Ziemlich viel Freude

Im Komödienhaus ziehen nach den „Ladykillers“ nun die „Freunde“ ein. „Ziemlich beste Freunde“, um genau zu sein. Die Komödie nach dem gleichnamigen Film, den in Deutschland über 9 Millionen Kinobesucher gesehen haben, erobert nun die Bühne in Heilbronn.

Für alle Beteiligten einer Inszenierung ist es immer eine willkomene Abwechslung zum Probenalltag und auch ein großer Mehrwert für die Arbeit, wenn Experten in den Entwicklungsprozess mit einbezogen werden. Robert Pfriem heißt der Experte, mit dem wir – das sind die Schauspieler Nils Brück, Ferdinand Seebacher, Murali Perumal und Julia Apfelthaler, Regisseurin Uta Koschel und Dramaturgin Stefanie Symmank – uns in der vergangene Woche getroffen haben. Zusammen mit seiner Frau Nicole hat er den Film gesehen, viel gelacht und viel wiedererkannt. Robert Pfriem sitzt seit vielen Jahren in einem Elektrorollstuhl. Er hat Multiple Sklerose und kann, ähnlich wie Philippe im Film, weder Arme noch Beine bewegen. Gerade für Nils Brück, der den vom Hals abwärts gelähmten Philippe spielt, war dies eine interessante Begegnung. Das Treffen zwischen dem unternehmungslustigen Fleiner und den Schauspielern war eine gute Gelegenheit, Fragen zu Sitzpositionen, Möglichkeiten des Bewegens und typischer Körperhaltungen in einem Rollstuhl zu stellen. Auch über den Tagesablauf haben wir mit Robert Pfriem und seiner Frau gesprochen. Viele Massagen und Ergotherapien stehen da auf dem Plan, „denn der Körper muss bewegt werden, damit sich die Sehnen nicht verkürzen.“ Morgens und abends kommt ein Pflegedienst zu Familie Pfriem. „Früher kamen Zivildienstleistende, aber die gibt es ja nicht mehr, was schade ist, denn mit denen war es sehr lustig“, erinnert sich Robert Pfriem. Und was ist das für ein silberner Punkt auf der Stirn? „Eigentlich erzähle ich jetzt immer von der Sekte, der ich angehöre“, scherzt Robert Pfriem. „In Wahrheit ist das meine Computersteuerung.“ Er habe gelernt nach Hilfe zu fragen, der Alltag eines im Rollstuhl Sitzenden wird aber auch zunehmend durch die Technik vereinfacht. „Ich bin immer auf dem neusten Stand. Die Erfindung der Sprachsteuerung ist ein Segen“, sagt Robert Pfriem. Er steuert seinen Computer, sein Telefon, die Haustür, Lampen, Fernseher und Musikanlage komplett per Zuruf. Und noch etwas löste unter den Schauspielern einige Begeisterung aus und wird ebenfalls aufs Wort gesteuert: der automatische Buchseitenumblätterer. Ob er, wenn er träumt, auch im Rollstuhl sitzt, möchte Julia Apfelthaler wissen. „Nein“, antwortet Robert Pfriem. „Ich habe mich im Traum noch nie im Rollstuhl gesehen.“ Dann könne er wieder auf Berge klettern und ins Meer springen. Hierhin gingen früher die Reisen. „Heute sind Städte mit guter Infrastruktur interessant“, so der Fleiner. „Meine Tochter ist 16, kommt aber noch gern mit den Eltern auf Reisen, weil man mit mir nie anstehen muss. Ich rolle an jeder langen Warteschlange einfach vorbei“, freut sich Robert Pfriem. Überhaupt ist er viel unterwegs, geht ins Konzert, ins Theater, ins Kino. „Ich habe viele Freunde, die, je nachdem wohin es gehen soll, mich begleiten.“ Kinder und Hunde seien häufig etwas irritiert, wenn er mit seinem Elektrorollstuhl an ihnen vorbeifährt. Übrigens mit 6 Kilometern in der Stunde. „Kann man diesen Rollstuhl auch tunen wie im Film?“, möchte Ferdinand Seebacher wissen. „Den Motor frisieren ist der Traum eines jeden Rollstuhlfahrers“, lacht Robert Pfriem. „Ich habe den Wunsch seit 7 Jahren, allerdings ist es eine finanzielle Frage, denn das bezahlt keine Krankenkasse.“

„Ihr Humor ist einfach umwerfend“, so Murali Perumal, als unser Besuch sich schon dem Ende neigt. Gibt es Wünsche? „Ernst genommen werden“, meint Robert Pfriem. „Wenn wir zusammen essen gehen, werde ich manchmal gefragt, wie mein Mann das Essen gern hätte, obwohl er mit am Tisch sitzt“, sagt Nicole Pfriem. „Ich sage dann immer zu meiner Frau: Sag dem Kellner ich möchte es so und so“, scherzt der Fleiner. Und da ist es wieder. Dieses Lachen. „Sie erleben, dass ich heute viel spreche, aber eigentlich bin ich eher wie Philippe. Ich schmunzle viel und lächle in mich hinein.“

Beeindruckt machen wir uns auf den Rückweg nach Heilbronn. Und irgendwie ist es stiller im Auto als auf der Hinfahrt …

Beitrag und Fotos von Stefanie Symmank, Dramaturgin

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