Ab dieser Spielzeit zu dritt

Geballte Frauenpower in der Theaterpädagogik

Offene Türen rannte das Theater Heilbronn vor vier Jahren in den Schulen ein, als der Bereich Theaterpädagogik neu geschaffen wurde. Kinder- und Jugendarbeit wurde zu einem Schwerpunkt am Theater Heilbronn mit Inszenierungen, die unmittelbar die Lebens- und Erfahrungswelt Heranwachsender mit all ihrem Konfliktpotential berühren. Im Januar 2011 wurde dann ein neuer Meilenstein mit dem Kooperationsprogramm »Theater sehen – mehr verstehen« gesetzt, die theaterpädagogischen Aktivitäten des Heilbronner Theaters weiter verstärkt und auf eine breitere, solide Basis gestellt. Ziel ist, auch die kulturelle Bildung allen Schülern zu ermöglichen. Diese gehen mindestens einmal im Jahr ins Theater. Darüber hinaus kommen die Kooperationsschüler auf verschiedensten Wegen in den Genuss, die kreativen Künste vor und hinter den Kulissen intensiv kennenzulernen. Das macht sie nicht nur zu Zuschauern, die viel Spaß und Verständnis für das, was sie auf der Bühne sehen, entwickeln, sondern die anfangen, sich richtig für Theater zu begeistern. Die Kooperationsschulen nutzen das Theater mit all seinen Möglichkeiten als anderen Lernort. Die Heranwachsenden erlernen die Kunst des Zuschauens und bekommen Theatermittel in die Hand, die sie befähigen, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Ein ganz wesentlicher Aspekt der Kooperationen ist die auf Langfristigkeit ausgelegte Zusammenarbeit, die es ermöglicht, permanent aus den gemeinsamen Erfahrungen heraus, das theaterpädagogische Programm auf die spezifischen Interessenlagen der einzelnen Partnerschulen abzustimmen und weiter zu entwickeln.

19 Schulen schlossen sich im ersten Jahr der Kooperation an. Seit Januar 2012 hat Katrin Singer Unterstützung von Ramona Klumbach – damals noch als Praktikantin, die parallel ihr Studium in Erlangen beendete und jetzt als studierte Theaterpädagogin das Team verstärkt. Und im Juli kam als Dritte im Bunde die erfahrene Theaterpädagogin Antjé Femfert aus Hildesheim mit dazu, deren Stelle zunächst für drei Jahre vom Land Baden-Württemberg finanziert wird. Mit ihrer Unterstützung können neue Kooperationen, vor allem mit Schulen aus dem Landkreis, abgeschlossen werden.

Die Erfahrungen sind durchweg positiv. Nicht wenige Schüler und ihre Lehrer sind so vom Theatervirus infiziert, dass sie viel öfter als nur einmal im Jahr ins Theater gehen. Auffällig ist ein steigendes Interesse an Lehrerfortbildungen oder am Angebot als Theaterscout »Spionage« zu betreiben und andere Jugendliche für das Theater Heilbronn zu begeistern. Schön zu sehen ist es, wenn die Kinder und Jugendlichen zuerst relativ lustlos und mit dem Klischee »Theater ist langweilig« kommen und dann nach dem Besuch eines Jugendstücks und eines Workshops, in dem sie selbst spielen, sichtbar begeistert sind.

Neu werden ab dieser Spielzeit regelmäßige Lehrerstammtische (an jedem ersten Montag im Monat) und Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer sein. Auch das Repertoire an Workshops wird erweitert, um noch mehr Theaterhandwerk wie den Umgang mit Stimme oder  Körper zu vermitteln. Außerdem gibt es zum ersten Mal die »***Themen-Abi-Tour«. In der letzten Januarwoche zeigt das Theater drei Inszenierungen zu den Pflichtlektüren, die für das Deutschabitur relevant sind: »Der Process«, »Michael Kohlhaas« und »Dantons Tod«. Außerdem finden Intensiv-Workshops zu den Inszenierungen, Publikumsgespräche, Stückeinführungen und Vorträge über die Autoren Franz Kafka, Heinrich von Kleist und Georg Büchner statt.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

 

