Workshop Prüfungsvorbereitung

TREFFPUNKT LEHRERZIMMER. Wenn wir zu einem Workshop in eine Schule gehen, ist das meist der Ort, der als erstes angesteuert wird. Oft ist noch Zeit für eine kurze Unterhaltung und eine Tasse Kaffee. Ab und zu kennt man den einen oder die andere Kollegin auch schon gut. Gerade in dieser Spielzeit verbringen wir viele Stunden für Workshops in Schulen, um Vorstellungsbesuche für die Prüfungsthemen zu »Nach vorn, nach Süden« (UA) und zu »Woyzeck« vorzubereiten. Wir kommen mit einem Fahrplan in die Schule, wie wir uns den Ablauf des jeweiligen Workshops vorstellen – oft müssen wir aber auch flexibel sein und davon abweichen, je nach dem, ob die Klasse schon ganz tief im Stoff steckt oder noch gar nicht, ob es morgens um 8 Uhr oder nachmittags um 15 Uhr ist. Schreibt die Klasse im Anschluss noch eine Klassenarbeit oder war der Tag vorher schon lang für alle? Deshalb gibt es immer Plan A, B und C. Wir nehmen Sie mit in zwei unserer Workshops, Sie dürfen Mäuschen sein.

Foto © Stefanie Roschek

von Natascha Mundt

Montag, kurz nach halb 10. Die erste große Pause ist vorbei an einem Heilbronner Gymnasium. Nach und nach tröpfeln die Schüler des Leistungskurses Deutsch ins Klassenzimmer. Manche freuen sich, manche sind ob des Unbekannten, was sie in der nächsten Doppelstunde erwartet, etwas unsicher. Andere haben völlig vergessen, dass ich wie ein Ufo im Klassenzimmer gelandet bin und erschrecken sich fast. 16 Augenpaare schauen mich an. Die Klasse hat den »WOYZECK« schon gelesen, aber noch nicht komplett besprochen, sie sehen sich eine Woche später die Inszenierung bei uns an und schreiben im Frühjahr ihr Abitur über den Stoff. Meine Aufgabe für diese Doppelstunde ist es nun, zum einen unsere Inszenierung, also vor allem den konzeptuellen Zugriff und die Ästhetik, zu vermitteln, zum anderen aber auch, den Text, der für die Schüler ggf. ganz weit weg, eben in einem kleinen gelben Buch steht, plastisch und greifbar zu machen.

Wir starten mit einem kurzen Spiel im Kreis: Ähnlich wie beim Uno-Spiel gibt es verschiedene Anweisungen, die Originalzitate aus dem »Woyzeck« sind. Mit einem kräftigen »Jawoll, Herr Hauptmann« gibt man mit einem Klatschen einen Impuls reihum. Ein »Langsam Woyzeck!« markiert einen Richtungswechsel und mit einem »Marie!« kann man sich einen anderen Spielpartner als den links und rechts von sich aussuchen. So wird zum einen der Körper, aber auch der Kopf warm gemacht. Und alle haben was zum Lachen. In einer weiteren Übung haben Zweierteams die Aufgabe, sich wie Marionetten durch den Raum zu führen. Diese Übung wird gesteigert, wenn im weiteren Verlauf dann drei Leute gleichzeitig an den Fäden der jeweiligen »Puppe« ziehen. Ich stelle danach die Frage in die Runde, warum ich wohl diese Übung ausgesucht habe: damit uns nichts peinlich ist, damit wir mit anderen zusammenarbeiten als mit unseren Sitznachbarn, damit wir lernen, zu vertrauen, damit wir erfahren, wie es Franz Woyzeck wohl ergeht, wenn er versucht, es gleichzeitig allen recht zu machen – aha! Darauf wollte ich hinaus, auch wenn alle anderen Antworten auch richtig sind. Wobei es mir immer sehr wichtig ist, im Workshop zu betonen: Ihr könnt nichts wirklich falsch machen, hier gibt es nicht die eine Lösung. Ein Workshop bietet die tolle Möglichkeit, sich auf eine andere Art und Weise mit dem Text, den man im Unterricht liest, mit der Inszenierung, die man, vermeintlich passiv im Zuschauerraum sitzend, erlebt, auseinanderzusetzen. Und er öffnet auch die Augen dafür, dass es nicht die eine Interpretation eines Stoffs gibt, sondern noch viele weitere Lesarten als die, die im Lektüreschlüssel vorgestellt wird.

Zu sehen ist das auch in der letzten Übung, in der die Schüler in Kleingruppen Szenen aus dem Stück erhalten, etwa wenn Woyzeck Marie ersticht oder wenn der Tambourmajor und Marie aufeinandertreffen. Die Aufgabe nun: Übersetzt das, was hier steht, in eure Sprache. Wie würdet ihr das heute sagen, würde diese Szene z. B. auf dem Schulhof, auf einer Wiese am Neckar, auf dem Parkplatz vor der Tankstelle stattfinden? Zuerst gibt es ratlose Gesichter, doch dann geht es in den jeweiligen Gruppen rund. »Nein, das heißt doch, dass er sie klarmachen will!« Es wird gelacht, diskutiert, über die semantische Auslegung eines einzigen Wortes gesprochen; eigentlich gar nicht so viel anders als bei den Proben in unserem Probenzentrum. Den Schülern wird klar, so weit weg von ihnen ist Büchners Text gar nicht. Zum Schluss zeigt jede Gruppe ihre Übersetzung in einer kurzen Szene vor der Klasse und die Zuschauer dürfen raten, mit welcher Szene sie sich beschäftigt haben. »Das war cool, hätt ich gar nicht gedacht – ich freu mich jetzt, das Stück zu sehen«, kommt danach aus einem Mund. Ich wünsche der Klasse viel Spaß in der Vorstellung und viel Erfolg beim Abi, beim Verabschieden winkt mir im Gang ein Schüler zu, wir kennen uns aus einem vorherigen Workshop.

