Warm gespielt – Fortbildungsreihe Theaterpädagogik

Für Sportler ist ein »Warm-Up« vor dem Spiel selbstverständlich. Aber auch in der Schule sind »Warm-Up«-Spiele ein guter Start. Sie dienen der Konzentrationsförderung oder eignen sich prima für ein Auflockern zwischendurch. Der Kopf wird wach, Körper und Stimme werden aufgewärmt und man wird warm mit der Gruppe. Fehlen nur noch die passenden Ideen dazu …

Die Theaterpädagoginnen Natascha Mundt und Simone Endres halten im ersten Teil der dreiteiligen Fortbildungsreihe »Grundlagen Theaterpädagogik« für Pädagogen jede Menge kreativen Input für »Warm-Up«-Spiele bereit.

Ein Spiel ohne Verlierer: Ziel ist es, dass sich alle Teilnehmer auf die Stühle retten können und kein Fuß den Boden berührt.
Foto: Natascha Mundt.

Mit großer Spielfreude im Gepäck versammelt sich im Oktober eine bunt zusammengewürfelte Gruppe im Salon3 zum Workshop. In lockerer Runde stellen sich die Teilnehmer kurz vor und man findet sich auf Anhieb interessant und sympathisch. Mit dabei sind unter anderem Pädagogen aus den Bereichen Sonderschulpädagogik, Fremdsprachen, Sport und Musik. Einer der Teilnehmer plant eine Theater AG an seiner Schule zu gründen, eine andere Teilnehmerin hat bereits »aus Versehen« eine gegründet.

Unter Anleitung der Pädagoginnen Natascha Mundt und Simone Endres wird das erste Spiel erklärt, das dabei helfen soll, sich die Namen der Teilnehmer besser einzuprägen. Dazu wird ein Kreis gebildet, zwei Bälle werden als Hilfsmittel benutzt. Eine Person muss sich eine andere Person aus dem Kreis heraussuchen, ihren Namen rufen und ihr den Ball zuwerfen. Nach der ersten Runde wird das Ganze in derselben Reihenfolge wiederholt. Nachdem die erste Runde gut geklappt hat, kommt der zweite Ball ins Spiel. Aber aufgepasst, der zweite Ball bekommt eine andere Reihenfolge als der erste! Gar nicht so einfach, wenn zwei Bälle durch die Luft fliegen und man sich blitzschnell daran erinnern muss, welchen Ball man welcher Person zugeworfen bzw. zuzuwerfen hat.

Konzentration erfordert auch das Assoziationsspiel. Eine Person wählt zu Beginn ein Thema (beispielsweise: Klassenarbeit) und die nächste Person darf ihrer Phantasie freien Lauf lassen und eine Assoziation zu dem vorher genannten Begriff nennen. Die Runde wird auf diese Weise fortgesetzt und es wird darüber gelacht, was für ulkige Verbindungen zu Stande kommen. Am Ende der Schock: Die Runde soll von rückwärts rekonstruiert werden und jede Person muss sich daran erinnern, was sie selbst und die Person nach ihr gesagt hat. Als Hilfe dient das Schema »ich habe x gesagt, weil du y gesagt hast«. Schließlich ist das Staunen groß, dass auch eine scheinbar so komplexe Aufgabe bewältigt werden kann. Eine schöne Idee hat auch eine Pädagogin, die vorschlägt, dass man das Assoziationsspiel gut nach einer Klassenfahrt spielen könnte und dadurch die individuellen Erinnerungen gemeinsam Revue passieren lässt.

Da es bei den Spielen viel um Kreativität geht, ist die Logik manchmal im Weg. Im nächsten Spiel wird daher bewusst mit logischen Denkmustern gebrochen. Eine Person darf pantomimisch eine Situation vorspielen (z.B. einen Kuchen backen). Eine andere Person muss daraufhin fragen »Was machst du?«. Die spielende Person muss auf die Frage hin eine komplett andere Tätigkeit nennen als sie gerade ausführt (z.B. Wäsche waschen statt Kuchen backen). Für die fragende Person ist die Antwort das Stichwort, denn nun muss sie selbst pantomimisch aktiv werden. Sie wird wiederum von der nächsten Person gefragt »Was machst du?« und muss eine möglichst skurrile Antwort geben. Auch hier entstehen lustige Situationen:

A: (hampelt wie ein Clown)

B: Was machst du?

A: (hampelt wie ein Clown) Ich unterrichte!

B übernimmt die Aussage von A und spielt einen Lehrer vor der Klasse.

C: Was machst du?

B: (gestikuliert wie ein Lehrer vor der Klasse) Ich rette die Welt!

Die Theaterpädagoginnen erklären, dass es bei allem nicht um ein Schwarz-Weiß-Denken in »richtig« und »falsch« geht. Insgesamt soll den Kindern die Angst genommen werden, Fehler zu machen. Denn nur, wer etwas riskiert und Fehler macht, kommt durch die Erfahrung weiter und kann sich weiterentwickeln.

