Darf ich bitten! »Das Ballhaus« ist ein Tanz durch das vergangene Jahrhundert
Darf ich bitten«. Endlich hat sich der junge Mann, der heute seinen besten Anzug trägt, ein Herz gefasst und sie angesprochen – die schöne, junge Dame, die jede Woche ins Ballhaus kommt, sitzt und wartet, dass der Richtige sie zum Tanz und später vielleicht in ein gemeinsames Leben holt. Vielleicht dieser da, der jetzt so schüchtern und nervös vor ihr steht? Warum nicht? Sie steht auf und lässt ihn die Arme um sich legen und beide wiegen sich im Takt der Musik. Inmitten der anderen Ballhausbesucher, die sich in Paaren tanzend auf dem Parkett bewegen oder zuschauen und warten, dass das Glück in Gestalt eines liebenswerten Menschen bei ihnen anklopft.
80 Jahre lang werden wir als Zuschauer die Geschichte dieses Ballhauses und seiner Besucher beobachten. In einem großen Schauspiel, das ganz ohne Worte auskommt – das aber als Darsteller unbedingt Schauspieler und keine Tänzer braucht. Fast das ganze Ensemble steht auf der Bühne und tanzt sich durch das vergangene Jahrhundert, das in prägnanten Episoden wie ein großer Bilderbogen von den Zwanziger Jahren bis zur Deutschen Wiedervereinigung vorüberzieht. Über 160 Kostüme, viele historische Requisiten und die live gespielte Musik werden die geschichtlichen Veränderungen markieren. Sie bestimmen, wie sich die Menschen zueinander verhalten – selbst im Tanzsaal. Die Schauspielerinnen und Schauspieler verkörpern dabei nicht die Geschichten jeweils eines einzigen Menschen, sondern sie sind ganz bestimmte Typen, die es zu jeder Zeit gibt. Es begegnen uns: die Grand Dame; das Mädchen mit dem romantischen Tick; die Charismatische; die Dame, die weiß, wie man gehen muss; die Schöngeistige; die große Liebende; das kurzsichtige Huhn; der Mann an sich; der Denunziant; der Ganove; der Gigolo; der Verklemmte; der Exaltierte; der Sympathische; der Eintänzer; der junge Single und der Künstler. Die einzigen Figuren, die uns immer wieder begegnen, sind der Wirt und die Klofrau – die sich beide sehr mögen, ohne es voneinander zu wissen.
Anregung war das französische Stück »Le Bal« vom Theatre du Campagnol von 1983, das durch die Verfilmung von Ettore Scola weltberühmt wurde. Steffen Mensching hat zwei Theaterfassungen geschaffen – eine für die Neuen und eine für die Alten Bundesländer. Seit Mitte der 90er Jahre hat »Das Ballhaus« auf deutschen Bühnen seinen Siegeszug angetreten und die Zuschauer mitgerissen mit der Kraft der Musik und der Erinnerungen. (Silke Z.)
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