Unsere Neuen: Vom Börsenparkett ins Theater

Petra Ostermann ist die persönliche Referentin des Intendanten  

Vom Börsenparkett auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Kann es einen größeren Bruch in der beruflichen Laufbahn geben? Bei Petra Ostermann aus dem schönen Weinort Schwaigern, nahm das Leben genau diesen Lauf. Seit April ist die frühere Bankerin persönliche Referentin des Intendanten, nachdem sie vorher vier Jahre als Statistin auf der Bühne und als Souffleuse den Theaterbetrieb von der Pike auf kennengelernt hat. Doch der Reihe nach.
Nach dem Abitur am Wirtschaftsgymnasium machte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau. Nach einigen Jahren in der Kundenberatung wechselte sie in ein Familyoffice, um sich um Wertpapiere, Kunst und  Immobilien einer Privatperson zu kümmern. »Das war eine spannende Zeit«, erinnert sie sich. Danach machte sie große Karrieresprünge, die allerdings in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer persönlichen Zufriedenheit standen. Als Mitarbeiterin einer internationalen Kanzlei in Stuttgart, die in der Boomphase des Neuen Marktes die Börsengänge von Unternehmen begleitete, und als Schriftführerin im Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft wurde die Zeit zum Luftholen immer knapper. Sie ging zurück zur Bank, spezialisierte sich auf Wertpapiere und war in der Derivate-Beratung tätig. Doch die Interessen ihrer Bank und die der Kunden gleichermaßen zufriedenzustellen, das schien ihr oft eine Sache der Unmöglichkeit zu sein. »In der Mitte des Berufslebens kommt wohl bei vielen Menschen ein Moment, in dem sie sich fragen, ob sie so weitermachen wollen«, sagt Petra Ostermann. »Immerhin hat man noch die Hälfte der Arbeitsjahre vor sich.«
Sie gönnte sich eine Auszeit, wollte in Ruhe nachdenken. Da las sie in der Heilbronner Stimme einen Aufruf für ein Statisten-Casting. Tanz- und sangesfreudige junge Damen für das Musical »Cabaret« wurden gesucht. Da sie schon immer gesungen hat, sehr sportlich ist und sich gut bewegen kann, meldete sie sich an, wurde genommen, tauchte ein in die Theaterwelt, und das zweite (Berufs-)Leben der Petra Ostermann nahm seinen Lauf. Die nächste Rolle hatte sie als Krokodil im Märchen »Räuber Hotzenplotz«. Dann sprang sie für eine erkrankte Souffleuse ein, machte ihre Sache gut und wurde seither immer wieder engagiert. Als dann Arianne Gambino, ihre Vorgängerin im Amt der persönlichen Referentin des Intendanten, ein Angebot vom Schweizer Fernsehen bekam, das sie nicht ausschlagen konnte, fasste sich Petra Ostermann ein Herz und bewarb sich, um fest im Theater zu bleiben. Hier, als Chefmanagerin des Intendanzbüros, in dem sich ständig die Wege der Kunst- und der Geschäftswelt kreuzen, fühlt sie sich genau richtig. Ihre Leidenschaft für Betriebswirtschaft und ihre Fähigkeit zu präsentieren, kann sie genauso einbringen wie ihre Sensibilität und Begeisterung für die Künste, die in allen Ausprägungen am Theater versammelt sind. Was diese Arbeit am meisten von ihrer früheren unterscheidet? »Das Gemeinschaftsgefühl. Hier arbeitet nicht jeder für sich und für seinen größten persönlichen Gewinn, sondern alle zusammen arbeiten für den Erfolg eines Stückes, und sie sind alle zusammen froh, wenn es gut läuft.« Und für eines wird sie künftig immer sorgen: Dass sie nicht nur Zeit zum Luftholen, sondern auch für ihren Hund, fürs Musizieren und fürs Radfahren hat.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