Am Ende des Workshops wird es ganz schön kuschelig. »Wir spielen Reise nach Jerusalem«, kündigt Natascha Mundt an, »allerdings mit neuen Spielregeln«. Das Spiel heißt dann »Reise nach New York«. Verlierer gibt es keine, die einzige Challenge ist, dass sich alle Teilnehmer auf die Stühle retten können und kein Fuß den Boden berührt. Leichter gesagt als getan, wenn am Ende nur noch zwei Stühle übrig sind, auf die sich eine ganze Gruppe drapieren muss. Eine riesen Gaudi ist es allemal!

Diese und noch viel mehr Bewegungs- und Konzentrationsspiele gab es im Oktober 2022 beim ersten Teil
»Theaterpädagogik 1: Warm-Up« der dreiteiligen Fortbildungsreihe »Grundlagen Theaterpädagogik«.
Klingt spannend? Dann sei unbedingt bei Teil 3 dabei:

Theaterpädagogik 3: Improvisation
Mi., 01.03.2023, 17:00 – 19:00 Uhr

Außerdem bieten wir verschiedene Schwerpunkt-Fortbildungen an:

Schwerpunkt-Fortbildungen

Philosophieren mit Kindern:
24.03.2023, 17:00 – 19:00 Uhr

Bewegung im Raum:
17.05.2023, 17:00 – 21:00 Uhr

Drama im Unterricht zum Anfassen:
14.06.2023, 17:00 – 21:00 Uhr

Mehr Informationen findest du hier.

»Wenn ein Bild nicht gut ist, warst du nicht nah genug dran«

Theaterkreis des Seniorenbüros zum Thema »Theaterfotografie« mit Fotograf Candy Welz und Dramaturgin Sophie Püschel. Mit dabei ist außerdem eine Schulklasse vom Kolping Bildungswerk.

Candy Welz im Gespräch mit unserer Dramaturgin Sophie Püschel.

Heute nicht hinter, sondern vor der Kamera: Candy Welz fotografiert seit der Spielzeit 2018/19 für uns am Theater Heilbronn. Ganz gespannt lauscht das Publikum, was Candy über seinen Beruf zu erzählen hat, für den es besonderes Fingerspitzengefühl braucht. »Keiner fängt als Theaterfotograf an«, antwortet Candy auf die Frage, wie er zur Theaterfotografie gekommen ist, »es dauert, bis man ein Gespür dafür bekommt«. Der Fotograf aus Weimar fotografiert bereits journalistisch für namhafte Zeitungen wie die Welt, Reuter oder den Stern. Sein Studium absolviert er in Medienkultur, praktische Erfahrung kann er anschließend bei der Regionalzeitung (Thüringer Allgemeine) sammeln. Dort fotografiert er für die Ressorts Sport, Politik sowie Theater. Als die journalistische Fotografie anfängt »den Bach runterzugehen«, konzentriert er sich mehr auf die Theaterfotografie.


Die journalistische Fotografie erweist sich als eine gute Schule: Candy lernt mit Druck und der Einmaligkeit der Ereignisse umzugehen. »Ausreden kann ich nicht drucken« – dieser Satz seines Chefs hat sich ihm ins Gedächtnis gebrannt. Candy geht erst, wenn er ein gutes Foto in der Tasche hat, egal wie groß oder klein der Auftrag ist. Das Fotografieren von Theateraufführungen bringt neue Herausforderungen mit sich: schwierige Lichtverhältnisse und je nach Stück tummelt sich eine unterschiedliche Anzahl an Darstellern auf der Bühne. Ob sich Candy da inhaltlich noch auf das Stück konzentrieren kann? Meistens bekommt er nur die Hälfte mit, zu sehr ist er mit dem Wechsel der Objektive beschäftigt. Ganz unvorbereitet geht der Fotograf jedoch nicht an die Arbeit. Am Theater Heilbronn gibt es zuvor immer ein Gespräch mit den Stückdramaturgen. Diese geben ein kurzes Briefing und weisen den Fotografen auf konzeptionelle Schwerpunkte hin. Außerdem werden die Anforderungen an die Bilder je nach Publikationsart (Leporello, Website, etc.) besprochen.

Das neugierige Publikum stellt Candy an diesem Abend viele Fragen: Ob er schon einmal Prominente fotografiert habe? Beschweren sich eigentlich die Schauspieler, wenn sie sich auf den Fotos nicht gefallen? Ja, Prominente hatte der Fotograf im Laufe seiner journalistischen Arbeit mehrfach vor der Linse. Anfangs ist er nervös, denkt »Hoffentlich versau ich’s nicht«, mit der Routine wird jedoch klar »die sind auch nur Menschen«. Die zweite Frage verneint er. Unsere Dramaturgin Sophie Püschel ergänzt, dass auch das Theater nichts davon habe, wenn die Schauspieler auf den Bildern unvorteilhaft aussehen bzw. einen unpassenden Ausdruck hätten. Wichtig ist, dass die Fotos den Kern der Inszenierung widerspiegeln.

