Wann kam uns der Zorn abhanden?

Ein Interview mit Natalie Springer und Clara Kuhn, beide 18 Jahre alt, über »Dantons Tod«, Rebellion und Zufriedenheit im Leben

Ihr habt »Dantons Tod« schon im Unterricht gelesen? Wie ist es euch damit ergangen?
Natalie: Das Buch zu lesen fand ich schwer. Mit der Sprache kam ich nicht so gut klar. Aber wir sind es ja mit unserem Lehrer im Unterricht durchgegangen, alleine hätte ich das nicht geschafft. Clara: Man braucht viel Hintergrundwissen zu dem Werk. Gut ist, wenn man sich vorher mit der Französischen Revolution und mit den Menschen zu Büchners Zeit auseinandersetzt. Man sollte wissen, was sie bewegt hat, die Revolution anzuzetteln. Danton und Robespierre sollten einem keine unbekannten Namen sein.

Georg Büchner schrieb das Werk unter dem Eindruck, dass das Individuum seiner Zeit keine Chance hatte, etwas zu bewegen. Wie ist das in der heutigen Zeit?
Clara: Heute kann man was bewegen. Nehmen wir zum Beispiel den »Arabischen Frühling« in Nordafrika. Dort haben sich die Menschen zusammengetan und gegen die autoritär herrschenden Regime protestiert. Wichtig ist, dass Menschen sich zusammenfinden, die den gleichen Gedanken haben. Als einzelne Person ist es schwieriger, etwas zu bewegen., das auch bleibende Wirkung hat.
Natalie: Ob Proteste letztendlich immer etwas bewirken, das weiß ich nicht.

Foto: Fotostudio M42

Weshalb ist die Revolution für fast niemanden mehr ein Thema? Wann kam den Menschen der Zorn abhanden?
Clara: Heutzutage kommt eine Revolution nicht mehr zustande, weil es ziemlich viele Regeln und Vorschriften gibt und man aufpassen muss, dass man sie nicht bricht. Vielen ist es vielleicht auch zu blöd geworden. Ich weiß nicht, ob man da von Egoismus sprechen kann, aber jeder macht eben sein Ding und denkt sich seinen Teil dazu. Ich weiß nicht, ob es eine breite Masse gibt, die für die Mehrheit etwas ändern will. Die meisten sind wahrscheinlich faul und arrangieren sich.
Seid ihr glücklich und zufrieden mit der Welt, in der ihr lebt?
Beide: Ja.

Gibt es also keinen Grund für Rebellion?
Clara: Momentan für mich nicht. Ich habe noch nicht bewusst rebelliert, sondern meine Meinung meistens eher für mich behalten. Ich weiß nicht, ob das eine Rebellion war, aber ich war im G8-Jahrgang und habe gemerkt, dass ich das nicht schaffe. Ich stieg dann aus, bin aber nicht zu den Demonstrationen gegangen, um eine Schulreform zu fordern.

Was müsste geschehen, um eine Revolution loszutreten?
Natalie: Sachen, die mich aufregen, müssten sich verstärken. Ein Beispiel: Ich fahre immer mit der Bahn zur Schule und die kommt grundsätzlich zu spät. Wenn sich das noch mehr verschlechtern würde, dann würde ich auch mit auf die Straße gehen.
Clara: Ich bräuchte enorme Empörung. Ich wäre auf jeden Fall bei einer Revolution dabei, wenn es um Menschenrechtsverletzungen gehen würde. Oder wenn Menschen erniedrigt werden. Damit komme ich gar nicht klar.

Was erwartet ihr von der Heilbronner Inszenierung »Dantons Tod«?
Clara: Ich fände es schön, wenn viel Wert auf die Sprache gelegt wird und der Text gut gekürzt ist. Schön wäre es, wenn man den Grundkern des Werkes rausarbeitet.
Natalie: Das Bühnenbild muss auch passen. Man muss sehen, wo man sich befindet, an welchem Ort, in welcher Zeit. Ich freue mich drauf.

Das Gespräch führte Antjé Femfert (Theaterpädagogik).

