Sibylle Lewitscharoff zu Gast bei Wolfgang Niess (SWR)

Autor im Gespräch

Foto: Susanne Schleyer
Foto: Susanne Schleyer

Gast der nächsten Veranstaltung der beliebten Reihe »Autor im Gespräch« ist eine der stärksten Stimmen der Gegenwartsliteratur: Sibylle Lewitscharoff. SWR-Moderator Wolfgang Niess wird sie zu ihrem ersten Kriminalroman »Killmousky« befragen, der gerade erschienen ist und ein großes Lesevergnügen bietet, weil der Roman die gängigen Vorgaben des Genres nicht allzu ernst nimmt. Ein erstes Buch erschien 1994, aber ihre literarische Karriere begann vier Jahre später in Klagenfurt, wo sie mit einem Kapitel aus ihrer Erzählung »Pong« den Ingeborg Bachmann Preis gewann. Seither folgt ein Preis dem nächsten – mit deutlich zunehmender Tendenz. Für »Apostoloff« erhielt Sibylle Lewitscharoff 2009 den Preis der Leipziger Buchmesse. Auch ihr Roman »Blumenberg« wurde mehrfach ausgezeichnet. »Bestürzend gebildet« sei sie, war in »Literaturen« zu lesen, Deutschlandradio Kultur nannte sie »eine der besten Stilistinnen der deutschen Gegenwartsliteratur«. Aber wie immer wird es nicht nur um ihr schriftstellerisches Schaffen, sondern auch um den Menschen Sibylle Lewitscharoff gehen.

Autor im Gespräch

Donnerstag, 06. November 2014, 20 Uhr, BOXX

Kleider machen Leute – das rote Kleid der „Madame Bovary“

Juliane Götz als Madame Bovary, Foto: Thomas Braun
Juliane Götz als Madame Bovary, Foto: Thomas Braun

„Das sieht toll aus, darin siehst du aus wie eine kleine Pariserin“, sagt Rodolphe (Sebastian Weiss), als er seine spätere Geliebte, Emma Bovary (Juliane Götz) in ihrem roten Kleid sieht. Schon beim ersten Theaterfrühstück dieser Spielzeit ging ein Raunen durchs Publikum, als die Schneiderpuppe enthüllt wurde. Noch vor der Premiere von „Madame Bovary“ im Großen Haus hatte Bühnen- und Kostümbildner Tom Musch erlaubt, das rote Kleid der Madame Bovary mit seinem pechschwarzen „Unterteil“ den Zuschauern auf der Matinee zu zeigen.
Und da dieses Kostüm nicht nur unser Publikum zum Staunen bringt, sondern auch wir davon total begeistert sind, haben wir nochmal näher hingeschaut und bei der Leiterin unserer Schneiderei, Roswitha Egger, nachgehakt. „Die vielen schwarzen Tüll-Rüschen machen dieses Kleid und somit auch die Frau, die es trägt, zu etwas ganz Besonderem. Man könnte es als ‚Prinzessinnenkleid‘ bezeichnen, und das hat auch seinen Preis! An die 80 Stunden haben wir für daran gearbeitet, “ erklärt sie. Die Kostümabteilung des Theaters Heilbronn hat Gewaltiges geleistet.

Wie es so schön heißt: Kleider machen Leute. Also was will uns dieses ‚Prinzessinnenkleid‘, das seine wahre Raffinesse enthüllt, wenn Schauspielerin Juliane Götz darin über die Bühne schwingt, über Madame Bovary erzählen? Roswitha Egger versucht es so zu erklären: „Emma Bovary probt verschiedene Rollen, um ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Der kräftige schwarze Tüll versucht, ihre Träume eines luxuriösen Lebens zu vermitteln, und das dunkle, warme Rot die Leidenschaft, auf die sie bis zum Schluss hofft.“

Auf jeden Fall lässt das rote Kleid – wie auch andere Kostüme in der Inszenierung – viele Frauenherzen höher schlagen. Vielleicht auch Ihres: Nächste Vorstellungen am 17., 24. und 29. Oktober.

