„Wie im Himmel“: Proben, Proben, nichts als Proben.

„Wie im Himmel“: Proben, Proben, nichts als Proben.

Es ist wahrlich unglaublich, was in nur knapp vier Wochen alles passieren kann. Zuerst waren da nur eine Mappe mit Text und zahlreiche Gebilde aus den unterschiedlichsten Ideen, die umgesetzt werden wollten. 26 Tage später wurden die Textbücher vorerst zur Seite gelegt und sowohl Regisseur mit Assistenz als auch die Schauspieler gingen in die wohlverdiente Sommerpause. Schnell wieder neue Energie tanken lautet das Motto, denn zu Beginn der neuen Spielzeit 2012/13 gehen die Proben für das Stück „Wie im Himmel“, welches am 21.September im Großen Haus des Heilbronner Theaters Premiere feiert, in die Endrunde. Doch bis die heiße Phase Anfang September beginnt, ist noch ein wenig Zeit, in welcher ich Ihnen gerne einen kleinen Einblick in den bisherigen Probenprozess geben möchte.
Als Praktikantin am Theater Heilbronn bot sich mir nämlich die einmalige Gelegenheit, die Proben zur Bühneninszenierung des Stücks „Wie im Himmel“, unter der Regie Alejandro Quintanas, zu begleiten. Wichtig war mir dabei vor allem die Frage nach dem Wie?: Wie wird im Theater überhaupt geprobt?

Auf der Probe- und Hauptbühne
Da der Text eines Stücks sozusagen das Gerüst darstellt, um welches später das Schauspiel entsteht, ist die Auseinandersetzung mit diesem zu Beginn der Probenarbeit von zentraler Bedeutung. Dieses erste Kennenlernen geschah zum Bespiel in der sogenannten Konzeptionsprobe, in welcher das Stück einmal ganz durchgesprochen wurde und erste Konzepte, beispielsweise zum Bühnenbild und den Kostümen, vorgestellt wurden. Die Ausgangssituation für die kommenden Proben war geschaffen. Die ersten Proben waren für mich besonders spannend, da für mich alles Neuland war. Hierbei wurde beispielsweise eine Gruppenszene herausgegriffen, wobei die einzelnen Figuren des Stücks und deren Beziehungen untereinander während des Spielens Stück für Stück erarbeitet wurden. Requisiten und Raumwege dienten hierbei als Hilfsmittel für die Schauspieler, mit welchen sie sich im Schauspiel orientierten und welche es erleichterten, den jeweiligen Text zu behalten. War eine Szene grob umrissen und waren die Abläufe klar, so ging es rasch an die nächste Szene. Auf diese Weise entstand bald ein vorläufiges Gesamtbild der Inszenierung und der erste Durchlauf durch alle Szenen des 1.Akts war möglich. Regelmäßig Pausen durften natürlich auch nicht fehlen, welche von allerlei Leckereien wie haufenweise Gummibärchen und Spezialitäten wie „Baklava“ versüßt wurden. Mein persönliches „Highlight“ ergab sich, als Regisseur Alejandro Quintana im 2.Akt plötzlich meinte, ich könne von nun an als Statistin mitspielen. Nicht schlecht von diesem Angebot überrascht stürzte ich mich kurz darauf in die Geschehnisse auf der Bühne und erlebte die Welt des Schauspielens von einer ganz neuen Seite. Auf einmal befand ich mich mitten im Ensemble, ließ mich von den Geschehnissen auf der Bühne mitreißen und war überwältigt von der Intensität der Gefühle, die auf mich einprasselten.
Natürlich darf die Abwechslung nicht fehlen. Da das Stück „Wie im Himmel“ auf dem gleichnamigen schwedischen Film von Kay Pollak basiert, in dem es in erster Linie um die Gemeinschaft eines Chors geht, darf die Musik keinesfalls zu kurz kommen.