PETRA OSTERMANN WECHSELTE NACH DER BANKKARRIERE ANS THEATER UND MANAGT NUN DAS INTENDANZBÜRO.
Foto: Fotostudio M42

Unsere Neuen – Künstlerin mit Experimentier-gen

Carmen Riehl ist die neue Chefrequisiteurin

Es sind lediglich Haferflocken mit Theaterblut, die in der Komödie »Dänische Delikatessen« aussehen wie gerade durch die Knochenmühle gedrehtes Hack. Auch das »frische Muskelfleisch«, das die Metzger Svend und Bjarne alias Oliver Firit und Sebastian Weiss mit flinken (aber aus Bühnensicherheitsgründen stumpfen) Hackmesserhieben zu »Hühnchen in Marinade« verarbeiten, besteht aus nichts anderem als aus Mehl, Rote-Bete-Saft und Lebensmittelfarbe. Selbst aus der Nähe sieht die für jede Vorstellung neu zubereitete Masse aus wie richtiges Fleisch und lässt sich verblüffend echt bespielen. »Wir sind jetzt staatlich geprüfte Fake-Fleischhersteller«, scherzt Carmen Riehl, die seit September  Chefrequisiteurin am Theater Heilbronn ist. Einige Verfahren haben sie und ihre Kollegin Claudia Specht ausprobiert, bis sie den Dreh raus hatten.
Der Arbeitsraum von Carmen Riehl und ihren drei Kolleginnen der Abteilung Requisite gleicht einer Mischung aus Küche, Werkstatt und Chemielabor. Hier wird ausprobiert, wieder verworfen und solange mit den unterschiedlichsten Materialien experimentiert bis man Fake von Echt nicht mehr unterscheiden kann. Dass den Requisiteuren dabei von Regie und Ausstattung vorgegeben wird, WAS sie herstellen sollen, aber nicht WIE sie die Vorgaben umsetzen müssen, stellt für Carmen Riehl den besonderen Reiz an ihrem Beruf dar. Je kniffliger die Aufgabe, desto besser. Studiert hat Carmen Riehl Italienisch, Kunstgeschichte, Grafik und Malerei. Danach hat sie entschieden, dass Theater ein perfekter Ort ist, um die Kunst und die Praxis miteinander zu verbinden. Angefangen hat sie als Kostümassistentin in Hamburg, Mannheim, Gießen und Mülheim an der Ruhr unter anderem in Inszenierungen von Christoph Marthaler und Johann Kresnik. Dann war sie Kostümmalerin an der Bayerischen Staatsoper. Mit der Geburt ihres Sohnes hat sie das Zugvogeldasein aufgegeben. Sie absolvierte in Hamburg am Institut für angewandte Medien die Zusatzausbildung zur »Geprüften Requisiteurin«. Dann arbeitete sie als Requisiteurin am Münchner Residenztheater. Als in Heilbronn die Chefposition ausgeschrieben war, hat sie sich beworben. Ganz wichtig für sie ist, dass ihr mittlerweile achtjähriger Sohn sich in seiner neuen Schule wohlfühlt. Außerdem sind die beiden sehr gern in der »Experimenta». Denn das »Experimentier-Gen« scheint Carmen Riehl an ihren Filius weitergegeben zu haben.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

