»Shoppingscheiße«, stoßseufzt Eroll (gesprochen: Ehroll, gespielt von Gabriel Kemmether), Programmierer bei der HUK-Coburg und Ehemann von Connie. Wie jeden Samstag hat er den Einkaufs-Parcours im Happy Center nur mit Mühe überstanden. Und wie jeden Samstag ist ihm nach fünf Stunden die Flucht gelungen – in den »Männerhort« im Heizungskeller, den der ebenso shopping-gestresste Pilot Helmut (gespielt von Raik Singer), Ehemann von Alexis, als Fluchtpunkt, Insel und Oase eingerichtet hat. Als Ort, wo Männer das tun können / dürfen, was Männer so tun, wenn sie sich unbeobachtet fühlen: Fußball gucken, Bier trinken, über Frauen lästern. Dritter im Bunde ist die »Führungskraft« Lars (gespielt von Nils Brück), Ehemann von Anne, der einen penetranten Hang zum Besser-Schneller-Höher hat. Alles könnte so schön sein, wenn, ja wenn nicht eines Samstags der Brandschutzbeauftragte Mario Breger (gespielt von Tobias D. Weber) das Geheimversteck entdeckt hätte. Nicht nur, dass er die anderen drei Herren damit in der Hand hat und jederzeit aufliegen lassen kann, nein, er muss auch das prekäre Einkaufs-Freizeit-Verhältnis und die Männerfreundschaft des Trios ins Kippen bringen …
Als der ausgebildete Kirchenmusiker und inzwischen für seinen Roman »Das war ich nicht« mehrfach preisgekrönte Kristof Magnusson 2003 sein Stück »Männerhort« schrieb, konnte er nicht ahnen, dass er (nicht nur) dem uraufführenden Schauspiel Bonn einen Kulthit bescheren würde. Selbst gestrenge Kritiker von großen deutschen Tageszeitungen bejubelten die Komödie gleich als »ein Geschenk des Himmels – auch für Schauspieler«, der Erfolg hat nun schon mehr als zehn Jahre gehalten und im letzten Jahr sogar zu einer starbesetzten Kinoversion geführt. Das Männerbild, das »Männerhort« dabei genüsslich ausbreitet und geradezu verständnisvoll demontiert, ist offensichtlich dasselbe geblieben: Hinter den vermeintlichen Machos verbergen sich meist Memmen, das männliche Revier will markiert sein, das Kind im Manne schlägt gerne durch und zu, und selbstverständlich will kein Mann der Loser sein. Sowohl die Typen als auch der Humor des Stückes scheinen auch noch international zu sein. Erfolgreiche fremdsprachige Übersetzungen ins Englische und Französische, ins Polnische, Bulgarische und Türkische, in Marathi und sogar in Platt belegen, dass männliches Verhalten und männliche Befindlichkeiten überall gleich sind. Ein erschreckender Gedanke?
Keine Sorge: Die vier Herren in Lothar Maningers Inszenierung, die den Premierenreigen im Komödienhaus eröffnet, sind – trotz ihrer ganzen Fehler und Schwächen – eigentlich ganz sympathische Kerle und im Grunde alle arme Würstchen. Und vielleicht werden sie am Ende ja ziemlich beste Freunde.
Von Andreas Frane