Fast wie eine Clownsnummer eröffnet der schottische Autor Tom McGrath sein Stück„Laurel & Hardy“. Stan stolpert auf die Bühne, fällt und landet auf Ollie. Ein weltberühmtes Duo ist zusammengebracht. Der Abend kann beginnen. Ab 24. November werden Stan (Till Schmidt) und Ollie (Oliver Firit) die Geschichte von Laurel und Hardy mit viel Slapstick und Situationskomik erzählen, musikalisch begleitet von Nicolas Kemmer am Klavier. Während elf Tage vor der Premiere gerade im Komödienhaus das Bühnenbild von Regisseur und Ausstatter Elmar Thalmann aufgebaut wird, sind Thalmann und Schmidt am Nachmittag auf der Bühne im Großen Haus beschäftigt. Ein Drehtermin ist für heute angesetzt. Eine Szene von Stan mit einem Hut, der ein seltsames Eigenleben führt, soll gedreht werden. Zwei Stunden sind dafür vorgesehen. Das ist das Maximum, denn auf der Bühne im Großen Haus laufen in dieser Woche vormittags und abends die Endproben zu „Dantons Tod“. Da kommt es auf gute Vorbereitung an, nicht nur bei Schmidt und Thalmann. Die haben die Hutszene schon lange angelegt und geprobt. Ein gutes Dutzend Personen sind da beschäftigt auf der großen Bühne: Bühnentechnik, Beleuchtung, Ton, Requisite, Maske, Regieassistenz – Menschen aus vielen Abteilungen kommen zum Einsatz, um einen kurzen Filmclip aufzuzeichnen, der einmal der Ausgangspunkt dafür sein wird, dass Stan die Bühne betritt. Am Anfang des ganzen Geschehens stand eine einfache Frage, die sich Regisseur Elmar Thalmann stellte: „Wie schaffen wir es, eine Brücke zwischen der Welt der Filme und der Bühne, auf der Stan und Ollie zu sehen sind, aufzubauen?“ Ohne zuviel verraten zu wollen, als Antwort ist Thalmann und Schmidt eine zauberhafte Bildsequenz gelungen.
Heute ist Carsten Bänfer, Tonmeister am Theater Heilbronn, Kameramann. Er hockt im Bühnenbild von „Aladin und die Wunderlampe“, auf der Drehscheibe der großen Bühne, an dem Punkt, der am weitesten von der gegenüberliegenden weißen, transparenten Opera-Folie entfernt ist. Möglichst groß soll der Bildausschnitt sein, den das Objektiv einfängt. Auf der anderen Seite der Folie wirft ein Scheinwerfer warmes Licht in Richtung Kamera. Zwei Schatten zeichnen sich auf der Opera ab – Stan und der eigensinnige Hut. Ins Gigantische gezerrt tritt ein dritter Umriss hinzu. Es ist Regisseur Elmar Thalmann. Er nimmt Maß, verständigt sich mit Kameramann Bänfer und klebt Streifen auf den Bühnenboden. Auf seiner Seite der Opera braucht Till Schmidt Markierungen, um zu wissen, wo der Bildausschnitt der Kamera endet. Änderungen des Aufbaus sind nötig. Die Schatten müssen schärfer werden, Stans Schuhe mit ins Bild. Lichtquelle und Kamera werden verschoben, die Opera tiefer gefahren. Schmidt löst während der Unterbrechung Schmunzeln bei Umstehenden aus. Geschickt lässt er seine Melone in die Höhe springen, als hätte es einen überraschenden Luftstoß gegeben. Firit ist inzwischen mit seinem Sohn gekommen. Die Neugier auf das, was einmal der Anfang des Stücks sein wird, ist groß. Bevor es mit dem Dreh losgeht, probieren Requisiteurin Claudia Specht und Regieassistentin Katrin Minkley. Sie sind es, die wie von Geisterhand Stans Hut steuern, was nicht ganz einfach ist und durchaus an Puppenspieler erinnert, die eine Figur animieren. Nachdem noch einmal die Markierungen überprüft und korrigiert sind, noch ein Probelauf der Szene. Dann beginnt der Dreh. Das Geheimnis, was in dem Filmclip zu sehen ist, wird natürlich erst bei der Premiere gelüftet …
Johannes Frohnsdorf, Dramaturg