Spielender Umgang mit „Dantons Tod“ und „Homo faber“

„Wenn du an Danton denkst, denkst du an die Guillotine. Wenn ich an Danton denke, denke ich ans Abitur.“
„Wenn du an Danton denkst, denkst du ans Abitur. Wenn ich ans Abitur denke…“
„Nein, stopp mal. Wenn du an Danton denkst.“

Der Gedanke hat aber zwei Nasallaute. Auch sonst sind da eine Menge Ecken, an denen die Zunge falsch abbiegen kann.
„Wenn du an Danton denkst, denkst du ans Abitur. Wenn ich an Danton denke, denke ich an Wikipedia.“

Verhaltenes Kichern. Die Nasallaute könnten nämlich Thema im Abi-Aufsatz werden. Eine Schulklasse denkt an Danton, ihr Deutsch-Lehrer macht mit und die Theaterpädagogin Ruth Hengel. Ich denke auch an Danton. Das gehört zu meinem Praktikum. „AbiTour“ heißt die Projektwoche. In der BOXX werden kompakte Fassungen von „Dantons Tod“ und „Homo Faber“ gezeigt, beide sind Abi-Stoff. Davor Workshops und Einführungen der Dramaturgie, hinterher Nachgespräche mit dem Ensemble.

Wir stehen gerade in einem der Workshops. Im Moment im Kreis. Wir sind aber auch noch bei der Einstiegsübung. Was soll das eigentlich werden? Gedacht ist es so: Die Schülerinnen und Schüler begehen das Drama, kauen auf seinen Texten herum. Sie erkunden seine Themen und positionieren sich. Sie spielen damit.

Bei „Dantons Tod“ beschäftigen wir uns mit gesellschaftlichem Status und damit, was er mit einem menschlichen Körper macht. Es geht um revolutionäre Reden und die Stimmen, die sie formen. Wir bewegen uns in der Literatur, aber gleichzeitig geht es um etwas sehr Gegenwärtiges. Gewalt und Moral, Demokratie und Terror und wie sie zueinander stehen, das alles wird Thema. Außerdem: Ist es an der Spitze einer Revolution eigentlich genauso peinlich wie auf der Bühne vor der eigenen Klasse?
Im Workshop zu „Homo Faber“ dagegen legt Theaterpädagogin Katrin Singer den Schwerpunkt auf die Charaktere des Romans und der Stückfassung, auf ihre Beziehungen untereinander und zu Orten. Hanna Piper liebt den Louvre, das ist offensichtlich. Ihre Position zum Dschungel ist da schon weniger eindeutig, das Lebendige, das Wilde scheinen zu passen, andererseits: Die Kunsthistorikerin im Regenwald? Und auch hier ist das Ziel eben nicht, über die Figuren zu sprechen, sondern ihre Rolle anzunehmen, als sie zu sprechen und sich zu begegnen. Schließlich ist es ja die theatrale Herangehensweise an den Text.

Die Klassen, die während der Projektwoche für einen Tag ans Theater kommen, stehen ein Jahr oder auch nur wenige Wochen vor den Abi-Prüfungen. Das theaterpädagogische Begleitprogramm soll sie dabei unterstützen, aus den Inszenierungen etwas mitzunehmen, was der Text allein noch nicht hergibt, das Unmittelbare. Pardon, das soll Theaterpädagogik eigentlich immer. Aus dem Verwertungszusammenhang kommen wir hier ja sowieso nicht raus, Kunst wird plötzlich ganz handfest sinnvoll, wenn sie bei der Prüfungsvorbereitung hilft.

„Wenn du an Danton denkst, denkst du an deinen Deutschlehrer. Wenn ich an Danton denke…“ Ich überlege. Georg Büchners Tragödie habe ich nie gelesen, das habe ich mit einigen Schülern gemeinsam.

Dafür fühle ich mich aber verdächtig textsicher.

Malte Lutz hätte sich als Schüler nie getraut, die Pflichtlektüre zu ignorieren. Inzwischen studiert der 22-Jährige aber Theaterpädagogik an der Hochschule Osnabrück. Am Theater Heilbronn ist er für sechs Wochen im Praktikum.

Immer im Kontakt mit dem Publikum

Leiter Besucherservice und Vertrieb: David Eberhard

David_Eberhard_01Seit September 2015 leitet David Eberhard den Besucherservice und Vertrieb des Theaters Heilbronn, ist Chef aller Bereiche, die in direktem Kontakt zum Publikum stehen, wie die Theaterkasse, das Abonnentenbüro, der Einlass- und Garderobendienst. Trotz seiner Jugend hat er sich sehr schnell die Wertschätzung seiner Kolleginnen und Kollegen erarbeitet. Denn David Eberhard gilt nicht nur als freundlich und zuvorkommend, mit großen Kenntnissen im Theater- und Kulturbereich. Er setzt sich auch selbst an die Kasse und übernimmt persönlich Einlass- und Garderobendienste. „Ich kann nur dann ein guter Leiter sein, wenn ich selbst weiß, wie alles funktioniert“, sagt er. Außerdem mag er den direkten Kontakt mit dem Publikum und findet die Liebe der Heilbronner zu ihrem Theater schon außergewöhnlich. Das äußere sich nicht nur in den unwahrscheinlich hohen Abonnentenzahlen, die in Deutschland spitze sind, sondern auch in der „Feedback-Kultur“ der Zuschauer. Wenn beispielsweise jemand extra in den Besucherservice kommt, nur um Bescheid zu sagen, dass ihm eine Inszenierung gefallen habe, sei das sehr schön. Und wenn Kritik geübt werde, dann habe er das bisher größtenteils nicht als Gemecker, sondern als konstruktive Einlassung erlebt.

