Interview mit der Tänzerin Nefeli Skarmea

Interview mit der Tänzerin Nefeli Skarmea

Die Griechin Nefeli Skarmea ist eine gefragte Tänzerin, die schon mit zahlreichen Choreografen gearbeitet hat. 2012 nimmt sie bereits zum dritten Mal am Heilbronner Tanzfestival teil, das ist Zufall – aber nicht nur. 2009 trat sie in „meinland“ von Philip Bergmann auf. 2011 tanzte sie ein wunderbares Duett mit dem Taiwanesen Shang-Chi Sun und erzählte nach der Aufführung von einem ungewöhnlichen Projekt, das gerade entstanden war: „Sideways rain“ des in Genf lebenden Brasilianers Guilherme Botelho. Aufgrund ihrer Empfehlung habe ich mir „Sideways rain“ angesehen und war sofort überzeugt von diesem Stück, das nun das Heilbronner Festival am 09. Mai im Großen Haus eröffnen wird.

 

Karin Kirchhoff (Kuratorin Tanz! Heilbronn): Nefeli Skarmea, Sie leben in Berlin, wie kam es dazu, dass der in Genf arbeitende Guilherme Botelho Sie engagiert hat?

Nefeli Skarmea.: Cie. Alias hat ein Vortanzen im Tanzhaus NRW in Düsseldorf angekündigt, und ich hatte in der Zeit nach neuen Engagements gesucht. Das ist schon vor ungefähr 4 Jahren. Eigentlich hat Guilherme nach Tänzern für eine frühere Produktion gesucht. Es war ein sehr langer Tag, ich hab’s auch bis zum Ende geschafft, aber er hat mich trotzdem nicht für das Stück engagiert… Diese Kostprobe seiner Arbeit habe ich aber sehr genossen und geschätzt und anderthalb Jahre später, als ich in Lausanne für eine andere Kompanie vortanzen war, habe ich beim Alias Studio in Genf „vorbeigeschaut“ und mit der Gruppe trainiert. Durch diesen neuen Kontakt hat mir dann Gui angeboten bei Sideways Rain mitzumachen.

 

K.K.: Das Stück war international schon viel unterwegs. In welcher Stadt oder welchem Land sind Sie besonders gerne gewesen?

 N.S.: Natürlich freut man sich, in südlichen Ländern bzw. wärmeren Orten Gastspiele zu haben. Zagreb und Porto, Tel Aviv und Sao Paolo haben das Team besonders glücklich gemacht! Letztes Jahr am Ende des Sommers haben wir in Zürich getanzt, in einem Theater dessen Backstage-Bereich direkt am Züricher See liegt. Das Wetter war in der Zeit ganz wundervoll, und jeden Tag nach der Verbeugung sind wir alle nackt ins Wasser gesprungen; das war immer nach der ganzen Erschöpfung, der Anstrengung vom Stück, ein absolut fantastisches Gefühl…!
Ich freue mich auch immer, wenn Gui über das Stück spricht. Er hat eine sehr einfache aber poetische Art, über die Konzeption des Stücks zu erzählen; wie er von seiner eigenen Aktivität des Laufens inspiriert wurde, wie sich alles vorwärts bewegt wie ein Fluss auf der Bühne, wie es nicht über Beziehungen zwischen Menschen handelt sondern über das Individuum innerhalb seines Lebensflusses.

 

K.K.: Ihr seid mit 17 Leuten auf Tour. Weil die Gruppe so groß ist, müssen sich die Tänzer Doppelzimmer teilen, um Kosten zu sparen. Geht man sich da manchmal auf die Nerven?

 N.S.: Wir sind sehr unterschiedlichen Alters, von 20 bis 38 Jahren ungefähr, trotzdem verstehen wir uns extrem gut und hatten nie wirklich Probleme. Niemand will das Zimmer mit Fabio teilen, weil er anscheinend schnarcht, deswegen teile ich es mit ihm, da ich so tief schlafe.

 

K.K.: Gibt es etwas, worauf Sie sich in Heilbronn freuen, oder woran Sie sich vom letzten Aufenthalt noch gut erinnern?