Die musikalische Probe – jetzt wird gesungen!
Was gibt es Schöneres, als den Probentag mit einer vierstimmigen Version von „Stille Nacht“ zu beginnen? Da kommen bereits im Frühsommer weihnachtliche Gefühle auf, die sich auch weiterhin hartnäckig in Form eines Ohrwurms bis weit in die Abendstunden halten.
Andrea Voit-Erlewein, Gesangslehrerin am Theater, hat ein ganz besonderes Händchen dafür, das Trüppchen von Schauspielern bestens zum Singen zu motivieren. Eines Morgens war es soweit: Leichtes Summen erfüllte die Luft, um die Stimme in Gang zu bringen, es folgen ein paar Tonleiterbewegungen auf- und abwärts und einzelne Ausrufe auf „Mmma!“ und „Mmmö!“ tragen zur allgemeinen Erheiterung bei. Der anschließende Kampf um die Notenblätter, der in jedem größeren Chor zur Tagesordnung zählt, blieb aus, da alles bestens vorbereitet war, sodass es gleich losgehen konnte. Da zumindest die Melodielinie im Allgemeinen bekannt war, musste nicht ganz so akribisch vorgegangen werden wie bei neuen, unbekannten Liedern, was jedoch die Unter- und Mittelstimmen nicht weniger schwitzen ließ. Denn wer singt an Weihnachten schon die Nebenstimme? Alles nicht so einfach, aber mit gegenseitiger Unterstützung entstand wohl etwas, das sich hören lassen konnte, wie uns Andrea lebhaft versicherte. Große Erleichterung bei allen.

So oder so ähnlich gestaltete sich bisher der Probenalltag im Theater Heilbronn und ich bin sehr froh, dass ich diese Inszenierung auch weiterhin bis zur Premiere begleiten darf. Denn hat man erste einmal Theaterluft auf diese Weise geschnuppert, will man gar nicht mehr weg…

Julia Noller, Praktikantin

Die “Himmel”–Probe

In den letzten Wochen beginnt täglich um 10.00 Uhr die Probe für »Wie im Himmel« in der alten Kelter in Heilbronn. Kurz vor Probenbeginn steht Alejandro Quintana, der Regisseur des Stückes, noch mit einigen Schauspielern auf dem kleinen Hof vor dem Gebäude und es wird geplaudert, gelacht oder noch kurz eine geraucht. Der Rest der Truppe hat es sich solange auf den bequemen Sofas im Vorraum gemütlich gemacht. Nach und nach finden sich die Schauspieler auf der Probebühne ein und warten darauf, dass es losgehen kann. Aber wie das immer so ist, muss sich der eine noch kurz umziehen, die andere noch kurz auf die Toilette und für einen anderen scheint eine benötigte Requisite unauffindbar zu sein. Doch auch dieses kurze Warten lässt sich von den sich bereits auf der Probebühne befindenden Schauspielern sinnvoll überbrücken.
Gabriel klimpert ein bisschen auf dem Klavier herum und summt ein paar anmutige Töne dazu, Guido diskutiert mit Julia über einen Film, den er sich von der Regieassistentin Katrin ausgeliehen hat und Jörg schnappt sich das Fahrrad, das in einer Szene des Stückes benötigt wird, und cruist damit durch den Raum.
Doch nun geht es los, alle sind anwesend, die Probe kann beginnen. Alejandro setzt sich hinter den Regietisch und gibt die erste Szene vor, die geprobt werden soll.

