Die Statistinnen von »Hexenjagd« erzählen über ihre Erfahrungen.
Anfang Januar 2019 sind 27 junge Mädchen und Frauen im Alter von 13 bis 24 Jahren dem Aufruf des Theaters gefolgt, um an dem Statistinnen-Casting für die Inszenierung von Arthur Millers »Hexenjagd« teilzunehmen. Regisseurin Uta Koschel und Dramaturgin Sophie Püschel suchten für die Inszenierung eine Gruppe junger Mädchen, die die Schauspielerinnen Stella Goritzki und Ipek Özgen bei verschiedenen Szenen als »Mädchen aus Salem« unterstützen.
Wir haben einige der Statistinnen über ihre Motivation, sich für das Casting zu bewerben, befragt:
Anna Lena Knecht: »Theaterspielen macht mir extrem viel Spaß. Ein paar aus dem Kolpingtheater und mein Vater haben mich auf einen Artikel der Heilbronner Stimme aufmerksam gemacht, in dem stand, dass Statistinnen gesucht werden. Daraufhin habe ich mich für das Casting angemeldet.«
Lilly Eichberg: »Ich war wahnsinnig interessiert, wie die Entwicklung von der ersten Probe, bis hin zum komplett fertigen Stück abläuft. Ich wollte wissen, wie es ist ein Teil des Ganzen zu sein.«
Anna Laukhuf: »Ich liebe Theater und mich reizte die Vorstellung, eine andere Perspektive und Rolle einzunehmen und mich aktiv am Schauspielgeschehen zu beteiligen, anstatt die Position der Zuschauerin zu bekleiden. Außerdem fand ich es verlockend, so Einblicke in die Prozesse hinter der Bühne zu bekommen und ein Stück von der Idee bis hin zur fertigen Inszenierung zu begleiten.«
Die Mädchen aus Salem spielen in »Hexenjagd« eine entscheidende Rolle, denn ihr Vergehen: nachts im Wald zu tanzen, setzt die Ereignisse in dem kleinen Ort in Gang. In der streng puritanischen Gemeinde Salem sind solch weltliche Vergnügen wie Tanzen oder das Lesen von Büchern strengstens verboten. Als die Mädchen beim Tanzen entdeckt werden, brechen einige von ihnen ohnmächtig zusammen, aus Angst vor der ihnen drohenden Strafe. Unter ihnen ist auch die Tochter des Pfarrers Parris, als sie nicht mehr aus ihrer Ohnmacht erwachen will, keimt schnell das Gerücht von Hexerei auf. Auf der Suche nach Schuldigen werden die Mädchen ins Verhör genommen und unter Druck gesetzt, zu gestehen bzw. der Hexerei Schuldige zu benennen. Von nun an greifen Denunziationen und Misstrauen um sich. Die Bezichtigung, ein Werkzeug des Teufels zu sein, eignet sich bestens, um unliebsame Gegner aus dem Weg zu räumen. So wird Salem im Zuge der Hexenprozesse in eine Art Massenhysterie aus Lügen, Angst und Machtmissbrauch versetzt.
Aus dem Casting sind zwei Gruppen von je fünf Statistinnen hervorgegangen. Die meisten brachten bereits erste Erfahrungen aus Theater-AGs und -clubs oder früheren Statistinnenrollen mit.
Doch der professionelle Theaterbetrieb hielt für sie neue Eindrücke und einige Überraschungen bereit.
Anna Laukhuf: »Vor allem ist mir aufgefallen, wie
leidenschaftlich die Schauspieler oder auch andere Mitarbeiter ihre Arbeit
ausüben. Man spürt eine Atmosphäre, die davon geprägt ist, dass jeder seine
Arbeit als Berufung und nicht bloß als Job ansieht.«
Christiane Staudacher berichtete: Ȇberrascht haben mich die vielen und
unterschiedlichen Abteilungen, die ein so großes Haus besitzt und den für eine
Produktion notwendig sind. Angefangen bei den Kostümen, die alle selbst genäht werden,
hin zum Bühnenbild, das exklusiv für jede einzelne Produktion angefertigt wird,
bis zur Gesamtorganisation einer solch großen Produktion, vor und hinter der
Bühne.«
Einen neuen Blick, was eine Inszenierung alles umfasst,
gewann auch Leonie Decker:
»Überrascht hat mich, wieviel Wert auf jedes Detail in Make-up, Bühnenbild und
Text gelegt wurde. Unsere Kostüme wurden alle maßgeschneidert und es galt zu
unserem Leid striktes BH-Verbot, nur um auch wirklich den Eindruck der Zeit
einzufangen, welcher von der Regisseurin gewünscht wurde. Als Zuschauer hatte
ich nie bemerkt, wie viele Ideen von verschiedenen Seiten in ein einzelnes
Stück fließen, um dieses komplett werden zu lassen. Darauf werde ich zukünftig,
wenn ich ins Theater gehe, mehr achten.«
Im März begann für die Schauspielerinnen und Schauspieler die sechswöchige Probenzeit und natürlich auch für die Statistinnen. Für die Mädchen war es eine bereichernde und zusammenschweißende Zeit.