Silvester mit Gesang und Genuss

Foto: Thomas Braun
Foto: Thomas Braun

Erleben Sie den letzten Abend des Jahres 2014 mit einer fleischfressenden Pflanze oder einem Politiker auf Abwegen! Am 31. Dezember 2014 spielen wir für Sie »Der kleine Horrorladen« und die Komödie »Außer Kontrolle«. Beide Vorstellungen beginnen um 18 Uhr.
Im Anschluss an die Vorstellungen können Sie bei einem festlichen 3-Gänge-Menü in unserer Theatergastronomie »Gaumenspiel« weiterfeiern. Die Inszenierungen können auch ohne Gastronomie gebucht werden. Kartenverkauf unter 07131/563001 oder 563050

„Das Ding“ von Philipp Löhle wird am 16. Oktober wieder aufgenommen

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Ab dem 16. Oktober, 20 Uhr,  steht die Globalisierungskomödie  "Das 
Ding" von Philipp Löhle wieder auf dem Spielplan der BOXX.
Dieses Stück erzählt auf witzige und  philosophische Weise die 
Geschichte von einer Baumwollflocke, die zunächst als Baumwollfädchen 
und dann als Trikot um die Welt reist und dabei die unterschiedlichsten 
Menschen kennenlernt, deren Geschicke auf wundersame Weise miteinander 
verbunden sind: Angebaut vom Afrikaner Siwa, in China von einem 
aufstrebenden Jungunternehmen in einem Trikot verarbeitet, nach 
Deutschland geflogen und dort Patrick, dem talentierten 
Nachwuchsfußballer mit der Nummer 10 ausgehändigt. Der trägt es als 
Glückstrikot bis der Fußballtraum ein jähes Ende findet und Patrickdas 
T-Shirt seiner Schwester Katrin schenkt. Warum Katrin Eheprobleme mit 
ihrem Mann Thomas, dem Chef einer Reststoffverwertungsfirma, hat? Und 
was das alles mit der schnellen Internetverbindung des Chinesen Li und 
gleichzeitig mit der rumänischen Schweinezucht zu tun hat? Auch das sind 
Fäden dieses wunderbaren Geschichtengespinstes um Liebe, Eifersucht, 
Lebensträume und die Weltwirtschaft.

„Scherbenpark“ zur Eröffnung der BOXX am Freitag

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Foto: Lena Obst

‚Manchmal denke ich, ich bin die einzige in unserem Viertel, die noch vernünftige Träume hat. Ich habe zwei, und für keinen brauche ich mich zu schämen. Ich will Vadim töten. Und ich will ein Buch über meine Mutter schreiben.‘

Die 17-jährige Sascha wohnt in einer Hochhaussiedlung am Rande einer Großstadt auf. Scherbenpark heißt diese Siedlung, die von den meisten einfach nur ‚Russenghetto‘ genannt wird. Hier wohnen hauptsächlich russische Spätaussiedler, die häufig im Mikrokosmos ihrer Hochhäuser ein perspektivloses Leben am Rande der Gesellschaft fristen. Den meisten fehlen die Sprachkenntnisse, um in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen, und einige driften in die Kriminalität ab. Doch Sascha ist anders. Sie spricht fließend Deutsch, obwohl sie erst mit 12 Jahren aus Moskau nach Frankfurt gezogen ist, und sie ist klüger als die anderen. Und Sascha hat einen Traum: Sie möchte ein Buch über ihre Mutter schreiben und sie möchte einen gewissen Vadim töten. Nach und nach erfährt der Zuschauer, was mit der Mutter geschehen ist und wer dieser verhasste Vadim ist.

Mit ‚Scherbenpark‘ gelingt der jungen Autorin Alina Bronsky eine ausgezeichnete Milieustudie der Parallelgesellschaften in den Trabantenstädten unserer Metropolen. Der Roman wurde 2009 für den deutschen Jugendliteraturpreis sowie für den Aspekte-Literaturpreis nominiert.

Der Countdown läuft!

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Noch sind sie verschlossen, aber am Freitag öffnen sich die Türen zur BOXX

Nur noch wenige Tage bis zur Eröffnung der neuen Spielstätte des Theaters Heilbronn – die BOXX!

Nicht nur die Schauspieler proben für Ihren ersten Auftritt auf der neuen Bühne der BOXX, nein, das ganze Theater packt mit an.