CARMEN RIEHL BEREITET »FRISCHFLEISCH« AUS MEHL, ROTE-BETE-SAFT UND LEBENSMITTELFARBE ZU.
Foto: Fotostudio M42

Unsere Neuen – Kunstvolle Form und brisantes Thema

Dramaturg Johannes Frohnsdorf liebt Texte, die beides haben

Johannes Frohnsdorf, neuer Kollege in der Dramaturgie, kam  über Musik mit dem Theater in Berührung. Als er 12 Jahre alt war, befand seine Musiklehrerin, dass er eine schöne Stimme habe. »Sopran«, sagt Johannes Frohnsdorf und lacht, denn natürlich kann man sich das heute nicht mehr vorstellen. Er bekam Gesangsunterricht bei einer Koloratursopranistin und erste kleine Rollen in Opernaufführungen seiner Heimatstadt Dessau. An eine berufliche Zukunft am Theater hat er damals nicht gedacht. Vielmehr träumte er davon, Dolmetscher zu werden. Während seines Zivildienstes in der Bibliothek merkte er, dass seine ganze Leidenschaft den Büchern gehört. Also studierte er in Leipzig Germanistik und  Theaterwissenschaft. Wertvolle Erfahrungen sammelte er zwei Sommer lang beim Carl-Orff-Festival in Andechs, wo er vom Kartenverkauf bis zur Regieassistenz alles erledigte, was anfiel. Sein erstes Engagement führte ihn als Dramaturgieassistent an Deutschlands kleinstes Stadttheater, nach Aalen. »Ein idealer Ort, um zu lernen, denn da muss man Allrounder sein.« Hier übernahm er Dramaturgien, führte Publikumsgespräche, leitete einen Jugendclub und wurde auch mit Organisationsaufgaben im Künstlerischen Betriebsbüro betraut. Nach zwei Jahren suchte er neue Herausforderungen und bewarb sich um die Dramaturgenstelle in Heilbronn. »Mich reizt es, an dieser Schnittstelle zwischen dem Text und dessen Umsetzung zu arbeiten«, sagt er. »Ich liebe es, mich in einen Text hineinzuwühlen.« Es sei ein beglückendes Erlebnis, wenn einen ein guter Text gleich beim Lesen gefangen nehme, wenn eine kunstvolle Form und ein brisantes Thema zusammenkommen. Spannend ist der Findungsprozess des Inszenierungskonzeptes zusammen mit Regisseur und Ausstatter. In den Proben beobachtet und beschreibt der Dramaturg: Geht das Konzept auf? Ist das Geschehen auf der Bühne für das Publikum nachvollziehbar und die Geschichte insgesamt verständlich? Keine leichte Aufgabe, denn manchmal muss man dem Regisseur auch sagen, dass sich Ideen nicht einlösen. Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld ist die Vermittlung der künstlerischen Inhalte des Hauses. Einführungen vor den Vorstellungen, Theaterfrühstücke, Publikumsgespräche gehören dazu und sorgen dafür, dass die Dramaturgen einen engen Kontakt mit dem Publikum pflegen.
Und wenn Johannes Frohnsdorf gerade nicht mit einer aktuellen Inszenierung beschäftigt ist, lesen er und seine Kollegen Stefanie Symmank und Andreas Frane Stücke über Stücke, um diese vielleicht für die kommende Spielzeit vorzuschlagen.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

WER DAS LESEN LIEBT, IST IN DER DRAMATURGIE RICHTIG — FÜR JOHANNES FROHNSDORF GIBT ES NICHTS SCHÖNERES.
Foto: Fotostudio M42

 

Brückenschlag vom Film zur Bühne

Fast wie eine Clownsnummer eröffnet der schottische Autor Tom McGrath sein Stück„Laurel & Hardy“. Stan stolpert auf die Bühne, fällt und landet auf Ollie. Ein weltberühmtes Duo ist zusammengebracht. Der Abend kann beginnen. Ab 24. November werden Stan (Till Schmidt) und Ollie (Oliver Firit) die Geschichte von Laurel und Hardy mit viel Slapstick und Situationskomik erzählen, musikalisch begleitet von Nicolas Kemmer am Klavier. Während elf Tage vor der Premiere gerade im Komödienhaus das Bühnenbild von Regisseur und Ausstatter Elmar Thalmann aufgebaut wird, sind Thalmann und Schmidt am Nachmittag auf der Bühne im Großen Haus beschäftigt. Ein Drehtermin ist für heute angesetzt. Eine Szene von Stan mit einem Hut, der ein seltsames Eigenleben führt, soll gedreht werden. Zwei Stunden sind dafür vorgesehen. Das ist das Maximum, denn auf der Bühne im Großen Haus laufen in dieser Woche vormittags und abends die Endproben zu „Dantons Tod“. Da kommt es auf gute Vorbereitung an, nicht nur bei Schmidt und Thalmann. Die haben die Hutszene schon lange angelegt und geprobt. Ein gutes Dutzend Personen sind da beschäftigt auf der großen Bühne: Bühnentechnik, Beleuchtung, Ton, Requisite, Maske, Regieassistenz – Menschen aus vielen Abteilungen kommen zum Einsatz, um einen kurzen Filmclip aufzuzeichnen, der einmal der Ausgangspunkt dafür sein wird, dass Stan die Bühne betritt. Am Anfang des ganzen Geschehens stand eine einfache Frage, die sich Regisseur Elmar Thalmann stellte: „Wie schaffen wir es, eine Brücke zwischen der Welt der Filme und der Bühne, auf der Stan und Ollie zu sehen sind, aufzubauen?“ Ohne zuviel verraten zu wollen, als Antwort ist Thalmann und Schmidt eine zauberhafte Bildsequenz gelungen.

