„Be water, my friend“

Breakdanceweltmeister Amigo erarbeitet eindrucksvolles Tanzprojekt mit jungen Flüchtlingen

Die Fernsehjournalistin, die eine Probe des Projektes „Be water, my friend“ besucht hat, wollte es kaum glauben. Diese Jungs haben tatsächlich noch nie getanzt? So akrobatisch, so kraftvoll, wie sie sich auf der Bühne bewegen? Zwischen 15 und 17 Jahre sind sie alt, leben erst seit kurzem in Heilbronn und stammen aus Syrien, Afghanistan, Guinea und Somalia. Sie sind der harte Kern, der durchgehalten hat, um nun vor großem Publikum auf der Bühne zu tanzen, sich als ein Bestandteil des großen Tanzfestivals Tanz! Heilbronn zu präsentieren. Ihr Choreograf, von dem sie so viel gelernt haben, ist der aus der Türkei stammende und in Berlin lebende mehrfache Breakdanceweltmeister  „Amigo“ Kadir Memis. Seine Jungs nennen ihn einfach nur Amigo.

Als das Theater im Februar 2017 junge Männer für das Tanzprojekt von Amigo gesucht hat, kamen 40 zum ersten Treffen. Als klar wurde, dass sie am Ende auf der Bühne stehen würden, wurde die Gruppe kleiner. Als einige merkten, dass Tanz mit harter Arbeit und viel Disziplin zu tun hat, schmolz die Gruppe weiter. 12 Jungs sind dabeigeblieben, haben seit März an vielen Wochenenden geprobt und jetzt seit zwei Wochen jeden Tag – nach der Schule von 14-20 Uhr. Sie wollen tanzen, sich bewegen, sich beweisen – je kraftvoller desto besser. Der groovende Sound von Live-Musiker Milan Vogel treibt sie voran. Er mixt Hip Hop mit traditionellen Klängen aus den Heimatländern der Jungs. Lautete der Arbeitstitel zunächst „Artikel 1“ und sollte sich um die Würde des Menschen drehen, änderte sich der Titel des Projektes im Laufe der Arbeit und heißt jetzt „Be water, my friend“. Um Würde geht es immer noch, aber nicht mehr so abstrakt. Das Wasser ist ein gutes Symbol für das, was sie unter Würde verstehen – es kann sich jedem Gefäß anpassen, in das es hineingefüllt wird, es ist weich und geschmeidig. Es ist kann tragen, man kann darin versinken, es ist in jedem Fall überlebenswichtig. Aber es hat auch eine große gestalterische Kraft. So wünschen sie sich ihren Platz in ihrem neuen Leben – sie wollen sich anpassen und dabei trotzdem sie selbst bleiben und mitgestalten. Inspiriert ist der Titel von der Maxime des Kampfkünstlers Bruce Lee: Be water, my friend.

Die erste Vorstellung war ein gigantischer Erfolg

In der ersten Vorstellung am 18. Mai saßen lauter junge Zuschauer – viele so alt wie die Jungs auf der Bühne.  Mit frenetischem Applaus feierten sie die Leistung der jungen Männer. Und dann hielt es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen. Ein großer Teil stürmte die Bühne, um gemeinsam weiter zu tanzen. Ein einziges fröhliches Fest! Im anschließenden Publikumsgespräch wurde gefragt: Warum tanzen hier nur Jungs? Festivalkuratorin Karin Kirchhoff, die gemeinsam mit AMIGO das Projekt entwickelt hat, sagt, dass sie damit den jungen männlichen Flüchtlingen, über die so oft einseitig und negativ in den Medien berichtet wird, ein anderes Gesicht geben wollte. Wieder großer Beifall!

Hoffentlich geht es weiter

Das Tanzprojekt hat ihnen geholfen, sie sind selbstbewusster, verständigen sich jetzt untereinander auf Deutsch. Sie mussten lernen, diszipliniert und pünktlich zu sein, sich aufeinander zu verlassen. Wenn das Projekt vorbei ist, wollen sie weitermachen mit Bboy Tunaj Abedinov, der aus Heilbronn stammt und als gestandener Breakdancer das Projekt unterstützt.