Ich war wirklich erstaunt, wie schnell sich die Schauspieler in ihren jeweiligen Rollen eingefunden hatten und wie gut und authentisch einige Szene schon auf mich wirkten, obwohl sich das Stück ja noch in seinen Anfängen befand.
In der Szene, in der Gabrielle (gespielt von Angelika Hart) gewaltsam von ihrem Mann Conny (gespielt von Tobias Damian Weber) aus der Chorprobe gezerrt und verschlagen wird, lief mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. In der nächsten Szene wiederum, in der der chaotische Alltag des Chores dargestellt wird, konnte ich nun mein Lachen nicht mehr zurückhalten. Ein wahres Wechselbad der Gefühle – und das schon während einer der ersten Proben…
Außerdem hätte ich nie erwartet, dass so viele Einzelheiten des Stückes erst während des Durchspielens entstehen und dass die Schauspieler ein so großes Mitspracherecht haben, was die meisten Aspekte betrifft. Wenn jemandem etwas an einer Szene nicht gefiel, sei es der zu schnelle Stimmungswechsel darin oder eine bestimmte Textpassage, die demjenigen unpassend erschien, wurde in der Gruppe darüber diskutiert, welcher Charakter wohl welche Emotion in dieser Szene durchlebt, wie die Hintergründe aussehen, usw. und bei Bedarf wurde hier und da etwas abgeändert.

Alles in allem muss ich sagen, dass es eine tolle Erfahrung ist, den Probenprozess dieses Stückes begleiten zu dürfen, zu sehen, wie sich die einzelnen Szenen allmählich zu einem einzigartigen Ganzen zusammensetzen, wie viel Spaß die Schauspieler an ihrer Arbeit haben und wie viel Herzblut sie in die Perfektionierung der einzelnen Szenen stecken.

Die Premiere von »Wie im Himmel« findet am 21. September 2012 im Großen Haus statt. Das dürft ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen!

Jessica D., Praktikantin

Zum letzten Mal – Susan Ihlenfeld spielt, singt und tanzt “Lola”

Am Anfang ist sie eine Geschäftsfrau, die ihr Leben unter Kontrolle hat,“ beschreibt Susan Ihlenfeld die Figur Lola aus dem gleichnamigen Stück. „Aber dann trifft sie auf den Herrn von Bohm und weiß selbst nicht mehr mit ihren Gefühlen umzugehen.“ Aljeandro Quintanas Inszenierung von „Lola“ nach Rainer Werner Fassbinders Film von 1981 ist am 13. Juli zum letzten Mal im Großen Haus des Theaters Heilbronn zu sehen.

Für Susan Ihlenfeld endet mit dieser Vorstellung eine anstrengende Arbeit voll ungewohnter Herausforderungen: Sie wechselt nicht nur wie ihre Figur ständig die Häute, die Kostüme und die Stimmungen, sondern singt, spielt Akkordeon und tanzt – auf High Heels und auf „ihrem“ Bus, den Bühnen- und Kostümbildnerin Marie-Luise Strandt auf die Bühne gestellt hat. „Das war sehr, sehr schwierig,“ gibt die 29jährige Schauspielerin zu. „Und ist es immer noch.“

Lola Foto: Fotostudio M42

Wie hat sie ihre kleine Pole Dance-Einlage für den Höhepunkt der Inszenierung geprobt? Susan Ihlenfeld lacht: „Wir haben uns auf der Probebühne eine Art Stangenkonstrukt gebaut und versucht, sexy zu sein, ich und Kevyn Haile, der das mit mir gearbeitet hat. Und dann sind wir auf die Bühne gegangen zu dem Bus, und haben zwischen den ganzen Technikern probiert, die da gerade für den Abend den ‘Käfig voller Narren’ aufgebaut haben. Das hat echt Überwindung gekostet. Und tut es auch noch jetzt.“
Als “Lola” spielt, singt und tanzt Susan Ihlenfeld nur noch einmal am Freitag, den 13. Juli. Nicht verpassen!