Matilda Martinez über die Proben: »Es gab so viele kleine Momente, Momente mit den anderen Statistinnen, den Schauspielern: Es waren alle so offen und nett, die Atmosphäre war einfach jedes Mal so unbeschreiblich.«
Leonie Decker verriet uns: »Wir als Statistinnengruppe untereinander hatten Backstage wahnsinnig viel Spaß und ich habe jede einzelne meiner Mitstatistinnen als Freundin lieb gewonnen. Zudem wurde durch die Regisseurin und die anderen Darsteller auf der Bühne eine Atmosphäre kreiert, welche mich motiviert hat auf der Bühne mein Bestes zu geben. Im Kopf geblieben ist mir, als wir das erste Mal unsere „Vogelszene“ probten, welche sehr intensiv war. Es hat uns einiges an Mimik und Stimme abverlangt, aberda alle hochmotiviert mitmachten, in mir auch ein Hochgefühl ausgelöst. Somit würde ich das als „schönsten Probenmoment“ bezeichnen.«
Am 4. Mai 2019 ging es dann für das Ensemble und die erste Gruppe der Mädchen aus Salem auf die Bühne des Großen Hauses. Seitdem spielen abwechselnd die beiden Gruppen in den Vorstellungen.
Für Anna Laukhuf war gerade der Abend der Premiere ganz besonders: »Mein schönster Moment waren die letzten gemeinsamen Erlebnisse hinter der Bühne vor der Premiere. Fast jeder hat dem anderen ein kleines Glücks-Präsent überreicht, was mich sehr gerührt hat. Alle Geschenke enthielten auch – direkt oder indirekt – eine Botschaft, die mit dem Stück zu tun hatte. Mich hat begeistert, wie viel Gedanken sich alle darüber gemacht haben und wie viel Wertschätzung auch uns als Statistinnen entgegengebracht wurde.«
Wie viel Arbeit und Disziplin hinter den Proben und den Vorstellungen steckt, hat Lilly Eichberg beeindruckt: »Auf den Proben oder in den Pausen während Vorstellungen wird manchmal rumgealbert. Trotzdem müssen dann alle zum richtigen Zeitpunkt wieder konzentriert sein und ihre Arbeit machen, wenn es weiter geht. Das war eine gute Erkenntnis.«
Ob sich die Erwartungen, mit denen sich die Mädchen beim Casting beworben haben, in Erfüllung gingen wollten wir natürlich auch von ihnen wissen.
Anna Lena Knecht: »Ich hatte keine konkreten Erwartungen, sondern viel mehr die Hoffnung, dass auch wir Statistinnen gut in die Schauspielgruppe integriert werden. Dies hat sich definitiv erfüllt.«
Leonie Decker: »Ich hatte die Erwartungshaltung als Statisten wäre man »nur« eine Hintergrundfigur und würde auch dementsprechend behandelt. Jedoch die freundliche und auch unterstützende Art, welche die anderen Darsteller und Mitarbeiter gegenüber uns Statistinnen hatten, hat dafür gesorgt, dass ich mich sofort wertgeschätzt gefühlt habe.«
Matilda Martinez: »Um ehrlich zu sein, wusste ich gar nicht, was auf mich zukommen würde und ich habe viel mehr daran gedacht, das Casting aus Spaß zu machen. Mittlerweile bin ich mehr als froh, dass ich diese Erfahrung machen durfte.
Und wie fühlt es sich an, auf der Bühne im Großen Haus zu stehen?
Matilda Martinez: »Es ist unbeschreiblich, auf der großen Bühne stehen zu dürfen. Mit den »Großen« zu spielen, zu sehen, wie sie die Charaktere verkörpern, von ihnen zu lernen … . Man kann dieses Gefühl nicht beschreiben, es ist einfach ein pures Glücksgefühl, das so viele verschiedene Emotionen freisetzt.«
Lilly Eichberg: »Es macht total viel Spaß! Während der Vorstellung ist man auf der Bühne meistens sehr konzentriert. Man vergisst fast, dass man auf der Bühne im Großen Haus steht und einem so viele Leute zusehen. Ich realisiere das meist erst, wenn ich wieder von der Bühne runter bin.«
Christiane Staudacher: »Auf einer Bühne zu stehen, ist für
mich ein unbeschreibliches Erlebnis. Ich fühle mich dort einfach wohl. Ein
Traum ist für mich in Erfüllung gegangen.«
Für alle war es eine aufregende und
besondere Zeit. Auf die Frage ob sie es noch mal machen würden, haben alle sofort
mit JA! geantwortet.
Leonie Kurz: »Auf jeden Fall würde ich es nochmal machen! Es macht einfach unglaublich viel Spaß, und kein Abend ist wie der andere!«
Christiane Staudacher: »Meine Erfahrungen am Theater Heilbronn möchte ich auf keinen Fall missen, und wer weiß, was die Zukunft für mich vorhat?«
Lilly Eichberg: »Auf jeden Fall! Es hat sehr viel Spaß gemacht, und ich habe viele neue Erfahrungen gesammelt.«
Matilda Martinez: »Ich würde es jederzeit wieder tun. Das Casting, die Proben, die Vorstellungen würde ich nicht mehr missen wollen.«
Leonie Decker: » Die Erfahrung am Theater hat mich viele Dinge gelehrt und in meinem Leben weitergebracht, des Weiteren hat es Spaß gemacht und mich mit neuen Menschen zusammengeführt. Meine Antwort lautet: 100% Ja!«
Wir danken allen Statistinnen von »Hexenjagd« für ihre Unterstützung und Spielfreude. Wer sie noch mal auf der Bühne erleben möchte hat noch am 6., 12. & 14. Juli die Gelegenheit.