David Eberhard stammt aus Dresden und hat bis zum Sommer 2015 als Mitarbeiter des Künstlerischen Betriebsbüros am Staatsschauspiel Dresden gearbeitet. Ursprünglich gehörte seine Liebe der Musik, seit seinem 9. Lebensjahr war er Mitglied des Philharmonischen Kinderchores in Dresden, eines der namhaftesten Chöre in Deutschland, der mit vielen bedeutenden Dirigenten zusammenarbeitet. Als er sich nach dem Abitur für das Studium „Kultur und Management“ in Görlitz und der Musikwissenschaften in Rom entschied, sah er sich zukünftig als Manager eines Chores oder eines Orchesters. Doch der Zufall brachte ihn zum Sprechtheater.

„Es gibt keinen Ort, den Theaterbetrieb besser kennenzulernen, als in einem Künstlerischen Betriebsbüro. Das ist die Schnittstelle, wo alle Fäden zusammenlaufen“, sagt er. Sein Verantwortungsbereich waren neben den tagesaktuellen Planungen vor allem die Organisation von Festivals und Gastspielen – eine spannende Zeit. Da in Dresden ein Intendantenwechsel ins Haus stand, suchte er nach neuen Herausforderungen und kam als Leiter des Besucherservice und Vertrieb eben nach Heilbronn. Er ist selbst begeistert wie vielfältig die neuen Aufgaben sind. Er kümmert sich um die Vermietung der Theaterspielstätten und Foyers an externe Nutzer oder um Besuchergruppen und die Vermittlung ihrer gastronomischen Wünsche. Er betreut Künstler, die ein Gastspiel am Theater Heilbronn haben. Und er versucht die Spezifik verschiedener Publikumsschichten zu ergründen und gemeinsam mit seinem Kollegen Johannes Pfeffer vom Marketing neue Strategien der Zuschauerbindung zu entwickeln. Um die wachsende Studentenschar dieser Stadt für das Theater zu interessieren, sind Gespräche mit den Studentenvertretungen der Hochschulen geplant. Neue Angebote für unterschiedliche Zielgruppen werden geschnürt, die Abo-Strukturen werden weiterentwickelt. Es gibt viel zu tun, um die hohe Zahl an Zuschauern zu halten und neue Kreise zu gewinnen. Aber David Eberhard ist mit seinen Ideen noch längst nicht am Ende.

Flüchtlinge verarbeiten ihre Erfahrung in Bildern

Bewegende Eröffnung der Ausstellung ArtistSafety in der BOXX 

  
Die Sprache des Bildes ist deutlich und sagt mehr als tausend Worte: Ein junger Mann kniet vor einem vergitterten Fenster, sein Rücken ist voller Striemen. Ein anderes Bild zeigt bei genauem Hinschauen Körper, die in ihre überall verstreut liegenden Einzelteile zerlegt sind. Wieder ein anderes erklärt die politische Weltlage anhand von Fahnen: der Irak zerrieben zwischen den Interessen der großen Weltmächte. Manche Bilder sind voller Sehnsucht. Eines zeigt das Antlitz einer wunderschönen Frau, ein anderes einen bunten Garten. 

Diese Bilder haben Bewohner des Flüchtlingslagers Neuenstadt gemalt, die seit ein paar Wochen oder Monaten in Deutschland sind, geflüchtet vor Terror, Krieg und bitterer Armut in ihren Heimatländern. Es sind ausschließlich junge Männer, die sich auf den Weg voller Ungewissheit gemacht haben. Auch die Sorge um die in der Heimat Zurückgelassenen spricht aus so manchem Bild. Markus Rack, der leitende Hausinspektor des Theaters Heilbronn, ist selbst Künstler und hat vor ein paar Jahren in einer persönlich schwierigen Zeit mit dem Malen angefangen. Im Sommer hatte er seine erste, viel beachtete Einzelausstellung im Schloss Neudenau. Markus Rack weiß, dass man mit Farbe und Pinsel viel leichter sagen kann, was einem vielleicht nicht über die Lippen kommt. Deshalb geht er jeden Donnerstagabend mit Elisabeth Eis, einer Kollegin aus dem Malersaal des Theaters, in das Flüchtlingslager und bietet Malkurse an. Farben und Papier hat er zum größten Teil auf eigene Kosten gekauft. Ein Teil des Erlöses aus dem Verkauf seiner eigenen Bilder fließt in dieses Herzensprojekt. An manchen Abenden versammeln sich bis zu 60 junge Männer und malen, was sie bewegt. Da die Flüchtlinge nur für bestimmte Zeit in dem Lager verweilen, bevor sie weiterziehen, ändert sich die Zusammensetzung des Refugee-Art-Projektes ständig.