Andreas Frane, Dramaturg

Mehr Farbe, Transparenz und Leichtigkeit

In der Sommerpause wird das Foyer saniert

Nach 30 Jahren, in denen Millionen Besucher durch das Theater-Foyer gelustwandelt sind, bedarf das Vestibül dringend einer Sanierung. Die Teppiche sind an manchen Stellen fadenscheinig geworden, das Mobiliar hat den Charme der frühen 80er Jahre, die Handläufe an den Treppen sind ramponiert und die Brüstungen am Rang sind nach Sicherheitsbestimmungen 20 Zentimeter zu niedrig. Höchste Zeit für eine Schönheitskur. Wenn der letzte Vorhang dieser Spielzeit gefallen ist, ziehen am 23. Juli die Handwerker ins Große Haus ein und sanieren für knappe 2 Millionen Euro das Foyer. Am Eröffnungstag der neuen Spielzeit 2012/13, dem 21. September, sollen die Besucher in einem ganz neuen, frischen Ambiente begrüßt werden. Mehr Transparenz, Leichtigkeit und Farbe sollen Einzug halten. Neue Sessel, Stühle und Tische laden dann zum gemütlichen Verweilen und angeregten Kommunizieren ein. Komplett verändert wird der Gastronomiebereich – ein langer Tresen im oberen Foyer erlaubt es, dass zeitgleich viel mehr Gäste als bisher versorgt werden können. Statt der fest installierten Wabenbühne, auf der bis jetzt Theaterfrühstücke und andere Sonderveranstaltungen stattfinden, gibt es eine neue mobile Bühne, die in ihrer Form und Größe variabel ist.

Künftig stehen im Theater die Zuschauer auf dem roten Teppich. Schon im unteren Foyer wird ein Teppich-Wegeleitsystem  auf dem dunklen Natursteinboden verlegt. In Kombination mit einem neuen aufhellenden Beleuchtungskonzept wird der Weg ins Hauptfoyer und in den Zuschauerraum inszeniert. Die Säulen spielen nicht mehr nur architektonisch, sondern auch rein informativ eine tragende Rolle. Auch der Garderobenbereich wird mit seinen neuen Oberflächenmaterialien heller und freundlicher. Das obere Foyer erhält einen Teppichboden in einem warmen Rot, der in seiner Farbe mit den angrenzenden Flächen  und der kupfernen Wand korrespondiert.
Besonders angenehm in der warmen Jahreszeit: Es wird einen direkten Zugang vom Foyer auf die obere Terrasse geben. Dort kann man nicht nur an der frischen Luft ein Gläschen trinken, sondern auch die sechs großen Maskenköpfe aus der Nähe anschauen, die früher das Jugendstiltheater zierten und die mit Hilfe des Theatervereins wieder würdevoll in Szene gesetzt werden.

Das Konzept wurde von einem Stuttgarter Architekturbüro, vom Heilbronner Hochbauamt und der Theaterleitung in vielen Treffen und Besprechungen erstellt.
Weil der Zeitrahmen sehr eng gesteckt ist, kann im Sommer 2012 lediglich das Hauptfoyer saniert werden. Die Zuschauertoiletten, die Treppenaufgänge und die Weiterführung des Fahrstuhls bis in den Rang stehen im Sommer 2013 auf dem Programm.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Mehr Licht, Farbe und Transparenz bekommt das Foyer in der Sommerpause. Werner Insam vom Hochbauamt und Intendant Axel Vornam konzipieren die Veränderungen in enger Zusammenarbeit mit einem Stuttgarter Architekturbüro.

Betriebsspionage

Praktikumsbericht von Alissa Z., 15 Jahre

Malersaal
Mein Name ist Alissa und ich bin diese Woche die Praktikantin im Theater Heilbronn. Heute habe ich die Kollegen im Malersaal besucht und wollte so einiges wissen. Das erste, das ich sah, war wie die Auszubildende Elisabeth Eis an einem Riesenbild von Gini, dem Wunderlampengeist von „Aladin und die Wunderlampe“ arbeitete, der für die Bildungsmesse in Heilbronn gemalt werden musste. Sie arbeitete bereits seit vier Tagen  daran und würde ungefähr noch die ganze Woche brauchen bis das Bild fertig ist. Weil ich so  fasziniert  von der Kunst und den Künstlern in diesem Raum war, interessierte ich mich dafür, was man dazu braucht, um diese Arbeit bzw. Ausbildung machen zu können. Sie erklärten mir, dass man dazu keinen bestimmtem Schulabschluss braucht, dafür aber eine Menge Talent und Spaß am Malen und an bildhauerischen Tätigkeiten.