* * * * * * *

von Simone Endres

»NACH VORN, NACH SÜDEN« wird in den meisten Realschulen erst im Lauf des Schuljahres gelesen und einige Lehrkräfte hatten uns schon zu bedenken gegeben, dass sie die Inszenierung erst nach der Lektüre besuchen wollen. Die Klasse, die heute vor mir steht, ist mutig und stürzt sich ins Unbekannte. Gleichzeitig bietet meistens gerade der offene, unverstellte Blick auch die Möglichkeit, sich neu und unverkrampft auf die Inhalte und Figuren des Romans einzulassen und eigene persönliche Bezüge herzustellen. So auch heute.

Die Klasse hat noch nie einen Workshop mitgemacht und keine Ahnung, was sie erwartet. Die Ankündigung, den Klassenraum freizuräumen, damit wir Platz zum Bewegen und Arbeiten haben wird mit großer Anspannung und wenig Begeisterung aufgenommen. Die meisten Teilnehmer vergraben sich tief in ihre Anoraks und halten die Arme verschränkt. Keiner möchte seinen Stuhl verlassen.

Lena, genannt »Entenarsch«, die als Protagonistin des Romans von Sarah Jäger durch die Geschichte von »Nach vorn, nach Süden« führt, sucht auch ihren Platz auf dem Hinterhof eines Penny-Marktes. Damit ist das erste Spiel zur Eröffnung des Themas gesetzt. Alle Stühle sind im Raum verteilt und die Aufgabe der Gruppe lautet, durch strategische Platzwechsel »Entenarsch« den letzten freien Platz streitig zu machen. Durch das Spiel löst sich die anfängliche Skepsis.

Es folgen Assoziations- und Dissoziationsübungen zur Etablierung eines wertungsfreien Raums. Assoziation bedeutet, dass alles, was wir hören, zu Bildern im Kopf führt. Dissoziationsübungen helfen dabei, sich frei zu spielen und den inneren Zensor auszuschalten. Die Erfahrung, nichts falsch machen zu können, ist für den Rest der Lektion eine entscheidende, damit jeder Teilnehmer sich traut, den Zustand der Fehlervermeidung hinter sich zu lassen und sich vor der Klasse mit den eigenen Ansichten »zu zeigen«. In 2er-Gruppen werden nun kleine Geschichten improvisiert. Beginnend mit dem Satz: »Sag mal, weißt du noch was gestern auf der Landstraße passiert ist?«, haben alle Teams zur Aufgabe, eine kleine gemeinsame Szene zu entwickeln, die anschließend vor der Klasse präsentiert wird. Mich begeistert die Vielfalt des Themenspektrums. Zwei Jungs zeigen, wie sie ohne gültigen Personalausweis die Einreise aus dem Kosovo zu managen versuchen, drei Teilnehmer sind nach einem Banküberfall auf der Flucht und andere versuchen sich gegenseitig bei der Autopanne behilflich zu sein. Alle sind stolz auf ihre Präsentation. Nebenbei ergibt sich auch die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie ein Schauspieler sich auf der Bühne fühlen würde, wenn es im Zuschauerraum unruhig wird oder das Handy klingelt. Alle verstehen plötzlich, wie wichtig es ist, den Theaterbesuch als gemeinsames Erleben zu verstehen, und dass Publikum und Bühne keine so starr abgegrenzten Bereiche sind, wie allgemein vermutet. Weiter geht es nun mit den Stationen, die »Entenarsch« mit den Insassen ihres VW Polos erlebt. Es gilt, sich aus sechs Schauplätzen des Stücks drei auszusuchen und diese zu einer kurzen Reiseszene zu verbinden. Beispielsweise geht es so vom Schlossgarten in Fulda über den Kreisverkehr von Oer-Erkenschwick zum »Feld-Wald-Wiesen-Festival« in Bimbach. Diese Ausflüge nutzen wir, um das Prinzip der »Heldenreise« zu besprechen, also vom Loslassen von Sicherheit und dem daran anschließenden Aufbruch, der Krise nach anfänglichem Scheitern, der Heldeninitiation durch Konfrontation mit auftretenden Problemen bis zur Rückreise nach Läuterung. Erhitzt ziehen die Schüler Vergleiche zu Roadtrips aus Film und Fernsehen, und Parallelen zu »The Fast and the Furious« bis hin zum »Herrn der Ringe«.

Als mir die Klasse wenige Tage später wieder im Zuschauerraum begegnet, frage ich anschließend, wie es ihnen in der Vorstellung ergangen ist. »War echt cool… aber beim nächsten Mal spielen wir selbst mit«, schallt mir als Echo entgegen.

Warm gespielt – Fortbildungsreihe Theaterpädagogik

Für Sportler ist ein »Warm-Up« vor dem Spiel selbstverständlich. Aber auch in der Schule sind »Warm-Up«-Spiele ein guter Start. Sie dienen der Konzentrationsförderung oder eignen sich prima für ein Auflockern zwischendurch. Der Kopf wird wach, Körper und Stimme werden aufgewärmt und man wird warm mit der Gruppe. Fehlen nur noch die passenden Ideen dazu …

Die Theaterpädagoginnen Natascha Mundt und Simone Endres halten im ersten Teil der dreiteiligen Fortbildungsreihe »Grundlagen Theaterpädagogik« für Pädagogen jede Menge kreativen Input für »Warm-Up«-Spiele bereit.

Ein Spiel ohne Verlierer: Ziel ist es, dass sich alle Teilnehmer auf die Stühle retten können und kein Fuß den Boden berührt.
Foto: Natascha Mundt.