Unsere drei in der Theaterpädagogik: v.l.n.r. Katrin Singer, Ramona Klumbach, Antjé Femfert
Foto: Katrin Schröder


Ein „himmlischer“ Sound

Vor der Theaterpause waren es noch Trockenübungen, jetzt springt der Heilbronner Heinrich-Schütz-Chor ins kalte Wasser: Insgesamt 90 Sängerinnen und Sänger des renommierten Oratorien-Chors machen mit bei unserer Eröffnungspremiere im Großen Haus. Damit es zum Finale von „Wie im Himmel“ wirklich himmlisch klingt, sind 30 von ihnen mit auf der Bühne und verstärken unser Schauspielensemble. Dramaturg Andreas Frane und Chormitglied Friedrich Steinle haben mit ihren Kameras Impressionen von einer der Bühnenproben eingefangen: Vom Einsingen im Zuschauerraum mit Chorleiter Michael Böttcher bis zur Stellprobe im blauen Licht einer nordischen Winterlandschaft. „Hat es denn Spaß gemacht?“ fragt Regisseur Alejandro Quintana am Ende der Probe. Der Chor antwortet einstimmig: „Und wie!“

Die Musik begleitet unser ganzes Leben

Dramaturg Andreas Frane im Gespräch mit Michael Böttcher, dem Leiter des Heilbronner Heinrich-Schütz-Chors

Dass bei einem Stück über die belebende und befreiende Kraft des Chorgesangs ein echter Chor mitwirkt und seine authentischen Erfahrungen einbringt, ist der Offenheit und Begeisterung von Alejandro Quintana, dem Chefregisseur des Theaters Heilbronn, und Michael Böttcher, dem künstlerischen Leiter des Heilbronner Heinrich-Schütz-Chors, zu verdanken. Zum Finale jeder Vorstellung von »Wie im Himmel« werden 30 Mitglieder des Chors, der insgesamt aus ca. 90 Mitgliedern besteht, mit dem Schauspielensemble für »himmlischen« Gesang sorgen. Dramaturg Andreas Frane sprach mit Chorleiter Michael Böttcher.

Seit wann gibt es den Heinrich-Schütz-Chor und wie sind Sie dazu gekommen?
Den Heinrich-Schütz-Chor hat Professor Fritz Werner schon 1947 gegründet. Ich habe die Position des künstlerischen Leiters seit 1995 inne.

Aus welchen Menschen setzt sich der Chor zusammen?
Das sind Menschen aus ganz verschiedenen Berufen. Alle eint die große Freude am Singen und alle sind bereit, dafür viel zu investieren, sowohl ideell als auch materiell.

Hat der Chor auch eine Art eigenes Profil?
Der Schützchor singt vorwiegend geistliche Chormusik sowohl a cappella als auch oratorisch. Ab und zu begeben wir uns aber auch auf weltliche Wege – wie bei »Wie im Himmel«. (lacht)

Wenn wir schon bei »Wie im Himmel« sind: Spiegelt das Stück Ihre Erfahrungen beim gemeinsamen Singen wider?
Zu einem großen Teil JA!

Auch im Verhalten der Chormitglieder untereinander?
Ob sich wie im Stück wirklich Paare beim Singen gefunden haben, weiß ich nicht. Jedenfalls haben wir schon auf sehr vielen »Chormitgliederhochzeiten«, aber auch an Krankenbetten und bei Beerdigungen gesungen. Das Singen begleitet also wirklich unser ganzes Leben. Bemerkenswert ist der herzliche Umgang der Chormitglieder untereinander auch über Generationen hinweg.

Was sind Ihre Erwartungen an die Arbeit bei »Wie im Himmel«?
Mit dem Theater neue Erfahrungen machen, eine andere Welt kennenlernen …

Können Sie schon etwas über das Finale verraten, das Sie speziell für uns komponieren?
(grinst) Wenn beim Hören der Eindruck entsteht, dass es immer weitergeht und nicht aufhören kann und trotzdem immer etwas Neues dazukommt, dann habe ich mein Ziel erreicht.