NATALIE SPRINGER UND CLARA KUHN FREUEN SICH AUF »DANTONS TOD«, AUCH WENN REVOLUTION FÜR SIE SELBST KEIN THEMA IST.
Foto: Antjé Femfert

Gedächtnis und guter Geist jeder Inszenierung

Wohl jeder Mitarbeiter des Theaters wurde in seinem Berufsleben schon einmal gefragt: »Und was machen Sie vormittags?« Viele Menschen haben im Kopf, dass an den Abenden die Vorstellungen im Theater laufen, und können sich nicht vorstellen, dass Mitarbeiter dort fast rund um die Uhr und natürlich auch vormittags arbeiten. Zum Beispiel DIE REGIEASSISTENTINNEN

Sie verbeugen sich nie, wenn ein Stück Premiere feiert. Für die Zuschauer ist ihr unermüdliches Wirbeln unsichtbar. Die Mitarbeiter des Theaters hingegen wissen, was sie leisten, die guten Geister jeder Inszenierung, die alle Fäden in den Händen halten: die Regieassistentinnen. Am Theater Heilbronn sind das seit zwei Jahren Julika van den Busch und Katrin Minkley. Dritte im Bunde ist seit dieser Spielzeit Sarah Holtkamp. Alle drei haben das Ziel, einmal selbst Regisseurinnen zu sein. Ein gängiger Weg dahin ist der über die Assistenz. Eine klassische Ausbildung zum Regieassistenten gibt es nicht. Julika van den Busch aus Bremen hat nach dem Abitur zwei Jahre lang Hospitanzen an verschiedenen Theatern Deutschlands absolviert. Nach dem Studium der Theaterwissenschaft und Philosophie in Bochum kam sie direkt ans Heilbronner Theater. In Bochum hätte sie eigentlich ihre Kollegin Katrin Minkley treffen können, die zur gleichen Zeit wie sie dort studierte, allerdings Germanistik und Komparatistik. Nach ihrem Masterabschluss hat die gebürtige Krefelderin in Kassel und Bad Vilbel hospitiert und kam dann nach Heilbronn. Sarah Holtkamp aus Mülheim an der Ruhr hat nach dem Abitur ein freiwilliges Jahr im Theater Oberhausen geleistet, dann in München Theaterwissenschaft, Germanistik und Soziologie studiert, das Studium für zwei Jahre unterbrochen, um am Theater Ulm zu arbeiten. Vor kurzem hat sie ihr Studium beendet und arbeitet nun in Heilbronn. Neben ihrer Arbeit als Regieassistentin schreibt sie derzeit an ihrer Doktorarbeit.

Regieassistenten sind die engsten Mitarbeiter des Regisseurs, weichen ihm während der Proben nicht von der Seite. Gleichzeitig sind sie die Schnittstelle zwischen Inszenierungsteam, Schauspielern und den Abteilungen und Werkstätten im Theater. Der Arbeitstag beginnt für die Drei morgens früh um 9 Uhr mit der Vorbereitung der Probe. Sie schließen die Probebühne auf, bringen die benötigten Requisiten und Kostüme mit und sorgen dafür, dass die Kulissen in Position sind. Pünktlich um 10 Uhr beginnt die Probe. Die Regieassistentinnen sitzen dann neben der Regie, ausgerüstet mit ihren wichtigsten Arbeitsgeräten: Bleistift und Radiergummi. Denn während der Einstudierung der Szenen führen sie akribisch das Regiebuch, in dem alle für eine Inszenierung bedeutsamen Dinge notiert werden: Positionen der Schauspieler, Stichworte, Gänge, Auftritte, Abgänge, Lichtzeichen, Toneinsätze, Textänderungen. Julika, Katrin und Sarah haben dafür jede Zeile des Textbuches durchnummeriert. So wissen sie: Bei Zeile 23 auf Seite 8 betritt Schauspieler X die Bühne von links. Das Regiebuch erfordert größte Sorgfalt, denn es ist das Gedächtnis für die Endproben, die Vorstellungen und Wiederaufnahmen.
Mit dem Probenende gegen 14 Uhr ist für die Regieassistentinnen noch lange keine Pause. Sie organisieren für den nächsten Tag, welche Szene wann mit welchen Schauspielern geprobt wird. Anschließend drehen sie ihre Runden durch die Abteilungen und Werkstätten und besprechen alles Nötige. Hinterher bringen sie das Textbuch auf den neuesten Stand, schreiben Requisitenlisten oder Szenarios für die Abteilungen Maske und Kostüm, damit diese wissen, wo sie hinter der Bühne die Schauspieler für schnelle Umzüge erwarten müssen.

