»Hasch mich, ich bin der Mörder«

Mit »Der Pavillon« kommt im Komödienhaus die Stückvorlage des französischen Kultfilms auf die Bühne

von Dr. Mirjam Meuser

Gabriel Kemmether, Nils Brück; Foto: Verena Bauer

Elliott Nash (Nils Brück) ist ein erfolgreicher New Yorker Drehbuchautor. Seine Spezialität sind Kriminalfilme und Thriller, mit den Großen des Genres wie Alfred Hitchcock verkehrt er auf Du und Du. Um Inspiration zu finden und die Handlung seiner Drehbücher möglichst lebensecht zu gestalten, stellt er gerne die entscheidenden Passagen des Plots probeweise nach. Glücklicherweise hat er dafür in seinem Nachbarn, dem Staatsanwalt Harlow Edison (Tobias D. Weber), den besten Partner gefunden, den man sich vorstellen kann. Zu Beginn des Stücks üben die beiden gerade den perfekten Mord – und so unbeholfen, wie Elliott sich dabei anstellt, würde Harlow nie auf die Idee kommen, dass der Krimiautor tatsächlich für den Ernstfall probt.

Elliott hat nämlich ein Problem: Er wird seit einiger Zeit erpresst. Und zu allem Überfluss droht der Erpresser nicht ihm selbst zu schaden, sondern seiner über alles geliebten Frau Nell (Judith Lilly Raab), einer berühmten Schauspielerin. Harry Shelby, ehemals Pfleger eines Sanatoriums für drogenabhängige Prominente, hat bei seiner Kündigung die Krankenakten einiger Patienten mitgehen lassen, denen er nun droht, die Unterlagen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sollten sie seinen Forderungen nicht nachkommen. Unter diesen Patientenakten findet sich auch die von Elliotts Frau Nell, die offenbar in ihrer Vergangenheit eine schwierige Phase hatte. Elliott, der fürchtet, dass diese Enthüllung der Karriere seiner Frau schaden könnte – und der niemals zulassen würde, dass Nell in irgendeiner Weise verletzt wird –, befindet sich in der Zwickmühle. Die Gefahr, dass Nells Geschichte publik wird, wenn er zur Polizei geht, ist zu groß. Sollte er aber den Forderungen des Erpressers nachgeben, wird er auch vor weiteren Erpressungsversuchen nicht gefeit sein. Hinzu kommt, dass die Nashs sich gerade erst ein schickes Haus auf Long Island gekauft haben und seither in chronischer Geldnot leben. Sprich, Elliott fehlen schlichtweg die Mittel, um den Erpresser zufriedenzustellen. Was also liegt näher, als den Verbrecher um die Ecke zu bringen? Und es wäre doch gelacht, wenn es dem Krimiautor angesichts seiner langjährigen Erfahrung mit Mord und Totschlag nicht gelingen würde, den Erpresser spurlos zu beseitigen! Zum Glück hat seine Frau gerade das Fundament für den neuen Gartenpavillon – ein völlig überteuertes Schmuckstück aus dem 18. Jahrhundert – gießen lassen …

Dass ordentlich Chaos wartet, wo ein Schreibtischtäter sich erstmals an einem echten Mord versucht, ist bei Alec Coppel Programm. Der australische Drehbuchautor, Schriftsteller und Dramatiker, Spezialist für Krimikomödien und Mystery-Thriller, der zu Lebzeiten zu den versiertesten Autoren seines Fachs gehörte und neben Alfred Hitchcock auch mit Alex Corda, James Stewart und Aldous Huxley zusammenarbeitete, hat dem Protagonisten seines größten Bühnenerfolgs selbstironisch auch einige autobiografische Züge verliehen. Die Uraufführung 1958 am New Yorker Broadway mit Walter Slezak und Jayne Meadows in den Hauptrollen kam in anderthalb Jahren auf 266 Vorstellungen, am Londoner West End zwei Jahre später war »Der Pavillon« in ganzen 479 Aufführungen zu sehen. Auch die erste Verfilmung des Stoffs erfolgte bereits 1959 unter dem Originaltitel »The Gazebo« (dt. »Die Nervensäge«) mit Glenn Ford und Debbie Reynolds in den Hauptrollen. Kultstatus allerdings genießt die französische Verfilmung von 1971 mit Louis de Funès, Claude Gensac und Bernhard Blier in den Hauptrollen, die in Deutschland unter dem Titel »Hasch mich, ich bin der Mörder« bekannt wurde.

Regisseur Jens Kerbel, der das zugrunde liegende Bühnenstück jetzt in liebevoll nachempfundenem 60er-Jahre-Schick (Bühne: Gesine Kuhn) im Komödienhaus inszeniert, bezeichnet den französischen Komödienklassiker als einen seiner Lieblingsfilme. Ob wir uns ab März also auch auf den berühmten Dialog »Nein!« – »Doch!« – »Ohhh!« freuen dürfen, wird aber noch nicht verraten.

