„Später ist bald vor gleich und kurz vor dann“

Bisspäter_kleingerechnet

„Sind wir endlich da? Oh nee, so lange noch!“ Eine typische Szene, die jeder mit Familie kennt. Man fährt mit dem Auto in Urlaub, nehmen wir mal an, es geht an den Bodensee. Eine Fahrt von knapp zwei Stunden, für Erwachsene eine gut auszuhaltende Zeitspanne, für Kinder dennoch eine quälend lange Zeit.

Weshalb verfliegt die Zeit manchmal wie im Flug? Gerade in den schönsten Momenten scheint sie viel zu schnell vorbei zu sein. Andererseits kann sie sich auch unerbittlich in die Länge ziehen, oftmals in Situationen, in denen man eigentlich schnell weg möchte. Das Phänomen der Zeit beschäftigt uns schon immer. Kann es sein, dass sie uns in gewissen Fällen auszutricksen vermag?

„Bis später“ heißt das Stück des Autoren Bernhard Studlar für Kinder ab vier Jahren. In der BOXX wird das Stück von Anne Tysiak inszeniert werden, ihr Debüt als Regisseurin.

Drei Darsteller repräsentieren drei Charaktere, die jeder so schon mal im echten Leben erlebt hat. Die Weggeherin, dezente Bluse, Rock und Ledertasche. Sie ist eine, die immer früh aufsteht, Frühsport treibt und pünktlich zur Arbeit erscheint. Ihre Lebenslust will sie auf ihren Partner übertragen, den Hierbleiber. Der will aber so überhaupt nicht dabei mitmachen und kommt nicht aus den Federn. Er besitzt auch keinen Job. Wie stellt man sich denn so eine Person vor? Na klar, verschlafene Augen und er trägt den ganzen Tag eine Jogginghose.

Die Weggeherin ist in Eile und muss zur Arbeit, da entschließt sich der Hierbleiber erst aufzustehen. „Bis später“ sagt sie zum Abschied. Doch in welchen Zeitrahmen kann man dieses „Bis später“ setzen? Ist es in ein paar Stunden, erst in einem Jahr oder nur noch einmal schlafen? Selbst dem Hierbleiber wird dieses quälende Warten irgendwann zu langweilig. Welch ein Glück, dass die Spaziergängerin ihm alsbald Gesellschaft leistet. An der Spaziergängerin erkennt man sofort ihre innige Beziehung zur Natur.

Sie wird durch die eigens konstruierte Zeitmaschine angeblich 140 Jahre in die Zukunft versetzt. Der Hierbleiber legt sie aber nur herein. Die Zeitmaschine ist liebevoll aufgebaut. Ein altes Fahrrad, das eigentlich zu nichts mehr taugt, lässt die Maschine über einen Seilzug anspringen. Die rotierenden Blätter, an deren Enden zum Beispiel eine alte Kinderschaufel befestigt ist, drehen sich in einem Tempo, dass einem fast schon schwindelig werden kann.

Was gemerkt? Gegenstände, die schon aus unserem Zeitzyklus herausgegangen zu sein scheinen, aber in der Zeitmaschine eine neue Funktion erlangen und so in den Zyklus zurückkehren. Der Hierbleiber bleibt in einem Zeitloch stecken. Diese Szene wird über einen Kriechtunnel überaus witzig inszeniert. Die Weggeherin und Spaziergängerin schaffen es aber, den Hierbleiber aus seinem Zeitloch zu befreien.

Das Stück bietet allerlei schöne Momente. Selbst eingespielte Musikeinlagen mit E-Gitarren, Blechtonnen und Styroporröhrchen sorgen für eine wunderschöne Atmosphäre, gerade für die Kleinsten. Doch für die Erwachsenen bietet die Inszenierung ebenfalls einigen Stoff zum Nachdenken über das Zeitphänomen. Denn selbst für sie ist und bleibt es ein ungelüftetes Geheimnis.

Was sind eigentlich die 55 Minuten Vorstellungsdauer? So viel sei verraten: Sie gehen viel zu schnell vorbei.

Könnte Max Ehrenfeld noch einmal Kleinkind sein, er würde seine Eltern dazu zwingen, mit ihm in dieses Stück zu gehen. Max ist für drei Monate Praktikant am Theater Heilbronn in der Presse und Öffentlichkeitsarbeit.

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