Querlenker Teil III – Die Fahrradflashmobs waren ein Hingucker

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Nach vier Tagen Probe ging es für die zehn „Querlenker“ raus aus der Theaterwerkstatt mitten unter die Leute. Bei bestem Wetter bauten sich die 12-15-Jährigen auf dem Kiliansplatz auf  und spielten ihre Fahrradchoreografie „Sicherheit hat Vorfahrt“ durch. Viele Passanten blieben stehen, schauten zu und schmunzelten, weil es ziemlich witzig war, wie die Mädchen und Jungen mit großen Straßentheatergesten vermittelten, wie wichtig Helm, funktionierende Bremsen und Blickkontakt zu anderen Verkehrsteilnehmer sind. Zwei ältere Herren berichteten reumütig, dass ihre Fahrradhelme zu Hause seien und nahezu unbenutzt im Schrank hängen würden. Aber sie gelobten augenzwinkernd Besserung. Für den zweiten Flashmob begaben sich die Jugendlichen an den Götzenturm, um nach Radfahrern mit Helm Ausschau zu halten. Die wurden nämlich mit großen Schildern mit der Aufschrift „Beifall für Helme“ und mit Applaus empfangen. Zunächst war es aber gar nicht so leicht behelmte Radler zu finden. Diejenigen ohne Kopfschutz waren eindeutig in der Überzahl. Dafür wurden die Vorbildlichen mit umso mehr Jubel begrüßt. Alle schmunzelten, manche blieben stehen und kamen mit den Jugendlichen ins Gespräch. Eine Frau gestand, wegen ihrer Frisur niemals einen Helm aufzusetzen. Ein junges Paar, das zu Fuß unterwegs war, schaute eine Weile zu und debattierte über die Wichtigkeit dieser Aktion. Das letzte Wort hatte die Frau. Sie meinte, man könne gar nicht genug darauf hinweisen, wie wichtig Helme seien, denn so mancher schwere Radunfall hätte milder ausfallen können, wenn der Kopf geschützt gewesen wäre.

Nachdem die „Querlenker“ erschöpft vom vielen Klatschen und Jubeln waren, zogen sie vor die Stadtgalerie, wo sie noch einmal dicht umringt von Zuschauern den Flashmob „Sicherheit hat Vorfahrt“ zeigten. Dann ging es im Zeitlupenparcours, der auch viele Blicke und Fragen auf sich zog, wieder zum Kiliansplatz. Hier gab es Schokolade und Dankeschöngespräche für rücksichtsvolle Radfahrer. Stefan Papsch vom Heilbronner Amt für Straßenverkehr, das die Idee für die Kooperation mit dem Theater hatte, begleitete die Flashmobs mit großer Freude. „Wenn jeder, der heute etwas von diesen Aktionen mitbekommen hat, zu Hause oder im Freundeskreis davon erzählt, dann haben wir die Idee von der Rad-KULTUR wieder ein Stück vorangetrieben“, sagt er. Denn Heilbronn ist in diesem Jahr Modellkommune der Initiative Rad- Kultur des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg und strebt langfristig danach, eine wirklich fahrradfreundliche Stadt zu werden.

Als es am Abend dunkel wurde, rüsteten sich die „Querlenker“ für das Finale. Mit Lichterketten behängt fuhren sie durch die Innenstadt, um auf die Wichtigkeit der Fahrradbeleuchtung aufmerksam zu machen. Dabei wurden sie bestaunt, fotografiert und immer wieder angesprochen. Ein bisschen fühlten sie sich wie Stars, denn bei ihrer Ankunft auf dem Kiliansplatz baten viele Passanten darum, mit ihnen ein Selfie machen zu dürfen.

Wie ein geölter Blitz rannten die ganze Zeit Kameramann Nicolai Stiefvater und sein Assistent Conrad den Jugendlichen hinterher, um keine Situation zu verpassen. Auch viele Zuschauer des Projektes wurden interviewt und werden sich am Ende in einer rund 20minütigen Dokumentation wiederfinden.
Fazit der Jugendlichen: Theater ist klasse, aber Theater auf dem Fahrrad richtig krass. Sie wären gern alle wieder mit dabei, falls es eine Neuauflage des Projektes geben sollte. Und das Résumé von Projektleiterin Antjé Femfert: Sie ist müde, aber sehr glücklich über die fünf intensiven Tage mit zehn kreativen Jugendlichen im Dienste einer tollen Idee.

