»Pure Sechziger. Von Anfang bis Ende«

Das Musical »Das Apartment« schwelgt im Sound und Look der Sixties

Apartment
Fotocollage
Foto Gabriel Kemmether von Fotostudio M42

Bap Bap Dara Ba Bap Bap – bappt, Verzeihung: singt Tobias D. Weber. Mit dem ganzen Ensemble steht er um das schwarze Klavier herum. Es ist Dienstagabend auf der Probebühne Alte Kelter. An den Tasten sitzt ganz leger ein Mann mit Bartstoppeln, in Jeans und grauem Pulli. Plötzlich rückt er sich die Brille zurecht und spannt den Oberkörper. Der Arm schnellt mit ausgestrecktem Zeigefinger in Richtung Gabriel Kemmether: »Gabriel, gibst du mir auch mal die Mittelstimme? Okay, dann gehen wir alle in den Anfang, ich gebe fünf Takte vor.« Kemmether singt, Julia Apfelthaler wiegt sich im Takt, Johannes Bahr sieht konzentriert in seine Noten. Ist da nicht eine kleine Pause nach Ziffer 9?
Heiko Lippmann, musikalischer Leiter bei »Das Apartment«, arbeitet zum ersten Mal am Theater Heilbronn. Nach zwei Probenwochen kommt es einem aber schon so vor, als kennen er und das Ensemble sich seit zwei Spielzeiten. Es wird konzentriert gearbeitet, aber ruhig und unaufgeregt. Der gebürtige Chemnitzer und Wahl-Hamburger hat sich schon bei seinem ersten Engagement in Gera dem Musical verschrieben – und ist dem Genre bis heute mit spürbarer Begeisterung treu geblieben. Bei großen Stella/Stage Entertainment-Produktionen wie »Das Phantom der Oper«, »Der Glöckner von Notre Dame«, »Cats« und »AIDA« war er Dirigent und musikalischer Leiter, hat von Open Air bis zu internationalen Tourneen alles mitgemacht und schreibt gerade die Musik zur Uraufführung des Musicals »Maria, ihm schmeckt’s nicht!«, das im Sommer bei den Gandersheimer Domfestspielen herauskommen soll.
Für »Das Apartment« sind die Berliner Regisseurin Katja Wolff und er nun nach Heilbronn gekommen und werfen sich mit Begeisterung in die Arbeit mit den Schauspielern und Musikern. Die Musicalfassung von Billy Wilders Oscar-preisgekröntem Filmhit dreht sich – nah am Drehbuch – um C.C. Baxter (Gabriel Kemmether), einen kleinen Angestellten in einem großen Unternehmen, der seinen Apartment-Schlüssel an seine Chefs verleiht. Für außereheliche Schäferstündchen und gegen Beförderungs-Versprechungen. Bis er feststellt, dass die von ihm angebetete Fran Kubelik (Luise Schubert) eines der Schäferstündchen ist. »Das Apartment« ist das einzige Musical des Hit-Komponisten Burt Bacharach, der mit seinen Songs für Dionne Warwick, Dusty Springfield und Aretha Franklin (u. a. »Don’t Make Me Over«, »That’s What Friends Are For«, »Raindrops Keep Falling On My Head«) Popgeschichte geschrieben hat.
Wie ist denn die Musik im »Apartment«? »Ich höre sofort die Sechziger«, schwärmt Heiko Lippmann. »Schöne Big-Band-Geschichten, bei denen man sofort an der Instrumentierung merkt, man ist genau in der Zeit. Pure Sechziger. Von Anfang bis Ende.« Der Look und vor allem die Mode der Sechziger, wie sie unter anderem durch die amerikanische TV-Serie »Mad Men« wieder populär geworden sind, werden auch das Bühnenbild (Jan Freese) und die Kostüme (Heike Seidler) bestimmen. Letztere lassen sich auf der Probebühne schon erahnen: Die Herren des Ensembles tragen Anzug, manche Schlips.
In der Alten Kelter geht die Probe weiter. »Die Musik macht einfach Spaß«, freut sich Regieassistentin Katrin Minkley. »Pst!« kommt es vom Klavier. »Können wir Ruhe haben? Gut. Eins zwo drei vier, zwo zwo drei vier.« Gabriel Kemmether legt los: »Null Prozent von Rockefeller …« Und diesmal wippt nicht nur Julia Apfelthaler mit. Ja, Musical macht einfach Spaß!

Andreas Frane, Dramaturg

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