Vom Malermeister bis zum Licht-Experten, vom Theaterpädagogen bis zur Maskenbildnerin – Schritt für Schritt kommen wir diesem großartigen Wochenende näher.
Am Freitag, den 10.11.2014 um 20:00 Uhr dürfen wir Euch mit Freude bekannt geben, dass wir das Junge Staatstheater Wiesbaden mit dem Gastspiel „Scherbenpark“ gewinnen konnten. Der Wiesbadener Kurier meint darüber: „Man darf es in aller Deutlichkeit sagen: Carolin Freund ist als „Sascha“ in der Bühnenadaption von Alina Bronskys Roman „Scherbenpark“, die als Produktion des Jungen Staatstheaters für Jugendliche ab 13 Jahren Premiere im Studio feierte, wahrhaft überragend. Innerhalb von 60 Minuten liefert sie eine beeindruckende Ein-Frau-Show ab, die für einen dicken Kloß im Hals, aber auch befreiende Lacher sorgt. Da gibt es hasserfüllte Tiraden gegen den Muttermörder, in der nächsten Sekunde wird liebevoll das Brüderchen (vertreten durch einen Teddy) gehätschelt, dann höhnisch eine Gleichaltrige durch den Kakao gezogen. Hochmütig ist sie, die Hochbegabte. Trotzig, zynisch, barsch. Und doch gelingt es Carolin Freund von Anfang an, immer wieder das verletzliche junge Mädchen, das durch eine grauenvolle Familientragödie seine Mama verloren hat, hinter dieser Maskerade hervorblitzen zu lassen. “
Im Anschluss lassen wir den ersten Abend mit leckeren Cocktails, chilliger Lounge-Musik und tollen Gesprächen ausklingen.

Weil wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, am zweiten Tag des Eröffnungswochenende, den Samstag 11.10.2014 um 15:00 Uhr, für euch den Premierenvorhang zu öffnen, dürft Ihr die Schauspieler Angelika Hart und Raik Singer im Stück „Die Kuh Rosmarie“ bewundern. Davor gibt es aber zuerst ein bunt-gemischtes Programm für Kinder und Jugendliche auf dem Berliner Platz mit Theaterrallye, Stelzentheater, Werther-Flashmob, Graffiti-Spray-Aktion und noch vielem mehr!
Um 19:00 Uhr gibt es eine Lesung der anderen Art, wie Ihr sie bestimmt noch nicht gesehen habt. Es geht um den literarischen Wert des Sprechgesangs, denn die wirklichen Fragen die uns doch beschäftigen sind: Funktioniert Thomas Ds „Liebesbrief“ als Gedicht? Und wie viel Flow hat Schillers „Bürgschaft“? Das klingt nicht nur nach Spaß, da ist auch ganz viel drin! Nach mehreren Gastspielen an anderen deutschen Theatern machen sich die drei Schauspieler auch in Heilbronn auf die Suche nach der Poesie im HipHop und dem HipHop in der Poesie. Die Lieblingslyrics aus der Plattenkiste werden auf die Bühne gebracht und dabei werden „Tracks“ zu Gedichten, Geschichten oder Sachtexten. Aber auch klassische Theatertexte zu Rap-Texten. Oder die Situation einfach zum Freestyle – „Hip Hopoesie“!
Ab 21:00 Uhr öffnet der Tanz-Floor mit der Juke/BOXX für euch. Das heißt für euch: Party mit einem exklusiven DJ-Battle aus ausgewählten DJs der Region. Also Let’s fetz und schwingt mal heftig das Tanzbein!

Am Sonntag, den 12.10.2014 beginnt um 15:00 Uhr unsere erste Clubszene für diese Spielzeit für alle, die in einem der Theaterclubs mitspielen wollen. Um 19:00 Uhr könnt ihr dann dem Theaterclub 5 „machtlos“ zuschauen, denn dieser zeigt „Alter Ego“. Was sich darunter verbirgt? Schaut doch selbst!

Wir erwarten euch in Scharen

 Jule Fuchs (Auszubildende)

Die Schlüsselfiguren im Dunkeln

inspizienten

Was machen Sie eigentlich vormittags?

