»Cyrano de Bergerac« erobert am 28. Juni die Bühne des Großen Hauses
Das kann im Stress der Endproben schon mal passieren: Der Theatermacher Edmond de Rostand stürzt tränenüberströmt in die Arme seines Hauptdarstellers Coquelin. »Pardon! Oh, verzeihen Sie mir, mein Freund, dass ich Sie in dieses unheilvolle Abenteuer hineingezogen habe!« So kann sich ein Künstler täuschen. Das »unheilvolle Abenteuer« ist das Versdrama »Cyrano de Bergerac« – und der Applaus bei der Premiere am 18. Dezember 1897 im Théâtre de la Porte Saint Martin dauert laut Augenzeugenberichten eine Stunde lang.
Edmond Eugène Alexis Rostand wird mit einem Stück nie wieder so einen Erfolg erleben. »Cyrano de Bergerac« ist sein Meisterwerk: Eine romantische Komödie, in der mit Worten und Degen gefochten, gekocht und gefeiert, gedichtet und gestritten, geliebt, gelitten und entsagt wird, dass es eine reine Freude ist. Den Titelhelden, Hector Savinien de Cyrano, gab es wirklich zur Zeit von Louis XIII. Allerdings war er kein Gascogner, stammte nicht aus Bergerac im Südwesten Frankreichs. Der Lebemann und Raufbold konnte nicht nur mit dem Degen umgehen, sondern auch mit der Feder. Er war Lyriker, Romancier und Dramatiker, Atheist und Materialist, Denker und Philosoph. Ob seine Nase nun wirklich so prominent war, wie Rostand es uns glauben machen will, ob seine unerfüllte Liebe zur schönen Roxane ihn zur Verzweiflung trieb und ob er als »Ghostwriter« seinen Geist und seinen Witz tatsächlich dem ebenso schönen Christian de Neuvillette lieh, das kann man gerne bezweifeln. Unbezweifelbar ist, dass Edmond de Rostand ihn mit seinem Theaterstück unsterblich gemacht hat.
Für das Theater Heilbronn inszeniert Johanna Schall nun »Cyrano de Bergerac«. Zusammen mit Bühnenbildner Horst Vogelgesang und Kostümbildnerin Jenny Schall brachte sie letzte Spielzeit schon Roland Schimmelpfennigs »Der Goldene Drache« turbulent und temporeich auf die Bühne des Großen Hauses. Freuen Sie sich jetzt auf ein sinnenfrohes Spektakel, in dem es um äußere Schönheit und innere Werte, Lebenslust und Liebesfrust – und natürlich um die berühmteste Nase der Theatergeschichte gehen wird.
Andreas Frane, Dramaturg