N.S.: Vom Tanz! Heilbronn Festival habe ich mich immer sehr willkommen gefühlt. Wir freuen uns natürlich auf ein enthusiastisches Publikum, was ich bis jetzt in Heilbronn jedes Mal so erlebt habe.

 

 

Nefeli Skarmea ist auf dem Bild ganz links zu sehen. Foto: Cie. Alias/Guilherme Botelho (Genf)

Tanz! Heilbronn wird im Mai mit der Compagnie Alias eröffnet

Eröffnet wird das Festival am 9. Mai um 19.30 Uhr im Großen Haus mit einem rauschhaften Lauf durch die Evolution der Menschheit: »Sideways rain« ist eine Arbeit des brasilianischen Choreografen Guilherme Botelho und seiner Schweizer Compagnie Alias. Die 14 Tänzerinnen und Tänzer bilden für 60 Minuten einen unermüdlichen Menschenstrom voll visueller Kraft und hypnotischer Energie und spüren der Entwicklung der Menschheit vor dem Hintergrund einer sich stets verändernden Welt nach.

Vierzehn Tänzerinnen und Tänzer überqueren die Bühne von links nach rechts, immer wieder, unermüdlich. Sie robben, kriechen, gehen, laufen, fallen, stehen auf und beginnen wieder von vorne. Ein endlos scheinender Menschenstrom, getrieben durch den unerklärlichen Drang zur Fortbewegung. Bestimmt durch Schicksal, Vorsehung, Evolution?
Der brasilianische Choreograf Guilherme Botelho erschafft mit seiner Schweizer Kompanie eine physische Metapher des Lebens, der Conditio Humana. Durch das ineinandergreifende Universum aus Licht, Musik und Bühnenbild entstehen aus der beeindruckenden Einfachheit der Bewegungen die komplexen Fragen nach der Entwicklung des Menschseins vor dem Hintergrund einer Welt, die sich in stetiger Transformation befindet. Aus der Wiederholung der Muster und der stetigen Beschleunigung des Rhythmus entsteht eine Choreografie voll visueller Kraft und soghafter Energie, deren Faszination man sich nur schwer entziehen kann. Der Zuschauer wird hypnotisiert und hineingezogen in diesen rauschhaften Lauf durch die Evolution der Menschheit.

 

Der in São Paulo geborene Guilherme Botelho begann mit 16 Jahren seine Tanzausbildung und wurde bereits zwei Jahre später ans Grand Théâtre in Genf engagiert, wo er heute noch lebt. 1993 gründete er dort die Compagnie Alias, die seitdem mehr als 20 Stücke erarbeitet und in Vorstellungen auf der ganzen Welt gezeigt hat.
Botelhos Arbeiten gewannen mehrere Preise, darunter den 2. Kirin Contemporary Award of Tokyo 1999 und den Schweizer Tanz- und Choreografiepreis 2009.

Nefeli Skarmea, Tänzerin der Compagnie Alias, gibt am 09. Mai einen zweistündigen Workshop zu Sideways rain exklusiv für Schülerinnen und Schüler von Kooperationsschulen des Theaters Heilbronn.

Produktion: Alias. In Koproduktion mit La Bâtie festival de Genève, Théâtre du Crochetan, Théâtre Forum Meyrin. Unterstützt von: Stadt Genf, Kanton Genf, Pro Helvetia – Schweizer Kulturstiftung, Gemeinde Meyrin, Fondation meyrinoise pour la promotion culturelle, sportive et sociale, Stiftung Corymbo, Stiftung Leenaards. Gastspiel unterstützt durch Corodis.


Choreografie
Guilherme Botelho
Musik
Murcof (Fernando Corona)
Kostüme
Marion Schmid, Julia Hansen
Bühne
Guilherme Botelho, Gilles Lambert, Stefanie Liniger
Licht
Jean-Philippe Roy
Technische Direktion
William Ballerio
Tanz
Stéphanie Bayle, Fabio Bergamaschi, Adriano Coletta, Erik Lobelius, Philia Maillardet, Danilo Moroni, Madeleine Piguet Raykov, Ambre Pini, Claire Marie Ricarte, Adrian Rusmali, Candide Sauvaux, Nefeli Skarmea, Gabor Varga

Dauer: ca. 60 Min.