auf soliden Füßen. »Man wägt immer ab zwischen Kunst und Geld« beschreibt Kerstin Leicht, »zwischen dem, was man künstlerisch will und dem, was man bezahlen kann.« Die Controlling-Systeme schlagen gnadenlos Alarm, sollte man auch nur in die Nähe einer zu großen Ausgabe kommen. Dann suchen Intendant und Verwaltungsleiterin gemeinsam nach einer Lösung. »Mit Axel Vornam als Intendant, der sich auch auf die Finanzen versteht, und mir als Verwaltungsleiterin mit einer großen Liebe zur Kunst sind wir eigentlich ein unschlagbares Team«, ist sie überzeugt. »Und mit 170 Mitarbeitern, die sich sehr mit diesem Theater und ihrer Arbeit identifizieren, die nicht nur Dienst nach Vorschrift machen, sondern sich mit Leib und Seele in ihre Aufgaben hineinknien – die sind das größte Pfund und machen das Theater Heilbronn zu einem ganz besonderen Haus.«
Kerstin Leicht weiß, wovon sie redet. Als Mitglied der Verwaltungsdirektorenkonferenz, als Beraterin in verschiedenen Tarifausschüssen und als Beisitzerin im Bühnenschiedsgericht ist sie bestens mit der Situation der Theaterlandschaft in Deutschland vertraut. Immer öfter klingelt bei ihr das Telefon und sie wird von Kollegen aus anderen Häusern um Rat gefragt. »Dass es in Heilbronn gut funktioniert, hat sich herumgesprochen«, sagt sie nicht ohne Stolz. Natürlich ist nicht immer alles eitel Sonnenschein, wenn so viele Individualisten und Künstlernaturen als großes Ganzes zusammenwirken. »Aber es gibt niemals Monotonie und so unsagbar schöne Glücksmomente, beispielsweise nach einer gelungenen Premiere.« Hin und wieder lässt Kerstin Leicht ihre Zahlen auch Zahlen sein und hilft im Besucherservice aus, um direkt den Kontakt zum Publikum zu haben. Beraten, diskutieren, Stücke empfehlen – das ist ihre Welt.
Manchmal genießt sie auch einfach nur ihren Garten oder das Walken durch die Weinberge gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Klier. Doch da dieser als Meister für Veranstaltungstechnik auch ein Theatermann ist, den sie übrigens in Heilbronn kennengelernt hat, drehen sich die Gespräche auch während der ausgedehnten Walking-Touren immer wieder um ihre gemeinsame große Liebe: das Theater.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

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