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Von der Suche nach einem Rezept für Reichtum und Glück

Kai Tietje und Thomas Winter haben die legendäre Kabarett-Revue »Wie werde ich reich und glücklich?« aus dem Jahr 1930 für Heilbronn wiederentdeckt

von Sophie Püschel

Lennart Olafsson, Eve Rades; Foto: Rebekka Gogl

Wer wäre nicht gern reich und glücklich? Das denkt sich auch der mittellose Kibis, der im Zentrum von Felix Joachimsons und Mischa Spolianskys Kabarett-Revue »Wie werde ich reich und glücklich?« steht, die 1930 zum Publikumsschlager avancierte und ein Jahr später fürs Kino verfilmt wurde. Denn neben einer turbulent-heiteren Geschichte mit allerhand unerwarteten Wendungen und einem Reigen an liebenswert-skurrilen Figuren, bietet die Revue auch Lieder mit Ohrwurmgarantie, die der musikalische Leiter Kai Tietje eigens für die Heilbronner Inszenierung arrangiert hat. Neben dem siebenköpfigen Ensemble werden insgesamt 13 Musikerinnen und Musiker das Publikum in die (musikalische) Welt der späten 20er-Jahre entführen. Für das optische Flair sorgt der Bühnen- und Kostümbildner Toto mit aufwendigen Kostümen im Stil der Zeit sowie einer verblüffenden Bühnenlösung, die den Blick freigibt auf das schwindelerregende Berliner Großstadt-Labyrinth.

Berlin 1930: Der arbeitslose Kibis (Lennart Olafsson) lebt auf Pump und schlägt sich mehr schlecht als recht durchs Leben. Gerade als ihm sein Vermieter wegen Zahlungsversäumnissen mit der fristlosen Kündigung droht, erreicht ihn der Ratgeber von Dr. C. M. Pausback mit dem verheißungsvollen Titel »Wie werde ich reich und glücklich?«, der die Lösung all seiner Probleme in nur wenigen Schritten verspricht. Auch im Briefkasten der wohlhabenden Marie (Eve Rades) landet der besagte Ratgeber, den sie aufmerksam studiert. Während sich Kibis nichts dringlicher wünscht, als mit Hilfe der Pausback’schen Leitsätze dem sozialen Elend zu entfliehen und endlich frei von finanziellen Sorgen zu sein, sehnt sich die vom Luxus gelangweilte Marie nach dem Glück. Im unbekümmerten Leben der jungen Frau dreht sich alles um Mode, Beauty und Lifestyle. Doch sie spürt, da muss es noch mehr geben! Die akribische Befolgung der Leitsätze führt Kibis und Marie schließlich zusammen. Beide erkennen, dass sie einander für den erfolgreichen Abschluss des Ratgeber-Kurses benötigen, weshalb sie Hals über Kopf heiraten. Kibis ist reich und Marie ist glücklich, oder? Anders als man erwarten könnte, endet die Handlung an dieser Stelle nicht, sondern nimmt erst richtig an Fahrt auf. Oder um ein Lied der Revue beim Wort zu nehmen: »Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt … «
Denn Maries Vater, der pragmatische Automobil-Warenhaus-Besitzer Regen (Stefan Eichberg), hat in dieser Geschichte ebenso ein Wörtchen mitzureden wie auch Kibis’ patente Jugendfreundin Lis (Sarah Finkel) und Regens dauergestresster Branchenfreund F. D. Lohrenz (Arlen Konietz). Durch die turbulentüberraschende Handlung führen in der Inszenierung von Thomas Winter die beiden Conférenciers Oliver Firit und Juliane Schwabe, die an diesem Abend in insgesamt 14 Rollen
schlüpfen werden.

Mitten in der Weltwirtschaftskrise, die die Weimarer Republik im Mark erschütterte, treiben Felix Joachimson und Mischa Spoliansky mit ihrer Kabarett-Revue das Credo, dass jeder selbst seines Glückes Schmied und sozialer Aufstieg für jeden möglich ist, satirisch auf die Spitze. Ihr augenzwinkerndes Rezept für Reichtum und Glück ist ganz im Sinne der modernen Konsumgesellschaft nicht in der Bibel, sondern in einer Reklamebroschüre zu finden. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Krisen erfreut sich die Ratgeber-Literatur, die einfache Antworten auf komplexe Fragen bietet, besonderer Beliebtheit – damals wie heute.

Ob die Leitsätze von Dr. Pausback tatsächlich zu Reichtum und Glück verhelfen, erfahren Sie ab dem 9. März 2024 im Großen Haus.

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Suche nach Liebe und Erkenntnis

»Die Zauberflöte« kommt als Inszenierung des Pfalztheaters Kaiserslautern ins Große Haus

von Silke Zschäckel

Foto: Andreas J. Etter

»Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!« Dieser Leitsatz von Immanuel Kant ist dem Programmheft zur Oper »Die Zauberflöte« vorangestellt, mit der das Pfalztheater Kaiserslautern ab dem 16. März 2024 für acht Vorstellungen im Theater Heilbronn gastiert. Denn nichts anderes als den Weg zur eigenen Erkenntnis durch das Überwinden jeglicher ideologischer Beeinflussung beschreitet
Prinz Tamino, um am Ende seine Pamina für sich zu gewinnen.