Mit großer Spielfreude im Gepäck versammelt sich im Oktober eine bunt zusammengewürfelte Gruppe im Salon3 zum Workshop. In lockerer Runde stellen sich die Teilnehmer kurz vor und man findet sich auf Anhieb interessant und sympathisch. Mit dabei sind unter anderem Pädagogen aus den Bereichen Sonderschulpädagogik, Fremdsprachen, Sport und Musik. Einer der Teilnehmer plant eine Theater AG an seiner Schule zu gründen, eine andere Teilnehmerin hat bereits »aus Versehen« eine gegründet.

Unter Anleitung der Pädagoginnen Natascha Mundt und Simone Endres wird das erste Spiel erklärt, das dabei helfen soll, sich die Namen der Teilnehmer besser einzuprägen. Dazu wird ein Kreis gebildet, zwei Bälle werden als Hilfsmittel benutzt. Eine Person muss sich eine andere Person aus dem Kreis heraussuchen, ihren Namen rufen und ihr den Ball zuwerfen. Nach der ersten Runde wird das Ganze in derselben Reihenfolge wiederholt. Nachdem die erste Runde gut geklappt hat, kommt der zweite Ball ins Spiel. Aber aufgepasst, der zweite Ball bekommt eine andere Reihenfolge als der erste! Gar nicht so einfach, wenn zwei Bälle durch die Luft fliegen und man sich blitzschnell daran erinnern muss, welchen Ball man welcher Person zugeworfen bzw. zuzuwerfen hat.

Konzentration erfordert auch das Assoziationsspiel. Eine Person wählt zu Beginn ein Thema (beispielsweise: Klassenarbeit) und die nächste Person darf ihrer Phantasie freien Lauf lassen und eine Assoziation zu dem vorher genannten Begriff nennen. Die Runde wird auf diese Weise fortgesetzt und es wird darüber gelacht, was für ulkige Verbindungen zu Stande kommen. Am Ende der Schock: Die Runde soll von rückwärts rekonstruiert werden und jede Person muss sich daran erinnern, was sie selbst und die Person nach ihr gesagt hat. Als Hilfe dient das Schema »ich habe x gesagt, weil du y gesagt hast«. Schließlich ist das Staunen groß, dass auch eine scheinbar so komplexe Aufgabe bewältigt werden kann. Eine schöne Idee hat auch eine Pädagogin, die vorschlägt, dass man das Assoziationsspiel gut nach einer Klassenfahrt spielen könnte und dadurch die individuellen Erinnerungen gemeinsam Revue passieren lässt.

Da es bei den Spielen viel um Kreativität geht, ist die Logik manchmal im Weg. Im nächsten Spiel wird daher bewusst mit logischen Denkmustern gebrochen. Eine Person darf pantomimisch eine Situation vorspielen (z.B. einen Kuchen backen). Eine andere Person muss daraufhin fragen »Was machst du?«. Die spielende Person muss auf die Frage hin eine komplett andere Tätigkeit nennen als sie gerade ausführt (z.B. Wäsche waschen statt Kuchen backen). Für die fragende Person ist die Antwort das Stichwort, denn nun muss sie selbst pantomimisch aktiv werden. Sie wird wiederum von der nächsten Person gefragt »Was machst du?« und muss eine möglichst skurrile Antwort geben. Auch hier entstehen lustige Situationen:

A: (hampelt wie ein Clown)

B: Was machst du?

A: (hampelt wie ein Clown) Ich unterrichte!

B übernimmt die Aussage von A und spielt einen Lehrer vor der Klasse.

C: Was machst du?

B: (gestikuliert wie ein Lehrer vor der Klasse) Ich rette die Welt!

Die Theaterpädagoginnen erklären, dass es bei allem nicht um ein Schwarz-Weiß-Denken in »richtig« und »falsch« geht. Insgesamt soll den Kindern die Angst genommen werden, Fehler zu machen. Denn nur, wer etwas riskiert und Fehler macht, kommt durch die Erfahrung weiter und kann sich weiterentwickeln.

Am Ende des Workshops wird es ganz schön kuschelig. »Wir spielen Reise nach Jerusalem«, kündigt Natascha Mundt an, »allerdings mit neuen Spielregeln«. Das Spiel heißt dann »Reise nach New York«. Verlierer gibt es keine, die einzige Challenge ist, dass sich alle Teilnehmer auf die Stühle retten können und kein Fuß den Boden berührt. Leichter gesagt als getan, wenn am Ende nur noch zwei Stühle übrig sind, auf die sich eine ganze Gruppe drapieren muss. Eine riesen Gaudi ist es allemal!

Diese und noch viel mehr Bewegungs- und Konzentrationsspiele gab es im Oktober 2022 beim ersten Teil
»Theaterpädagogik 1: Warm-Up« der dreiteiligen Fortbildungsreihe »Grundlagen Theaterpädagogik«.
Klingt spannend? Dann sei unbedingt bei Teil 3 dabei:

Theaterpädagogik 3: Improvisation
Mi., 01.03.2023, 17:00 – 19:00 Uhr

Außerdem bieten wir verschiedene Schwerpunkt-Fortbildungen an:

Schwerpunkt-Fortbildungen

Philosophieren mit Kindern:
24.03.2023, 17:00 – 19:00 Uhr

Bewegung im Raum:
17.05.2023, 17:00 – 21:00 Uhr

Drama im Unterricht zum Anfassen:
14.06.2023, 17:00 – 21:00 Uhr

Mehr Informationen findest du hier.

