Prickelnder Witz, gefühlvolle Klänge

Loriots Kultinszenierung der komischen Oper »Martha« aus München zu Gast (Premiere 17.01.2013)

Diese Inszenierung ist Kult. Bereits seit 1997 läuft die komische Oper »Martha« von Friedrich von Flotow im Staatstheater am Gärtnerplatz in München und gehört zu den Beliebtesten Aufführungen des Hauses. Diese Oper avancierte schon kurz nach ihrer Uraufführung 1847 zu einer Lieblingsoper der Deutschen. Grund für den langanhaltenden und bis heute ungebrochenen Erfolg gerade dieser Inszenierung ist jedoch, dass sich ein wahrer Meister des Humors, nämlich Loriot, dieses biedermeierlichen Stoffes angenommen hat. »Er kehrt mit hintersinnigem Ernst und sehr geschickt den Unernst der komischen und gefühlstriefenden Affären hervor, mehr noch: Er entdeckt darin den Witz, legt ihn bloß, und der zeigt sich auf einmal so prickelnd, so strahlend wie noch nie. Es geschieht fast ohne Übertreibungen, obwohl man immerzu Loriot, den verschlagenen Opernhumoristen, erkennt … Ein intelligenter musikalischer Spaß, das ist es.« So euphorisch urteilte der Kritiker der Wochenzeitung »Die Zeit«, Manfred Sack, 1986, als die Inszenierung am Stuttgarter Staatstheater Premiere feierte, bevor sie 11 Jahre später in München neu aufgenommen  wurde. Loriot zeichnete nicht nur für die bis ins kleinste Detail liebevoll gearbeitete Inszenierung verantwortlich, wie man es in dieser Akribie auch aus seinen Fernsehsketchen kennt, er schuf auch die Kostüme und das Bühnenbild und damit eine bezaubernd heitere Szenerie.

»Martha« erzählt die fröhlich-sentimentale Geschichte von Lady Harriet Durham und ihrer Freundin Nancy, die sich aus Langeweile als Mägde Martha und Julia ausgeben. Prompt werden sie auf dem Gesindemarkt engagiert, erweisen sich im Hause des reichen Pächters Plumkett und seines Ziehbruders Lyonel aber als für die Hausarbeit völlig ungeeignet. Das Spinnen etwa müssen ihnen die Männer beibringen. Der Begeisterung der Herren für die neuen Haushaltshilfen tut dies jedoch keinen Abbruch.  Plumkett verliebt sich in Julia und Lyonel in Martha und nach vielen Irrungen und Wirrungen kommt es zum unvermeidlichen  Happy End.
Schon seit seiner frühen Jugend war Loriot opernsüchtig. Als Gymnasiast in Stuttgart soll er in mindestens 25 Opern als Komparse aufgetreten sein und die Werke auswendig gekonnt haben. Als ihn 1986 der damalige Stuttgarter Generalintendant Wolfgang Gönnenwein einlud, eine Oper seiner Wahl zu inszenieren, sagte er gern zu. Ob er »Martha« deshalb wählte, weil ihr Schöpfer Friedrich von Flotow genau wie Loriot alias Vicco von Bülow aus einem alten mecklenburgischen Adelsgeschlecht stammt? Überliefert ist, dass Lortzing ihm zu nahe gelegen haben soll, bei Mozart sei ihm die Musik zu schade gewesen und Wagner wäre ihm, dem Parodisten, ausgeliefert gewesen.
So wählte er »Martha«. Wahrscheinlich war es »die wunderliche, mitunter pikante Mischung aus Komik und Sentimentalität, aus Heiterkeit, entwaffnender Naivität und tränennasser Gefühlsseligkeit« (Manfred Sack in der »Zeit«), die ihn für dieses Werk einnahm.
Dank der zauberhaft-ironischen Interpretation von Loriot ist es bis heute ein großes Vergnügen – jetzt auch für 11 Vorstellungen in Heilbronn.

Silke Zschäckel, Pressereferentin