Inzwischen ist es 16 Uhr geworden und die Regieassistentinnen können vielleicht kurz durchatmen. Aber spätestens ab 18 Uhr geht der Arbeitstag für sie weiter – als Abendspielleiterinnen. Mit der Premiere gibt die Regie die Verantwortung für das Stück ab in die Hände der Assistentinnen. Diese achten darauf, dass die Vorstellungen Abend für Abend gut laufen.  In jeder zweiten oder dritten Vorstellung sitzen sie im Zuschauerraum und schauen nach, ob alles, was mit den Schauspielern erarbeitet wurde, noch stimmt. Hinterher geben sie Rückmeldung, worauf stärker geachtet werden muss.  Wurde ein Stück längere Zeit nicht gespielt, leiten sie die Wiederaufnahmeproben. Wenn ein Schauspieler erkrankt und ein anderer einspringt, studieren sie mit dem Neuen die Rolle ein und begleiten dessen erste Vorstellungen von der Seitenbühne.

»Da lernt man Verantwortung zu tragen, mit Schauspielern zu arbeiten und sich Respekt zu verschaffen, was man später als Regisseur unbedingt braucht«, sagen die Drei. Jede von ihnen betreut zehn Stücke im Jahr während aller Proben und Vorstellungen. Wenn es die Zeit erlaubt, bekommen sie Verantwortung für eigene künstlerische Arbeiten. Katrin Minkley hat die Krimitour durch die Katakomben des Theaters kreiert, Julika van den Busch wird die Weihnachtsmatinee mit Schauspielern vorbereiten, Sarah Holtkamp erarbeitet mit Jugendlichen eine Inszenierung. »Momentan  lernen wir vor allem dadurch, dass wir den Regisseuren bei der Arbeit zugucken dürfen, uns mit ihrer Arbeitsweise auseinandersetzen oder in ihre Entscheidungsprozesse einbezogen werden«, sagen sie. Dass alle Drei in dem, was sie momentan tun, richtig gut sind, beweist die Wertschätzung, die sie bei ihren Kollegen genießen. Wenn beispielsweise die Schauspieler Sabine Unger und Stefan Eichberg einen Preis zu vergeben hätten, dann ginge der an die Regieassistentinnen.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

JULIKA VAN DEN BUSCH, KATRIN MINKLEY UND SARAH HOLTKAMP SIND ALS REGIEASSISTENTINNEN GEDÄCHTNIS UND GUTER GEIST JEDER INSZENIERUNG.
Foto: Fotostudio M42

Blogparade

Hier kommt unser Beitrag zur Theatercamp Blogparade „Eure “Schlüsselerlebnisse” mit dem Social Web“

Theaterjugend nahm ehemaligen Drogeriemarkt in Besitz –
Aufruf zur Namenssuche und Eröffnungsparty über Facebook

Dort, wo früher vor einiger Zeit noch Zahnpasta und Seife verkauft wurden, im ehemaligen Drogerie-Markt im Einkaufszentrum Wollhaus, wird jetzt Theater gespielt. Hier befindet sich seit einem Jahr die TheaterWerkStatt, quasi das Jugendzentrum des Heilbronner Theaters. Die Theaterpädagogik zog mit der Clubszene, das sind die verschiedenen Jugendclubs des Theaters,  und all ihren Veranstaltungen in die 600 Quadratmeter großen Räume, die viel Platz und Dank der coolen Einrichtung so etwas wie eine Clubatmosphäre bieten.

Die Stadt Heilbronn hat dem Theater die Räumlichkeiten mietfrei zur Verfügung gestellt. Als wir vom Theater die frohe Nachricht erfahren haben, riefen wir unsere User per Facebook auf, einen Namen für das neue „Jugendzentrum“ zu finden, denn eins war klar „Jugendzentrum“ sollte das Ding auf keinen Fall heißen. Viele haben sich beteiligt und diskutiert: Die Wahl fiel auf TheaterWerkStatt, um das Dynamische, Unfertige, Sich-Ausprobieren-Dürfen zu betonen.

Eröffnen wollten wir das Ganze mit einem Flashmob, zu dem wir auch über Social Media aufriefen. Die Resonanz war großartig. Ganz viele kamen und haben zusammen die Eröffnung der TheaterWerkStatt mit Theatersport und Live-Musik gefeiert. So mancher Flashmobber ist dem Theater inzwischen treu geblieben und spielt in einem der Jugendclubs oder als Statist auf der Bühne.

Auf diese Weise haben wir mitbekommen, wie schnell man über Social Media die Menschen, auch solche, die zunächst mit Theater gar nichts am Hut haben, mobilisieren kann. Deshalb sind wir Fans der Kommunikation mit unseren Zuschauern auf allen Kanälen, die das Social Web zu bieten hat.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

 

Sagt uns, was euch interessiert!

