Mit Fatsuits aus Latex haben schlanke Schauspieler Figuren wie Sumo-Ringer
Wenn Hollywood-Schauspieler für ihre Rollen stark an Gewicht zulegen, ist ihnen eine Oscar-Nominierung fast sicher. Für ihre Rollen im Schauspiel „Der gute Mensch von Sezuan“ hätten einige Kolleginnen und Kollegen unseres Ensembles aber erheblich zunehmen müssen. Das kann man ihnen unmöglich zumuten. Also mussten unsere Meister-Illusionisten aus dem Malersaal wieder ran, um die Damen und Herren des Schauspielensembles von schlanken sportlichen Menschen in schwer adipöse Personen im Sumo-Ringer-Format zu verwandeln. Selbst hergestellte Fatsuits aus Latex waren die Lösung. Aber bis diese zur Zufriedenheit von Regisseur Adewale Teodros Adebisi und Ausstatter Daniel Angermayr vorlagen, war wieder die ganze Kreativität des Malersaalteams gefragt. Herbert Kübler, Kirstin Köppel und Karlheinz Kirchler entschieden sich, als ersten Arbeitsschritt den Prototypen des Fettleibigen in Originalgröße aus Ton zu formen. Um nicht so viel Ton zu verbrauchen und die Figur nicht tonnenschwer zu machen, wurde zunächst ein Stahlgerüst quasi als Skelett gebaut und mit Styropor in Menschengestalt umschlossen. Danach wurde die dicke „Fettschicht“ aus Ton aufgetragen, bis Oberschenkel und Bauch dick genug waren. Dann wurde die Tonfigur in Höhe der Gürtellinie geteilt – einfach mitten durch geschnitten. Anschließend wurde jeweils die Vorderseite eingegipst, um ein paar Tage später eine Gips-Form (wie ein Sandkuchenförmchen im Buddelkasten, nur viel größer) zu haben. Mit den jeweiligen Rückseiten von Oberkörper und Beinen wurde genauso verfahren. Zu dem Zeitpunkt lag der „Mensch“ also in vier Negativ-Gipsformen vor. Können Sie noch folgen?
Diese Gipsformen wurden mit Latex und Netzstoff ausgekleidet und zusammengefügt. Als diese Masse ausgehärtet war und aus den Formen genommen wurde, lag die äußere Hülle des dicken Menschen vor, quasi wie eine dicke Haut (klingt ein bisschen eklig – ist es aber nicht). Diese kann man nun anziehen wie eine Hose und einen Pullover. Als Finish kam noch eine feuerfeste Farbschicht im Hautton drauf und eine Öffnung auf der Rückseite des Oberteils wie ein OP-Hemd, damit die Schauspieler es besser an- und ausziehen können. 15 solcher Fettanzüge haben die Kollegen im Malersaal hergestellt. Bei den Anproben waren die Schauspieler teils belustigt. Sie haben aber auch viel Respekt davor, in diesen Dickmachern auf der Bühne zu spielen. Aber lieber eine Fettschicht aus Latex auf den Knochen, als eine, die man sich mit der Einnahme unendlicher Kalorienmengen zulegt und die man eben nicht einfach wieder ausziehen kann.