Theatermaler und -plastiker Stefan Dittrich zeigte mir einen sehr großen Styroporklotz, der mindestens 3, vielleicht auch 4 Meter hoch war. Er erzählte mir, wie man daraus eine beliebige Figur herstellt. Das Styropor wird zuerst mit einer mächtigen Säge zurecht gesägt, anschließend wird daraus mit einfachen Küchenmessern die Figur geschnitzt. Bevor sie bemalt wird, wird Stoff in Fetzen gerissen, auf die Figur geklebt und mit Kreide und Leim bestrichen. Es ist erstaunlich, weil man den Figuren von weitem nicht wirklich ansieht, dass sie aus Styropor sein sollen.

Im Raum hängen überall Bilder, die von den Auszubildenden gemalt wurden.

Jeder Mitarbeiter im Malersaal hat seinen eigenen Spind. Darin befinden sich alle Arten von Pinseln, Malerrollen und auch Klebeband, ein paar Farbdosen und Abdeckfolie.

 

Roter Samt und Sternenhimmel

Wohl jeder Mitarbeiter des Theaters wurde in seinem Berufsleben schon einmal gefragt: »Und was machen Sie vormittags?« Viele Menschen haben im Kopf, dass an den Abenden die Vorstellungen im Theater laufen, und können sich nicht vorstellen, dass dort fast rund um die Uhr und natürlich auch vormittags gearbeitet wird. Zum Beispiel in der Dekoabteilung

Sandra Horvath und Reiner Hennrich arbeiten am Mobiliar für »Lola«.

Roter Samt und goldene Borte – das Bett von »Lola« für das gleichnamige Schauspiel nach Fassbinder braucht einen altmodisch-plüschigen und etwas anrüchigen Charakter. Schließlich ist Lola Nachtclubsängerin in einem Edelbordell. Für das richtige Interieur einer Inszenierung sorgt die von allen schlicht als »Deko« bezeichnete Abteilung. Die Werkstatt wirkt trotz ihrer Größe sehr gemütlich – schließlich ist der Sinn für Atmosphäre in Räumen eine der wichtigsten Eigenschaften, die man in diesem Beruf mitbringen muss. In der Mitte steht ein riesiger Arbeitstisch, an dem alle sechs Kollegen gleichzeitig tätig sein können. An den Wänden hängen bunte Teppiche, die für schon abgespielte Inszenierungen angefertigt wurden. In Regalen lagern farbige Stoffballen, PVC-Rollen, Stahlfedern für Sitzmöbel, robuste Scheren oder Seile und Kordeln aller Art. An der Fensterseite stehen 6 Nähmaschinen – eine, so laut wie ein LKW, ist für schwere Vorhangstoffe gedacht und kapituliert auch nicht vor Plastikbahnen. Viele Näh-Arbeiten werden aber noch mit der Nadel in der Hand verrichtet. So wie jetzt eben das Nähen der goldenen Kordel um das rote Samtbett. Sandra Horvath liebt diese Tätigkeit, die sie sehr akribisch verrichtet. »Nur weil das Möbelstück meterweit vom Auge des Betrachters entfernt steht, darf man sich trotzdem nicht um einen halben Zentimeter vertun. Man sieht es, wenn es nicht stimmt«, versichert sie. Mit dem gleichen roten Samt bezieht ihr Kollege Reiner Hennrich einen alten Sessel, der die Einrichtung von »Lola« komplettieren wird. Dafür wurde ein altes, ziemlich abgewirtschaftetes Möbelstück aus dem Fundus geholt, die Federn neu gespannt, frisch gepolstert und schließlich bezogen. Reiner Hennrich ist seit zwanzig Jahren am Theater Heilbronn. Früher hat er Autositze in teure Limousinen eingebaut. Als das Theater eine Stelle als Dekorateur ausschrieb, hat er sich beworben, um den zugegebenermaßen sehr gut bezahlten Job in der Autoindustrie mit der sehr abwechslungsreichen Arbeit im Theater einzutauschen.