Nun ist daraus ein Ausstellungsprojekt in der BOXX entstanden, das am 11. Januar mit einer bewegenden Vernissage eröffnet wurde. Das BOXX-Foyer platzte fast aus allen Nähten. Neben den Künstlern waren Mitglieder vom Arbeitskreis Pro Asyl aus Neuenstadt, Mitarbeiter des Flüchtlingscamps, wie die Initiatorin des Kunstprojektes Karin Herold, und viele Bürger der Stadt Heilbronn anwesend. Schauspielerin Katharina Leonore Goebel las einen Text aus Wolfram Lotz‘ Stück „Die lächerliche Finsternis“, der ziemlich genau die Situation beschreibt, in der sich die Menschen in ihrer Heimat befinden, bevor sie sich genötigt sehen, ihr Land zu verlassen. Frau Mücksch vom Arbeitskreis Pro Asyl und Karin Herold aus dem Camp sprachen über ihre Arbeit. Schauspielerin Anastasija Bräuniger las einen selbstverfassten Text in Englisch über die Selbstverständlichkeiten unseres Alltags wie langes Duschen, üppiges Frühstück, Arbeit die Spaß macht, Treffen mit Freunden, lesen, was man mag, im Fernsehen schauen, wonach einem der Sinn steht. Dinge, die man wegen ihrer Alltäglichkeit kaum mehr zu schätzen weiß und die für die allermeisten Flüchtlinge in ihren Heimatländern unerreichbar waren und es auch jetzt, am vorläufigen Ziel ihrer Flucht, größtenteils noch sind. Ein junger Pakistani griff spontan zur Gitarre. Und als Aboud aus Syrien, der schon seit drei Jahren in Deutschland lebt, und im Theaterjugendclub mitspielt, auf Arabisch von seiner unerträglichen Sehnsucht nach seiner Heimat sprach, hatten viele der Flüchtlinge und auch etliche der einheimischen Zuhörer, die die Übersetzung des Textes in den Händen hielten, Tränen in den Augen. Denn diese Sehnsucht nach den Düften und Farben der Heimat, die wird nie vergehen.

Stefan Schletter, der Leiter des jungen Theaters, sagte in SWR4 zu der Ausstellung: „Es sind diese Geschichten, die oft in einer großen Einfachheit und Ehrlichkeit ihren Ausdruck finden. Es entspinnt sich da eine ganze Lebensgeschichte, die man da in einem kurzen Moment auf Papier gebannt sieht. Das ist schon sehr beeindruckend. Es ist einfach die Begegnung, die Integration erst möglich macht. Darum geht es auch hier, dass man erst einmal die Begegnung mit der Kunst sucht in der Ausstellung und eben auch die Begegnung mit dem Menschen findet.“

  

Jeden Tag Neue Denkanstöße

Neu in der Dramaturgie: Kristin Päckert

Kristin_Päckert_06„Ich bin die Querdenkerin in unserer Familie“, sagt Kristin Päckert, die seit September als Dramaturgin am Theater Heilbronn arbeitet. Aufgewachsen in einem Dorf in Sachsen-Anhalt, in dem die Eltern in soliden Berufen arbeiteten, hatten diese sich eigentlich auch einen „sicheren“ Beruf für die Tochter gewünscht, etwa als Bankangestellte. Ihre Mutter war Floristin in einem Laden in der Nähe ihrer Grundschule. „Oft bin ich nach der Schule zu ihr gegangen und durfte Sträuße binden. Einer wurde sogar gekauft.“, erinnert sich die 29-jährige lächelnd. Ihr Vater ist seit seiner Jugend Musiker. Aufgrund der jungen Familie, die es zu versorgen galt, blieb es aber bei der Musik als Hobby. „Mit Kunst kann man kein Geld verdienen“, so die Ansicht der Eltern. Er kann nahezu alle Instrumente spielen, was sie als Kind schon beeindruckt hat. Außerdem hatte er eine eigene Band, der Kristin als kleines Mädchen immer beim Proben zuhörte. Die bescherten der damals 4-Jährigen die ersten Bühnenerfahrungen. „Bis ich neun Jahre alt wurde, war ich oft mit dabei, dann hat mein Gesangstalent wohl nicht mehr ausgereicht“, sagt sie augenzwinkernd. Trotzdem hatte sie Wochenende für Wochenende Auftritte – als Kunstradfahrerin und als Tänzerin, 12 Jahre lang war das ihr Leben. Das erste Aha-Erlebnis in Sachen Theater hatte sie bei einer Schulvorstellung von Goethes „Faust“ an ihrem Heimattheater, der Landesbühne Sachsen-Anhalt in Eisleben. In der Rolle des Mephisto war eine umwerfende Frau zu erleben – Susanne Bard. „Von da an wollte ich Schauspielerin werden und probierte mich gleich in zwei Jugendclubs aus.“ Nach dem Abitur wusste sie nur eins, sie wollte ans Theater. „An Schauspielschulen habe ich mich dann doch nicht beworben, sah eher hinter den Kulissen und nicht auf der Bühne meinen Platz“, sagt sie. Sie begann dann mit dem Studium der Theater- und Medienwissenschaften in Bayreuth. Dort suchte sie gleich Kontakte in die Praxis an der Studiobühne Bayreuth und begann dort als Regieassistentin. Nach dem Wechsel der Hochschule und dem Umzug nach Nürnberg, ging es dort an unterschiedlichen Theatern und in verschiedenen Positionen weiter. 20 Produktionen begleitete sie innerhalb von drei Jahren.