Tamino erhält von der Königin der Nacht den Auftrag, ihre Tochter Pamina aus dem Reich ihres Widersachers Sarastro zu befreien. Als Tamino das Bildnis der Prinzessin sieht, verliebt er sich augenblicklich in sie und willigt in den Auftrag ein. Er wird von dem vorwitzigen Vogelhändler Papageno begleitet und bekommt zum Schutz vor Gefahren eine Zauberflöte. Den beiden gelingt es, in den Tempel der Eingeweihten einzudringen. Hier begreift Tamino allerdings, dass Sarastro keineswegs der Bösewicht ist, als den die Königin der Nacht ihn beschrieben hat. Und so stellt er sich vielen Prüfungen und Gefahren, um die Hand Paminas zu gewinnen. Die italienische Regisseurin Pamela Recinella sieht die Suche nach Wissen und neuen Erkenntnissen als endlose Lebensaufgabe und die Fähigkeit »eines jeden Tamino und einer jeden Pamina unserer Gesellschaft, die Unwahrheit zu entlarven« als große Herausforderung.

Mozarts wunderschöne Musik macht »Die Zauberflöte« immer wieder zu einem Bühnenereignis. Die Charakterisierung der Figuren wird mehr durch die Musik als durch ihre Worte erreicht. Mozart komponierte volkstümliche Lieder für Papageno, barocke Arien für die Königin der Nacht, klangvolle Chöre für die Priester Sarastros, eine schlichte und klare Melodik für Sarastro selbst und beseelte Arien für Tamino und Pamina. So ist und bleibt »Die Zauberflöte« die Lieblingsoper der Deutschen mit einen unangefochtenen Spitzenplatz in den Aufführungsstatistiken.

Auf diesen Erfolg hatte Emanuel Schikaneder, seinerzeit Direktor des Freihaustheaters in Wien, insgeheim gehofft, als er seinen Freund Wolfgang Amadeus Mozart 1791 beauftragte, eine Oper von großer Zugkraft zu komponieren, die ihm sein 1000 Plätze fassendes Haus füllen sollte. Schikaneder selbst lieferte das märchenhafte Libretto dazu.

Das Kalkühl des Theaterdirektors ging voll und ganz auf: Am 30. September 1791 war die Uraufführung, die Mozart selbst vom Klavier aus dirigierte. Emanuel Schikaneder führte Regie und stand in der Rolle des Papageno auf der Bühne.

Allein bis Ende des Jahres 1791 wurden 35 Vorstellungen gespielt, die alle ausverkauft waren. Mozart selbst hatte nicht mehr viel vom Erfolg seiner Oper, er starb sieben Wochen nach der Uraufführung. Für Schikaneder hingegen brach ein goldenes Jahrzehnt an – zumindest finanziell. 1801 baute er von den Einnahmen ein neues Theater, das heute noch existierende Theater an der Wien. Als Librettist sollte er zu Lebzeiten aber kaum Anerkennung erfahren. Sein Name wurde bei vielen weiteren Aufführungen, 1794 wurde »Die Zauberflöte« schon an 27 Theatern gespielt, einfach nicht genannt. Zu profan sei die Geschichte, kritisierten Rezenten. Schikaneder indes hatte nie ein Hehl aus seinen Absichten gemacht: »Ich schreibe fürs Vergnügen des Publikums, gebe mich für keinen Gelehrten aus.« Dass »Die Zauberflöte« aber so viel mehr ist, als ein reines Vergnügen, macht sie unsterblich.

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Warum es sich zu leben lohnt!

Nicole Buhr inszeniert das preisgekrönte Jugendstück »Und alles« von Gwendoline Soublin für Jugendliche ab 12 Jahren

von Katrin Aissen

Foto: Verena Bauer

Eine Welt voller schlechter Nachrichten – der zwölfjährige Ehsan ist News-Junkie. Täglich zieht er sich sämtliche Zeitungs-, Fernseh- und Internetnachrichten rein und langsam hat er es satt: Die Polkappen schmelzen, Kriege überall, Bomben, Attentate, eine zunehmende Vereinsamung großer Bevölkerungsschichten, drohender Klimakollaps und die Superreichen feiern Partys auf ihren Yachten – einfach nur »Trash oder Tragödie«. Und niemand scheint wirklich etwas dagegen unternehmen zu wollen.
Allein mit seinen Gedanken verlässt Ehsan kaum noch sein Zimmer.

Doch eines Tages ist er plötzlich weg. Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem er schreibt, er wolle nicht in einer hoffnungslosen Welt leben. Seine achtjährige Schwester Chalipa und die 13-jährige Sam, die eigentlich ein bisschen auf die beiden aufpassen soll, solange der Vater verreist ist, sind entsetzt. Ratlos überlegen sie, wohin Ehsan verschwunden sein könnte – bis der kleine Nachbarsjunge Nelson auftaucht und auf die Luke des Bunkers deutet, den Chalipas und Ehsans Vater im Garten angelegt hat. Oh je, wahrscheinlich hat sich Ehsan in den Bunker zurückgezogen! Und der ist, wenn der Eingang zu ist, nur von innen zu öffnen. Was ist zu tun? Ist Ehsan wirklich da unten?