Kilianspreis wird am 21. September vergeben

Eine gute Tradition ist die Verleihung des Kilianspreises durch den Theaterverein des Theaters Heilbronn als Würdigung für herausragende schauspielerische Leistungen. In diesem Jahr findet die Preisverleihung unmittelbar im Anschluss an die Premiere von »Wie im Himmel« am 21. September im Großen Haus statt. Künftig gibt es eine Veränderung in den Modalitäten der Preisvergabe. Waren es in den vergangenen Jahren mindestens immer vier  Preise für die besten Leistungen als Haupt- und Nebendarsteller weiblich und männlich, wird es ab dieser Spielzeit nur noch einen Preisträger geben. Hanne Jacobi, die Vorsitzende des Theatervereins, begründet dies mit der höheren Exklusivität des Preises. Dafür wird der Kilianspreis ab sofort jährlich statt wie bisher alle zwei Jahre vergeben.

Der Name des Gewinners oder der Gewinnerin bleibt natürlich bis zum Abend des 21. September geheim.

Kleines Buch auf großer Reise

Weite, abenteuerliche Wege haben sie zurückgelegt, die kleinen Vorschaubücher des Theaters Heilbronn, die unsere Zuschauer für die Aktion »Das Vorschaubuch auf Reisen« fotografiert haben. Sie waren auf Segelschiffen und Floßen unterwegs, waren direkt am Äquator und haben die Welt von Dänemark bis zu den Malediven, von Österreich bis Peking gesehen. Hier eine kleine Auswahl. Vielen Dank an alle, die mitgemacht haben!

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Maskenköpfe sind an ihrem Platz

In der gleichen Reihenfolge, wie sie auch schon seit 1912/13 am alten Jugendstiltheater in Heilbronn befestigt waren, schauen die sechs großen Maskenköpfe aus Heilbronner Sandstein jetzt vom Balkon des Theaters am Berliner Platz. Sie wurden seinerzeit vom Bildhauer Karl Gimmi nach dem Vorbild griechischer Theatermasken geschaffen und in den vergangenen Wochen vom Thalheimer Steinmetz Thomas Rücker restauriert. Mit einem Kran wurden die 500 Kilogramm schweren Köpfe hoch auf den Balkon des Theaters und auf ihre stählernen Sockel gehoben. Dank dieser filigran wirkenden Stahlträger verbinden sich die 100 Jahre alten Steinskulpturen auf wunderbare Weise mit der Architektur des Theaters. Die ersten Betrachter sind sich einig: Dass die Köpfe so gut wirken, hätten sie nicht erwartet.

Steinmetz Thomas Rücker hat die steinernen Zeitzeugen, die seit der Sprengung des Alten Theaters 1970 verborgen im Lapidarium der Stadt lagerten, sensibel restauriert ohne sie ihrer Patina und ihrer Würde zu berauben. Eine von ihm speziell entwickelte Lasur sorgt dafür, dass sie Wind und Wetter trotzen werden, ohne dass von dieser Schutzschicht etwas zu sehen ist. Damit die Köpfe auch im Dunkeln die Besucher des Theaters begrüßen können, werden sie abends angeleuchtet
Finanziert wurde die „Heimkehr der Köpfe“ vom Theaterverein, der zu einer Spendenaktion aufgerufen hatte. Damit soll nicht nur an die lange und gute Theatergeschichte in Heilbronn erinnert werden, sondern auch an das große Bürgerengagement der Menschen dieser Region für ihr Theater.  Alle drei Theaterbauten, die in Heilbronn errichtet wurden, 1844, 1913 und 1982, sind dank der Unterstützung der Bürger dieser Stadt möglich geworden.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

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Theaterverein und Schauspielensemble besuchten die Burgruine Weibertreu