Theater Heilbronn auf dem Theatercamp in Hamburg vertreten

Im  Thalia Theater Hamburg findet am 11. November das erste Theatercamp statt. Dort treffen Theatermacher mit  Social Media Experten zusammen, um zu diskutieren, wie Theater Social Media nutzen können. Marketing- und Social Media-Verantwortliche Katrin Schröder wird ebenfalls in einer Session die Aktivitäten des Heilbronner Theaters vorstellen.
Für die Vorbereitung dieser Session würden wir uns über das Feedback unserer Theaterfans und Social Media Interessierten freuen! Sagt uns, was Euch an unseren Social Media Aufritten gefällt oder was Ihr gar nicht mögt?! Was für Themenfelder interessieren Euch? Wir sind immer noch dabei Formate zu entwickeln, die unsere inhaltlichen und künstlerischen Arbeitsergebnisse spannend übers Internet verbreiten.

Spannende Web Projekte gibt es bereits von einigen Theatern. Das Maxim Gorki Theater wird beispielsweise etwas zur Aktion Effi Briest 2.0  erzählen. Christian Holst von der Oper Zürich wird in seiner Session das Projekt “Der twitternde Holländer” – Social Media Pilotprojekt des Opernhaus Zürich vorstellen.

Wir stehen als Theater vor der großen Herausforderung des Zeitmanagements, der Ressourceneinteilung und Ideenfindung. „Wo lauern Inhalte, Mitarbeiter und sonstige Ressourcen, die zu Social Media beitragen könnten, die aber noch nicht gefunden und/oder aktiviert sind? Worauf kann ggf. verzichtet werden um an anderer Stelle voranzukommen? Welche Aktivitäten können punktuell oder dauerhaft outgesourct werden?“ Diese berechtigten Fragen stellt auch Sascha Kölzow, Dramaturg am Schauspielhaus Bochum, in seinem Vorschlag zu der Diskussionsrunde „Raus aus dem Nebenher: Strategisch kommunizieren mit begrenzten Ressourcen“ auf dem theatercamp. Wir freuen uns bereits auf den Austausch!

Aber wir würden uns gerne schon im Vorfeld des theatercamps über die Social Media Arbeit am Theater austauschen. Diskussionsgrundlage kann auch gerne das Interview sein, welches im Februar 2012 Karin Janner mit uns geführt hat.

Bis zum 11.11. läuft übrigens noch die Blogparade „Eure Schlüsselerlebnisse mit dem Social Web“ vom theatercamp. Alle bloggenden Theater / Opernhäuser als auch (Freizeit-) Kultur- und Socialmedia-Blogger sind aufgerufen mitzumachen! Also los! Haut in die Tasten!

Wir freuen uns auf eure Meinungen und Ideen! Und sind gespannt auf das Theatercamp 2012!

Katrin Schröder, Marketing

 

Weitere interessante Blogbeiträge rund ums theatercamp finden sich übrigens hier:
Theatercamp – Social Media für die Bühne auf netzpiloten.de
Erstes Social Media Barcamp für Theater auf kulturmangement.net
Das Theatercamp in Hamburg: “Social Media und Theater” auf iliou melathron.
Sechs Fragen an Hagen Kohn zum Theatercamp in Hamburg auf Kultur 2.0
Ankündigung: Theatercamp am 11.11.12, Thalia Theater Hamburg auf Kulturmarketing Blog
Erstes deutsches Theatercamp am 11.11. in Hamburg auf VioWorld Blog


Puppen am Draht, Werkzeuge der Geschichte?

Wie Georg Büchner fragt Axel Vornam in seiner Inszenierung von »Dantons Tod« nach den Chancen und Konsequenzen revolutionären Handelns

Was ist das, was in uns lügt, hurt, stiehlt und mordet? lässt Georg Büchner seinen Georg Danton fragen. Genau diese Frage hat Büchner auch seiner Verlobten – oder sich selbst – in einem berühmten Brief von 1833 gestellt. Im Stück lässt er Danton weiter sprechen: »Puppen sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen; nichts, nichts wir selbst!«