Einmal kam sie noch zurück zur Studiobühne Bayreuth, wohnte dort während der Probenzeit mangels Wohnung 6 Wochen auf der Probebühne. Nebenan arbeitete Regisseur Georgios Kapoglou an dem „Leben des Galilei“. Abends redeten sie oft und lange. Er bekam das Angebot zur Inszenierung der wohl letzten Uraufführung Wagners „Eine Kapitulation – Lustspiel in antiker Manier“ beim Festival junger Künstler Bayreuth. „Wir haben ganze Nächte über die Konzeption gesprochen, irgendwann sagte er, er nimmt mich als Dramaturgin mit.“ Es wurde ein großer Erfolg, auch von internationaler Fachpresse gewürdigt. „Es hat mir derart viel Spaß gemacht, das Konzept mit zu entwickeln, durch die eigene Bearbeitung ganz eng an der Kunst dran zu sein, dass ich von da an wusste: Das ist es.“ Dennoch war der Weg ans Theater nicht einfach und sie probierte noch einiges aus: So arbeitete sie bei verschiedenen TV-Produktionsfirmen, in der Set-Aufnahmeleitung des ARD Vorabend-Krimis „Heiter bis Tödlich“ und in der Kulturredaktion des ZDF-Hauptstadtstudios in Berlin. Doch die Liebe zur Dramaturgie blieb. „Die redaktionelle Arbeit ist der dramaturgischen ähnlich. Doch das Theater ist direkter, lebendiger, unverfälschter.“ Sie bewarb sie sich auf eine Elternzeitvertretungsstelle in Kiel und, als diese nach zwei Spielzeiten zu Ende ging, in Heilbronn.

„Es ist großartig, dass man für das, was man so gerne macht, bezahlt wird“, sagt sie. Lesen zum Beispiel. Als Dramaturgin ist man ständig auf der Suche nach neuen Stücken. Sie liebt es auch, sich in philosophische, soziologische oder politische Schriften zu vertiefen, die relevant für die jeweiligen Inszenierungen sind. Sie mag es, bei den Proben dabei zu sein, zu sehen wie die geschriebenen Szenen mit Leben erfüllt werden. Sie sieht ihre Aufgabe darin, zwischen den künstlerischen Ansprüchen des Regisseurs und den des Hauses zu vermitteln, den Regisseur bei der Konzeption und Umsetzung seiner Ideen zu unterstützen, diese aber auch zu hinterfragen. Auch sich selbst in Frage zu stellen, gehört dazu, denn in den Diskussionen entwickelt man sich zwangsläufig weiter. Jeden Tag mehr zu lernen, der Austausch mit dem Publikum, in Einführungen oder Theaterfrühstücken, und immer wieder neue Denkanstöße zu bekommen – das bedeutet für sie Erfüllung. „Und was will man mehr von seinem Beruf?“, fragt sie.

Querlenker Teil III – Die Fahrradflashmobs waren ein Hingucker

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Nach vier Tagen Probe ging es für die zehn „Querlenker“ raus aus der Theaterwerkstatt mitten unter die Leute. Bei bestem Wetter bauten sich die 12-15-Jährigen auf dem Kiliansplatz auf  und spielten ihre Fahrradchoreografie „Sicherheit hat Vorfahrt“ durch. Viele Passanten blieben stehen, schauten zu und schmunzelten, weil es ziemlich witzig war, wie die Mädchen und Jungen mit großen Straßentheatergesten vermittelten, wie wichtig Helm, funktionierende Bremsen und Blickkontakt zu anderen Verkehrsteilnehmer sind. Zwei ältere Herren berichteten reumütig, dass ihre Fahrradhelme zu Hause seien und nahezu unbenutzt im Schrank hängen würden. Aber sie gelobten augenzwinkernd Besserung. Für den zweiten Flashmob begaben sich die Jugendlichen an den Götzenturm, um nach Radfahrern mit Helm Ausschau zu halten. Die wurden nämlich mit großen Schildern mit der Aufschrift „Beifall für Helme“ und mit Applaus empfangen. Zunächst war es aber gar nicht so leicht behelmte Radler zu finden. Diejenigen ohne Kopfschutz waren eindeutig in der Überzahl. Dafür wurden die Vorbildlichen mit umso mehr Jubel begrüßt. Alle schmunzelten, manche blieben stehen und kamen mit den Jugendlichen ins Gespräch. Eine Frau gestand, wegen ihrer Frisur niemals einen Helm aufzusetzen. Ein junges Paar, das zu Fuß unterwegs war, schaute eine Weile zu und debattierte über die Wichtigkeit dieser Aktion. Das letzte Wort hatte die Frau. Sie meinte, man könne gar nicht genug darauf hinweisen, wie wichtig Helme seien, denn so mancher schwere Radunfall hätte milder ausfallen können, wenn der Kopf geschützt gewesen wäre.