Wir fliegen mit Alexander Gerst ins All

Aktion “Slices of Life” des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt

Im Mai 2018 beginnt für das Theater Heilbronn eine Reise durch Raum und Zeit. Alexander Gerst wird wieder ins All fliegen und wir fliegen mit. Möglich wird dies durch eine kleine silberne Kugel im Gepäck des deutschen ESA-Astronauten. Diese wird einen speziellen Datenträger mit gesammelten „Slices of Life“ unterhalten. Unter anderem auch ausgewählte Fotos von uns. Doch es wird noch abgehobener: Die Zeitkapsel wird im All verschlossen und erst im Jahre 2068 wieder geöffnet. Bis dahin bewahrt sie das Haus der Geschichte in Bonn auf.

Melanie Jung studiert Public Management (B.A.) in Ludwigsburg und absolviert derzeit ein studienbegleitendes Praktikum in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.

Bianca Sue Hennes zweite Oper hat am Theater Nordhausen Premiere

„Bonnie und Clyde“ kommt als Roadoper auf die Bühne

Musik von Christian Diemer
Libretto von Bianca Sue Henne

Bianca Sue Henne, Leiterin des Jungen Theaters Heilbronn und Libretistin
Bianca Sue Henne, Leiterin des Jungen Theaters Heilbronn

Dass unserer Leiterin des Jungen Theaters Bianca Sue Henne aufregende Tage bevorstehen, haben wir Heilbronner Kollegen eher nebenbei erfahren. Denn dass am 5. Mai ihre Oper „Bonnie & Clyde“ für die sie das Libretto geschrieben hat, an ihrer früheren Wirkungsstätte, dem Theater Nordhausen, uraufgeführt wird, darum hat sie keinen Wirbel gemacht. Wahrscheinlich, weil sie selbst viel zu aufgeregt und gespannt ist, auf das, was sie erwartet. Wie wird die Musik, die der junge Komponist Christian Diemer komponiert hat? Wie hat der Regisseur Prof. Elmar Fulda, der Leiter der Opernschule an der Weimarer Hochschule für Musik Franz Liszt, mit seinen Studierenden die Oper auf die Bühne gebracht? Von all dem wird sie sich überraschen lassen, wenn sie am Premierenabend im Publikum sitzt.

„Bonnie & Clyde“ ist schon ihre zweite Oper für junges Publikum. Die erste „Kannst du pfeifen, Johanna?“, lief zwei Jahre lang sehr erfolgreich in Nordhausen und wurde auch im Theater Augsburg inszeniert. Bianca Sue Henne brennt für die Theaterarbeit für junge Leute. Und während es im Schauspiel in den letzten Jahren einen großen Zuwachs an guten neuen Stücken für Heranwachsende gibt, vollzieht sich diese Entwicklung im Musiktheater sehr langsam. Sie habe damals für das Theater Nordhausen, ein reines Musiktheater, immer nach Opern für junge Leute gesucht, erzählt Bianca Sue Henne. Und weil die Auswahlmöglichkeiten so begrenzt waren, hat sie sich entschlossen selbst mit Komponisten an Musiktheaterstoffen für junges Publikum zu arbeiten. Sie beschreibt: „Wie ich auf Bonnie & Clyde gestoßen bin, weiß ich nicht mehr, aber der Stoff schien mir einfach perfekt für junges Publikum. Junge Protagonisten – die beiden sind Anfang 20 – eine rasante Roadstory, Liebe und Tod. Gutes Material.“ 