Theaterverein und Schauspielensemble besuchten die Burgruine  Weibertreu

Bevor das Theater Heilbronn in die Saison startet, lädt der Theaterverein alljährlich das Schauspielensemble zu einer Kultur- und- Gourmet-Wanderung ein, um den zumeist von weither Zugezogenen die Schönheiten ihrer neuen Heimat nahe zu bringen. Schwäbische Kultur(Geschichte), Schwäbisches Essen und Schwäbischer Wein – das sind die drei Konstanten, die diese gemeinsamen Wanderungen ausmachen. Das Ausflugsziel war diesmal die Burgruine Weibertreu in Weinsberg. Dort empfing die über 50 Wanderfreunde von Theaterverein und Theater der Herr von Weinsberg Engelhard III. (1215-1252) und begrüßte die Gäste auf mittelhochdeutsch. Der Geschichtsexperte und Spezialist für die Weinsberger Burg Herbert Blumberg war trotz der großer Hitze in ein Originalkostüm dieses Burgherrn  geschlüpft. Er begeisterte seine Zuhörer nicht nur mit allerhand Schnurren und Geschichten um die Burg Weinsberg – alle wollten unbedingt noch einmal die altbekannte Geschichte von den treuen Weibern hören. Er wusste auch detailliert zu beschreiben, wie das mittelalterliche Leben auf der Burg aussah und wie es den Burgbewohnern gelang, ihre Festung mit ein paar gut ausgebildeten Bogenschützen gegen Angriffe zu verteidigen. Dann ging es gemeinsam durch das malerische Weinsberg zum Gasthaus Hirsch, wo schwäbische Spezialitäten aufgetischt und Wein vom Staatsweingut ausgeschenkt wurden. Natürlich sind diese gemeinsamen Wanderungen immer ein schöner Anlass, dass die Akteure auf der Bühne mit ihrem ganz besonders treuen Publikum vom Verein ins Gespräch kommen. Und wieder einmal sind sich die Theaterleute dessen bewusst geworden, in welch schöner und kulturträchtiger Umgebung sie arbeiten.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Einmal jemand anders sein

Einmal jemand anders sein
In gemeinsamer Aktion von Heilbronner Stimme und Theater erhalten Laien Einblicke in das Schauspielhandwerk

Mut braucht es und Fantasie, wenn man dabei sein möchte. Das wurde den 12 Frauen und Männern, die sich aus über 70 Bewerbern für den Schauspielworkshop von Heilbronner Stimme und Theater qualifiziert hatten, bei ihrem ersten Trainings-Treffen mit den Theaterpädagoginnen Katrin Singer und Antjé Femfert ganz schnell klar. Denn es ist nicht so ganz ohne, wenn die Anweisung von Theaterpädagogin Antjé Femfert lautet: Spielt mal, ihr hättet einen Tick, der euch mitten im Alltag immer wieder heimsucht. Das kostet Überwindung, denn es ist den Akteuren schon klar, dass diese Aktion auf einen Beobachter wirken muss, als wäre er in ein Tollhaus geraten. Doch derartige Übungen gehören zum Grundkurs eines jeden Schauspielers. Ebenso Aufgaben wie sich durch den Raum zu bewegen, als wäre man 500 Kilogramm schwer, seiner eigenen Nase hinterherzulaufen, steif wie ein Stock zu staksen oder so elastisch mit den Gliedmaßen zu schleudern, als wäre man aus Gummi, seine Mitstreiter mit einem Zupfen am Ohrläppchen zu begrüßen oder sich von einem anderen mit geschlossenen Augen durch den Raum  führen zu lassen. Das macht locker, das entspannt. Man lernt seinen Körper kennen und auch die anderen Männer und Frauen, die in den nächsten drei Wochen zu einer (Schauspiel)-Gemeinschaft zusammenwachsen wollen. Zwischen 16 und fast 70 Jahre sind sie alt und alle verbindet die Leidenschaft für das Theater. Doch die Chance, selbst in einem Kurs die Grundregeln erlernen zu dürfen, die zum Schauspielhandwerk gehören, die hatten sie bisher noch nicht. Da kam ihnen der Aufruf  in der Heilbronner Stimme „Die Bühne ruft“ gerade recht. Über ein Bewerbungsverfahren und ein Casting haben sie sich qualifiziert und nun gehen sie selbst ihre ersten Schritte auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“. Am 2. Oktober haben sie um 17 Uhr in der TheaterWerkStatt im Wollhaus ihre Premiere mit einem selbst kreierten Stück, das aus Pressefotos in der Heilbronner Stimme entwickelt werden soll. Dabei kommt es nicht darauf an, die tatsächliche Geschichte hinter dem Foto zu  interpretieren, sondern das Bild als Inspiration für einen Ausflug in  fantastische Welten zu nehmen. Die ersten Versuche, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen, gab es gleich beim ersten Treffen. Es galt, immer in Zweiergruppen drei bereits ausgeschnittene Fotos auszuwählen und daraus eine Story zu konstruieren. Entstanden sind in nur 10 Minuten herzzerreißende oder aberwitzige Geschichten. So gab es ein Liebeshappyend nach 70 Jahren, oder einen Film über einen Orgelbauer aus der Region, bei dem Woody Allen Regie führen soll. Es gab Manager mit Burnout, das mit einfachsten Mitteln wieder geheilt werden konnte oder eine Fast-Familientragödie beim Wandern, weil eine junge Mutter durch die plötzlich abfahrende Bergbahn von ihrem Säugling fortgerissen wurde. Auch die glückliche Fügung im Leben einer Hochspringerin, die ihrem triezenden Trainer-Vater entkommen konnte, wurde zum besten gegeben. Und als die beiden Küken unter den Workshopteilnehmern, Laura und Luise, überzeugend vermittelten, wie ein Mann und eine Frau dank eines schlechten Elvis-Presley-Doubles zum Paar fürs Leben wurden, blieb kein Auge trocken. Am Freitag geht es weiter – diesmal mit Tanz und Rhythmus, denn auch das gehört zum Handwerkszeug eines jeden Schauspielers.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