Chalipa versucht anhand von Ehsans Tagebuch zu rekonstruieren, was passiert ist, und Sam ruft ihren Freund Salvador zur Hilfe. »Ihr müsst die Polizei rufen!«, fordert Salvador aufgeregt, doch Sam hat Angst als Babysitterin zur Verantwortung gezogen zu werden. Auch eine Benachrichtigung des Vaters von Chalipa und Ehsan kommt für Sam aus diesem Grund nicht in Frage. Also was nun? Als gebrüllte
Drohungen nichts helfen: »Wenn du nicht rauskommst, dann kommt die Feuerwehr und bohrt deine Panzerwand auf, und dann stehst du blöd da – wie eine Maus, die in ihrem eigenen Loch in der Falle hockt!«, braucht es eine neue Strategie. Alle versuchen, sich in Ehsan hineinzudenken. Was hat ihn
bewogen, zu verschwinden? Sind es wirklich die trüben Zukunftsprognosen, oder hat sich Ehsan vielleicht in den Bunker zurückgezogen, um sein Wissen für eine erfolgreiche YouTube-Karriere zu nutzen? Eher unwahrscheinlich. Dann schon eher der miserable Zustand der Welt … Doch ist die Zukunft wirklich so düster? Und schon sind die vier mitten in einer intensiven Diskussion über ihre Ängste, Wünsche und ihre Sicht auf die Menschheit. Da haben Sam und Salvador plötzlich eine raffinierte Idee, um Ehsan aus dem Bunker zu locken. Sie rufen vor der Eingangsluke kleine positive Nachrichten: »Im Frühjahr kommt das neue Album von Shakira heraus!«, »Morgen werden es 22 Grad!« und entwickeln ganz eigene Zukunftsutopien: »Krebs haben wird sein, wie wenn man jetzt sagt: Ich hab Schnupfen!«, »Irgendwann lassen wir uns Flügel annähen, um aus der Krise herauszukommen und dann machen wir eine Reise auf die Bahamas!« Und jeder erzählt aus seiner persönlichen Sicht, warum es sich zu leben lohnt. Doch Ehsan bleibt verschwunden, denn er hat längst andere Pläne und nimmt das Heft des Handelns selbst in die Hand …

Gwendoline Soublin hat ein wunderbar leichtfüßiges wie existenzielles Stück über die Sicht von Kindern und Jugendlichen auf unsere heutige Welt geschrieben. Konsequent aus der Sicht der jungen Protagonisten verfasst, mit geschliffenen Dialogen und einer gehörigen Portion Optimismus macht das
Stück Mut zum eigenen Engagement – unabhängig von Alter und Lebensumständen.

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Die Vertreibung aus dem Paradies?

Axel Vornam inszeniert Anton Tschechows letztes Stück »Der Krischgarten« im Großen Haus

von Dr. Mirjam Meuser

Foto: Verena Bauer

Am 17. Januar 1904, vor genau 120 Jahren also, an Anton Pawlowitsch Tschechows 44. Geburtstag, wurde seine Komödie »Der Kirschgarten« am Moskauer Künstlertheater uraufgeführt. Es blieb sein letztes Theaterstück. Am 2. Juli desselben Jahres starb der russische Schriftsteller, schwer von der Tuberkulose gezeichnet, in Badenweiler bei Freiburg. Der Kuraufenthalt im Badischen, bei dem er sich von den Strapazen der vergangenen Jahre erholen wollte, in denen er oft gegen ärztlichen Rat zwischen der Krim und Moskau hin und her gereist war, kam zu für ihn zu spät. »Der Kirschgarten« war die letzte große literarische Anstrengung seines kurzen Lebens – eine hellsichtige Bestandsaufnahme seiner Gegenwart als einer Zeit des Umbruches, die so verzweifelte wie komische Abwehrreaktionen provozierte. Zur Ironie des Schicksals gehört es somit auch, dass am Tag des Ausbruchs der Oktoberrevolution im Moskauer Künstlertheater »Der Kirschgarten« gespielt wurde.

Das Stück zeigt eine Gesellschaft, die sich der neuen Zeit so lange und mit so viel tragikomischem Aufwand verweigert, dass sie letztlich von ihr überrollt wird. Es spielt um 1900 in Russland auf dem Gut von Ljubow Andrejewna Ranjewskaja (Sabine Fürst), die sich vor fünf Jahren nach dem tödlichen Unfall ihres jüngsten Sohnes nach Paris geflüchtet hat. Inzwischen ist das unrentable Anwesen, das derweil von ihrer Adoptivtochter Warja (Juliane Schwabe) verwaltet wurde, hoch verschuldet und soll binnen Kurzem versteigert werden. Daher holt Anja (Romy Klötzel), die jüngere Tochter der Ranjewskaja, ihre Mutter aus Paris zurück, in der Hoffnung, sie könnte das Gut retten. Doch die Mutter hat ihr Vermögen mit ihrem Liebhaber in Paris durchgebracht, sie kann nicht helfen. Statt zu sparen und Geld aufzutreiben, wirft sie auch noch mit den letzten Rubeln um sich, als gäbe es kein Morgen. Den dringenden Rat des Geschäftsmannes Jermolai Alexejewitsch Lopachin (Sven-Marcel Voss), Sohn eines ehemals leibeigenen Bauern, den gerade in voller Blütenpracht stehenden Kirschgarten abzuholzen und gewinnbringend für den Bau von Sommerhäusern zu verpachten, tut sie als geschmacklos ab. Undenkbar, dass der verlässlich in jedem Frühjahr blühende Kirschgarten, für sie ein Symbol von Heimat und Beständigkeit und Kristallisationsort ihrer sentimentalen Erinnerung an eine sorglose Kindheit, einem ›Nützlichkeitsdenken‹ geopfert werden könnte. In einer komischen Mischung aus infantiler Realitätsverweigerung und angstvoller Schicksalsverfallenheit tut sie folglich nichts, um ihren Besitz zu retten. Als schließlich der geschäftstüchtige Lopachin selbst den Kirschgarten ersteigert und die Axt ansetzt, bricht ihre Welt zusammen. Der neue, durchrationalisierte und –kapitalisierte Typus Mensch ist ihr im Innersten fremd – so wie der gesamten untergehenden alten Gesellschaft, die Tschechow uns in all ihren tragikomischen Facetten vorführt. Denn selbst da, wo sie sich mit der neue Zeit auseinandersetzen, gerät diese Beschäftigung zur reinen Schwärmerei.