Heute ist Carsten Bänfer, Tonmeister am Theater Heilbronn, Kameramann. Er hockt im Bühnenbild von „Aladin und die Wunderlampe“, auf der Drehscheibe der großen Bühne, an dem Punkt, der am weitesten von der gegenüberliegenden weißen, transparenten Opera-Folie entfernt ist. Möglichst groß soll der Bildausschnitt sein, den das Objektiv einfängt. Auf der anderen Seite der Folie wirft ein Scheinwerfer warmes Licht in Richtung Kamera. Zwei Schatten zeichnen sich auf der Opera ab – Stan und der eigensinnige Hut. Ins Gigantische gezerrt tritt ein dritter Umriss hinzu. Es ist Regisseur Elmar Thalmann. Er nimmt Maß, verständigt sich mit Kameramann Bänfer und klebt Streifen auf den Bühnenboden. Auf seiner Seite der Opera braucht Till Schmidt Markierungen, um zu wissen, wo der Bildausschnitt der Kamera endet. Änderungen des Aufbaus sind nötig. Die Schatten müssen schärfer werden, Stans Schuhe mit ins Bild. Lichtquelle und Kamera werden verschoben, die Opera tiefer gefahren. Schmidt löst während der Unterbrechung Schmunzeln bei Umstehenden aus. Geschickt lässt er seine Melone in die Höhe springen, als hätte es einen überraschenden Luftstoß gegeben. Firit ist inzwischen mit seinem Sohn gekommen. Die Neugier auf das, was einmal der Anfang des Stücks sein wird, ist groß. Bevor es mit dem Dreh losgeht, probieren Requisiteurin Claudia Specht und Regieassistentin Katrin Minkley. Sie sind es, die wie von Geisterhand Stans Hut steuern, was nicht ganz einfach ist und durchaus an Puppenspieler erinnert, die eine Figur animieren. Nachdem noch einmal die Markierungen überprüft und korrigiert sind, noch ein Probelauf der Szene. Dann beginnt der Dreh. Das Geheimnis, was in dem Filmclip zu sehen ist, wird natürlich erst bei der Premiere gelüftet …

Johannes Frohnsdorf, Dramaturg

Bürgerstiftung unterstützt »Heimkehr der Köpfe«

Die Heilbronner Bürgerstiftung unterstützt die »Heimkehr der Köpfe«. Mit 2000 Euro fördert die gemeinnützige Stiftung die Restaurierung der  sechs großen Maskenköpfe aus Heilbronner Sandstein, die früher das alte Jugendstiltheater zierten. Nachdem diese Köpfe 40 Jahre lang im Lapidarium der Stadt aufbewahrt wurden, sind sie nun wieder ins Theater zurückgekehrt und begrüßen die Besucher vom Balkon über dem Haupteingang. Der Theaterverein Heilbronn hat über die Sammlung von Spendengeldern die Restaurierung und Installation der steinernen Zeugen der Heilbronner Theatertradition finanziert.