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Köstlichkeiten mit Hand und Fuß

»Dänische Delikatessen« als Uraufführung im Komödienhaus
Premiere: 20. September, 20 Uhr, Komödienhaus

Das Theater Heilbronn startet mit viel Humor und Schmackes in die Spielzeit 2012/2013. In der Komödie »Dänische Delikatessen« des dänischen Drehbuchautors und Kultregisseurs Anders Thomas Jensen geht es wirklich deftig zur Sache. Svend und Bjarne, zwei so groteske wie liebenswerte Charaktere – der eine ewig schwitzend, der andere freudlos bis unter die Haarwurzeln –, eröffnen ihre eigene Schlachterei. Die Probierhäppchen stehen bereit, die Visitenkarten samt goldenem Schweinskopf sind gedruckt, die extra engagierte Kapelle spielt auf. Doch der große Andrang bleibt aus. Einzig Holger Holgersson, der ehemalige Chef der beiden, schaut vorbei und spart nicht an Hohn und Spott für seine einstigen »Spitzenmitarbeiter«. Als Tina auch noch droht, die geplante Hochzeit mit Svend platzen zu lassen, ist der Tag endgültig gelaufen. Bei so viel Pech in so kurzer Zeit kann es schon mal passieren, dass ein Elektriker im Kühlraum vergessen wird. Prompt haben Bjarne und Svend am nächsten Morgen nicht nur jede Menge Schulden am Hals, sondern auch noch eine ganz spezielle »Tiefkühlware«, die Svend in seiner Panik kurzerhand zu »Huhn in Marinade« verarbeitet. Der »besondere Geschmack« des Fleisches spricht sich in der kleinen Stadt schnell rum und plötzlich können sich die zwei Fleischer vor Kunden nicht mehr retten. Die Kasse klingelt und sogar das Fersnehen berichtet über den sensationellen Verkaufshit. Doch die »Ware« wird knapp. Nachschub muss her. Angebote kommen viele in die Fleischerei: Häuser-Hans zum Beispiel, der sein Geld für den Verkauf der Schlachterei schneller als vereinbart haben möchte, oder Tina, die sich herzlich wenig für den Erfolg ihres Noch-Verlobten interessiert. Der Verkauf der »dänischen Delikatessen« ist also vorerst gesichert. Als Svend jedoch Aigil, Bjarnes gerade aus dem Koma erwachten Bruder, und Astrid, Bjarnes Vielleicht-Freundin, in den Kühlraum sperrt, steht die Freundschaft der zwei Schlachter auf Messers Schneide. Die vom neidischen Holger Holgersson herbeigerufenen Lebensmittelkontrolleure sind das Zünglein an der (Fleisch-)Waage, unter dessen Schwere Svend zusammenbricht. Er will reinen Tisch machen und alles gestehen. Doch dann macht Bjarne eine delikate Entdeckung, die »Huhn in Marinade« in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Anders Thomas Jensen wurde unter anderem durch den Kinoerfolg »Adams Äpfel« (2005) bekannt. In seinen bereits 2003 entstandenen »Dänischen Delikatessen« zeichnet Jensen skurrile Figuren, die durch mehr oder weniger unglückliche Umstände in noch skurrilere Situationen verwickelt werden. Das Theater Heilbronn freut sich, die Rechte für die Uraufführung der Bühnenadaption des Films bekommen zu haben. Sie bildet den Auftakt zur neuen Spielzeit. Gerald Gluth-Goldmann, der bereits für das Stück »Agent im Spiel« die Regie übernahm, inszeniert die mit viel schwarzem Humor und köstlichem Spaß gespickte Geschichte zweier vom Leben gebeutelter Männer im Komödienhaus. Nehmen Sie Platz und genießen Sie diese würzige Komödie mit Biss!