Tschechows letztes Theaterstück, das zu den meistgespielten Dramen der Weltliteratur gehört, wirkt, von heute aus betrachtet, wie der Seismograph einer Umbruchszeit, nicht unähnlich der unseren. Wo alte Gewissheiten nicht mehr gelten und Unsicherheit zur alltäglichen Erfahrung wird, sind melancholisch-rückwärtsgewandte Realitätsverleugnung, nostalgische Verklärung einer vermeintlich paradiesischen Vergangenheit und schwärmerische Heilserwartungen an die Zukunft wiederkehrende Phänomene. Das verzweifelte Festhalten an der ›alten Welt‹ wirkt letztlich wie ein Katalysator, der die selbstzerstörerischen Prozesse beschleunigt. In seiner Inszenierung für das Große Haus holt Axel Vornam das Tschechow-Universum in die Gegenwart. Er stellt die Figuren in einen zeitlosen Spiel-Raum (Bühne: Tom Musch), in dem sie sich unablässig und selbstverliebt um sich selber drehen – getrieben von der hilflosen Verweigerung, sich der neuen, sich rasant verändernden Welt zu stellen. Das Alte vergeht, so oder so, aber wie soll das Neue Gestalt annehmen?

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Tausche Luxusapartment gegen Plattenbauwohnung

Ein wahnwitziges Täuschungsmanöver sorgt in Ivan Calbéracs Komödienhit »Jugendliebe« für allerhand unterhaltsame Turbulenzen

von Sophie Püschel

Foto: Jochen Quast

Nach dem großen Erfolg von Ivan Calbéracs preisgekröntem Stück »Weinprobe für Anfänger«, das 2022 mit Nils Brück in der Hauptrolle das Heilbronner Publikum begeisterte, folgt nun seine neueste Komödie »Jugendliebe«. Diesmal steht Nils Brück jedoch nicht als Schauspieler auf, sondern als Regisseur vor der Bühne.

Der erfolgsverwöhnte Antoine (Arlen Konietz) hat alles, was man sich nur wünschen kann, ein florierendes Unternehmen, das ihm enorm viel Geld einbringt, und eine attraktive Freundin, die weiß, was sie will: ein Schloss in der Dordogne! Das Leben könnte kaum schöner sein, da erscheint sein Anwalt Rougeron (Pablo Guaneme Pinilla) mit einem ominösen Brief. Darin teilt Antoines Jugendliebe Maryse (Sarah Finkel) ihm mit, dass sie ihre Arbeit als Krankenschwester für Ärzte ohne Grenzen in Malawi unterbrochen habe, um sich mit ihm in Paris zu treffen. Der Grund ihrer Reise ist, dass sie nach 20 Jahren die Scheidung einreichen möchte. Antoine fällt aus allen Wolken, denn er war sich nicht bewusst, dass ihre Spontanhochzeit in einem Aschram Rechtsgültigkeit besitzt. Als ihn sein Anwalt darauf aufmerksam macht, dass Maryse nach französischem Recht bei einer Scheidung die Hälfte seines Vermögens zusteht, läuten bei Antoine alle Alarmglocken. Es braucht schnell eine Lösung, denn Maryse darf auf gar keinen Fall sein luxuriöses Apartment in bester Pariser Innenstadtlage betreten. Da kommt ihm seine renitente Haushaltshilfe Chuang-Mu (Regina Speiseder) gerade recht, die sich neuerdings jeden Handgriff zusätzlich bezahlen lässt, nachdem sie gelesen hat, dass Antoine 637-mal mehr verdient als sie. Kurzerhand schickt er Chuang-Mu in den bezahlten Urlaub nach Marokko, um währenddessen heimlich ihre Plattenbauwohnung in einem Brennpunktviertel zu beziehen. Antoines Freundin Diane (Judith Lilly Raab), die aus einer alten französischen Adelsfamilie stammt und ein Leben im Luxus gewöhnt ist, lässt sich nur widerwillig zu dieser Maskerade überreden. Denn neben der Wohnung gilt es natürlich auch, Lebensstil, Kleidung und Sprache des vermeintlichen Prekariats zu kopieren. Ein wahnwitziges Spektakel nimmt seinen Lauf! Die Täuschung scheint perfekt, würde sich die Weltverbesserin Maryse nicht hartnäckig dazu bemüßigt fühlen, ihrem alten Freund den Weg aus der Arbeitslosigkeit zu ebnen. Zu allem Überfluss kehrt auch noch Chuang-Mu zu früh aus dem Urlaub zurück und lässt sich nun nicht mehr so einfach herumschubsen. Ergänzt wird dieses heitere Verwirrspiel von einer Reihe live vom Ensemble gesungener französischer Lieder und Chansons, die der Musiker und Komponist Johannes Mittl eigens für die Heilbronner Inszenierung einrichtet.