Guten Abend, meine Damen und Herren. Das erste Zeichen. Es ist 19 Uhr. In einer halben Stunde beginnt die Vorstellung.« Die Stimme des Inspizienten ist in allen Räumen hinter der Bühne zu hören, sogar auf den Toiletten. Ab 19 Uhr hört alles auf sein Kommando. Die Zuschauer sehen diesen wichtigen Mitarbeiter des Theaters eigentlich nur, wenn er sich mit einem letzten Blick in den Saal überzeugt, dass das Publikum die Plätze eingenommen hat. Er lässt die Saaltüren schließen, verschwindet in eine dunkle Ecke neben der Bühne, tritt an sein Inspizientenpult, das mit Monitoren, Knöpfen und Lämpchen ausgestattet ist, und gibt das Zeichen für den Beginn der Vorstellung. Von nun an ist er die Schaltstelle zwischen Kunst und Technik, eigentlich das Gehirn des Abends, das sämtliche Abläufe hinter der Bühne koordiniert. Was sich hinter den Kulissen abspielt, kann man als Zuschauer nur erahnen. Neben den Schauspielern warten Techniker, Ankleider, Requisiteure, Maskenbildner und Spezialisten für Licht und Ton auf ihre Einsätze, die auf die Sekunde miteinander abgestimmt sind. Nichts läuft ohne Signal des Inspizienten. Er gibt die Cues für jeden Lichtwechsel, für die Toneinsätze, für die Auftritte der Schauspieler. Vom Inspizienten kommen die Anweisungen für Spezialeffekte und Umbauten, für den Einsatz der Requisiten, für schnelle Umzüge und am Ende dafür, wie oft sich die Schauspieler im Beifall verbeugen. Jedem, der einmal die Gelegenheit hat, einem Inspizienten über die Schulter zu gucken, nötigt diese Arbeit sehr viel Respekt ab. Konzentration von der ersten bis zur letzten Sekunde und Gelassenheit in Situationen, in denen in diesem hochtechnisierten, immer etwas künstlerisch-nervösen und fein getunten Apparat etwas nicht klappt, zeichnet sie aus.

Drei Kollegen arbeiten in diesem Beruf am Theater Heilbronn. Ihre Wege sind sehr unterschiedlich, denn eine feste Berufsausbildung gibt es für diese anspruchsvolle Tätigkeit nicht. Viele Kenntnisse über das Zusammenwirken aller Details, die für die Vorstellungsabläufe nötig sind, erwirbt man sich im Theateralltag. Seit Bestehen des Hauses am Berliner Platz ist Detlev Hahne dabei, der zuvor als Techniker am Theater der Altstadt in Stuttgart gearbeitet hat, dann als Regieassistent und Inspizient an die Komödie im Marquardt wechselte und mit dem Neubau des Theaters nach Heilbronn kam. Eine kurze Unterbrechung führte ihn 1984 nach Hannover, aber die Liebe brachte ihn schnell wieder zurück. Kim Dinah Burkhard hat Stage-Management in London studiert – eine vergleichbare Ausbildung gibt es in Deutschland nicht. Das Theater Heilbronn war ihre erste Station und sie ist es seit 1998. Dritter im Bunde der Inspizienten ist seit 2004 Lars Erik Bohling. Er hat Theaterwissenschaften studiert, bei den Salzburger Festspielen als Spielleiter gearbeitet, war an den Staatstheatern Darmstadt, Mainz und an der Oper Frankfurt als Regieassistent im Musiktheater beschäftigt, hat eigene Inszenierungen realisiert, einen europäischen Nachwuchs-Sängerwettbewerb organisiert, war bei Rundfunk und Fernsehen tätig und ist schließlich ans Theater Heilbronn gekommen.

Schon in den Proben sind die Inspizienten dabei. Jeder hat seine festen Stücke, doch im Notfall müssen sie sich auch gegenseitig vertreten können. Ihr Gedächtnis ist das Inspizientenbuch, das während der Proben entsteht, ständig weiterentwickelt wird und neben dem Text alle Anweisungen für Licht, Ton, Umbauten und die Auftritte enthält. Jeder der drei kann das Buch des anderen lesen und damit arbeiten. Die Stichworte sind extra markiert. Was aber passiert, wenn ein Schauspieler mal ein Stichwort auslässt oder ein Techniker auf das Einsatzsignal des Inspizienten nicht rechtzeitig reagiert? »Dann heißt es für uns ganz sensibel und aufmerksam das Geschehen auf der Bühne zu verfolgen und den Fehler sofort auszubügeln«, sagt Kim Dinah Burkhard. »Mit den Jahren entwickelt man ein Gefühl dafür, wenn sich eine schwierige Situation anbahnt und ist bereit für den schnellen Eingreifplan«, ergänzt Lars Erik Bohling. Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen in die Eigenheiten der Regisseure, der Schauspieler und aller anderen Kollegen gehören deshalb zu ihren wichtigsten Eigenschaften.