Gedächtnis und guter Geist jeder Inszenierung

Wohl jeder Mitarbeiter des Theaters wurde in seinem Berufsleben schon einmal gefragt: »Und was machen Sie vormittags?« Viele Menschen haben im Kopf, dass an den Abenden die Vorstellungen im Theater laufen, und können sich nicht vorstellen, dass Mitarbeiter dort fast rund um die Uhr und natürlich auch vormittags arbeiten. Zum Beispiel DIE REGIEASSISTENTINNEN

Sie verbeugen sich nie, wenn ein Stück Premiere feiert. Für die Zuschauer ist ihr unermüdliches Wirbeln unsichtbar. Die Mitarbeiter des Theaters hingegen wissen, was sie leisten, die guten Geister jeder Inszenierung, die alle Fäden in den Händen halten: die Regieassistentinnen. Am Theater Heilbronn sind das seit zwei Jahren Julika van den Busch und Katrin Minkley. Dritte im Bunde ist seit dieser Spielzeit Sarah Holtkamp. Alle drei haben das Ziel, einmal selbst Regisseurinnen zu sein. Ein gängiger Weg dahin ist der über die Assistenz. Eine klassische Ausbildung zum Regieassistenten gibt es nicht. Julika van den Busch aus Bremen hat nach dem Abitur zwei Jahre lang Hospitanzen an verschiedenen Theatern Deutschlands absolviert. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft und Philosophie in Bochum kam sie direkt ans Heilbronner Theater. In Bochum hätte sie eigentlich ihre Kollegin Katrin Minkley treffen können, die zur gleichen Zeit wie sie dort studierte, allerdings Germanistik und Komparatistik. Nach ihrem Masterabschluss hat die gebürtige Krefelderin in Kassel und Bad Vilbel hospitiert und kam dann nach Heilbronn. Sarah Holtkamp aus Mülheim an der Ruhr hat nach dem Abitur ein freiwilliges Jahr im Theater Oberhausen geleistet, dann in München Theaterwissenschaft, Germanistik und Soziologie studiert, das Studium für zwei Jahre unterbrochen, um am Theater Ulm zu arbeiten. Vor kurzem hat sie ihr Studium beendet und arbeitet nun in Heilbronn. Neben ihrer Arbeit als Regieassistentin schreibt sie derzeit an ihrer Doktorarbeit.

Regieassistenten sind die engsten Mitarbeiter des Regisseurs, weichen ihm während der Proben nicht von der Seite. Gleichzeitig sind sie die Schnittstelle zwischen Inszenierungsteam, Schauspielern und den Abteilungen und Werkstätten im Theater. Der Arbeitstag beginnt für die Drei morgens früh um 9 Uhr mit der Vorbereitung der Probe. Sie schließen die Probebühne auf, bringen die benötigten Requisiten und Kostüme mit und sorgen dafür, dass die Kulissen in Position sind. Pünktlich um 10 Uhr beginnt die Probe. Die Regieassistentinnen sitzen dann neben der Regie, ausgerüstet mit ihren wichtigsten Arbeitsgeräten: Bleistift und Radiergummi. Denn während der Einstudierung der Szenen führen sie akribisch das Regiebuch, in dem alle für eine Inszenierung bedeutsamen Dinge notiert werden: Positionen der Schauspieler, Stichworte, Gänge, Auftritte, Abgänge, Lichtzeichen, Toneinsätze, Textänderungen. Julika, Katrin und Sarah haben dafür jede Zeile des Textbuches durchnummeriert. So wissen sie: Bei Zeile 23 auf Seite 8 betritt Schauspieler X die Bühne von links. Das Regiebuch erfordert größte Sorgfalt, denn es ist das Gedächtnis für die Endproben, die Vorstellungen und Wiederaufnahmen.
Mit dem Probenende gegen 14 Uhr ist für die Regieassistentinnen noch lange keine Pause. Sie organisieren für den nächsten Tag, welche Szene wann mit welchen Schauspielern geprobt wird. Anschließend drehen sie ihre Runden durch die Abteilungen und Werkstätten und besprechen alles Nötige. Hinterher bringen sie das Textbuch auf den neuesten Stand, schreiben Requisitenlisten oder Szenarios für die Abteilungen Maske und Kostüm, damit diese wissen, wo sie hinter der Bühne die Schauspieler für schnelle Umzüge erwarten müssen.

