Wer weiß heute noch wo ein Rückstelltastenregulatoren-Abstandseinstellrad eingebaut ist? Die »Office-Managerin« sicher nicht mehr, die »Sekretärin« aber schon, denn sie kann sie noch bedienen: die Schreibmaschinen dieser Welt mit den so vertraut klingenden und erfolgsversprechenden Namen wie Erika, Mignon, Triumph und Olympia.
Im Zeitalter von PC, Laptop und iPad stehen zwar keine Schreibmaschinen mehr in den Arbeitsstuben der »Fachkauffrauen für Büromanagement«, allerdings ist der alltägliche Wahnsinn, der sich hier zuweilen austobt, absolut zeitlos. Deshalb werfen wir, pünktlich zum Sommer, wenn fast ein jeder schon gedanklich im Urlaub ist, einen Blick in die Betriebsabläufe eines Großraumbüros und schauen keineswegs grauen »Büromäusen« beim Fingernägel lackieren, Kaffee kochen, Frauenzeitschriften lesen und privaten Telefonieren zu. Aber es werden nicht nur Klischees bedient, es wird auch gearbeitet! Sechs singende Sekretärinnen schreiben Steno (Versuchen Sie das fünf Mal hintereinander fehlerfrei zu sagen!), werden zum Diktat gerufen, nehmen Telefonate an, vertrösten Anrufer und klappern auf den Schreibmaschinen bis die Tastatur raucht und nicht nur die Farb- sondern auch die Stimmbänder glühen. Denn die Damen des Vorzimmers sind nicht nur virtuose Schreibmaschinistinnen, sondern auch leidenschaftliche musikalische Bürokräfte, die trotz ihrer unterschiedlichen Charaktere (vom Vamp über das schüchterne Hausmütterchen bis hin zur biederen Bürovorsteherin sind alle dabei), eins vereint: Die Sehnsucht nach »A little respect«. Und so singen sie von ihren Sorgen und Nöten, die der turbulente Sekretärinnenalltag mit sich bringt, aber auch von den verborgenen Sehnsüchten und geheimnisvollen Lastern, die mit ein bisschen Tipp-Ex nicht so einfach zu entfernen sind. Zickenkriege werden ebenso besungen wie Büroromanzen, wenn schon nicht mit dem Chef, dann mit dem blassen und unscheinbaren Büroboten, der eine Bürorevolte nur dadurch zu verhindern weiß, dass er den Eros (Ramazotti) in sich weckt und so seine wahre Identität zu erkennen gibt.
Franz Wittenbrink, dessen Liederabend »Männer« einer der Renner der letzten beiden Spielzeiten im Großen Haus war, hat neben dem testosterongestählten Abend mit »Sekretärinnen« auch einen echten Frauenquotenkracher mit Herz, Humor und Hits zu bieten. Dabei ist »Sekretärinnen« mehr als nur ein Liederabend. Es ist eine Musical-Revue, ein »Tippsical«, ist geballte Frauenpower, gepaart mit musikalischen Freudentänzen und poppigem Schreibmaschinengeklapper. Ein wahrhaft feminines Vergnügen, bei dem auch die Männer nicht zu kurz kommen …
Regisseur Philippe Besson stellt sich mit der flotten Mischung aus Schlager, Chanson und Pop erstmals dem Heilbronner Publikum vor. Mit dabei ist auch der Berliner Musiker und Sänger Andreas »Kulle« Dziuk, der u. a. seit 1996 Keyborder der deutschen Rockband Pankow ist.