Was Größe wirklich bedeutet

Kita-Workshop zum neuen BOXX-Stück »Von Maus und Mond oder Wer ist der Größte?«

Was machen denn so viele Kinder am Montagmorgen im Theater? Psst, zu viel dürfen wir nicht verraten, denn was sich hier abspielt, ist streng geheim. »Ihr seid heute unsere Experten«, erklärt die Theaterpädagogin Natascha Mundt den Kindern. Sie dürfen heute eine Probe eines Stücks sehen, das zuvor noch niemand gesehen hat. Für das neue BOXX-Stück ab 3 Jahren sind die Kinder genau die richtigen Kritiker, auf deren Meinung es ankommt.

Die Kinder zeigen der Theaterpädagogin Natascha Mundt, wie groß sie sich machen können.
Eluki (Nora Rebecca Wolff) und Jonas (Andreas Schlegel) in Aktion. Wer gewinnt das Schnick-Schnack-Schnuck-Duell?

Zum Kennenlernen setzt sich die Theaterpädagogin mit den Kindern in einen Stuhlkreis und lässt sie Mutmaßungen über das Stück anstellen. Vier der Kinder erzählen stolz, schon einmal im Theater gewesen zu sein. Der Titel des Stücks »Von Maus und Mond oder Wer ist der Größte?« weckt in einem Kind die Assoziation, dass Riesen in dem Stück vorkommen werden. Um Größe geht es allemal, und Natascha Mundt fordert die Kinder auf, sich der Größe nach aufzustellen, um herauszufinden, welche Kinder die Größten aus der Gruppe sind. Kurz darauf dürfen die Kinder noch einmal aktiv werden und vorführen, wie es aussehen würde, wenn es ganz heiß oder ganz kalt ist, wenn sie durch hohen Schnee stapfen oder eine Maus oder ein Hase wären. Mit dieser Übung werden die Kinder bestens auf das Stück eingestimmt, das im eisigen Kanada spielt. Auch die Kostüme von Nora Rebecca Wolff (»Eluki«) und Andreas Schlegel (»Jonas«) sind an das kühle Wetter angepasst. Die Schauspieler tragen mehrere Schichten dicker Kleidung und sind in Schal, Handschuhe und Mütze gepackt.

Die nächsten 20 Minuten dürfen die Kinder einen Ausschnitt aus dem Stück sehen. Ganz gespannt beobachten sie das Geschehen auf der Bühne, an manch einer Stelle ist es so spannend für den einen oder die andere, dass sich ein Kind nicht mehr auf dem Stuhl halten kann und im Stehen weiterschaut. Für Lacher sorgen vor allem die wilden Verrenkungen der Schauspieler, wenn es darum geht, wer der Größte der beiden ist, sowie Nora Rebecca Wolffs gekonnt vorgetragener »Hasendialekt«. Lustig wird es für die Kinder auch, als Eluki in ein Schneeloch fällt und nur noch die Fußsohlen aus dem Loch hervorragen. Angst hatten die Kinder nie, wie sie später in der Nachbesprechungsrunde versichern, jedoch gab es eine Stelle, an der sie gemeinsam mit dem Jungen Jonas zusammenzuckten, der eigentlich nur die Babyrobbe streicheln wollte, aber von seiner Begleiterin lautstark erschreckt wurde. In der Runde wird gemeinsam rekapituliert, was der Reihe nach im Stück geschah. Auf die Frage, wie es in dem Stück weitergehen soll, haben die Kinder sofort ein paar kreative Ideen parat: Die Geschichte soll »100 Jahre weitergehen«, »ein Einhorn soll sterben«, «das Eis soll trotz Sonne nicht schmelzen« und es sollen Iglus und Elfen darin vorkommen. Abschließend dreht sich alles um die Frage, ob es denn nun wichtig sei, wer der Größte ist. Ein Kind hat darauf die perfekte Antwort: Nein, das sei nicht wichtig, »die Größeren sind größer und deshalb stärker, aber die Kleineren sind noch stärker«.

»BOXX|Labor« – Ein theatrales Experiment kommt auf die BOXX-Bühne

In dieser Spielzeit wagt sich unser gesamtes BOXX-Team an ein ganz besonderes Experiment: Eine Stückentwicklung, an der alle Mitwirkenden gleichberechtigt teilhaben und sich einbringen, und bei deren Entstehung auch mehrere Schulklassen eine besondere Rolle spielen. Dieses »BOXX|Labor« steht unter dem Thema »Meine Kultur. Deine Kultur. – Passt das zusammen?«. Wie funktioniert dieses theatrale Labor? Was haben die Schulklassen damit zu tun? Und was ist überhaupt Kultur?

Verschiedene Seile sind Teil des Bühnenbildes vom »BOXX|Labor«.

Was ist Kultur? Diese Frage stand zu Beginn der Arbeit am »BOXX|Labor«. Gemeinsam mit der Leiterin des Jungen Theaters Nicole Buhr, der Regieassistentin Stefanie Roschek und der Dramaturgin Deborah Raulin erkundeten die BOXX-Schauspielerinnen und -Schauspieler Rouven Klischies, Andreas Schlegel und Nora Rebecca Wolff die Ursprünge, Eigenheiten und Merkmale von Kultur allgemein und von ihrer eigenen Kultur. Los ging alles mit einem gemeinsamen Essen im September 2021, bei dem alle Gerichte aus ihren Heimatregionen besteuerten – denn auch Essen kann Kultur sein! Über unzählige Diskussionen, Improvisationen und Recherchen, das Lesen von wissenschaftlichen Texten, das einander Zuhören und Zuschauen, das Einfangen und Weiterdenken von Ideen haben sie das Thema von allen Seiten beleuchtet und in eine sinnliche Theatersprache übersetzt. Alle konnten sich gleichberechtigt mit ihren Gedanken, szenischen Ideen und selbstgeschriebenen Texten einbringen.