Inzwischen ist es 16 Uhr geworden und die Regieassistentinnen können vielleicht kurz durchatmen. Aber spätestens ab 18 Uhr geht der Arbeitstag für sie weiter – als Abendspielleiterinnen. Mit der Premiere gibt die Regie die Verantwortung für das Stück ab in die Hände der Assistentinnen. Diese achten darauf, dass die Vorstellungen Abend für Abend gut laufen.  In jeder zweiten oder dritten Vorstellung sitzen sie im Zuschauerraum und schauen nach, ob alles, was mit den Schauspielern erarbeitet wurde, noch stimmt. Hinterher geben sie Rückmeldung, worauf stärker geachtet werden muss.  Wurde ein Stück längere Zeit nicht gespielt, leiten sie die Wiederaufnahmeproben. Wenn ein Schauspieler erkrankt und ein anderer einspringt, studieren sie mit dem Neuen die Rolle ein und begleiten dessen erste Vorstellungen von der Seitenbühne.

»Da lernt man Verantwortung zu tragen, mit Schauspielern zu arbeiten und sich Respekt zu verschaffen, was man später als Regisseur unbedingt braucht«, sagen die Drei. Jede von ihnen betreut zehn Stücke im Jahr während aller Proben und Vorstellungen. Wenn es die Zeit erlaubt, bekommen sie Verantwortung für eigene künstlerische Arbeiten. Katrin Minkley hat die Krimitour durch die Katakomben des Theaters kreiert, Julika van den Busch wird die Weihnachtsmatinee mit Schauspielern vorbereiten, Sarah Holtkamp erarbeitet mit Jugendlichen eine Inszenierung. »Momentan  lernen wir vor allem dadurch, dass wir den Regisseuren bei der Arbeit zugucken dürfen, uns mit ihrer Arbeitsweise auseinandersetzen oder in ihre Entscheidungsprozesse einbezogen werden«, sagen sie. Dass alle Drei in dem, was sie momentan tun, richtig gut sind, beweist die Wertschätzung, die sie bei ihren Kollegen genießen. Wenn beispielsweise die Schauspieler Sabine Unger und Stefan Eichberg einen Preis zu vergeben hätten, dann ginge der an die Regieassistentinnen.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

JULIKA VAN DEN BUSCH, KATRIN MINKLEY UND SARAH HOLTKAMP SIND ALS REGIEASSISTENTINNEN GEDÄCHTNIS UND GUTER GEIST JEDER INSZENIERUNG.
Foto: Fotostudio M42

Es weihnachtsmärchend schon sehr!!!

ES WIRD ORIENTALISCH UND FELSIG! oder HIER HILFT EBEN JEDER WO ER KANN!

Draußen scheint noch die Sonne während im Theater schon fleißig das diesjährige Weihnachtsmärchen geprobt wird. Parallel zu den Proben im fernen Orient, wo „Aladin und die Wunderlampe“spielt, werkeln die Abteilungen rege am Bühnenbild, einem Traum aus „1001 Nacht“. Selina hat sich in der Malerwerkstatt mal umgeschaut:

¡Hola! Ich heiße Selina und bin die neue Auszubildende im Beruf der Veranstaltungskauffrau.
Neugierig wie ich bin, habe ich mich in die Malerwerkstatt geschlichen und wollte mal schauen, woran die denn gerade so arbeiten. Vor mir liegt eine riesige Leinwand mit den Maßen 12 x 16 Meter, die – wenn sie fertig ist – ein Bestandteil des Bühnenbilds von „Aladin und die Wunderlampe“ sein wird.
Insgesamt sind es nun schon zwei Wochen, in denen unsere Bühnenmaler und -malerinnen an dem Bühnenbild arbeiten. Es wird mit Rastern vorgezeichnet, viel gepinselt und teilweise auch gesprüht.
Erst auf den zweiten Blick sehe ich, dass unter den Malern auch Dekorateure fleißig mitpinseln. Stopp mal – sind die nicht erst danach dran? Eigentlich schon, wird mir gesagt, aber der Zeitdruck… Hier hilft eben jeder wo er kann!