Was sie alle drei reizt, ist die große Verantwortung, die sie tragen, die Team-Arbeit und der Nervenkitzel des Live-Erlebnisses. Kein Abend ist wie der andere. Sie allerdings dürfen nie die Nerven verlieren, denn von ihrer präzisen Arbeit können sogar Menschenleben abhängen. »Die Bühne ist ein gefährlicher Ort«, sagt Detlev Hahne. Und Bühnenunfälle, die durch Fehlentscheidungen von Inspizienten verursacht wurden, hat es an anderen Theatern schon gegeben. Hier zum Glück noch nie. Als Nervennahrung für alle steht auf dem Inspizientenpult immer eine 1000-Gramm-Packung mit Gummibärchen. Das gehört zu den Ritualen, genau wie der Gang durchs Haus eine Stunde vor der Vorstellung, um nachzusehen, ob die Bühne richtig eingerichtet ist, die Requisiten und Kostüme bereitliegen und ob alle Techniker, Schauspieler und die Feuerwehr an Ort und Stelle sind. Über 500 Mal pro Spielzeit sind Detlev Hahne, Kim Dinah Burkhard und Lars Erik Bohling für das Gelingen der Vorstellung verantwortlich. Das was sie leisten, wissen alle im Theater zu schätzen. Das Publikum sieht diese wichtigen Schlüsselfiguren im Dunkeln nicht, denkt aber vielleicht beim nächsten Beifall auch an sie.

Silke Zschäckel

Hilfe! Menschenfressende Killerpflanzen im Theater Heilbronn!

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Am einundzwanzigsten Tag des Monats September in einem der frühen Jahre eines nun doch schon weit zurückliegenden Jahrzehnts sah sich die Menschheit unversehens einer tödlichen Bedrohung ihrer Existenz ausgesetzt!« Mit diesen unheilschwanger gesprochenen, apokalyptischen Worten beginnt das sicher amüsanteste Musical, das jemals über bluttrinkende, menschenfressende Killerpflanzen aus dem Weltall geschrieben wurden. Als Howard Ashman und Alan Menken sich 1982 – angeblich im »Jahr der Pflanze« – daran machten, für Ashmans kleines New Yorker Studio-Theater (mit nur 98 Plätzen) ein Stück nach einem billig heruntergedrehten Kultfilm aus den 60er Jahren zu schreiben, ahnten sie noch nicht, dass »Der kleine Horrorladen« sowohl ihre beiden Karrieren begründen, als auch zu einem der meist gespielten Musicals des ganzen 20. Jahrhunderts werden würde.
Schuld daran war natürlich die Pflanze: Diese merkwürdige Mischung aus einer Avocado und einer Venusfliegenfalle, deren geöffnete »Knospe« irgendwie an das aufgerissene Maul des Weißen Hais erinnert, macht das Musical jedenfalls zu etwas ganz Besonderem. Dem tölpeligen Blumenverkäufer Seymour Krelbourn schlägt sie einen (fast) faustischen Pakt vor. Für die tägliche Dosis Blut, die sie zum Wachsen braucht, biet et sie Ruhm und Reichtum – und natürlich das von ihm angebetete Mädchen. Es kommt, wie es kommen muss: Seymour lässt sich von den Versprechungen von Glück und Erfolg verführen – mit fatalen Konsequenzen für alle Beteiligten.
Schon lange vor Beginn der Proben steht die Pflanze, Audrey Two genannt, auch am Theater Heilbronn im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Akribisch haben Plastiker, Deko und Malersaal in acht Wochen langer Arbeit nicht nur ein Exemplar geschaffen, nein, vier Pflanzen müssen es sein, denn im »Horrorladen« wächst Audrey Two von Blumentopfgröße zum bühnenfüllenden Riesenmonster. Begonnen hat die Arbeit mit einem Styropor-Rumpf, der mit Nesselstoff überzogen wurde. Dazu kamen Adern aus Hartschaum und Latexgummimilch, die die »tentakelnden« Blätter und Wurzeln, Lippen und Zungen der Pflanzen biegsamer machten. Zum Leben erweckt wird Audrey Two von gleich zwei Menschen: Ein Statist steckt in den beiden größeren Pflanzen, die Stimme und den starken Arm leiht ihr als Gast der Schauspieler Oliver Jaksch, den Sie vielleicht bereits als Blues Brother oder Götz in Jagsthausen nicht nur gehört, sondern auch gesehen haben.
Regisseur Jaspar Brandis und Bühnenbildner Andreas Freichels, die in der letzten Spielzeit bereits das amüsante Kammermusical »Die Tagebücher von Adam und Eva« im Komödienhaus in Szene setzten, waren beim ersten Besuch bei Audrey Two in den Werkstätten des Theaters Heilbronn von »ihrer« Killerpflanze begeistert: »Da bekommt man sofort Lust, selbst Hand anzulegen«, grinst Brandis. »Hat der Statist schon fest zugesagt?«

