In der »Affäre Rue de Lourcine« geht es nicht mit rechten Dingen zu

Sven-Marcel Voss Zaubereien treiben den Irrwitz auf die Spitze

Sven-Marcel Voss als Diener Justin links
(v.l.n.r. Hannes Rittig, Nils Brück & Sabine Unger, Foto: Thomas Braun)

Leide ich an einer Sinnestäuschung  ̶  oder was ist da gerade passiert? Eben hat Sven-Marcel Voss als Diener Justin seinem Herrin Norine aus einer durchsichtigen Karaffe mit kristallklarer Flüssigkeit eingeschenkt, aber der Drink im Glas ist grasgrün. Eine Sekunde später füllt sich der Becher von Lenglumé aus derselben Karaffe mit einem blauen Getränk, und der Schluck in Mistingues Glas ist rot. Zauberei! Willkommen in der rasanten Komödie »Die Affäre Rue de Lourcine« von Eugene Labiche im Komödienhaus, in der nichts, aber auch gar nichts, so ist, wie es scheint. Nils Brück als Lenglumé und Hannes Rittig als Mistingue tun darin alles, um ein Verbrechen zu verschleiern, von dem sie vermuten, dass sie es im Zustand der völligen Trunkenheit begangen haben. Immer misstrauisch beäugt von Lenglumés Frau Norine (Sabine Unger), die sich über das merkwürdige Treiben der beiden Männer wundert und sich mit ihrem übergriffigen Vetter Potard (Marek Egert) und eben jenem so gar nicht diensteifrigen Angestellten Justin herumärgert. Als wenn das Geschehen nicht schon turbulent genug wäre, sorgt Justin mit seinen irritierenden Aktionen für zusätzliche Verwirrung. Er steckt beim Aufräumen eine Champagnerflasche in eine Papiertüte, um diese dann zusammenzuknüllen. Was doch eigentlich unmöglich ist! Er zieht sich eine meterlange Papierschlange aus dem Hals – wie geht das nur? Er lässt Schachteln aus seiner Hand verschwinden, seinen Kopf plötzlich auf einer Servierplatte auf dem Tisch auftauchen oder einen Spazierstock aus dem Nichts erscheinen. Von seinem Hechtsprung durch ein Gemälde an der Wand ganz zu schweigen.
Großer Bühnenzauber, von dem hier selbstverständlich nicht verraten wird, wie er funktioniert. Und der so leicht und beiläufig wirkt, als würde sich Sven-Marcel Voss als Justin selbst wundern über das, was ihm widerfährt. Dahinter stecken natürlich nicht nur ein großes komödiantisches Talent und schauspielerische Präzision, sondern auch jede Menge Zauberkunst.
»Das haben mir meine Kollegen eingebrockt«, sagt Sven-Marcel Voss augenzwinkernd. Als Regisseur Marc Becker im Ensemble herumfragte, welche besonderen Fähigkeiten jeder hat, erzählten die Schauspieler von Sven-Marcels Zauberkunststücken, mit denen er in launigen Runden gern für Unterhaltung sorgt.
»Allerdings sind das Kartentricks, die für die Bühne nicht geeignet sind«, sagt der junge Schauspieler. Vor rund anderthalb Jahren hat er angefangen Kartentricks zu üben, angeregt durch einen Kommilitonen, der Deutscher Vizemeister unter den Illusionskünstlern ist. Diese Tricks hat er sich selbst beigebracht, sie haben ausschließlich mit Fingerfertigkeit zu tun. Manche hat er sehr schnell drauf, für andere trainiert er lange, an anderen beißt er sich auch nach monatelanger Übung die Zähne aus. Bisher macht er das alles nur für sich und kleine Shows in geselliger Runde. Ein abgegriffenes Kartenspiel hat er dafür immer dabei.

Auf der Bühne zu zaubern verlangt nach mehr Hokuspokus und Magie, auch nach wesentlich mehr Ausstattung  und braucht natürlich auch viel Übung. Bei der Erarbeitung der kleinen Zaubernummern, die die Inszenierung noch charmanter machen, hatte er freie Hand und suchte nach Tricks, die zur jeweiligen Szene passen. Eigentlich lohnt es sich, schon allein wegen der Zaubertricks noch ein zweites Mal in die Vorstellung der »Affäre Rue de Lourcine« zu gehen. Aber auch sonst ist dieser Abend einfach ein Vergnügen. Nicht umsonst nennt Leonore Welzin ihn in ihrer Kritik in den Fränkischen Nachrichten »einen komödiantischen Volltreffer«. 

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