Bonnie Elizabeth Parker und Clyde Chestnut Barrow waren militärisch bewaffnete Schwerverbrecher und skrupellose Mörder. Und dennoch brachten sie es, seit sie im Mai 1934 in einem Hinterhalt erschossen wurden, zu weltweiter Achtung als Gangsterpärchen Bonnie & Clyde. Noch heute fasziniert, dass sie einfach nur zwei junge Leute waren, die nach endlich überstandener ärmlicher Kindheit einen Teil vom Kuchen des Lebens abhaben wollten. Sie suchten die Freiheit und nahmen ihre Zukunft selbst in die Hand, um ihren Traum vom Leben Wirklichkeit werden zu lassen. Bonnie schrieb Gedichte und sang, wollte ein Star werden, Clyde konnte Gitarre und Saxophon spielen. Doch erste kleine Konflikte mit Recht und Ordnung setzten eine Spirale von Gewalt, Strafe und Rache in Gang, die nur in der Katastrophe enden konnte. Den Tod haben Bonnie und Clyde immer in Kauf genommen. Sie wussten nur nicht, wann ihr Treiben sie das Leben kosten würde. Übrigens: Bonnie und Clyde schafften es ganz ohne das Fernsehen, die ersten Reality-Stars zu werden. In den sozialen Netzwerken wird ihre Liebe heute zum Teil höher bewertet als die von Romeo und Julia.

„Ich habe viel gelesen und recherchiert über die beiden. Ich brauchte ein solides inhaltliches Fundament. Dann gab es viele Treffen mit dem Komponisten Christian Diemer und dem Regisseur Elmar Fulda. Die beiden haben dann assoziativ beigetragen, was sie persönlich am meisten am Stoff interessiert. Wir haben darüber viel diskutiert und waren nicht immer einig. Aber der Weg ist auch sehr spannend und führt dazu, dass jeder seine Position immer wieder überdenken muss. Und deshalb kann am Ende etwas entstehen, das größer ist als die eigene Phantasie“, sagt Bianca Sue Henne.

Wir drücken ihr die Daumen für diesen spannenden Moment, wenn „ihre“ Figuren auf der Bühne lebendig werden und ihre Gedanken und Gefühle über die Musik, die Bianca Sue Henne bisher „nur“ vom Notenblatt kennt, transportieren. Und wir schicken ein kräftiges TOI TOI TOI nach Nordhausen.

Letzte Vorstellung “Orlando” am 5. Mai – Was kommt danach für das Ensemble?

Foto: Thomas Braun
Foto: Thomas Braun

Am Freitag, den 5. Mai, geht die letzte Vorstellung unserer gefeierten Inszenierung von Händels „Orlando“ über die Bühne. Bei dieser von Axel Vornam in Szene gesetzten Barockoper haben wir nicht nur wieder mit dem Württembergischen Kammerorchester, sondern auch mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart zusammen gearbeitet. Was aber erwartet unser junges Ensemble nach der letzten Vorstellung?

Die Sopranistinnen Johanna Pommranz (Dorinda) und Sara-Maria Saalmann (Angelica) werden im Sommer ihr Bachelor- bzw. Masterstudium abschließen. Frau Saalmann tritt direkt im Anschluss an die letzte Vorstellung beim Kristen-Flagstad Festival in Norwegen auf und nimmt am Cesti-Wettbewerb für Alte Musik in Innsbruck teil. Frau Pommranz überbrückt die Zeit bis zum Beginn ihres Masterstudiums Gesang im Oktober mit Konzerten in Deutschland und Österreich. Ihren Master (mit Auszeichnung!) hat Lisbeth Rasmussen Juel (Medoro) bereits in der Tasche und plant ihre nächsten Konzerte und für die Zukunft Vorsingen an diversen Opernensembles.

Ein Wiedersehen und -hören mit Konstantin Krimmel (Zoroastro) ist dagegen schon sehr bald möglich. Ab 23. Juni kann man den Bariton an der Jungen Oper Stuttgart als Ruben und 1. Hellseher in der Oper „Benjamin“ erleben.

Unser umjubelter Gast aus Großbritannien, der Counter-Tenor Owen Willetts, bleibt vorerst Händel – und dem deutschen Theater – treu: Sowohl bei den Internationalen Maifestspielen in Wiesbaden, als auch bei den Händel Festspielen Halle übernimmt er die Titelrolle in „Giustino“.

Wenn Sie das wunderbare Ensemble noch einmal bei uns erleben wollen, dann gibt es nur noch eine Chance, und zwar am 5. Mai – und nicht mehr allzuviele Karten.