»Dantons Tod« ist das erste literarische Werk von Georg Büchner. Mit 20 Jahren hat er zu schreiben begonnen, mit 23 Jahren ist er im Zürcher Exil gestorben. Die drei Theaterstücke und die eine Erzählung, die er in dieser kurzen Zeitspanne geschrieben hat, können es aber, was Reife und Modernität betrifft, mit dem Lebenswerk vieler anderer, späterer und älterer Autoren aufnehmen.
Beim Lesen, Hören und Sehen von »Dantons Tod« muss man sich immer vor Augen halten, dass dieses gewaltige, unbändige Geschichtsdrama von einem sehr jungen Mann geschrieben wurde. Und das in einer ganz konkreten, extrem belastenden Situation: Büchner, der sich von Kindheit an für die französische Revolution interessiert und während seiner Studienjahre in Straßburg 1831 bis 1833 die Folgen der bürgerlichen Julirevolution in Frankreich kennengelernt hatte, war aktiv an revolutionären Bestrebungen in seiner Heimat Hessen beteiligt gewesen. Zusammen mit dem Butzbacher Rektor Weidig und anderen Freunden hatte er 1834 die politische Agitationsschrift »Der hessische Landbote« (»Friede den Hütten! Krieg den Palästen!«) herausgegeben, gedruckt und unter das Volk gebracht. Im Oktober 1834 war das Unternehmen durch einen Verräter bereits gescheitert. Büchner musste damit rechnen, wie Weidig und andere Gefährten vorgeladen, verhaftet und eingekerkert zu werden. Bei seiner Familie in Darmstadt stand er unter väterlichem Hausarrest und wurde argwöhnisch von den Polizeikräften überwacht. Die Möglichkeit, politische und soziale Veränderungen herbeizuführen, war in weite Ferne gerückt, wenn nicht unmöglich geworden.
In dieser Situation schrieb der 21-Jährige das Drama der französischen Revolution. Und er schrieb bewusst nicht über ihren Beginn und Aufbruch, sondern über ihr Scheitern und ihr Ende. Georg Büchner zeigt den anderen Georg (Danton) und seine Mit-Revolutionäre an einem Punkt, an dem sie sich nicht mehr als Gestalter, sondern nur noch als Werkzeuge der Geschichte empfinden können: »Wir haben nicht die Revolution gemacht, sondern die Revolution hat uns gemacht«.

An diesem Punkt setzt auch Regisseur Axel Vornams Arbeit mit seinem 14-köpfigen Ensemble an: Er zeigt die Revolutionäre als junge Menschen, die – wie Büchner bei seiner Arbeit an »Dantons Tod« — vor der Frage stehen, ob der oder die Einzelne überhaupt noch die Chance hat, soziale und politische Veränderungen herbeizuführen. Was macht die Erfahrung des Scheiterns aus den Revolutionären, aus ihren Idealen und Ideologien? Endet der radikale gesellschaftliche Wandel notwendig im Schrecken? Frisst die Revolution ihre Kinder? Mit einem Blick auf Ausstatter Tom Muschs monumentales Bühnenbildmodell, in dessen Zentrum ein Becken voller Schlick steht, bringt Vornam sein Konzept für die verzweifelnden Dantonisten auf eine Formel: »Wie fühlt es sich an, mit Tempo im Dreck stecken zu bleiben?«

Andreas Frane, Dramaturg

Georg Büchner


Dantons Tod

Drama von Georg Büchner
Premiere am 17. November 2012, 19.30 Uhr, im Grossen Haus