Ohne gute Scheren geht gar Nichts bei Chefin Angelika Wagner.

Ähnlich kam Angelika Wagner, die seit zwei Jahren die Abteilung leitet, ans Theater. Sie ist gelernte Raumausstatterin. Ihr Markenzeichen ist eine große Schere, die sie immer in der Hosentasche trägt und Stecknadeln am Pullover. »Nähen, polstern, tapezieren, Fußböden verlegen – das sind unsere Arbeiten, wie bei einem Raumausstatter auch«, beschreibt sie. Allerdings sind die Dimensionen viel größer und die Deko-Artikel alles andere als gewöhnlich. Wann braucht man in einer Wohnung schon mal einen riesigen Vorhang aus Goldlaméstreifen wie bei »Ladies Night«? Die Blasen an den Händen vom Zuschneiden sind mittlerweile verheilt. Oder wer benutzt Toilettenpapier von einem Meter Breite – wie es in »Hase Hase« gebraucht wurde? Wer weiß, wie man handgemalte Tapeten verklebt, wie es bei »Arsen und Spitzenhäubchen« erforderlich war? Eine der spannendsten Herausforderungen waren die Stalaktiten aus Stoffballen, die in der Inszenierung »Die Irre von Chaillot« von der Decke hingen und für die Tonnen von Stoffresten verarbeitet wurden. Für diese Stoffinstallationen gab es in so mancher Vorstellung Szenenapplaus – diese unmittelbare Reaktion auf ihre Arbeit erfahren die Dekorateure nur selten. Ihren persönlichen Beifall erhalten sie zumeist am Tag der technischen Einrichtung vom Bühnenbildner rund zehn Tage vor der Premiere. »Das sind quasi unsere Auftraggeber«, erklärt Angelika Wagner. Das Bühnenbildmodell, technische Zeichnungen und schriftliche Erläuterungen sind ihre Arbeitsgrundlage. Diese sind für jede Inszenierung auf einem gelben Blatt festgehalten, das an der Eingangstür zur Deko klebt. WAS sie bauen und einrichten sollen, geht daraus hervor. WIE sie es tun, ist ihrer Kreativität, ihrer Stilsicherheit und ihrem handwerklichen Geschick überlassen. »Wir entwickeln Proben und sprechen die Materialien mit dem Bühnenbildner ab. Anschließend wird in Großformat gearbeitet«, erklärt die Abteilungsleiterin. Für »Lola« zum Beispiel lautete die Anforderung: Gebraucht wird ein wunderschöner Sternenhimmel. Der entsteht aus pechschwarzem Samt: 15 Meter breit, 10 Meter hoch, in den viele kleine Löcher gestanzt werden. Mit Hilfe einer kunstvollen Beleuchtung von hinten erhält man auf diese Weise die perfekte Illusion einer sternenklaren Nacht.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Der „Boxer“ durch die Linse

Ein Gewitter an Klicks füllt den Zuschauerraum der Kammerspiele. Die beiden Schauspieler auf der Bühne lassen sich davon nicht aus dem Spiel bringen, sie wissen, dass die Geräuschkulisse einen guten Grund hat.
Seit einigen Spielzeiten sind die Schülerinnen und Schüler der Schule für Gestaltung des Kolping Bildungszentrums Heilbronn zu Gast in unseren Kammerspiel-Proben. Mit ihren Kameras fangen sie unter der Anleitung von Lehrer Jürgen Häffner ganz individuelle Blicke auf ausgewählte Inszenierungen ein und stellen die Ergebnisse dann im Foyer der Kammerspiele aus.
Ab sofort hängen die Fotos von acht SchülerInnen der Klasse FMT2 von unserem Jugendstück „Das Herz eines Boxers“ mit Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf. Vom intensiven, überraschend geheimnisvollen Boxer-Portrait bis zur Momentaufnahme einer witzigen Zweier-Szene reichen die Eindrücke, die die Klasse von Petra Wüllenwebers Inszenierung aufgenommen hat. Ein Blick ins Kammerspiel-Foyer lohnt vor den Vorstellungen!