In seiner turbulenten Komödie »Jugendliebe« lässt Ivan Calbérac charmant-verschrobene Figuren aus ganz unterschiedlichen Welten aufeinanderprallen: Die High-Society-Lady Diane, die ihre innere Leere mit rauschhaftem Shopping kompensiert, trifft auf die Hippie-Krankenschwester Maryse, die ihre persönliche Berufung in der humanitären Hilfe in Afrika gefunden hat, während die aufmüpfige Hausangestellte Chung-Mu selbstbewusst auch ein Stück vom Kuchen fordert und die Ungerechtigkeit der Vermögensverteilung anprangert. Indessen zieht Antoine alle Register, um seine Komfortzone nicht verlassen zu müssen, denn seine hehren, kapitalismuskritischen Ideale der Studentenzeit sind längst von seinem hart erarbeiteten Reichtum korrumpiert. Trotz des lustvollen Spiels mit Klischees und Stereotypen gelingt es Calbérac die tiefsitzende und sehnsuchtsvolle Frage spürbar zu machen, die alle Figuren umtreibt: Was ist wirklich wichtig im Leben?

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Genie und Wahnsinn – Das ungewöhnliche Leben der Camille Claudel

Ein biografischer Abend von Regina Speiseder und Katrin Aissen

von Katrin Aissen

Kompromisslose Künstlerin, leidenschaftlich Liebende, begnadete Bildhauerin, von ihrer Zeit verkanntes Genie und am Lebensende an ihren inneren und äußeren Dämonen Zerbrechende: Camille Claudel führte nicht nur ein Leben wie in einem Roman – ihr unabhängiger Geist, ihr wildes Temperament und ihr bedingungsloser Schaffensdrang ließen sie auch immer wieder gegen die gesellschaftlichen Begrenzungen ihrer Zeit anrennen, die Frauen eher die Rolle der Muse, denn des Genies zubilligten.

Die Inszenierung beleuchtet schlaglichtartig wichtige Lebensstationen der innovativen Künstlerin: Ihre Kindheit in der französischen Provinz, in der wilden Landschaft des Tardenois, die sie prägt und wo sie schon früh anfängt, aus dem heimischen Lehm Skulpturen zu formen. Ihre Seelenfreundschaft zu ihrem Bruder Paul Claudel und ihre gemeinsame Auflehnung gegen die konservative Mutter, die der Tochter die Wildheit und dem Sohn den Hang zur Träumerei vorwirft. Ihre Zeit an der Akademie Colarossi in Paris, in der sie auch den Bildhauer Auguste Rodin kennenlernt, dem sie Schülerin, Muse, Geliebte und Arbeitspartnerin wird. Rodins Liebschaften zu anderen Schülerinnen und Modellen und besonders seine langjährige Beziehung zu Rose Beuret sowie ihr Wunsch, sich als eigenständige Künstlerin zu etablieren, treiben Camille Claudel zum Bruch mit ihrem Geliebten. Es folgt eine künstlerisch produktive Phase, die aber geprägt ist von Geldsorgen und dem Kampf, als Frau im etablierten Kunstbetrieb bestehen zu können. Besonders der fortwährende Verweis der Kunstkritik auf Rodin als Lehrer, Mentor und prägender Einfluss machen Camille Claudel zu schaffen und verhindern einen vorurteilsfreien Blick auf die Genialität ihrer Bildhauerei. Kompromisslos und voll Schöpferkraft bricht sie gesellschaftliche Tabus, etwa wenn sie sich gegen den antiquierten Geschmack von Ausstellungsbesuchern und Behörden zur Wehr setzt, die die Nacktheit ihrer Figuren als anstößig geißeln und ihr die Befähigung, Kunst zu schaffen, absprechen.

Eine außergewöhnliche Beziehung verbindet sie auch mit dem Komponisten Claude Debussy, deren besonderer Charakter bis heute nicht geklärt ist: War es eine rein platonische Freundschaft oder mehr? Wachsende Armut, der verzweifelte Kampf um Anerkennung und ein zunehmend zurückgezogenes Leben führen zur Vereinsamung und Nervenzerrüttung Camilles. Ihre künstlerischen und persönlichen
Abgrenzungsversuche zu Rodin und ihr Kampf mit der öffentlichen Meinung werden zunehmend radikaler. Sie steigert sich in einen Verfolgungswahn hinein und ihr Hang zur Destruktivität kulminiert in der Zerstörung ihrer eigenen Werke.

