Offenbachs Operette »Orpheus in der Unterwelt« kommt als Gastspiel aus München
Sie gilt als die Geburtsstunde der Operette, die Premiere von Jacques Offenbachs erstem Zweiakter »Orpheus in der Unterwelt« 1858 in Paris. Binnen weniger Monate trat diese »kleine Oper« ihren Siegeszug durch Europa an. Mitreißende Melodien, darunter der wilde Cancan, viel Komik und Pikanterie sorgen heute noch dafür, dass diese Operette mit ungebrochenem Erfolg gespielt wird. Jetzt kommt sie als Gastspiel des Münchner Staatstheaters am Gärtnerplatz nach Heilbronn. Das Regieteam Johanna Schall (Regie), Horst Vogelgesang (Bühne) und Jenny Schall (Kostüme) zeigt mit dieser opulenten Arbeit eine ganz andere Handschrift als im »Goldenen Drachen«, den das Team in dieser Spielzeit bereits in Heilbronn inszeniert hat.
In dieser Operette wird der Mythos von der einen, alle Grenzen überschreitenden Liebe zwischen Orpheus und Eurydike gründlich persifliert. Das Paar hat sich auseinandergelebt. Orpheus betrügt seine Frau mit den jungen Geigenschülerinnen und hätte sich längst von ihr getrennt, wäre da nicht die Öffentliche Meinung, die ihn unter Druck setzt. Eurydike fühlt sich nicht minder gelangweilt an der Seite ihres Mannes und tröstet sich mit dem Schäfer Aristäus, der in Wirklichkeit Pluto, der Herr der Unterwelt ist. Nach einem heftigen Streit zwischen den Eheleuten beißt Pluto Eurydike in den Hals und nimmt sie in die Unterwelt mit. Orpheus ist alles andere als traurig. Endlich ist er seine Frau los und hat freie Bahn für seine eigenen Affären. Aber die Öffentliche Meinung triezt ihn so sehr, dass er widerwillig verspricht, sich bei Jupiter um die Herausgabe seiner Gattin zu bemühen. Doch auch die Götter im Olymp haben ihre Beziehungsprobleme. Jupiter wird von seiner eifersüchtigen Frau Juno verdächtigt, die schöne Irdische selbst entführt zu haben, und er möchte um seiner eigenen Ruhe willen, dass Pluto die Frau wieder herausgibt. Nach langem Hin und Her und vielen amourösen Verwicklungen erklärt sich der Herr der Unterwelt bereit, Eurydike freizugeben, aber unter der bekannten Bedingung, dass sich Orpheus nicht zu ihr umdrehen darf.
Johanna Schall spürt in ihrer Interpretation den zwielichtigen Machenschaften und absurden Machtstrukturen in Hades und Olymp nach. Sie hat aus dieser Operette ein »göttlich respektloses Vergnügen« gemacht, wie die Kritik nach der Premiere in München jubelte und die Leser aufforderte: »Nichts wie hin!«
Silke Zschäckel, Pressereferentin
Premiere: 06.07.2012, 19.30 Uhr, Großes Haus
Text: Hector Crémieux und Ludovic Halévy
Deutsche Bearbeitung nach Ludwig Kalisch
Fassung von Johanna Schall
Musikalische Leitung: Andreas Kowalewitz / Jörn Hinnerk Andresen
Regie: Johanna Schall
Bühne: Horst Vogelgesang
Kostüme: Jenny Schall
Choreografie: Romy Hochbaum
Dramaturgie: Sonja Westerbeck