Nachdem die „Querlenker“ erschöpft vom vielen Klatschen und Jubeln waren, zogen sie vor die Stadtgalerie, wo sie noch einmal dicht umringt von Zuschauern den Flashmob „Sicherheit hat Vorfahrt“ zeigten. Dann ging es im Zeitlupenparcours, der auch viele Blicke und Fragen auf sich zog, wieder zum Kiliansplatz. Hier gab es Schokolade und Dankeschöngespräche für rücksichtsvolle Radfahrer. Stefan Papsch vom Heilbronner Amt für Straßenverkehr, das die Idee für die Kooperation mit dem Theater hatte, begleitete die Flashmobs mit großer Freude. „Wenn jeder, der heute etwas von diesen Aktionen mitbekommen hat, zu Hause oder im Freundeskreis davon erzählt, dann haben wir die Idee von der Rad-KULTUR wieder ein Stück vorangetrieben“, sagt er. Denn Heilbronn ist in diesem Jahr Modellkommune der Initiative Rad- Kultur des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg und strebt langfristig danach, eine wirklich fahrradfreundliche Stadt zu werden.

Als es am Abend dunkel wurde, rüsteten sich die „Querlenker“ für das Finale. Mit Lichterketten behängt fuhren sie durch die Innenstadt, um auf die Wichtigkeit der Fahrradbeleuchtung aufmerksam zu machen. Dabei wurden sie bestaunt, fotografiert und immer wieder angesprochen. Ein bisschen fühlten sie sich wie Stars, denn bei ihrer Ankunft auf dem Kiliansplatz baten viele Passanten darum, mit ihnen ein Selfie machen zu dürfen.

Wie ein geölter Blitz rannten die ganze Zeit Kameramann Nicolai Stiefvater und sein Assistent Conrad den Jugendlichen hinterher, um keine Situation zu verpassen. Auch viele Zuschauer des Projektes wurden interviewt und werden sich am Ende in einer rund 20minütigen Dokumentation wiederfinden.
Fazit der Jugendlichen: Theater ist klasse, aber Theater auf dem Fahrrad richtig krass. Sie wären gern alle wieder mit dabei, falls es eine Neuauflage des Projektes geben sollte. Und das Résumé von Projektleiterin Antjé Femfert: Sie ist müde, aber sehr glücklich über die fünf intensiven Tage mit zehn kreativen Jugendlichen im Dienste einer tollen Idee.

Video der Aktion auf unserer Facebookseite

„Querlenker“-Proben laufen auf Hochtouren

Am 6. November sind die Flashmobs in der Innenstadt zu erleben

Foto: Nikolai Stiefvater
Die Querlenker, v.l.n.r. Tanjo, Victoria, Arne, Kathi, Daniel, Annika, Lucia, Lea-Marie, Sará und Learta Foto: Nicolai Stiefvater

Die TheaterWerkstatt im Wollhaus hat schon viele verrückte Projekte gesehen. Aber dass da 10 Jugendliche mit Fahrrädern drin herumfahren und eine Fahrradchoreografie entwickeln, dürfte bisher einmalig sein. Unter dem Motto „Querlenker“ beschäftigen sich die Jungen und Mädchen im Alter zwischen 12 und 15 Jahren mit dem Thema Radfahren in Heilbronn, besonders unter dem Aspekt der gegenseitigen Rücksichtnahme. Zwei Tage lang waren sie zunächst auf Recherchetour an Verkehrspunkten, die von Radfahrern und Fußgängern gleichzeitig (Kiliansplatz und Sülmer Straße) und zum Teil zusätzlich noch von Autos (am Götzenturm) genutzt werden. Dabei haben die Jugendlichen nicht nur zugeschaut, erzählt Theaterpädagogin Antjé Femfert, die das Projekt leitet. Sie sind auch auf die Leute zugegangen und haben gefragt, warum sie in bestimmten Situationen lieber das Fahrrad schieben oder warum sie keinen Helm aufhaben. „Raser haben wir genauso gesehen wie absolut rücksichtsvolle Radfahrer.“

Jetzt verarbeiten die Jugendlichen ihre Eindrücke mit den Mitteln des Straßentheaters. Ihr Anliegen ist es dabei, auch negativen Erscheinungen mit positiven Reaktionen zu begegnen. In einer theatralisch nachgestellten Situation zum Beispiel spielt Tanjo Frese einen „Fahrradrowdy“, der sich ziemlich rücksichtslos und temporeich zwischen den Fußgängern hindurch schlängelt. Mit dunkler Sonnenbrille und lauter Musik auf den Ohren bekommt er kaum etwas von der Straßensituation mit. Einen Helm trägt er nicht. Die anderen Jugendlichen halten ihn an und zeigen ihm in einer witzigen Choreografie, was er auf jeden Fall besser machen muss, um seine Sicherheit und die der anderen nicht zu gefährden. Helm, Licht, Bremsen, Klingel, Schulterblick, Handzeichen, Blickkontakt gehören dazu. Das alles stellen sie mit großen Zeichen und Gesten in einer Straßentheateraktion dar. Mit diesem Flashmob „Sicherheit hat Vorfahrt“ wollen sie am Freitag, 6. November, um 15 Uhr auf dem Kiliansplatz starten, um in aller Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Weitere Flashmob-Varianten sind gerade in Erprobung und werden den ganzen Freitagnachmittag in der Heilbronner Innenstadt gezeigt. Es soll unter anderem eine Lichterkettenfahrt, sowie Belohnungs- und Beifallsaktionen für disziplinierte Radfahrer geben. Tanjo, Victoria, Arne, Kathi, Daniel, Annika, Lucia, Lea-Marie, Sará und Learta sind mit Feuereifer bei der Sache und sehr gespannt auf die Reaktionen der Passanten. Ein Kamerateam ist übrigens von Anfang an dabei und erstellt eine Dokumentation von dem Projekt, die später auch in Schulen gezeigt werden soll.