Anschließend zeigt Candy eine Reihe spannender Theaterfotografien, die von verschiedenen Inszenierungen entstanden sind. Von extrem ausgefallenen Bühnenbildern, Nebel und Wasser auf der Bühne ist alles dabei. Mit wechselnden Lichtverhältnissen können Bilder derselben Inszenierung ganz unterschiedlich aussehen. Ideale Vorrausetzungen sind für Candy viel Bewegung auf der Bühne und Lichtwechsel. Gerne ist der Fotograf ganz »nah dran«. Ist einmal ein Fuß abgeschnitten bzw. nicht mehr im Bildausschnitt zu sehen, stört ihn das nicht: »Das perfekte Bild ist langweilig«. Leitgedanke für seine Arbeit ist Robert Capas Maxime: »Wenn ein Bild nicht gut ist, warst du nicht nah genug dran«. Damit kann sowohl der physische Abstand als auch die gedankliche Auseinandersetzung gemeint sein. Einmal war Candy sogar selbst Teil einer Inszenierung und konnte zum Fotografieren ganz nah an die Darsteller heran. Das Publikum ist von den Fotos beeindruckt. Zum Schluss gibt es eine letzte Frage, und zwar, ob Candy von sich Selfies mache. Er lacht: »Nein. Es gibt einen Grund, warum ich mich hinter der Kamera verstecke«.

Was Größe wirklich bedeutet

Kita-Workshop zum neuen BOXX-Stück »Von Maus und Mond oder Wer ist der Größte?«

Was machen denn so viele Kinder am Montagmorgen im Theater? Psst, zu viel dürfen wir nicht verraten, denn was sich hier abspielt, ist streng geheim. »Ihr seid heute unsere Experten«, erklärt die Theaterpädagogin Natascha Mundt den Kindern. Sie dürfen heute eine Probe eines Stücks sehen, das zuvor noch niemand gesehen hat. Für das neue BOXX-Stück ab 3 Jahren sind die Kinder genau die richtigen Kritiker, auf deren Meinung es ankommt.

Die Kinder zeigen der Theaterpädagogin Natascha Mundt, wie groß sie sich machen können.
Eluki (Nora Rebecca Wolff) und Jonas (Andreas Schlegel) in Aktion. Wer gewinnt das Schnick-Schnack-Schnuck-Duell?

Zum Kennenlernen setzt sich die Theaterpädagogin mit den Kindern in einen Stuhlkreis und lässt sie Mutmaßungen über das Stück anstellen. Vier der Kinder erzählen stolz, schon einmal im Theater gewesen zu sein. Der Titel des Stücks »Von Maus und Mond oder Wer ist der Größte?« weckt in einem Kind die Assoziation, dass Riesen in dem Stück vorkommen werden. Um Größe geht es allemal, und Natascha Mundt fordert die Kinder auf, sich der Größe nach aufzustellen, um herauszufinden, welche Kinder die Größten aus der Gruppe sind. Kurz darauf dürfen die Kinder noch einmal aktiv werden und vorführen, wie es aussehen würde, wenn es ganz heiß oder ganz kalt ist, wenn sie durch hohen Schnee stapfen oder eine Maus oder ein Hase wären. Mit dieser Übung werden die Kinder bestens auf das Stück eingestimmt, das im eisigen Kanada spielt. Auch die Kostüme von Nora Rebecca Wolff (»Eluki«) und Andreas Schlegel (»Jonas«) sind an das kühle Wetter angepasst. Die Schauspieler tragen mehrere Schichten dicker Kleidung und sind in Schal, Handschuhe und Mütze gepackt.

Die nächsten 20 Minuten dürfen die Kinder einen Ausschnitt aus dem Stück sehen. Ganz gespannt beobachten sie das Geschehen auf der Bühne, an manch einer Stelle ist es so spannend für den einen oder die andere, dass sich ein Kind nicht mehr auf dem Stuhl halten kann und im Stehen weiterschaut. Für Lacher sorgen vor allem die wilden Verrenkungen der Schauspieler, wenn es darum geht, wer der Größte der beiden ist, sowie Nora Rebecca Wolffs gekonnt vorgetragener »Hasendialekt«. Lustig wird es für die Kinder auch, als Eluki in ein Schneeloch fällt und nur noch die Fußsohlen aus dem Loch hervorragen. Angst hatten die Kinder nie, wie sie später in der Nachbesprechungsrunde versichern, jedoch gab es eine Stelle, an der sie gemeinsam mit dem Jungen Jonas zusammenzuckten, der eigentlich nur die Babyrobbe streicheln wollte, aber von seiner Begleiterin lautstark erschreckt wurde. In der Runde wird gemeinsam rekapituliert, was der Reihe nach im Stück geschah. Auf die Frage, wie es in dem Stück weitergehen soll, haben die Kinder sofort ein paar kreative Ideen parat: Die Geschichte soll »100 Jahre weitergehen«, »ein Einhorn soll sterben«, «das Eis soll trotz Sonne nicht schmelzen« und es sollen Iglus und Elfen darin vorkommen. Abschließend dreht sich alles um die Frage, ob es denn nun wichtig sei, wer der Größte ist. Ein Kind hat darauf die perfekte Antwort: Nein, das sei nicht wichtig, »die Größeren sind größer und deshalb stärker, aber die Kleineren sind noch stärker«.