Anschließend wandert die fertig bemalte Leinwand mitsamt dem Personal der Dekoabteilung in die Montagehalle, wo sie dann auf eine Holzplatte gespannt, geklebt und festgetackert wird. Hier und da wird noch eine Wand beklebt, aber wir wollen nicht zu viel verraten.
Es wird jedenfalls orientalisch und FELSIG!

Selina Rothenhöfer, Auszubildene

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Ein “himmlischer” Sound

Vor der Theaterpause waren es noch Trockenübungen, jetzt springt der Heilbronner Heinrich-Schütz-Chor ins kalte Wasser: Insgesamt 90 Sängerinnen und Sänger des renommierten Oratorien-Chors machen mit bei unserer Eröffnungspremiere im Großen Haus. Damit es zum Finale von „Wie im Himmel“ wirklich himmlisch klingt, sind 30 von ihnen mit auf der Bühne und verstärken unser Schauspielensemble. Dramaturg Andreas Frane und Chormitglied Friedrich Steinle haben mit ihren Kameras Impressionen von einer der Bühnenproben eingefangen: Vom Einsingen im Zuschauerraum mit Chorleiter Michael Böttcher bis zur Stellprobe im blauen Licht einer nordischen Winterlandschaft. „Hat es denn Spaß gemacht?“ fragt Regisseur Alejandro Quintana am Ende der Probe. Der Chor antwortet einstimmig: „Und wie!“

Die Musik begleitet unser ganzes Leben

Dramaturg Andreas Frane im Gespräch mit Michael Böttcher, dem Leiter des Heilbronner Heinrich-Schütz-Chors

Dass bei einem Stück über die belebende und befreiende Kraft des Chorgesangs ein echter Chor mitwirkt und seine authentischen Erfahrungen einbringt, ist der Offenheit und Begeisterung von Alejandro Quintana, dem Chefregisseur des Theaters Heilbronn, und Michael Böttcher, dem künstlerischen Leiter des Heilbronner Heinrich-Schütz-Chors, zu verdanken. Zum Finale jeder Vorstellung von »Wie im Himmel« werden 30 Mitglieder des Chors, der insgesamt aus ca. 90 Mitgliedern besteht, mit dem Schauspielensemble für »himmlischen« Gesang sorgen. Dramaturg Andreas Frane sprach mit Chorleiter Michael Böttcher.

Seit wann gibt es den Heinrich-Schütz-Chor und wie sind Sie dazu gekommen?
Den Heinrich-Schütz-Chor hat Professor Fritz Werner schon 1947 gegründet. Ich habe die Position des künstlerischen Leiters seit 1995 inne.

Aus welchen Menschen setzt sich der Chor zusammen?
Das sind Menschen aus ganz verschiedenen Berufen. Alle eint die große Freude am Singen und alle sind bereit, dafür viel zu investieren, sowohl ideell als auch materiell.

Hat der Chor auch eine Art eigenes Profil?
Der Schützchor singt vorwiegend geistliche Chormusik sowohl a cappella als auch oratorisch. Ab und zu begeben wir uns aber auch auf weltliche Wege – wie bei »Wie im Himmel«. (lacht)

Wenn wir schon bei »Wie im Himmel« sind: Spiegelt das Stück Ihre Erfahrungen beim gemeinsamen Singen wider?
Zu einem großen Teil JA!