Wünsche werden wahr

»Aladin und die Wunderlampe« als orientalisches Weihnachtsmärchen

Wenn ich mir was wünschen dürfte … Anfang Dezember 2010 rief die Abteilung für Marketing und Internationales Management der Alpen-Adria-Universität Eltern dazu auf, Kopien der Wunschzettel ihrer Kinder zu schicken. 250 Briefe gingen daraufhin bei den Wissenschaftlern ein. Die fünf- bis zwölfjährigen Verfasser äußerten im Schnitt 4,25 Wünsche. Für gut die Hälfte der Briefe konnten die Wissenschaftler den monetären Wert der erwünschten Objekte ermitteln: Er lag bei durchschnittlich 210 Euro. Ein Handy, eine Playstation, aber auch ein Fahrrad und Lego standen auf den Wunschzetteln der Kinder ganz weit vorn. Aladin, der Held unseres diesjährigen Weihnachtsmärchens, hat auch viele Wünsche. Allerdings sind die mit Geld nicht so einfach zu erfüllen. Der Sohn eines Schneiders möchte viel lieber ein Zauberer werden, als in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Seine Mutter Damla sieht diese Tagträumereien gar nicht gern und ist froh, als ein Mann, der vorgibt Aladins Onkel Mustafa zu sein, den Jungen mit in die Stadt nimmt, um aus ihm einen Kaufmann zu machen. Schnell kommt heraus, was der angebliche Onkel wirklich im Schilde führt. Er benutzt Aladin, um an eine geheimnisvolle Lampe zu gelangen. Doch Aladin hat das falsche Spiel durchschaut und sitzt plötzlich in einer Höhle voller Gold fest. Nur mit Hilfe des frechen Geists Elisa kann er entkommen. Nicht nur, dass Aladin jetzt ein reicher Mann ist, durch Zufall entdeckt er das Geheimnis der Lampe. In ihr wohnt der mächtige, freundliche und sehr sensible Geist Dschinn, der Aladin jeden Wunsch erfüllen kann. Sogar in Sachen Liebe kann er dem Jungen auf die Sprünge helfen. Aladin hat sich nämlich unsterblich in die schöne Prinzessin Esra verliebt. Doch deren Vater, der raffgierige Sultan Timur, stellt Aladin eine schwere Aufgabe nach der anderen, die der »Möchtegern-Schwiegersohn« erfüllen muss. Natürlich ist Kriege gewinnen und einen großen Palast bauen  für Dschinn kein Problem. Schwieriger wird es, wenn es darum geht, Prinzessin Esra aus der Hand des bösen Zauberers Mustafa zu befreien. Trickreich hat dieser die Wunderlampe samt Dschinn wieder in seinen Besitz gebracht und Esra nach Mauretanien entführt. Jetzt kann bloß noch Elisa helfen. Doch das geht nur, wenn Aladin dem Geist die Freiheit schenkt und dieser somit dem Jungen keine Wünsche mehr erfüllen muss, außer, er bleibt freiwillig bei Aladin. Die Zeit läuft und Aladin muss eine Entscheidung treffen …

Regisseurin Uta Koschel, die am Theater Heilbronn bereits Sarah Kanes »4.48 Psychose« in den Kammerspielen, die Operette »Der Vetter aus Dingsda« im Komödienhaus und 2010/11 »Bezahlt wird nicht!« von Dario Fo auf die Bühne brachte, und Bühnenbildner Tom Musch (u. a. »Der Process«, »Ein Sommernachtstraum«, »Das Ballhaus«) zaubern im wahrsten Sinne des Wortes eine Bilderbuchwelt auf die Bühne des Großen Hauses. Dank eines technischen Tricks, der schon im Barocktheater angewendet wurde, können die großen und kleinen Zuschauer eine orientalische Stadt, eine Höhle mit goldenen Schätzen und den Palast des Sultans wie in einem Bilderbuch blätternd erleben.
»Aladin und die Wunderlampe« ist das bekannteste Märchen aus der Geschichtensammlung »Tausendundeine Nacht« und ein Paradebeispiel für seit Jahrhunderten gelebte Interkultur. Hervorgehend aus indischer, persischer, arabischer und europäischer Erzähltradition ist Aladins Suchen und Finden des eigenen Glücks, der großen Liebe und der wahren Freundschaft eine menschliche Grunderfahrung, die mit Witz, Poesie und Spannung auf der Bühne lebendig wird.

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Probenfoto „Aladin und die Wunderlampe“


Aladin und die Wunderlampe

Märchen von Frank Pinkus nach der Erzählung aus »Tausendundeine Nacht«
Premiere am 04. November 2012., 15.00 Uhr, im Großen Haus

Regie: Uta Koschel
Bühnenbild: Tom Musch
Kostüme: Esther Kemter
Musik: Sven Springer
Dramaturgie: Stefanie Symmank
Mit: Frank Lienert-Mondanelli, Guido Schikore, Anke Stoppa, Sabine Unger, Tobias D. Weber

Familienvorstellungen
So. 04.11.2012, 15:00 Uhr
So. 18.11.2012, 15:00 Uhr
Sa. 08.12.2012, 15:00 Uhr
So. 16.12.2012, 15:00 Uhr
Mi. 26.12.2012, 11:00 Uhr
So. 06.01.2013, 15:00 Uhr

Gewinnspiel!

Wir verlosen 2×2 Karten für die Wiederaufnahme „Die Präsidentinnen“ am 27.10.12 um 20 Uhr in den Kammerspielen.
Beantwortet uns einfach folgende Frage bis Mittwoch, 12 Uhr auf einen unserer Social Media Kanäle:

Wie heißen die drei „Präsidentinnen“ in dem gleichnamigen Stück von Werner Schwab?

