So mancher Leser wird sich hier verwirrt die Augen reiben: Den kennen wir doch! Raik Singer spielt doch schon seit Jahren am Theater Heilbronn. In »Bezahlt wird nicht«, »Arsen und Spitzenhäubchen«, »Ladies Night«, »Hamlet«, »Maria Stuart«, »Eine Sommernacht« oder »Dantons Tod« und er geht jetzt schon in die dritte Spielzeit als supercooler Detektiv »Wanze« Muldoon. Warum ist er denn plötzlich einer von »Unseren Neuen«? Weil er seit dieser Spielzeit fest zum Schauspielensemble gehört und nicht mehr als Gast engagiert wird. »Ich habe immerhin eine lange Probezeit von drei Jahren hinter mir, in der die Theaterleitung prüfen konnte, ob sie mich will und ich in mich hineinhorchen konnte, ob ich in diesem Haus richtig bin«, scherzt Raik Singer. Dabei weiß er, dass es für ihn nicht darum ging, sich drei Jahre lang beweisen zu müssen, sondern darum, dass ein fester Platz im Ensemble frei wird. Rolf-Rudolf Lütgens, der mit 65 Jahren vom Status des Festen zum Gast wechselte, tauschte quasi mit Raik Singer die Plätze. »Ich bin jetzt für das reifere Herrenfach zuständig«, kokettiert der immer noch sehr jungenhaft wirkende Schauspieler, der bald ein halbes Jahrhundert vollendet – was ihm allerdings niemand glauben will.
Nach seinem Studium an der Hochschule für Schauspiel »Ernst Busch«, Zweigstelle Rostock, führte seine Laufbahn über Parchim, Hildesheim, Braunschweig, Gießen und Neuss vor drei Jahren nach Heilbronn. Er kam zusammen mit seiner Frau Katrin, die hier als Theaterpädagogin anfing, her. Die beiden hatten beschlossen, dass nach den ersten Jahren, in denen sie sich intensiv um den kleinen Sohn Neil gekümmert hatte, jetzt ihre berufliche Entwicklung dran sei. Er wollte mehr Zeit für den Filius haben und sich wieder stärker dem Film und Synchronsprechen zuwenden. »Doch gleich am ersten Tag in Heilbronn – ich steckte mit beiden Armen tief in den Umzugskisten – kam ein Anruf vom Theater, ob ich einspringen könnte. Ein Schauspieler hatte sich das Knie verletzt.« Und so hatte er seine erste Hauptrolle – eigentlich wider Willen, die er aber alles andere als widerwillig spielte. Und dieser folgte ein Gastengagement ums nächste.
Die Zeit, die er bis jetzt für freie Projekte hatte, ist nicht mehr. Jetzt springt Raik Singer genau wie alle anderen Kollegen des Ensembles von einer Rolle in die nächste. »Wer am Theater Heilbronn arbeitet, der hat nicht viel freie Zeit und ist meist am Ende einer Spielzeit richtig ausgelaugt.« Denn hier stemmt ein Ensemble mit 21 Schauspielern den Betrieb mit über 500 Vorstellungen und noch einmal doppelt so vielen Proben allein. Die Familie muss sich neu organisieren, damit der Sohn, der mittlerweile die zweite Klasse besucht, nicht zu kurz kommt. Aber Raik Singer freut sich, jetzt beruflich richtig in Heilbronn angekommen zu sein, einer Stadt, in der er sich sehr wohl fühlt, in der er direkt unter den Weinbergen wohnt und zwischen den Reben seine Texte lernt und in der Abend für Abend vor gut besuchtem Haus gespielt wird.
Silke Zschäckel, Pressereferentin