Drag Queens und schmissige Songs

 Bei »La Cage Aux Folles« verwandeln sich Männer in Frauen

Das ist ein Stück, da müssen wir auf den Putz hauen, grinst Chefmaskenbildner Sasha Heider-Friebel. Er meint das Musical »Ein Käfig voller Narren«, das Regisseur Jens Schmidl gerade am Theater Heilbronn inszeniert.

Schauspieler und Hauptdarsteller Nils Brück wirft einen besorgten Blick in den Spiegel. Noch weiß er nicht, was ihm am Ende dieser »Probe« entgegenschauen wird. Denn innerhalb der nächsten dreißig Minuten soll er sich von einem gestandenen Mann in Zaza verwandeln, eine »Drag Queen«, Star und Attraktion des Travestie-Clubs »La Cage Aux Folles« im mondänen Saint-Tropez. Ein Testlauf für insgesamt sechzehn Vorstellungen, bei denen die Verwandlung während der Nummer »Mascara« live auf der Bühne des Großen Hauses passieren wird. Neugierig beobachtet Kostümbildnerin Ilka Kops wie Brück mit Hilfe von Mastix, Puder, Rouge, Lippenstift, Perücke und künstlichen Wimpern zu einer betörend attraktiven Frau mutiert. Und er ist nicht der Einzige, der sich im »Käfig voller Narren« verwandelt: Für die großen Shownummern im Club »La Cage Aux Folles« sind neben Brück noch acht »Cagelles«, extra engagierte Musicaltänzer und -sänger, verantwortlich, die mit der Berliner Choreografin Andrea Heil, dem musikalischen Leiter Hans Kaul und dem Großteil des Schauspielensembles seit Ende Januar in Heilbronn proben. Sasha Heider-Friebel seufzt: »Das sind für uns ungefähr fünfzig Kopfbedeckungen, Perücken und Paillettenhauben«. »Und über hundert Kostüme«, ergänzt Ilka Kops. Die Seufzer sind schnell von einem erneuten Grinsen weggewischt. »Aber gerade so ein Ausstattungsstück macht auch Riesenspaß.«

Trotz aller Lust an der Verwandlung, der schmissigen Musik und den turbulenten Verwicklungen ist bei dem Musical, das auf einer erfolgreichen französischen Boulevard-Komödie und ihrer mehrfach preisgekrönten Verfilmung basiert, nicht alles nur Jux und Tollerei: Seit mehr als zwanzig Jahren sind Clubbesitzer Georges und sein Star Albin alias Zaza ein Paar. Zwei Welten prallen aufeinander, als Jean-Michel die Tochter eines erzkonservativen Politikers heiraten und dafür seine »Herkunft« verleugnen will. Er ist das Ergebnis eines »heterosexuellen Fehltritts« von Georges und wird von Albin liebevoll »bemuttert«. Wie weit sollen, wie weit können Albin und Georges für das Glück ihres Sohnes verstecken, was und wie sie sind? Autor Harvey Fierstein und Komponist Jerry Herman schufen mit ihrer Version vom »Käfig voller Narren« 1983 ein charmantes, aber auch mitreißendes Plädoyer für Toleranz und Selbstachtung, Freiheit und Individualität, das in einem Song gipfelt, der zur Hymne wurde: »Ich bin, was ich bin.« (Andreas F.)

Fotos: Maskenprobe für Nils Brück, der Albin alias Zaza im »Käfig voller Narren« spielt. Rund 30 Minuten dauert die Verwandlung des Mannes in eine schillernde Drag Queen. Kostümbildnerin Ilka Kops und Maskenchef Sasha Heider-Friebel probieren das optimale Make-Up und Geschmeide für ZaZa.

Ein Käfig voller Narren
Musical von Jerry Herman und Harvey Fierstein nach Jean Poiret
Premiere am 10. März 2012, 19.30 Uhr, im Großen Haus

Musikalische Leitung: Hans Kaul
Regie: Jens Schmidl
Bühnenbild: Marcel Keller
Kostüme: Ilka Kops
Choreografie: Andrea Heil
Gesangstraining: Andrea Voit-Erlewein
Dramaturgie: Andreas Frane
Mit:
Julia Apfelthaler
Johannes Bahr
Sylvia Bretschneider
Nils Brück
Stefan Eichberg
Angelika Hart
Gabriel Kemmether
Philipp Lind
Rolf-Rudolf Lütgens
Till Schmidt
und als Cagelles:
Hakan T. Aslan
Stratos Goutsidis
Kevyn Haile
Claus Opitz
Timo Radünz
Eric Rentmeister
Patrick Stauf
Robert Zapatka
Statisterie

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