So sah das Brainstorming zu Beginn der Stückentwicklung aus. Foto: Johannes Buchholz

Die Idee hinter diesem Theaterexperiment war der Wunsch von Nicole Buhr und der Abteilung Theaterpädagogik, einen neuen Raum für Austausch mit dem Publikum zu schaffen und ein Stück zu entwickeln in engem Kontakt zu denen, die dieses dann später auch ansehen werden. So kann auch das berücksichtigt werden, was das Publikum beschäftigt. Was denken Jugendliche über das Thema? In Anlehnung an die Lehrpläne der Schulen und aktuelle Diskurse viel die Wahl für die Thematik des ersten »BOXX|Labor« schnell auf Kultur. Die Schulklassen beschäftigen sich zum Beispiel im Ethik- oder Geschichtsunterricht mit den Fragen: Was macht Kultur aus? Wie entstehen und entwickeln sich Kulturen?

Vier Schulklassen mit Schülerinnen und Schülern ab 12 Jahren haben im Rahmen von »BOXX|Labor« Workshops zum Thema Kultur besucht, die unsere Theaterpädagoginnen gemeinsam mit dem »BOXX|Labor«-Team durchgeführt haben. Auch in diesen Workshops wurde zunächst einmal gesammelt, was die Schülerinnen und Schüler mit dem Begriff ›Kultur‹ verbinden. Dann haben sich die Klassen in Kleingruppen mit den Hauptfragen beschäftigt, die sich auch das Team selbst zu Beginn der Stückentwicklung gestellt hatte: Was mag ich an meiner Kultur? Was mag ich nicht an meiner Kultur? Was gibt es für Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kulturen? Durch den Austausch mit den Schülerinnen und Schülern konnten deren Gedanken und Wünsche gehört und in die Stückentwicklung einbezogen werden. Hierbei kamen neben vielen Überschneidungen des Kulturverständnisses auch immer wieder neue Ideen dazu.

Die Ergebnisse der Kleingruppen eines Schulworkshops. Foto: Kea Leemhuis

Die Schulklassen werden dann auch eine der Vorstellungen besuchen, die immer ein Diskussions- und Reflexionsgespräch beinhalten. Das Team des »BOXX|Labor« ist schon ganz gespannt auf das Feedback der Schülerinnen und Schüler! So viel ist bereits sicher: Alle Beteiligten haben viel über das Thema Kultur gelernt. Und in der nächsten Spielzeit wird es ein weiteres »BOXX|Labor« geben, dann zu einem neuen Thema.

Vorstellungstermine »BOXX|Labor1: Meine Kultur. Deine Kultur. – Passt das zusammen?«

Donnerstag, 28.04.2022 um 11:00 Uhr (Premiere)

Dienstag, 03.05.2022 um 11:00 Uhr

Mittwoch, 04.05.2022 um 18:00 Uhr

Tickets gibt es hier: https://www.theater-heilbronn.de/programm/junges-theater/stueck-detail.php?SID=481

Kinderreporter zu Gast zur Kinderpressekonferenz

In dieser Spielzeit haben wir endlich wieder regelmäßig die Kinderreporter der Heilbronner Stimme im Haus! Ihren ersten Einsatz hatten sie jetzt zur Kinderpressekonferenz – und haben hier von unserem Team des Jungen Theaters Einführungen in die Stücke bekommen, die in dieser Spielzeit in der BOXX gezeigt werden. Dann gab es noch Infos zu unserem Workshop-Angebot und zu den Theaterclubs, bevor die Nachwuchsreporter ihre zahlreichen Fragen stellen konnten. Diese reichten von Konzeptionellem (Wer denkt sich die Workshops aus und wer sucht die Stücke aus?) über die Handwerkskunst der Schauspieler (Passt sich der Schauspieler eher der Rolle an oder die Rolle / die Figur sich dem Schauspieler?) bis hin zum allgemeinen Theaterbetrieb (Was hat das Theater im Lockdown gemacht und wie steht es eigentlich um die Barrierefreiheit?). Nicole Buhr, die Leiterin des Jungen Theaters, die Theaterpädagoginnen Natascha Mundt und Christine Appelbaum sowie die Schulreferentin Anna-Lena Weckesser wussten auf fast jede Frage eine Antwort (Wie viele verschiedene Jobs es am Theater tatsächlich gibt, das hatten wir bislang auch noch nicht genau nachgezählt!) und konnten den Kindern viele kleine Anekdoten erzählen.

Unser Team des Jungen Theaters stand den Kinderreportern Rede und Antwort (v.l. Christine Appelbaum, Natascha Mundt, Nicole Buhr, Anna-Lena Weckesser) Foto: Kea Leemhuis


Die Kooperation mit der Heilbronner Stimme besteht bereits seit der Spielzeit 2019/20 und umfasst neben der Pressekonferenz eine Theaterführung, einen praktischen Workshop mit der Theaterpädagogik und Rezensionen von unseren Kinder- und Jugendstücken. Die Theaterführung wurde coronabedingt zwar noch verschoben, einen ersten Blick in die BOXX samt aufgebautem Bühnenbild für »Petty Einweg« konnten die Kinder aber schon erhaschen. Dann machten sie sich, bestückt mit jeder Menge Notizen, vielen neuen Infos und einem BOXX-Turnbeutel auf den Weg nach Hause, um ihre Artikel zu verfassen. Wir sind schon sehr gespannt!

Kreativ bleiben – Die Fritze-Challenge

Der Lockdown stellt nicht nur das Theater vor neue Herausforderungen, sondern auch unsere Kooperationsschulen.

Wie unsere Theaterpädagoginnen die Lehrkräfte in Schwung bringen und so den Online-Unterricht bereichern, konntet ihr in unserem letzten Blogartikel lesen. Doch auch die Schulen sind nicht untätig und werden kreativ im Lockdown.