Andreas Frane, Dramaturg

„Boxer“-Team zu Besuch bei den Boxern in Neckarsulm

„Na, dann zeig mal die Kampfstellung,“ ruft Toni La Rocca. Schauspieler Peter Volksdorf stellt sich in Pose und geht leicht in die Knie. „Jawoll. Schlag die Führhand.“ Volksdorf schlägt mit der linken Faust in La Roccas geöffnete Rechte. Und schon fängt er sich von dem grinsenden Boxtrainer eine (angedeutete) Ohrfeige auf die rechte Wange ein. „Und wieder kriegst du eine,“ lacht La Rocca. „Beweg dich nicht wie ein Känguru. Eins, zwei, drei.“ La Roccas geballte Faust streicht schnell über Volksdorfs Kinn. „Und jetzt wärst du K.O.“

Box-Unterricht bei Toni La Rocca (links): Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf holen sich schlagkräftige Tipps für „Das Herz eines Boxers“ – Foto: Stephanie Paschke

Das Inszenierungs-Team des Jugendstücks „Das Herz eines Boxers“ ist mit den beiden Schauspielern Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf zu Besuch in der Sporthalle der Johannes-Häußler-Schule in Neckarsulm. Dort trainieren drei Mal wöchentlich die Leistungs-Boxer und zwei Mal wöchentlich die Anfänger von der Neckarsulmer Sportunion, zu denen viele erfolgreiche Aufsteiger wie zum Beispiel Hakan Kutdag, Metin Coruk und Melvin Perry gehören. Perry in der kleineren Sporthalle beim Sparring zu beobachten, begeistert auch Regisseurin Petra Wüllenweber und Bühnen- und Kostümbildnerin Ulrike Melnik, die die geschmeidigen Bewegungen und blitzschnellen Schläge des amtierenden deutschen Jugend-Meisters und Vize-Weltmeisters im Schwergewicht (bis 81 kg) hinter einer Glaswand bewundern.

Box-Unterricht bei Toni La Rocca (links): Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf holen sich schlagkräftige Tipps für „Das Herz eines Boxers“ – Foto: Stephanie Paschke

Für die Theatermacher ist der Ausflug allerdings nicht nur Spaß, sondern auch ein Teil ihrer aktuellen Arbeit: In dem Jugendstück des gebürtigen Heilbronners Lutz Hübner, inzwischen schon ein Klassiker, zeigt ein ehemaliger Champion einem perspektivlosen 16-Jährigen, wie man sich durchs Leben boxt. Und das ist in einer Szene wirklich wörtlich zu nehmen.
Toni La Rocca, früher selbst ein erfolgreicher Bundesliga-Boxer, hat sich gerne bereit erklärt, den zwei box-unerfahrenen Schauspielern vor dem Training die Grundbegriffe auf den Weg zu geben. Dazu gehört aber mehr als Schläge und Posen: „Bei Boxern sind auch das Benehmen und gegenseitiger Respekt wichtig,“ erklärt La Rocca. Das zeigt sich, als die jungen Boxer der NSU nacheinander auftauchen und die ungewohnten Besucher vom Theater Heilbronn neugierig mustern: Keiner geht an dem Trainer, Petra Wüllenweber und den Schauspielern vorbei, ohne ihnen höflich die Hand zu schütteln – mit Augenkontakt.  Wie heißt es bei Hübner: „Ein richtiger Boxer ist ein Gentleman.“ Der Satz könnte auch von Toni La Rocca stammen.

„Das Herz eines Boxers“ hat am 15. März Premiere in den Kammerspielen.