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Darf’s ein bisschen mehr sein?
Foto: Fotostudio M42

Regie
Gerald Gluth-Goldmann
Ausstattung
Martin Fischer
Mit
Sylvia Bretschneider
Oliver Firit
Till Schmidt
Luise Schubert
Peter Volksdorf
Sebastian Weiss

Die Regenmacher

Die Regenmacher

Ein Liebespaar sitzt an einem Brunnen. Es schaut verträumt in den Himmel. Ihre Hand liegt liebevoll auf seinem Oberschenkel, er zieht sie dicht an sich heran. Romantisch plätschern Tropfen auf den gemeinsam geteilten Schirm, denn es regnet in Strömen.
Doch nicht immer, wenn Wasser von oben kommt, öffnet der Himmel seine Schleusen. Für das Fotoshooting zum Vorabbericht zu unserer Premiere „Eine Sommernacht“ am 22. September (unbedingt merken und anschauen!), den ihr ab Freitag, den 14. September in der neuen Theaterzeitung SZENE lesen könnt, machte uns Petrus nämlich einen Strich durch die Rechnung. Geplant waren ein paar verträumte Fotos im Regen, schließlich geht es im Stück um ein verregnetes Midsommerwochenende an dem zwei Menschen, die so gar nicht zueinandner passen (wollen), vielleicht  die größte Liebesgeschichte des 21. Jahrhunderts schreiben. Hätten wir in Edinburgh, wo Autor David Greig sein „Stück mit Musik“ verortet, geshootet, wie es neudeutsch heißt (danke, Heidi!), hätte es mit dem Regen sicher auch geklappt. Aber wir waren, sind und werden noch lange sein (!) in Heilbronn und tatsächlich standen unsere Chancen auf Regen auch hier nicht so schlecht. Es hatte den Tag zuvor und am Morgen des besagten Tages (für alle Wetterstatistikfans: es war der 3.7.2012) auch noch gleichförmig und damit fotogen genug geregnet. Doch dann das: Entgegen allen Wetterprognosen aus Radio, TV, dem Internet und Froschteich aus des Fotografen Garten: es klarte auf. Mehr noch. Die Sonne kam zum Vorschein! Es war wie ein doppelter Unterschenkelbruch im lang ersehnten Urlaub: Überhaupt nicht zu gebrauchen und trotzdem da. Aber die Menschen vom Theater sind schlau, schließlich ist täuschen und tricksen, oder besser: Illusionen schaffen, ihr Tagesgeschäft. Silke Zschäckel, Pressereferentin des Theaters, und Stefanie Symmank, Dramaturgin, übernahmen kurzerhand die Rolle der Regenmacher in dem (noch zu schreibenden) Stück „Wie trickse ich das Wetter aus?“ Einfach zwei Gieskannen mit Wasser fühlen (praktischerweise war der Brunnen vor dem Tore, äh, dem Theater), Regenschirm aufspannen, die zwei Schauspieler Judith Lilly Raab und Raik Singer in Position bringen und „Spagetti!“ Opfer wie nasse Füße und durchweichte Kleidung, besonders am Rücken und Gesäß wurden quasi wetterbedingt gern gebracht. Wir finden, es hat sich auch wirklich gelohnt. Sieht doch aus, wie echter Regen, oder?

Stefanie Symmank, Dramaturgin

 

Foto: Fotostudio M42