Alle Beteiligten hoffen, dass Heilbronn eine immer fahrradfreundlichere Stadt wird und stehen voll hinter den Ideen der Initiative RadKULTUR des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden Württemberg, welches das Projekt finanziert. Die Idee dafür hatte das Amt für Straßenwesen Heilbronn, das ein ganzes Jahr unterschiedliche Aktionen im Zeichen der Mobilität mit dem Fahrrad durchführt, denn Heilbronn ist 2015 Modellkommune der Initiative RadKULTUR.

„Querlenker“ – Straßentheaterprojekt für Jugendliche in den Herbstferien

RadKULTUR – Modellkommune Heilbronn und Theater Heilbronn kooperieren

744587_original_R_B_by_Frank-Martin-Lauterwein_pixelio.deRadfahren ist gesund und man kommt mitunter viel schneller vorwärts als mit dem Auto. Deshalb ist Heilbronn 2015 Modellkommune der Initiative RadKULTUR des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden Württemberg. Das ganze Jahr steht im Zeichen der Mobilität mit dem Fahrrad. Während der Herbstferien vom 2.-6. November ist das Theater Heilbronn mit einem Straßentheaterprojekt für Jugendliche zwischen 12 und 15 Jahren an den Aktionen für ein fahrradfreundliches Heilbronn beteiligt. Unter dem Motto „Querlenker“ setzen sich zwölf Mädchen und Jungen besonders mit dem Aspekt Sicherheit und gegenseitige Rücksichtnahme auseinander und wollen mit Theateraktionen rund um das Fahrrad auch andere dafür sensibilisieren. Dieses Thema ist in einer Stadt, in der Fußgänger- und Radverkehr teilweise nicht voneinander getrennt sind, wie beispielsweise in der Allee oder in der Fußgängerzone der Innenstadt, besonders wichtig. Theaterpädagogin Antjé Femfert leitet das Projekt. Entstanden ist es auf Initiative des Amtes für Straßenwesen Heilbronn.

Ablauf des Projektes

In der Herbstferienwoche vom 2.-6. November 2015 beschäftigen sich Jugendliche im Alter von 12-15 Jahren auf augenzwinkernde Weise im darstellenden Spiel mit der Situation von Radfahrern in Heilbronn.
1.    Phase
An den ersten 2 Tagen (2. und 3. November) werden die Jugendlichen Verkehrssituationen im Zusammenhang mit Radfahrern beobachten und zusammentragen. Der Fokus wird sich vor allem auf die Sülmer Straße und das Neckarufer richten. In beiden Straßen sind sowohl Fußgänger als auch Radfahrer in einer gemeinsamen Zone unterwegs. Radfahrer sind manchmal zu schnell, viele jugendliche Fußgänger konzentrieren sich statt auf den Verkehr ringsherum auf ihr Smartphone. Nicht selten kommt es so zu brenzligen Situationen, Zusammenstößen und verbalen Auseinandersetzungen. Die Jugendlichen beobachten, ob Autofahrer, Stadtbahnfahrer, Fußgänger und Radfahrer Blickkontakt zueinander aufnehmen, ob sich Radler an das vorgeschriebene Schritttempo halten, ob Querungshilfen und Zebrastreifen genutzt werden und wieviel Rücksicht die Verkehrsteilnehmer aufeinander nehmen.

2.    Phase
Die gesammelten Eindrücke werden an den nächsten beiden Tagen (4. und 5. November) zu Theateraktionen verarbeitet, die in Form von Flashmobs am 6. November in verschiedenen Bereichen der Innenstadt gezeigt werden sollen – unter Einbeziehung der Passanten. Geprobt wird dafür in der Theaterwerkstatt im Wollhaus. Die Jugendlichen erlernen an diesen zwei Tagen Grundlagen des Straßentheaters, mit dessen Methoden es ihnen gelingen soll, Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erregen.

Erste Ideen für Flashmobs sind beispielsweise besondere Fahrradchoreografien, Belohnungsaktionen für besonders vorbildliche Verkehrsteilnehmer, Zeitlupenfahrten durch die Innenstadt oder Beifallsaktionen für alle Radler, die einen Helm tragen. Geplant sind auch spontane „Talkshows“ zum Thema Verkehrssicherheit an zentralen Punkten der Innenstadt, in die die Passanten verwickelt werden sollen. Während der Probenarbeiten werden sicher weitere Flashmobs mit den Jugendlichen entstehen.