Andreas Frane

Der Theaterclub 5 spielt ALTER EGO

Theaterclub 5 - ALTER EGO

„Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.“
(Guy de Maupassant)

Reigenhaft begegnen sich Menschen in den unterschiedlichsten Situationen. Für kurze Momente treffen sie aufeinander. Ein Streit um eine Wurst,  eine Erinnerung oder zwei spielende Kinder – ganz ohne Worte, mit viel Bewegung, Musik und 10 großen Masken erzählen sechs Frauen und vier Männer  berührende und unterhaltsame Geschichten über das Leben miteinander.

Anfang des Jahres begaben sich die Mitspieler des Theaterclubs, angeregt durch das Schauspiel „König Lear“, auf die Suche nach Begegnungen zwischen Menschen jeden Alters. In den Heilbronner Straßen wurden Gänge, Bewegungen oder Situationen von Menschen beobachtet und in der TheaterWerkStatt nachgespielt und erprobt. Wie bewegt sich ein Kind, wie eine Frau in mittleren Jahren, wie ein Jugendlicher und warum könnten sie sich treffen? In der zweiten Phase wurden über mehrere Wochen die Masken aus Pappmaché angefertigt und dann endlich die Maskenwesen zum Leben erweckt.

Am 12. Oktober um 19 Uhr zur Eröffnung des Jungen Theater Heilbronn in der BOXX präsentiert der Theaterclub 5 „machtlos?“ sein erstes Maskentheaterspiel mit der Inszenierung ALTER EGO.

Regie: Katrin Singer
Assistenz: Clara Kuhn, Natascha Mundt
Tanz: Evelyne Döbler
Mit: Ivan Altmann, Heide Bequet, Beate Buerklein, Walter Busch, Bruni Häcker, Andreas Pfeiffer, Gábor Reményi, Barbara Weber-Buer, Edeltraud Widder, Andrea Wohlrath

Fenster mit Spiellust

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Es sieht so harmlos aus, aber das ist es nicht. Es hat eine tragende Rolle, sorgt aber auch für erhebende Momente. Es ist unglaublich fotogen (siehe Bilder mit seinen Schauspielkollegen), hat sein eigenes Gefühl für Timing und Tempo und es spielt seine stumme Rolle mit viel Hingabe und Leidenschaft. Die Rede ist, von einem Fenster, das mit eine der wichtigsten Rollen in unserer Komödie „Außer Kontrolle“ spielt. In dieser hat sich Richard Willey, verheirateter Politiker der Liberalen, gerade zu einem Tête-à-tête mit der Sekretärin eines Oppositionskollegen verabredet. Doch plötzlich liegt im Fenster eine „Leiche“ und unterbricht jäh das gemütliche Stelldichein der beiden. Richard sieht die Schlagzeile schon vor sich: „Staatsminister bei Sex-Orgie mit Sekretärin und Leiche erwischt.“ Mit Hilfe seines Sekretärs George will er deshalb die Geschehnisse schnellstmöglich vertuschen. Doch das ist das ist nicht so einfach. Nach und nach tauchen die naive Ehefrau des untreuen Politikers, der eifersüchtige Ehemann der untreuen Sekretärin sowie die resolute Krankenschwester der Mutter von George auf. Dank der Spiellust des Fensters bekommt der ein oder andere sogar noch einen „Bumms“ auf den Kopf.

Natürlich sind seine stummen Kollegen Tür und Schrank (siehe Fotos) ebenso von Bedeutung für das Gelingen der Komödie. Nur durch sie funktioniert die für Komödien so wichtige Klipp-Klapp-Technik, sie verhelfen der Geschichte auch zu einer gewissen Spannung: Wer klopft an die Tür? Fällt das Fenster runter, wenn jemand ins Zimmer schaut? In welchem Moment geht der Schrank wie von Geisterhand auf? Und welche Ausreden und Erklärungen lassen sich die Figuren zu all dem einfallen?

Ray Cooney ist ein Meister der schwarzen Komödie. In seiner Farce treibt er das schnelle Wechselspiel der Figuren auf so absurd-komische Höhepunkt, dass des Zuschauers Lachmuskeln völlig „außer Kontrolle“ geraten werden. Premiere ist am Freitag, es gibt noch einige wenige Karten!

Stefanie Symmank