Video der Aktion auf unserer Facebookseite

„Querlenker“-Proben laufen auf Hochtouren

Am 6. November sind die Flashmobs in der Innenstadt zu erleben

Foto: Nikolai Stiefvater
Die Querlenker, v.l.n.r. Tanjo, Victoria, Arne, Kathi, Daniel, Annika, Lucia, Lea-Marie, Sará und Learta Foto: Nicolai Stiefvater

Die TheaterWerkstatt im Wollhaus hat schon viele verrückte Projekte gesehen. Aber dass da 10 Jugendliche mit Fahrrädern drin herumfahren und eine Fahrradchoreografie entwickeln, dürfte bisher einmalig sein. Unter dem Motto „Querlenker“ beschäftigen sich die Jungen und Mädchen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren mit dem Thema Radfahren in Heilbronn, besonders unter dem Aspekt der gegenseitigen Rücksichtnahme. Zwei Tage lang waren sie zunächst auf Recherchetour an Verkehrspunkten, die von Radfahrern und Fußgängern gleichzeitig (Kiliansplatz und Sülmer Straße) und zum Teil zusätzlich noch von Autos (am Götzenturm) genutzt werden. Dabei haben die Jugendlichen nicht nur zugeschaut, erzählt Theaterpädagogin Antjé Femfert, die das Projekt leitet. Sie sind auch auf die Leute zugegangen und haben gefragt, warum sie in bestimmten Situationen lieber das Fahrrad schieben oder warum sie keinen Helm aufhaben. „Raser haben wir genauso gesehen wie absolut rücksichtsvolle Radfahrer.“

Jetzt verarbeiten die Jugendlichen ihre Eindrücke mit den Mitteln des Straßentheaters. Ihr Anliegen ist es dabei, auch negativen Erscheinungen mit positiven Reaktionen zu begegnen. In einer theatralisch nachgestellten Situation zum Beispiel spielt Tanjo Frese einen „Fahrradrowdy“, der sich ziemlich rücksichtslos und temporeich zwischen den Fußgängern hindurch schlängelt. Mit dunkler Sonnenbrille und lauter Musik auf den Ohren bekommt er kaum etwas von der Straßensituation mit. Einen Helm trägt er nicht. Die anderen Jugendlichen halten ihn an und zeigen ihm in einer witzigen Choreografie, was er auf jeden Fall besser machen muss, um seine Sicherheit und die der anderen nicht zu gefährden. Helm, Licht, Bremsen, Klingel, Schulterblick, Handzeichen, Blickkontakt gehören dazu. Das alles stellen sie mit großen Zeichen und Gesten in einer Straßentheateraktion dar. Mit diesem Flashmob „Sicherheit hat Vorfahrt“ wollen sie am Freitag, 6. November, um 15 Uhr auf dem Kiliansplatz starten, um in aller Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Weitere Flashmob-Varianten sind gerade in Erprobung und werden den ganzen Freitagnachmittag in der Heilbronner Innenstadt gezeigt. Es soll unter anderem eine Lichterkettenfahrt, sowie Belohnungs- und Beifallsaktionen für disziplinierte Radfahrer geben. Tanjo, Victoria, Arne, Kathi, Daniel, Annika, Lucia, Lea-Marie, Sará und Learta sind mit Feuereifer bei der Sache und sehr gespannt auf die Reaktionen der Passanten. Ein Kamerateam ist übrigens von Anfang an dabei und erstellt eine Dokumentation von dem Projekt, die später auch in Schulen gezeigt werden soll.

Alle Beteiligten hoffen, dass Heilbronn eine immer fahrradfreundlichere Stadt wird und stehen voll hinter den Ideen der Initiative RadKULTUR des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden Württemberg, welches das Projekt finanziert. Die Idee dafür hatte das Amt für Straßenwesen Heilbronn, das ein ganzes Jahr unterschiedliche Aktionen im Zeichen der Mobilität mit dem Fahrrad durchführt, denn Heilbronn ist 2015 Modellkommune der Initiative RadKULTUR.