Michael Köwer ist Leiter des künstlerischen Betriebsbüros
Wenn man in Michael Köwers Büro schaut, hat er fast immer einen Telefonhörer in der Hand und trifft Absprachen für die nächsten Proben und Vorstellungen. Trotzdem hat der 31-Jährige, der seit September Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros am Theater Heilbronn ist, immer noch Zeit für ein Lächeln und leiht, kaum dass er den Hörer aufgelegt hat, sein Ohr schon wieder dem nächsten, der in seiner Tür steht und etwas mit ihm klären muss. Das Künstlerische Betriebsbüro, kurz KBB, gleicht einem Taubenschlag. Es ist die Schaltzentrale am Theater, in der alle Fäden zusammenlaufen.
Das Talent für Planung und Organisation ist bei Michael Köwer wahrscheinlich genetisch bedingt. Denn schon sein Vater ist Künstlerischer Betriebsdirektor am Prinzregententheater in München. „Ich bin quasi im Theater aufgewachsen“, sagt der 31-Jährige. Dieser stressige, verantwortungsvolle Beruf ist tatsächlich sein Traumjob. „Ins Theater wollte ich unbedingt, weil da so viele besondere und leidenschaftliche Menschen arbeiten“, sagt er. „Aber ich wollte nicht ins Rampenlicht, sondern in die Organisation. Dicht dran zu sein an der Kunst und diese zu ermöglichen, das ist mein Ding.“ Nach dem Abitur begann er mit dem Studium der Theaterwissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte in München und wechselte dann in das viel praxisorientiertere Bayreuth zu den Theater- und Medienwissenschaften in Kombination mit angewandter Informatik. Dann setzte er noch den Master in Theater- und Orchestermanagement in Frankfurt/Main oben drauf. Zunächst ging er dann für drei Jahre ans Theater Ulm als Mitarbeiter des KBB und der Öffentlichkeitsarbeit. Es folgten drei weitere Jahre am Staatstheater Hannover auch als Mitarbeiter des Künstlerischen Betriebsbüros. Und nun trägt Michael Köwer in Heilbronn als Chefplaner die alleinige Verantwortung.
Er muss dafür sorgen, dass der Proben- und Vorstellungsbetrieb präzise wie ein Schweizer Uhrwerk läuft. Das Grundgerüst liefert die Jahresplanung. Wann sind die Premieren auf den drei Bühnen? Dann werden die über 500 Vorstellungen pro Spielzeit geplant. Außerdem müssen die Probenzeiten für jedes einzelne Stück disponiert werden. Wann ist es auf der Probebühne, wann auf der eigentlichen Bühne. Wann probieren Regie und Schauspieler allein, wann kommen Licht, Ton, Kostüme und Maske dazu? Zu berücksichtigen sind auch die Werkstattzeiten – ob in der Schneiderei, in der Schlosserei, der Schreinerei oder im Malersaal – überall brauchen die Kollegen genügend Zeit und Raum, um an drei bis vier Inszenierungen parallel arbeiten zu können. In den Monatsplänen geht es weiter ins Detail: Braucht man vor den Vorstellungen Durchsprech- oder Verständigungsproben? Werden die vorgeschrieben Ruhezeiten eingehalten? Sind die täglichen Umbauten oder die Licht- und Toneinrichtungen auf den Bühnen in der vorgesehenen Zeit zu bewältigen? Im wöchentlichen Plan, den das KBB nach Abstimmung mit allen technischen Abteilungen herausgibt, ist die Planung noch feiner. Letztlich bindend für alle ist der minutiös ausgearbeitete Tagesplan, der bis 14 Uhr für den Folgetag fertig sein muss und der von den zu probenden Szenen, übers Einsingen, Soundchecks oder Kostümanproben alles festhält und namentlich zuschreibt, was am jeweiligen Tag im Theater passiert.
Doch manchmal machen Krankheiten einen Strich durch die schönsten Planungen. Michael Köwer lässt sich von solchen „Katastrophen“ nicht schrecken. Im Gegenteil, diese Herausforderungen geben ihm positive Energie. „Wenn man im Zusammenspiel mit allen Abteilungen ganz schnell nach Lösungen sucht und die Vorstellung am Abend trotz aller Widrigkeiten läuft und das Publikum gar nichts merkt, ist das ein richtig gutes Gefühl.“