Auch im Verhalten der Chormitglieder untereinander?
Ob sich wie im Stück wirklich Paare beim Singen gefunden haben, weiß ich nicht. Jedenfalls haben wir schon auf sehr vielen »Chormitgliederhochzeiten«, aber auch an Krankenbetten und bei Beerdigungen gesungen. Das Singen begleitet also wirklich unser ganzes Leben. Bemerkenswert ist der herzliche Umgang der Chormitglieder untereinander auch über Generationen hinweg.

Was sind Ihre Erwartungen an die Arbeit bei »Wie im Himmel«?
Mit dem Theater neue Erfahrungen machen, eine andere Welt kennenlernen …

Können Sie schon etwas über das Finale verraten, das Sie speziell für uns komponieren?
(grinst) Wenn beim Hören der Eindruck entsteht, dass es immer weitergeht und nicht aufhören kann und trotzdem immer etwas Neues dazukommt, dann habe ich mein Ziel erreicht.

Die Regenmacher

Die Regenmacher

Ein Liebespaar sitzt an einem Brunnen. Es schaut verträumt in den Himmel. Ihre Hand liegt liebevoll auf seinem Oberschenkel, er zieht sie dicht an sich heran. Romantisch plätschern Tropfen auf den gemeinsam geteilten Schirm, denn es regnet in Strömen.
Doch nicht immer, wenn Wasser von oben kommt, öffnet der Himmel seine Schleusen. Für das Fotoshooting zum Vorabbericht zu unserer Premiere „Eine Sommernacht“ am 22. September (unbedingt merken und anschauen!), den ihr ab Freitag, den 14. September in der neuen Theaterzeitung SZENE lesen könnt, machte uns Petrus nämlich einen Strich durch die Rechnung. Geplant waren ein paar verträumte Fotos im Regen, schließlich geht es im Stück um ein verregnetes Midsommerwochenende an dem zwei Menschen, die so gar nicht zueinandner passen (wollen), vielleicht  die größte Liebesgeschichte des 21. Jahrhunderts schreiben. Hätten wir in Edinburgh, wo Autor David Greig sein „Stück mit Musik“ verortet, geshootet, wie es neudeutsch heißt (danke, Heidi!), hätte es mit dem Regen sicher auch geklappt. Aber wir waren, sind und werden noch lange sein (!) in Heilbronn und tatsächlich standen unsere Chancen auf Regen auch hier nicht so schlecht. Es hatte den Tag zuvor und am Morgen des besagten Tages (für alle Wetterstatistikfans: es war der 3.7.2012) auch noch gleichförmig und damit fotogen genug geregnet. Doch dann das: Entgegen allen Wetterprognosen aus Radio, TV, dem Internet und Froschteich aus des Fotografen Garten: es klarte auf. Mehr noch. Die Sonne kam zum Vorschein! Es war wie ein doppelter Unterschenkelbruch im lang ersehnten Urlaub: Überhaupt nicht zu gebrauchen und trotzdem da. Aber die Menschen vom Theater sind schlau, schließlich ist täuschen und tricksen, oder besser: Illusionen schaffen, ihr Tagesgeschäft. Silke Zschäckel, Pressereferentin des Theaters, und Stefanie Symmank, Dramaturgin, übernahmen kurzerhand die Rolle der Regenmacher in dem (noch zu schreibenden) Stück „Wie trickse ich das Wetter aus?“ Einfach zwei Gieskannen mit Wasser fühlen (praktischerweise war der Brunnen vor dem Tore, äh, dem Theater), Regenschirm aufspannen, die zwei Schauspieler Judith Lilly Raab und Raik Singer in Position bringen und „Spagetti!“ Opfer wie nasse Füße und durchweichte Kleidung, besonders am Rücken und Gesäß wurden quasi wetterbedingt gern gebracht. Wir finden, es hat sich auch wirklich gelohnt. Sieht doch aus, wie echter Regen, oder?

Stefanie Symmank, Dramaturgin

 

Foto: Fotostudio M42