So haben die Lernbegleiter Julia Frömel, Katja Röken und René Karl von der Fritz-Ulrich-Schule die Fritze-Challenge ins Leben gerufen. Die Schülerinnen und Schüler waren in ihrer Freizeit aufgefordert, verschiedene Aufgabenstellungen zu lösen, die sie in die Heilbronner Stadt und Umgebung führten. In verschiedenen Video-Challenges stellten Lehrkräfte und Kooperationspartner der Schule den Schülerinnen und Schülern Aufgaben, die sie kreativ lösen sollten. Zunächst galt es den Ort für die Aufgabe zu finden, im zweiten Schritt mussten Lösungen gefunden werden. Insgesamt gab es 30 Challenge-Orte. In Lerngruppen machten sich die Schülerinnen und Schüler auf und stellten sich den Herausforderungen.

Lisa Marie Roth, Levi Josua Schultz, Samira Brauch und Raunietta Dietze von der Fritz-Ulrich-Schule haben uns ganz besonders beindruckt.


Auch unsere Theaterpädagogik war als Kooperationspartner der Fritz-Ulrich-Schule mit von der Partie. Normalerweise besuchen die Klassen der Schule jährlich eine Aufführung im Theater, wobei sie theaterpädagogisch betreut werden. Das ist während Corona nicht möglich. Doch bleiben unsere Pädagoginnen auch in der Pandemie mit den Schulen in Kontakt (siehe den Beitrag vom 13. Mai 2021). Die Idee der Fritze-Challenge fanden unsere Theaterpädagoginnen so gut, dass sie gern eine Aufgabenstellung kreierten und Preise für die Verlosung spendeten.

Für die Challenge überlegte sich unsere Kollegin Christine Appelbaum eine besondere Herausforderung, deren Ergebnisse uns schwer beeindruckt haben. Die Aufgabenstellung könnt ihr im Video sehen.

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Der zu findende Ort war nicht schwer: Es ist der Brunnen vor dem Theater. Doch die Aufgabe, das Figurenensemble des Brunnens als Inspiration für eine selbstverfasste Kurzgeschichte zu nutzen, hatte es in sich. Umso beeindruckter waren wir von den Ergebnissen. Es sind vier bezaubernde Minierzählungen entstanden, die uns die Fritz-Ulrich-Schule nach erfolgreicher Beendigung der Fritze-Challenge schickte. Als wir die charmanten Storys lasen, waren wir so begeistert von den kreativen Ideen der Schülerinnen und Schüler, dass wir beschlossen, diese Geschichten mit dem Ensemble der BOXX unserem Publikum vorzustellen.

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Die Fritze-Challenge zeigt uns, wie die Heilbronner Schulen einen kreativen Umgang mit dem Lockdown finden, der die Schülerinnen und Schüler fördert und fordert. Welch kluge und charmante Geschichten dabei entstanden sind, wozu der Brunnen vorm Theater die Autorinnen und Autoren aus der 7. und 8. Klassenstufe der Fritz-Ulrich-Schule inspirierte, seht ihr diese Woche und die nächsten drei Montage in unserem Instagram-Kanal. Dort liest unser BOXX-Ensemble die vier Gewinnergeschichten der Video-Challenge vom Theater Heilbronn.

Schnell mal kreativ sein

Besuch beim Workshop: Stressabbau und Konzentrationssteigerung mit der Theaterpädagogik 

»Sitzen 13 Akademiker um 19.15 Uhr zusammen und machen Grimassen«, schreibt einer in die Chatkommentare und sendet drei dicke Grinse-Smilies hinterher. Seinem Gesicht, in das sich seit geraumer Zeit ein breites Lächeln eingegraben hat, sieht man den Spaß an dieser speziellen Abendunterhaltung an. Wie die anderen Akademiker, die sich zur Online-Konferenz verabredet haben, ist er Lehrer und der Einladung der Abteilung Theaterpädagogik zum Workshop »Energizer und Warm up« gefolgt. Schon zum zweiten Mal haben die Theaterpädagoginnen des Theaters Heilbronn zu einer Online-Fortbildung für Pädagogen eingeladen, in der sie ganz praktische Tipps vermitteln, wie man in einer Schulklasse nach anstrengenden Arbeitsphasen Lockerungsübungen einbaut, oder wie man die Konzentration wieder sammelt, wenn die Energie der Schüler langsam schwindet. Die Idee kam Natascha Mundt, Christine Appelbaum und Anna-Lena Weckesser, weil es im Online-Unterricht zu Corona-Zeiten dreimal schwerer ist, die Aufmerksamkeit der Schüler auf einem hohen Level zu halten. Sie selbst merken es bei der Arbeit mit ihren Kinder- und Jugendclubs, wo die Übungen ihnen schon so manchen guten Dienst erwiesen haben. Das Schöne ist, dass alle Methoden auch in Präsenzveranstaltungen und mit allen Altersgruppen funktionieren. Die Theaterpädagoginnen setzen sie regelmäßig ein, wenn sie in den Schulen der Region unterwegs sind, und kaum jemand kann sich dem Charme dieser so ganz und gar nicht pädagogisch wertvoll daherkommenden Energizer entziehen.
Auch die Lehrer nicht, denen Natascha Mundt und Christine Appelbaum an diesem Abend gern von ihrem Wissen abgeben. Eigentlich wollten sie zu zweit die Gruppe anleiten, aber weil es auch für diesen Termin so viele Anmeldungen gab, wird die Gruppe geteilt. Ich darf beim Online-Workshop vom Team Natascha zuschauen und, um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe schon lange nicht mehr so einen lustigen Abend erlebt.

