Als Hospitant am Theater: Immer für einen Lacher gut

Blog von Jacob Wahl, Regiehospitant bei »Extrawurst«

Samstag, 4. März 2023. Der Saal im Komödienhaus füllt sich, mein Handydisplay zeigt: 20:00 Uhr. Gleich beginnt die Premiere. Ich habe das Stück, das hier gleich zur Aufführung kommt, in den letzten Wochen unzählige Male gesehen und kann jeden Satz auswendig mitsprechen. Doch die Premiere vor dem Publikum im ausverkauften Haus ist nochmal etwas ganz anderes.

Hinter mir liegen sechs aufregende Wochen. Sechs Wochen als Regiehospitant bei Extrawurst, einer Komödie, in der die Vereinsversammlung eines Tennisclubs wegen einer scheinbar unbedeutenden Angelegenheit – der Anschaffung eines zweiten Grills für das einzige muslimische Mitglied – aus dem Ruder läuft.

© Björn Klein

Die erste Zeit wurde im Probenzentrum des Theaters Heilbronn geprobt, einem modernen Bau Norden Heilbronns, gelegen zwischen Bahngleisen und Industriegebiet. Von innen wirkt es wie eine Mischung aus Turnhalle und Theaterbühne. Als ich zum ersten Mal in den Probenraum komme, treffe ich dort nicht nur auf den Regisseur des Stückes Folke Braband, sondern auch auf das Ambiente eines Tennisclubs: Überall stehen Pokale und Tennisschläger. Die Schauspielerinnen und Schauspieler kommen dazu, setzen sich auf die Barhocker im Bühnenbild von Tom Presting und sprechen den Text der Szene, die heute geprobt werden soll. Plötzlich bin ich mittendrin im Stück und höre, wie sich die Diskussion um den zweiten Grill entspinnt: Soll man zusätzlich zu dem Grill, das man ohnehin neu anschaffen will, einfach noch einen zweiten kaufen? Oder genügt es einfach, den alten Grill sauber zu machen? Anschließend erlebe ich die gleiche Szene nochmal, diesmal aber nicht nur als Text, sondern gespielt. Der Unterschied fällt mir zuerst ehrlich gesagt kaum auf, weil das Ensemble schon beim Lesen des Textes alles gegeben hat.

Ab da sitze ich Tag für Tag hinter dem großen Tisch im Probenzentrum, schaue mir die Proben an, lache bei den schrägen Gags, trage Änderungen am Text in mein Regiebuch ein und esse währenddessen zu viele Schokokekse. Wenn Tennisbälle über die Bühne fliegen, sammle ich sie wieder auf und bringe das Bühnenbild gemeinsam mit Lisa, der Regieassistentin, wieder in den Originalzustand. Als absoluter Theaterneuling trete ich auch mal in ein Fettnäpfchen: Als ich nach einer Probe begeistert applaudiere, werde ich freundlich zur Seite genommen und lerne, dass man das auf keinen Fall tun darf, denn Klatschen vor der Premiere bringt Unglück – so besagt es zumindest der Theateraberglaube.

Schließlich ist es so weit: Zwei Wochen vor der Premiere wechseln wir vom Probenzentrum auf die Bühne im Komödienhaus. Hier sehe ich zum ersten Mal auch das Originalbühnenbild: Der Schriftzug TC Fortuna Gaffenberg prangt über der Bühne, die nun kaum mehr von einem echten Tennisvereinsheim zu unterscheiden ist. Die Früchte der Arbeit der vergangenen Wochen zahlen sich jetzt aus: Meine Anmerkungen im Regiebuch helfen Lisa, die finale Bühnenfassung für die Mitarbeitenden von Licht und Ton auszuarbeiten. Und am Abend vor der Premiere sagen mir die Ensemblemitglieder, dass ihnen meine Lacher bei den Proben eine große Hilfe waren, um abschätzen zu können, ob die Pointen funktionieren.

Und dann sitze ich in der Premiere unter den Zuschauern. Ganz so gelassen wie bei den Proben kann ich nicht mehr sitzen, weil auch ich gespannt bin, wie das Stück beim Publikum ankommt. An einer Stelle lache ich als einziger, weil einer der Schauspieler einen überraschenden Einfall hat, der aber nur mir auffällt, weil ich das Stück kenne. Am Ende läuft aber alles gut – die Theatergeister haben wohl nochmal ein Auge zugedrückt und mir mein vorzeitiges Applaudieren verziehen. Mit nach Hause nehme ich an diesem Abend nicht nur einen Rucksack voller Premierengeschenke, sondern auch jede Menge ermutigende Erfahrungen und vor allem die Erinnerung an eine schöne, witzige Zeit.