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Aufgrund der großen Nachfrage wieder auf dem Thron
Das Leben könnte so schön sein! Doch vor das Vergnügen hat Gott den Schweiß gesetzt, und für alle drei Frauen dieser bitterbösen Gesellschaftssatire war das Leben bisher kein Zuckerschlecken. »Präsidentin« Erna beispielsweise thront am hauseigenen Küchentisch und kommt aus dem Bewältigen der Hermannsorgen gar nicht mehr heraus. Grete, zweite »Präsidentin«, einmal geschieden, einmal Witwe, hat dagegen gar keinen Kontakt mehr zu Tochter Hannelore, die sich weit weg nach Australien abgesetzt hat. Für die Dritte im Bunde, die fromme Mariedl, dreht sich alles um den Beruf. Beim Reinigen der Toiletten geht sie förmlich auf und ist stolz, dass sie »es« auch ohne Gummihandschuhe macht und so ein gutes Werk für Jesus Christus tut. Doch wo bleibt die Anerkennung?


Foto: Fotostudio M42

Rechtliche Hinweise
Die Karten werden unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verlost, die bis zum  Mittwoch, den 22.10.2012, um 12 Uhr die richtige Lösung auf dem Theaterblog, facebook, googleplus oder twitter geschrieben haben. Die Karten werden noch am selben Tag unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verlost. Die Gewinner(innen) werden per E-Mail benachrichtigt. Die Preise dürfen nicht getauscht oder verkauft werden, insbesondere findet keine Barauszahlung statt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Unsere Neuen: Jörg Schulze

Es gibt Lehrer, die prägen ihre Schüler fürs Leben. Bei Jörg Schulze war es der Lehrer für Darstellendes Spiel am Gymnasium in Berlin. Er inszenierte mit den Jugendlichen die »Dreigroschenoper« von Brecht. Jörg Schulze, der seine berufliche Zukunft eher als Ingenieur für Umwelttechnik sah, durfte damals den Mackie Messer spielen. Sogar in der Abiturphase, als die meisten Mitschüler nur noch über Büchern saßen, diskutierten die Theaterschüler nächtelang. »Wir haben alle für dieses Projekt gebrannt. Das hat mein Leben verändert.« Wie man die Schauspielerei zum Beruf macht, wusste er deshalb noch lange nicht. In seiner Familie, in der mehrere Mitglieder bei den Berliner Verkehrsbetrieben beschäftigt sind, konnte ihm keiner raten. Neben Bewerbungen für andere Studiengänge hat er dann einfach auch an Schauspielschulen vorgesprochen und erhielt eine Zulassung für Frankfurt/Main. Hier absolvierte er die ersten zwei Jahre und wechselte dann an die Hochschule für Musik und Theater in Rostock. Nach dem Studium wurde er vom Fleck weg an das Volkstheater Rostock engagiert. Nach zwei Spielzeiten zieht es ihn weiter: Er möchte sich als Schauspieler entwickeln – von Heilbronn ist bekannt, dass man hier viel spielen darf, dass man in sehr unterschiedlichen Rollen auf der Bühne steht. »Außerdem wollte ich in eine Stadt, in der die Menschen ihr Theater lieben«, gesteht er. Schon während seines Studiums, das er mit der Diplomarbeit zum Thema »Vom gesellschaftlichen Wert des Theaters« abschloss, trieb ihn um, was das Theater den Menschen bedeuten könnte.

Neben der Schauspielerei machte Jörg Schulze mit eigenen Projekten auf sich aufmerksam. Zum Beispiel mit Kurzfilmen, von denen einer den Deutschen Jugendvideopreis bekam, oder auch mit eigenen Stückentwicklungen. Außerdem hat er in Rostock einen Jugendtheaterclub geleitet, der ein Stück zum Thema Tod erarbeitet hat. Auch in Heilbronn wird Jörg Schulze einen Jugendclub übernehmen, worauf er sich schon freut.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Jörg Schulze
Foto: Fotostudio M42