Die Theaterpädagoginnen Natascha Mundt und Christine Appelbaum leiten die Workshops an.

Los geht’s mit einem Kennlernspiel: Die Computer-Kameras werden mit Post-its abgeklebt, die abgenommen werden, wenn man sich von einer bestimmten Frage der Teamleiterin angesprochen fühlt. Bei der letzten Frage in dieser Rubrik – Wer hätte jetzt lieber Präsenzunterricht? – sind alle Klebezettel weg. 
Bei einer der nächsten Übungen gilt es, schnellstmöglich Gegenstände in einer vorgegebenen Farbe herbei zu schaffen und in die Kamera zu halten. Danach geht es um Wahrnehmungstraining – alle Teilnehmer prägen sich für zwei Minuten die Gesichter und die Bild-Hintergründe der anderen ein. Dann werden die Kameras abgeklebt und jeder ändert zwei Details an sich, die anschließend von den anderen erraten werden müssen: Brille auf, Haare offen, Ordner verschwunden … Man muss schon genau hinschauen und sein Gegenüber bewusst wahrnehmen. Dann wird es wieder sportlich, wenn alle sehr zügig Utensilien heranholen müssen, die mit einem bestimmten Buchstaben anfangen. Wer die meisten Dinge eingesammelt hat, ist Sieger. Die Steigerung dieser Übung ist eine Geschichte, die man rund um diese Gegenstände erfinden soll. Je absurder, desto besser. Ein herrlicher Spaß und ein wunderbares Training für die grauen Zellen.

Bereit für den Workshop.

Nach einer kurzen Pause wird es nun richtig spaßig. Zunächst gilt es, berühmte Bilder nachzustellen. Dann soll man die Grimasse seines Vorgängers nachmachen (O-Ton der Ermunterung von Natascha Mundt: Man muss keine Angst haben, sich zum Obst zu machen). Wer will, kann hier mit seiner Gruppe die beste Grimasse küren. »Die Klassen lieben es, sie machen wirklich alle mit«, versichert die Theaterpädagogin.
Dann folgt die Aufgabe, Emotionen in unterschiedlichen Abstufungen darzustellen: zum Beispiel ein bisschen Freude, größere Freude, riesengroße Freude. An dieser Stelle ist bei vielen Workshopteilnehmern durchaus schauspielerisches Talent erkennbar.
Mein Highlight ist folgende Übung: Alle stellen sich mit dem Rücken zur Kamera. Wenn sie nach vorne schauen, befinden sie sich in einer bestimmten Rolle. Wie sieht ein typischer Lehrer aus? Vom Erklärbär bis zur (gegenwärtig) ratlosen Person ist eine große Auswahl an Persönlichkeitstypen. Und dann die Aufforderung: Dreht euch um als eure Schüler! Köpfe mit zerrauften Haaren und zerknirschten Gesichtern schauen jetzt aus den Video-Kacheln. Aber alle mit einem liebevollen Augenzwinkern, bei dem man erkennen kann, warum die Lehrer nach vielen Stunden online-Unterricht noch den Workshop absolvieren – für ihre Schüler nämlich!
So manche Übung könnte man auch als Party-Spaß in sein Repertoire aufnehmen, wenn es denn wieder möglich ist. Einen Zungenbrecher zu sprechen etwa – zuerst normal, dann ganz schnell, hinterher in Zeitlupe, mit einer vorgestellten großen Kartoffel im Mund, einem Zahnstocher quer oder einer heißen Kirsche. Oder man tauscht alle Vokale in ein A: Faschers Fratze faschte frasche Fasche …
Und versuchen Sie mal, in der Gruppe bis 21 zu zählen, jeweils einer nach dem anderen, ohne festzulegen, wer wann dran ist. Immer wenn zwei zur gleichen Zeit eine Zahl nennen, muss wieder von vorn begonnen werden. An diesem Abend kommen all die schlauen und engagierten Lehrerinnen und Lehrer nicht weiter als bis zur Sieben. Macht nichts! Dafür haben sie jede Menge Muskeln gelockert, Stress abgebaut und Glückshormone freigesetzt. So viel ist sicher!

Der Workshop wird für alle interessierten Lehrkräfte wieder angeboten. Wer Interesse hat, kann sich auf der Warteliste unter: theaterpaedagogik@theater-hn.de anmelden.

Clubszene digital

Die Theaterclubs am Theater Heilbronn gehen trotz Pandemie und damit einhergehender geschlossener Theater weiter. Wie das geht? Theater ist doch so nah, so unmittelbar? Die direkte Erfahrung zwischen den Akteuren und den Zuschauern. Genau das haben sich zu Spielzeitbeginn auch die drei Theaterpädagoginnen Christine Appelbaum, Natascha Mundt und Anna-Lena Weckesser gemeinsam mit ihrer Mitarbeiterin Evelyn Döbler gefragt. Und sich bewusst dazu entschieden, das Wagnis »Online-Theaterclub« einzugehen. Also treffen sich seit Ende Oktober die vier Clubs wöchentlich über eine Konferenzplattform, um hier gemeinsam den digitalen Raum als Spielfläche zu nutzen.

Der Kinderclub bei den Proben.

Erstaunlicherweise ist das gar nicht ein so großer Unterschied zum realen Proben in den Clubs. Mittlerweile haben sich die Teilnehmer gut als Gruppe zusammengefunden, obwohl sich fast noch niemand davon in der wirklichen Welt getroffen hat. Erste Schauspielübungen für den Körper und die Stimme gingen den Clubbern gut von der Hand. Sie konnten sogar ihren Raum erfahren, indem sie ausprobiert haben, was die Kamera alles so aufzeichnen kann.