3.    Phase
Am 6. November ist der Flashmob-Marathon in der Innenstadt geplant. Dabei hoffen die Jugendlichen auf unmittelbare Reaktionen von Passanten. Ein Kamerateam begleitet im Auftrag des Theaters die einzelnen Aktionen und entwickelt eine 15-20 minütige Dokumentation. Diese kann zum Beispiel an Schulen gezeigt werden, um die Idee der RadKULTUR zu verbreiten.

Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihnen demnächst Beifall geklatscht wird, weil Sie in angemessenem Tempo durch die Fußgängerzone radeln oder weil Sie einen Helm tragen.

»Galilei ist einfach kein Taktiker«

Flammarion

»Ich habe meinen Beruf verraten«, bekennt Galileo Galilei. »Ein Mensch, der das tut, was ich getan habe, kann in den Reihen der Wissenschaft nicht geduldet werden.« Die bittere Selbstanklage, mit der Bertolt Brecht sein »Leben des Galilei« (fast) enden lässt, steht in schroffem Kontrast zum leidenschaftlichen Glauben an Vernunft und Wahrheit, mit dem er das Stück beginnt. Seit den frühen 1930er Jahren hatte er sich mit der Figur des 1564 in Pisa geborenen Wissenschaftlers auseinander gesetzt, der seine bahnbrechenden Erkenntnisse auf Druck der Inquisition 1633 widerrief. Das »Leben des Galilei« wurde für Brecht zu einer Art Lebensprojekt: Bis zu seinem Tod im Jahr 1956 überarbeitete und veränderte er den Text – und die Konzeption der Titelfigur. Die gesellschaftlich-politischen Brüche und Verwerfungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkten ebenso auf seine Arbeit ein wie die damals aktuellen Entwicklungen in Forschung und Wissenschaft, von der Spaltung des Atoms durch deutsche Physiker bis zu den amerikanischen Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki. Kein Wunder, dass »sein« Galilei, der den historischen Galilei in der öffentlichen Wahrnehmung längst verdrängt hat, sich durch die drei überlieferten Fassungen Brechts vom klugen, widerständigen Aufklärer zur zwiespältigen und durchaus schuldbehafteten Figur wandelt.

Das Verhältnis von Wissenschaft und gesellschaftlicher Verantwortung, zwischen Wissenschaftler und Obrigkeit ist der komplexe Kern dieses »Meisterstückes«. »Wie weit dürfen Wissenschaft und Forschung gehen? Muss/Kann Wissenschaft der Politik – oder der Gesellschaft – dienen? Das sind wichtige und moderne Fragestellungen auch für unsere Gesellschaft«, bestätigt die Regisseurin Esther Hattenbach, die nach zeitgenössischen Stücken wie »Unschuld«, »Der Stein« oder »Verbrennungen« nun einen großen Klassiker auf die Bühne des Großen Hauses bringt. Wie ist ihr Zugriff auf die Titelfigur? »Galilei ist ein Wissenschaftler, der getrieben ist von seiner Neugier und der Leidenschaft nach Aneignung der Welt. Wissenschaft ist für ihn die Auseinandersetzung mit der ganzen Welt. Galilei ist einfach kein Taktiker.  Politische Dimensionen verkennend, verstrickt er sich im Ränkespiel mit der Obrigkeit, in diesem Fall die katholische Kirche und der Adel.« Die Berliner Regisseurin stellt das Diskursive des Stückes in den Mittelpunkt ihrer Inszenierung: »Es wäre zu einfach, Gut und Böse zu verteilen. Alle Figuren haben aus ihrer Sicht heraus Recht. Aber sie scheitern darin, einen gemeinsamen Standpunkt auszuhandeln. Am Ende stehen nicht neu verhandelte Demokratie, sondern Konflikt und Spaltung. Eine Situation, wie wir sie ja auch gerade in Europa erleben.«

Für ihr Konzept haben Hattenbach und ihre Bühnenbildnerin Ulrike Melnik einen »Diskurs-Raum« entwickelt, auf dessen »Teppich der Macht« und zwischen allen Stühlen Galilei, seine Schüler und Unterstützer und seine Kontrahenten aufeinander treffen. Der Heidelberger Komponist und Musiker Johannes Bartmes wird dazu Hanns Eislers Lieder zu »Leben des Galilei« für eine live auf der Bühne spielende, dreiköpfige Combo (inklusive einer »Human Beatbox«) arrangieren.