Unsere Neuen: Luise Schubert

Luise Schubert ist quasi im Theater groß geworden. Ihre Mutter ist Inspizientin an der Oper Chemnitz und hat ihre Tochter schon als kleines Mädchen mitgenommen. Bereits als Kind stand Luise selbst als Statistin und im Kinderchor auf der Bühne. Sie genoss eine klassische Gesangsausbildung und bekam dank ihrer schönen Stimme große Partien in den sogenannten »Pocketoperas«, die das Theater Chemnitz speziell für Jugendliche im Programm hatte. Unter anderem sang Luise die Agathe im »Freischütz« und die Gräfin in »Figaros Hochzeit«. Eine Karriere als Opernsängerin schien vorgezeichnet, bis Luise im Jugendclub des Theaters das Schauspiel für sich entdeckte. Jährlich brachten sie und ihre Mitstreiter eine Premiere auf die Bühne. Das Theaterspielen wurde wichtiger als alles andere. Weil ihre Freunde an Schauspielschulen vorsprechen gingen, versuchte sie es auch mit 16 Jahren an der Hochschule in Leipzig. Dort bescheinigte man ihr großes Talent. Aber das Abitur in der Tasche zu haben, wäre nicht verkehrt. Also drückte Luise weiter die Schulbank, sprach nach der 11. Klasse noch einmal vor und bestand alle Prüfungen im ersten  Anlauf. Im Theater erlebte sie als Schülerin die Darsteller auf der Bühne, die jetzt in Heilbronn ihre Kollegen sind: »Tobias Weber, Nils Brück, Judith Raab, Sylvia Bretschneider waren zu der Zeit die Protagonisten auf der Bühne in Chemnitz, als ich anfing mich für Schauspiel zu interessieren. Natürlich konnten die sich nicht an mich erinnern, als ich hier auftauchte. Aber für mich ist das sehr vertraut.« Auch die Stadt Heilbronn mit dem Charme, den man erst auf den zweiten Blick erkennt, erinnert sie an ihre Heimatstadt Chemnitz – Heilbronn ist nur kleiner.

Nach zwei Jahren an der Schauspielschule Leipzig kehrte sie nach Chemnitz zurück, um im dortigen Schauspielstudio die ersten Bühnenerfahrungen zu sammeln. Auch ein Kurzfilm in eigener Regie ist dort entstanden. Seit dem 14. Lebensjahr singt sie in Bands, zuletzt in der Jazz-Formation »Pictophon«. Momentan treffen sich die Bandmitglieder durch unterschiedliche Berufe nur noch sporadisch. Dafür lernt Luise jetzt Kontrabass, ihr Lieblingsinstrument.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Unsere Neuen: Guido Schikore

Wenn es einen riesigen Umweg zum Beruf des Schauspielers gibt, dann ist ihn wohl Guido Schikore gegangen. 1985 in Wermelskichen geboren, hatte er nach dem Abitur gar keine Idee, was aus ihm werden könnte. Das Theater gab es in seinem Fokus überhaupt nicht. Er wollte Fernspäher bei der Bundeswehr werden – also ein Agent, der in feindlichem Terrain abgesetzt wird. Doch stattdessen wurde er den Fallschirmjägern zugeteilt. Nach einer knallharten Grundausbildung, einigen Gewaltmärschen und einer schweren Fußverletzung, beschloss er, sich als Kellner im Offiziersheim seines Bataillons zu bewerben. Als eines Tages für die Offiziere ein Kulturprogramm auf die Beine gestellt werden musste, erarbeitete Guido Schikore sich selbst ein Comedy-Programm. »Ich war kaum auf der Bühne, da hat der ganze Saal gelacht und sich nicht wieder eingekriegt.« Da hat er Blut geleckt. Bei einem  Rhetorikkurs sagte ihm die Lehrerin: »Jetzt bewerben Sie sich doch mal als Schauspieler.« Sie war ganz fassungslos, dass er nicht von selbst darauf gekommen war. In der Nähe der Kaserne lebte ein alter Mime, den Guido Schikore in der Bibliothek kennengelernt hatte. Der bereitete ihn auf die Vorsprechen vor. Den Zuschlag erhielt er von der Leipziger Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy«. »Vom ersten Tag meiner Schauspielausbildung an fühlte ich mich genau richtig.«

Nach zwei Jahren Theorie ging es ans Studio Chemnitz. Von seiner Kommilitonin Luise Schubert, die von Heilbronn eine Zusage hatte, erfuhr er, dass es auch eine Vakanz für einen jungen Mann gibt. Auf der Fahrt nach Heilbronn zum Vorsprechen unterhielt er sich mit einer älteren Dame im Zug, die ihm gut zuredete und die Daumen drückte: »Da lieben die Leute ihre Schauspieler«, gab sie ihm mit auf den Weg. Und nun will er spielen, spielen und nochmals spielen und sich nach allen Regeln der Kunst ausprobieren.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Guido Schikore
Foto: Fotostudio M42