Gegen ihren Willen wird sie von ihrer Mutter und ihrem Bruder – der sie auf diese Weise trotz ihres innigen Verhältnisses verrät – in eine Nervenheilanstalt eingewiesen. Dort verbringt sie die letzten 30 Jahre ihres Lebens, nur sehr selten besucht von ihrem Bruder – und kein einziges Mal von ihrer Mutter.

Rückblickend, nach über zwanzig Jahren in verschiedenen Nervenheilanstalten, beschreibt Camille Claudel ihr Leben als einen »Roman, gar ein Epos, Ilias und Odyssee. Um es zu erzählen, bedarf es wirklich eines Homer. Ich bin in den Abgrund gestürzt. Ich lebe in einer so merkwürdigen, so befremdenden Welt. Vom Traum, der mein Leben war, ist dies der Alptraum.«

In assoziativen Bildern und mit emotionalen Liedern – zwischen Traum und Wirklichkeit – führt die Inszenierung in den Kosmos Camille Claudels. In einer eigenen Fassung – angeregt von Briefen Camille Claudels – bringen Regina Speiseder und Katrin Aissen diese spannende Frauenfigur auf die Bühne des Salon3 – unterstützt von Manuel Heuser am Piano.

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»BOXX|Labor« – Ein theatrales Experiment kommt auf die BOXX-Bühne

In dieser Spielzeit wagt sich unser gesamtes BOXX-Team an ein ganz besonderes Experiment: Eine Stückentwicklung, an der alle Mitwirkenden gleichberechtigt teilhaben und sich einbringen, und bei deren Entstehung auch mehrere Schulklassen eine besondere Rolle spielen. Dieses »BOXX|Labor« steht unter dem Thema »Meine Kultur. Deine Kultur. – Passt das zusammen?«. Wie funktioniert dieses theatrale Labor? Was haben die Schulklassen damit zu tun? Und was ist überhaupt Kultur?

Verschiedene Seile sind Teil des Bühnenbildes vom »BOXX|Labor«.

Was ist Kultur? Diese Frage stand zu Beginn der Arbeit am »BOXX|Labor«. Gemeinsam mit der Leiterin des Jungen Theaters Nicole Buhr, der Regieassistentin Stefanie Roschek und der Dramaturgin Deborah Raulin erkundeten die BOXX-Schauspielerinnen und -Schauspieler Rouven Klischies, Andreas Schlegel und Nora Rebecca Wolff die Ursprünge, Eigenheiten und Merkmale von Kultur allgemein und von ihrer eigenen Kultur. Los ging alles mit einem gemeinsamen Essen im September 2021, bei dem alle Gerichte aus ihren Heimatregionen besteuerten – denn auch Essen kann Kultur sein! Über unzählige Diskussionen, Improvisationen und Recherchen, das Lesen von wissenschaftlichen Texten, das einander Zuhören und Zuschauen, das Einfangen und Weiterdenken von Ideen haben sie das Thema von allen Seiten beleuchtet und in eine sinnliche Theatersprache übersetzt. Alle konnten sich gleichberechtigt mit ihren Gedanken, szenischen Ideen und selbstgeschriebenen Texten einbringen.

So sah das Brainstorming zu Beginn der Stückentwicklung aus. Foto: Johannes Buchholz

Die Idee hinter diesem Theaterexperiment war der Wunsch von Nicole Buhr und der Abteilung Theaterpädagogik, einen neuen Raum für Austausch mit dem Publikum zu schaffen und ein Stück zu entwickeln in engem Kontakt zu denen, die dieses dann später auch ansehen werden. So kann auch das berücksichtigt werden, was das Publikum beschäftigt. Was denken Jugendliche über das Thema? In Anlehnung an die Lehrpläne der Schulen und aktuelle Diskurse viel die Wahl für die Thematik des ersten »BOXX|Labor« schnell auf Kultur. Die Schulklassen beschäftigen sich zum Beispiel im Ethik- oder Geschichtsunterricht mit den Fragen: Was macht Kultur aus? Wie entstehen und entwickeln sich Kulturen?

Vier Schulklassen mit Schülerinnen und Schülern ab 12 Jahren haben im Rahmen von »BOXX|Labor« Workshops zum Thema Kultur besucht, die unsere Theaterpädagoginnen gemeinsam mit dem »BOXX|Labor«-Team durchgeführt haben. Auch in diesen Workshops wurde zunächst einmal gesammelt, was die Schülerinnen und Schüler mit dem Begriff ›Kultur‹ verbinden. Dann haben sich die Klassen in Kleingruppen mit den Hauptfragen beschäftigt, die sich auch das Team selbst zu Beginn der Stückentwicklung gestellt hatte: Was mag ich an meiner Kultur? Was mag ich nicht an meiner Kultur? Was gibt es für Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kulturen? Durch den Austausch mit den Schülerinnen und Schülern konnten deren Gedanken und Wünsche gehört und in die Stückentwicklung einbezogen werden. Hierbei kamen neben vielen Überschneidungen des Kulturverständnisses auch immer wieder neue Ideen dazu.