Saallicht aus, Scheinwerfer an, Bühne frei und bitte!

Jana- Sophie Engelmann und Paula Kleine aus der Klasse 9c des Theodor-Heuss-Gymnasiums besuchten einen Workshop zur Inszenierung „Maria Stuart“ und fühlten sich zwei Stunden lang in die Figuren dieses Stückes ein. So haben sie diese zwei Unterrichtsstunden der anderen Art im Theater erlebt:

Saallicht  aus, Scheinwerfer an, Bühne frei und bitte! Mit diesen Worten überlässt die Theaterpädagogin Katrin Singer je vier von uns Schülern das Wort. Nun heißt es über seinen Schatten springen und nur noch so denken, fühlen und handeln wie die Personen aus Friedrich Schillers Drama Maria Stuart. Gespannt schauen wir zu, was sich unsere Mitschüler überlegt haben.
Jeder hatte eine Karte gezogen, auf der jeweils eine wichtige Figur  aus dem Drama charakterisiert und vorgestellt wurde. Auf der Rückseite stand ein kurzes Zitat dieser Person. Nun sollten wir zu viert zusammengehen und eine mögliche Szene unter Einbringung der Zitate auf die Beine stellen.
Das fiel uns nicht so schwer, da wir vorher die einzelnen Personen mit ihren Eigenschaften und ihrem historischen Hintergrund genauer besprochen hatten. Außerdem hatten wir geklärt, dass sich Herrscher und Untertanen auf der Bühne unterschiedlich zu verhalten haben. Eine weitere Übung war es, ein Zitat einer Figur in verschiedenen Stimmungen und Situationen vorzutragen, egal was es inhaltlich aussagte. So sollte man einmal flehend und bittend, dann wiederum stolz und selbstbewusst klingen. Wir  waren gut vorbereitet, eine Szene um die uns vorgegebenen Rollen herum zu gestalten. Die Ergebnisse waren überraschend! Von manch einem Mitschüler hätte man derartige schauspielerische Leistungen gar nicht erwartet.
Es waren also für alle zwei lehrreiche und durchaus amüsante Schulstunden einer anderen Art.

Jana-Sophie Engelmann
Paula Kleine

 

Stimme TV zu Gast im Theater

360 Grad-Video hinter den Kulissen von „Käfig voller Narren“

 

Heute Mittag war der Chefredakteur der Heilbronner Stimme, Uwe Ralf Heer, mit seinem Stimme-TV -Team zu Gast im Theater, um die wöchentliche 360 Grad-Video-Kolumne am Rande der Proben von „Ein Käfig voller Narren“ (La Cage Aux Folles) zu drehen. Wir nahmen ihn mit auf die Seitenbühne, wo er den Blick des Inspizienten hatte. Er drehte auf der Hinterbühne zwischen einzelnen Kulissenteilen, die auf den nächsten Einsatz warteten. Das Team war mit in der Maske, wo die opulenten Perücken und Kopfputze gerade frisch auffrisiert waren und eine Wolke von Haarspray den Damen und Herren fast den Atem nahm. Und das Team war mit in den Katakomben des Theaters, wo die über 100 Kostüme und die wahnsinnig hohen High Heels, auf denen die Männer in dem Stück sich bewegen und tanzen müssen, gelagert werden. Den Vorschlag, so einen Schuh mal anzuprobieren, lehnte der Stimme- Chefredakteur dankend ab.

Und an dieser Stelle brechen wir mal ein Privileg, das sonst die Zeitung hat und plaudern auch mal aus dem Nähkästchen, so wie es die Stimme oft in ihrer beliebten Rubrik „Aufgeschnappt“ tut: Uwe Ralf Heer braucht für jede Szene nur einen Dreh, dann ist sie im Kasten. Er spricht seinen Text frei in die Kamera und zwei Stunden später ist das Ganze auf Sendung  – Respekt!

Silke Zschäckel, Pressereferentin