Von Andreas Frane

Abformung eines menschlichen Körpers – oder wie ein künstlicher Toter hergestellt wird

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Ja, auf der Bühne wird auch gestorben. Nicht in Wirklichkeit – zum Glück, sondern nur zum Schein für die Kunst. Und manchmal müssen die „toten“ Körper nach ihrem Bühnensterben noch so allerhand ertragen, was ein quicklebendiger Schauspieler selbst mit größter Körperspannung nicht aushalten würde – stundenlang kopfunter hängen zum Beispiel. An dieser Stelle kommen unsere Meister der perfekten Täuschung ins Spiel – die Kolleginnen und Kollegen aus dem Malersaal. Diese verwandeln nicht nur schnödes Holz in Gold oder Styropor in Marmor, um nur mal zwei Beispiele zu nennen. Sie können auch täuschend echte Leichen herstellen. „Abformung eines menschlichen Körpers“ nennt sich ihr Verfahren. Für Heiner Müllers Schauspiel „Der Auftrag“ war dieser Tage ihr ganzes Können gefordert. Das hat zwar erst im Januar Premiere, aber die Werkstätten sind immer die ersten, die alle Zuarbeiten für eine Inszenierung geleistet haben.  Aus dem Malersaal kommen also diesmal unter anderem die „Leichen“.

Zunächst galt es, zwei Freiwillige zu finden, die sich als Schablone für diesen zugegeben etwas makaberen Job zur Verfügung stellen. Unsere zwei Schreinergesellen Luke Pantke und Lucas Steinhoff ließen sich nicht lange bitten. Wann wird schon mal der eigene Körper für die Kunst verewigt? Ob sie während des Procederes der Abformung glücklich waren, dass sie sofort zugesagt haben? Das hatte es nämlich ganz schön in sich und kostete sie Nerven, Geduld und so manches kleine Körperhärchen.

Die Konturen des Körpers werden zunächst mit Gips abgeformt. Am ersten Tag die Vorderseite. Dafür legten sich die beiden in der Stellung, die der „tote“ Körper später einnehmen soll, auf den Rücken. Sie mussten sich bis auf die Unterhose ausziehen, die Hose wurde mit Klarsichtfolie umwickelt, damit man keine Abdrücke sieht. Dann wurden Luke und Lucas von Kopf bis Fuß dick mit Vaseline eingecremt. Röhrchen zum Atmen kamen in Mund und Nase. Und alle, die im Malersaal eine freie Hand hatten, deckten die Körper mit Gipsbinden zu. Man kennt diese Binden vom Arzt, wenn man sich einen Arm oder ein Bein gebrochen hat. Sie werden in Wasser getaucht, in noch weichem Zustand auf den Köper gedrückt und härten dann aus. Wer schon mal einen Gips hatte, weiß, wie unangenehm das sein kann. Doch hier wurde eine Hälfte des kompletten Körpers von Kopf bis Fuß eingegipst. Rund 20 Minuten durften sich die beiden nicht bewegen. Ganz klar, dass gerade in so einem Moment die Nase juckt und dass es Krämpfe in den Beinen gibt. Aber der Gipspanzer verhinderte auch das kleinste Zucken. Dann die Erlösung: Das Team um Malersaal-Vorstand Herbert Kübler und Karlheinz Kirchler hob vorsichtig die Gipshülle ab. Die Form wurde dann mit PU-Schaum und Gips stabilisiert. Denn schon am nächsten Tag mussten sich die beiden da rein legen, um die Hinterseite abformen zu lassen – wieder das unerträgliche Jucken, die Krämpfe, das regungslose Liegen – 20 unendlich lange Minuten. Dann war die Schablone fertig.

Wie Sandkastenförmchen werden diese Formen in einem nächsten Schritt komplett ausgefüllt – mit einer speziellen Gummimilch, die, wenn sie aushärtet, wie Fleisch aussieht. Stabilisiert wird das Ganze mit einem „Skelett“ aus Holzwirbeln, Knochen und Scharnieren (pardon Gelenken) – ganz nach dem Vorbild eines echten Menschen. Dies wird von den Abteilungen Schlosserei und Schreinerei beigesteuert. Anschließend sind wieder die Maler und zusätzlich die Abteilung Maske dran, die dem Gebilde aus „Muskeln“ und „Knochen“ noch Haut und Haare verpassen. Und dann dürfen die „Toten“ auf die Bühne.

Ich denke wieder einmal: was ist das Theater nur für ein verrückter, wunderbarer Ort, nicht nur auf der Bühne, sondern jeden Tag aufs Neue auch hinter den Kulissen.
Silke Zschäckel

Theater schenken zu Weihnachten

geschenkeZu Weihnachten haben wir für Sie zwei ansprechende Weihnachtspäckchen geschnürt – eins fürs große Haus und eins fürs Komödienhaus. Darin enthalten sind Karten für je vier Vorstellungen, die Sie Ihren Lieben oder auch Ihren Freunden oder Geschäftspartnern unter den Weihnachtsbaum legen können.

Unser Besucherservice berät Sie gern. Verkauf ab 1. November.

Weihnachtspäckchen Großes Haus

  • Fr, 15.01.16 Der nackte Wahnsinn
  • Fr, 19.02.16 Der Auftrag. Erinnerung an eine Revolution
  • Sa, 19.03.16 Gastspiel Mozart Requiem
  • Fr, 15.04.16 Richard O’Brien’s The Rocky Horro Show

Weihnachtspäckchen Komödienhaus

  • Sa, 09.01.16 Rita will’s wissen
  • Fr, 12.02.16 Laible und Frisch
  • Fr, 01.04.16 Die Lüge
  • Fr, 27.05.16 Der Hexer