Sind wir nicht alle ein bisschen Schatzsucher?

»Die Schatzsucher« von Anna Katharina Hahn als Uraufführung in den Kammerspielen

Die Schatzsucher Foto: Fotostudio M42
Die Schatzsucher
Foto: Fotostudio M42

Anna Katharina Hahn ist eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen unser Zeit. Jeder Erzählband, ob »Sommerloch« oder »Kavaliersdelikt«, ist des Lesens wert, jeder Roman, ob »Kürzere Tage« oder »Am schwarzen Berg« ist ein literarischer Glücksfall. Vielfach wurde Anna Katharina Hahn mit Preisen ausgezeichnet, hoch gelobt von Presse und Kritik. Sie vermag es, wie kaum eine zweite Autorin, in ihren Werken Lebensgefühl und Zeitgeschehen extrem zu vergegenwärtigen. In vielen Rezensionen wird ihr ein »literarischer Röntgenblick« nachgesagt, der bis in die Abgründe der Figuren vordringt und diese schonungslos wie liebevoll an die Oberfläche bringt.
Anna Katharina Hahn ist am Theater Heilbronn längst keine Unbekannte mehr. Bereits im Frühjahr 2010 schrieb sie für unser Haus ihr erstes eigenständiges Theaterstück »Die letzte Stufe« mit Ingrid Richter-Wendel in der Rolle der Lina Eisele. Am 28. Februar 2013 wird nun eine weitere Auftragsarbeit am Theater Heilbronn als Uraufführung in der Inszenierung von Intendant und Regisseur Axel Vornam Premiere feiern: »Die Schatzsucher«. In ihrer »Komischen Tragödie« führt uns die in Stuttgart lebende Anna Katharina Hahn in eine Reihenhaussiedlung am Rande einer Großstadt. Ein älteres Ehepaar, Tom und Elli, plagen finanzielle Nöte – er ist einfacher Angestellter, sie hat ihren Job »zwischen Regalen voller Waschpulver, Seife, Badeschaum« verloren. Die Angst, die monatlichen Raten für das Haus nicht mehr bezahlen zu können, bringt sie um den Schlaf. Deshalb versuchen die zwei das Kinderzimmer ihrer Tochter Tilli zu vermieten. Diese studiert weit weg von Daheim, hat lediglich Erinnerungen und einen von ihr liebevoll gehegten und gepflegten Pfirsichbaum zurückgelassen. Endlich kommt ein junger Mann, der, im Gegensatz zu anderen Interessenten, an Lage und Ausstattung des Zimmers nichts auszusetzen hat. Er beginnt, dem Paar eine »Wahrheit« nach der anderen aufzutischen und systematisch deren Leben durcheinander zu bringen. Die anfängliche Befangenheit dem neuen Mitbewohner gegenüber schlägt bald in Begeisterung um. Nicht nur, dass Elli und Tom glauben, unter ihrem Garten sei ein Schatz versteckt und sie auf der Suche nach diesem sogar den töchterlichen Pfirsichbaum fällen, der junge Mann bringt die beiden dazu, ihren vielleicht ureigensten Sehnsüchten nachzugehen und unabhängig voneinander die Koffer zu packen, mit dem Willen, den anderen zu verlassen.
In »Die Schatzsucher«beschreibt Anna Katharina Hahn die idyllische Wohnwelt des Bildungsbürgertums als verstörendes, gar bedrohtes Gefilde, als Bühne subtiler Psychodramen, immer mit wenigen Worten, aber einer großen Portion Humor. Ina Hartwig bringt es 2010 in ihrer Laudatio anlässlich der Verleihung des Roswitha-Preises an Anna Katharina Hahn auf den Punkt: »Ihr Blick auf Milieus ist liebevoll und böse, klug und hart, vor allem ist er genau. So genau, dass einem das Lachen im Halse stecken bleibt.«

Stefanie Symmank

Nächste Spieltermine:
Do. 28.02.2013 20.00 Uhr, PREMIERE, (AUSVERKAUFT)
Do. 07.03.2013 20.00 Uhr
Do. 28.03.2013 20.00 Uhr

Eine Antwort auf “Sind wir nicht alle ein bisschen Schatzsucher?

  1. ein vergnüglicher abend war es gestern zur premiere….danke!!!
    das stück ist überraschend, verstörend, witzig, fremdschämig, mitgefühlsträchtig und tiefgängig.
    in seinen grundzügen aufgebaut wie ein modernes märchenspiel schaut man in eine fremde und gleichermaßen seltsam bekannte welt (die leute da auf der bühne kenne ich…wie kommen meine nachbarn ins theater?????)…gleichsam lässt sich die ganze geschichte mit einem zitat von j. bobrowski umreißen : ” er schielte. sie schielte. die beiden haben sich ein leben lang nicht gesehen…”
    und ich habe die anspielung auf mindestens 6 märchen erkannt – oder waren es mehr????

    anmerkung: ein paar blümchen für die autorin zur premiere wären nett gewesen…

    grüßle

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