Momentan probieren sich alle Clubs an der Kunst des Improvisierens. Hier gilt es, spontan zu sein, sich auf die Situation und seine Mitspieler einzulassen, Kompromisse einzugehen und mit Lust jedes gemachte Angebot der Mitspieler anzunehmen und zu nutzen. Vielleicht befindet man sich so plötzlich in einem Opern-Western, findet auf einem fernen Planeten einen Gegenstand, den man klassifizieren soll oder muss einen gekauften Gegenstand im Laden umtauschen, obwohl man keine Ahnung hat, was man da eigentlich gerade zurückgeben will. Lacher sind also auch auf die Ferne unter den Teilnehmern garantiert und das bindet auch wieder die Gruppe ein Stück mehr zusammen.

Der Teensclub in Aktion.

Kernstück unserer Clubarbeit am Theater Heilbronn ist jedes Jahr das gemeinsame Erarbeiten eines eigenen Stücks, das die Clubber unter theaterpädagogischer Anleitung selbst schreiben. In dieser Spielzeit  beschäftigen sich alle mit dem Spielzeitmotto »Paradise Lost«, das geradezu gespenstisch zur aktuellen Lage passt.

Durch Improvisationsspiele und -übungen und Gesprächsrunden sammeln die Teilnehmer ihr Material, aus dem dann später ein Stück entstehen soll. Ob dies dann analog in der BOXX zu sehen sein wird, oder ob wir uns dazu auch eine digitale Alternative ausdenken, steht momentan noch in den Sternen. Wir freuen uns aber auf beides und machen aus der Not eine Tugend.

Ein Blick in die Proben des Jugendclubs.

Positiver, menschlicher, emotionaler!

Sechs Workshops, fünf Vorstellungen, fünf Autorenportraits, vier Publikumsgespräche, zwei Stückeinführungen und das alles in fünf Tagen.
Die Themen-Abi-Tour-Woche des Heilbronner Theaters ist vorbei. Nachdem die letzte Vorstellung von „Kohlhaas“ in diesem Rahmen mit stehenden Ovationen beendet wurde, haben sich die Schüler, Schauspieler, Lehrer und Theaterpädagogen erst einmal eine Verschnaufpause verdient.

Nachgespraech Kohlhaas
Nachgespraech Kohlhaas

Bei der letzten Veranstaltung, dem Publikumsgespräch nach „Kohlhaas“, beantworteten Theaterpädagogin Katrin Singer und Dramaturgin Stefanie Symmank Fragen des Publikums. Heraus kamen interessante Fakten, die man als „normaler“ Theaterzuschauer sicherlich nicht erfahren hätte. Die in „Kohlhaas“ verwendete Musik war eher eine Zufallsauswahl der Regisseurin Constanze Kreusch, die sie bei Proben rein nach Gefühl herausgesucht hat. Eine Szene, in der sich Michael Kohlhaas an seine Frau Lisbet erinnert, ist ein Improvisation des Schauspielers Tobias D. Weber. Ein Detail aber haben die Zuschauer ohne Erklärung richtig gedeutet: Die vier Erdhaufen auf der Bühne erinnerten einen Schüler an ein Schlachtfeld oder auch an Grabbeete auf einem Friedhof. Für einen anderen Schüler war das Bühnenbild, so schlicht wie es ist, genau richtig. So konnte er das eigene Bild, das er sich nach dem Lesen der Novelle macht, aufrecht erhalten. Und doch hat sich die Sicht auf Kohlhaas und seine Taten nach dem Theaterbesuch für viele Zuschauer geändert.
„Viel positiver, menschlicher, emotionaler“, beschrieb Frau Hölzel, Lehrerin des Deutsch-Kurses vom Gymnasium Schenk-von-Limpurg, der am Freitag noch einmal das volle Abi-Tour-Programm besucht hat, den Kohlhaas, den sie im Theater gesehen hat. Sie findet: „Man kann ihm mehr verzeihen.“

Positiver können auch die Prüflinge, die während der Abi-Tour-Woche im Theater und den Workshops waren, der Abiturprüfung, zumindest in Deutsch, entgegen sehen.
Viel Erfolg!

Beitrag und Foto von Janine Osterberg, Praktikantin in der Theaterpädagogik

Einen schönen Tod sterben

Für 27 Schülerinnen der Christiane-Herzog-Schule ging es heute im dreistündigen Intensivworkshop zu „Dantons Tod“ darum, die Macht, die der Ohnmacht gegenübersteht und den Status, der die Figuren voneinander abgrenzt, selber zu spielen und dadurch die Themen des Dramas von Georg Büchner besser zu verstehen.

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Die Schülerinnen haben sich in Danton, Robespierre, deren Frauen und das einfache Volk verwandelt und mussten dabei genau überlegen, wie diese sich verhalten und wie man das auf der Bühne zeigt.
Die Bürger im Stück beispielsweise, sind wankelmütig, manipulativ und in der Heilbronner Inszenierung werden sie besonders überspitzt dumm und deshalb in einigen Szenen betrunken dargestellt. Beim Spiel „Texte fischen“ lasen die Mädchen Textzitate der Bürger darum mit einer imaginären heißen Kirsche auf der Zunge, stolpernd und mit ausufernden Gesten vor.
Als es zum Schluss darum ging verschieden Szenen nachzuspielen, wollten alle Julies stillen Tod aufführen. Katharina gab sich dabei besonders viel Mühe, denn „wenn man stirbt,
dann auch schön.“

Ob Julie wirklich so schön stirbt, wie Katharina und die anderen Mädchen es dargestellt haben, können sie heute Abend bei ihrem Theaterbesuch sehen. Sicherlich werden sie einiges wiedererkennen von dem was sie heute selbst dargestellt haben.

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Beitrag und Fotos von Janine Osterberg, Praktikantin in der Theaterpädagogik