Die Ergebnisse der Kleingruppen eines Schulworkshops. Foto: Kea Leemhuis

Die Schulklassen werden dann auch eine der Vorstellungen besuchen, die immer ein Diskussions- und Reflexionsgespräch beinhalten. Das Team des »BOXX|Labor« ist schon ganz gespannt auf das Feedback der Schülerinnen und Schüler! So viel ist bereits sicher: Alle Beteiligten haben viel über das Thema Kultur gelernt. Und in der nächsten Spielzeit wird es ein weiteres »BOXX|Labor« geben, dann zu einem neuen Thema.

Vorstellungstermine »BOXX|Labor1: Meine Kultur. Deine Kultur. – Passt das zusammen?«

Donnerstag, 28.04.2022 um 11:00 Uhr (Premiere)

Dienstag, 03.05.2022 um 11:00 Uhr

Mittwoch, 04.05.2022 um 18:00 Uhr

Tickets gibt es hier: https://www.theater-heilbronn.de/programm/junges-theater/stueck-detail.php?SID=481

Wie man sich durchs Leben boxt

Mit »Das Herz eines Boxers« schrieb der Heilbronner Autor Lutz Hübner einen modernen Jugendtheater-Klassiker

Das Herz eines Boxers

Sieben Szenen hat Lutz Hübners Jugendstück »Das Herz eines Boxers« — wie sieben Szenen eines Boxkampfes.
Die beiden, die sich hier auf der Bühne gegenübertreten, scheinen zuerst sehr ungleiche Kontrahenten zu sein: Der 16-jährige Jojo ist beim Klauen eines Mofas erwischt worden und muss jetzt in einem Altersheim Sozialstunden ableisten. Der alte Leo, dessen Zimmer er streichen soll, sitzt nach einem Schlaganfall stumm im Sessel. Doch nichts ist, wie es scheint. Leo, ein ehemaliger Boxer mit siegreicher Vergangenheit im Ring, täuscht seine Krankheit nur vor und plant insgeheim die Flucht. Jojo täuscht mit seiner großen Klappe darüber hinweg, dass er sich selbst für einen Loser ohne Perspektiven hält. Er wollte einem Mädchen imponieren und hat die Strafe für den Moja-Diebstahl für einen anderen aus seiner Clique auf sich genommen.

Aus dem Kampf gegeneinander wird in sieben Runden ein Mitein­ander, das beiden hilft, ihre Wünsche zu verwirklichen. Und Leo bringt Jojo etwas bei: »Ein richtiger Boxer hat ein so großes Herz, dass er niemanden hassen kann. Er schlägt zu, aber nicht aus Hass, und wenn er einsteckt, nun, davon geht die Welt nicht unter, so ist das Leben, ganz k.o. ist man nie.»

Der in Heilbronn geborene, in Weinsberg aufgewachsene Lutz Hübner hat mit »Das Herz eines Boxers« einen modernen Jugendtheater-Klassiker geschrieben. Voller Humor und Pfiff erzählt er von Freundschaft, von Courage und von der Kunst, sich durchs Leben zu boxen, und gibt dazu augenzwinkernd auch einigen Männer- und Helden-Klischees eins auf die Nase. 1998 erhielt Hübner für »Das Herz eines Boxers« den Deutschen Jugendtheaterpreis. Daneben liefert das Stück ein perfektes Sparring für zwei lustvolle Schauspieler: Unter der Regie von Petra Wüllenweber ziehen in Heilbronn Frank Lienert-Mondanelli als Leo und Peter Volksdorf als Jojo die Boxhandschuhe an. (Andreas F.)

Das Herz eines Boxers

Das Herz eines Boxers
(Empfohlen ab 7. Klasse)
Schauspiel von Lutz Hübner

Premiere am 15. März 2012, 20.00 Uhr, in den Kammerspielen

Regie: Petra Wüllenweber
Ausstattung: Ulrike Melnik
Dramaturgie: Andreas Frane
Mit:
Frank Lienert-Mondanelli
Peter Volksdorf

Zeigt her Eure Regale!

In einer Woche ist es soweit. „Der dressierte Mann“ hat am Freitag, dem 02. März, im Komödienhaus Premiere. Geprobt wird bereits fleißig und unser Bühnenbild ist auch schon fast fertig. Wie Ihr auf dem Foto sehen könnt, steht die Regalwand, vor der sich die Komödie um Helen und Bastian abspielt, auch schon. Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Bastian will Helen einen romantischen Antrag machen, da teilt sie ihm mit, dass sie befördert wurde und bald mehr Geld als er verdienen wird. Für Bastian ist der Abend gelaufen, der Heiratsantrag ist vom Tisch. Jetzt treten die beiden Mütter – eine Emanze und ein Weibchen – wortwörtlich aus dem Regal heraus. Parole: Die Heirat findet statt. Spritzig-frisch geht es dann zu, wenn Helen sich von einer Powerfrau in ein powackelndes Geschöpf verwandelt und Bastian, betrunken wie eine Strandhaubitze, die Welt nicht mehr versteht.

Noch ist unser Regal leer. Uns würde interessieren was in Euren Regalen so alles an Gegenständen, Nippes, Kunst, Büchern, Fotos, Maschinen usw. steht.

Also postet ein Foto oder schickt ein Foto bis zum 29.02.2012 an: katrin.schroeder@theater-hn.de
Wir sind gespannt!