Wohl jeder Mitarbeiter des Theaters wurde in seinem Berufsleben schon einmal gefragt: »Und was machen Sie vormittags?«. Viele Menschen haben im Kopf, dass an den Abenden die Vorstellungen im Theater laufen und können sich nicht vorstellen, dass dort fast rund um die Uhr und natürlich auch vormittags gearbeitet wird. Zum Beispiel in der Requisite:
Wenn im Musical »The Black Rider« der Teufel die Hand öffnet und aus dieser eine Flamme emporschießt, dann staunt das Publikum. Oft gibt es dafür Szenenbeifall. Den haben sich in erster Linie die Damen von der Requisite verdient. Denn sie sind es, die sich eine praktikable Lösung einfallen lassen müssen, wenn es in der Regieanweisung heißt: Eine Flamme schlägt aus der hohlen Hand!
Solche Aufgaben lieben Bettina Pinkert, Silke Bertsch, Claudia Specht und Carolin Volz. Denn hier sind Querdenken und handwerkliches Geschick gefragt, die Seiten ihres Berufes, welche die Vier besonders mögen. Manchmal ist es wie Zaubern. Um für solche Probleme die Lösungen zu finden, nutzen sie vor allem die Vormittagsstunden in ihrer kleinen Werkstatt direkt neben der großen Bühne. Der Arbeitstag beginnt um 9 Uhr. Da legen sie alle Probenrequisiten bereit. Pünktlich um 10 Uhr muss alles fertig sein. Danach beginnt der handwerklich-kreative Teil. Oft sind es Nahrungsmittel, die täuschend echt aussehen müssen, die sie mit Styropor, verschiedenen Gummi- und Schaumstoffsorten herstellen und anmalen. Oder eine kostbare Ochsenpeitsche in Rot muss beschafft werden – da hilft das Internet weiter. Schnaps- und Weinflaschen etikettieren und mit einer echt aussehenden Flüssigkeit füllen, die Popelsammlung von Pöbelmän basteln oder Benzin beschaffen, das keins ist, aber so riecht. Jedes Stück bringt neue Herausforderungen. »Man geht nicht einfach nach Hause und hakt die Arbeit ab. Ununterbrochen wird im Kopf weiter an der Umsetzung der Ideen gearbeitet. Man läuft mit sehr offenen Augen durchs Leben und schaut sich ganz viel sehr intensiv an – ob eine Salamischeibe, die man nachbauen muss oder Blumen«, sagt Silke Bertsch. Wahrscheinlich macht sich kein Zuschauer darüber Gedanken, wenn ein Schauspieler sich auf einen Koffer setzt. Der Schauspieler sitzt dann einfach. Dass der Koffer präpariert und von innen verstärkt werden muss, ahnt niemand. »Muss auch nicht«, meint Bettina Pinkert. »Denn es ist unsere Aufgabe, für einen reibungslosen Ablauf der Vorstellungen zu sorgen. Die Schauspieler müssen sich hundertprozentig auf uns verlassen können.« Abends zu den Vorstellungen stehen die Requisiteurinnen unsichtbar für das Publikum, aber unverzichtbar für die Schauspieler am Bühnenrand. Sie reichen aufs Stichwort Utensilien zu oder nehmen welche ab. Bereits vor der Vorstellung haben sie die Bühne mit allem eingerichtet, was an Ort und Stelle benötigt wird. Jeder noch so kleine Gegenstand muss an seinem verabredeten Platz liegen, sonst kann ein Chaos ausbrechen. Die Schauspielerinnen und Schauspieler müssen die Gegenstände ganz selbstverständlich vorfinden und nicht darüber nachdenken. Ist dann der letzte Beifall verrauscht und der wirklich letzte Zuschauer aus dem Saal gegangen, beginnt der abschließende Teil des Abends: Das Aufräumen. Alle Gegenstände müssen eingesammelt, manchmal gesäubert und repariert und sorgfältig weggeräumt werden. Denn zur nächsten Vorstellung werden sie wieder genauso gebraucht. Und so endet der Arbeits-Tag nicht selten erst um 23 Uhr. Trotz der »unfreundlichen Arbeitszeiten« haben die Vier ihre Berufswahl nie bereut. Sie alle sind über Umwege dahin gekommen, haben Gärtnerin, Malerin und Lackiererin oder Schreinerin gelernt. Die Lehrberufe sind eine gute Basis, für das was sie heute tun. Nur dass jetzt von ihnen viel mehr selbständiges Denken und Kreativität verlangt wird. Aber das ist ja gerade das Schöne daran.
Silke Zschäckel, Pressereferentin
[slideshow post_id=“1375″]
Da bekommt man Appetit, aber an diesen Leckereien würde man sich die Zähne ausbeißen, denn sie bestehen aus Plastik, Schaumstoff und Farbe und werden in der Requisite des Theaters Heilbronn hergestellt.