In dieser Spielzeit hat er als Tartuffe, als Schöller und als Lenglumé in »Die Affäre Rue de Lourcine« das Publikum zum Schmunzeln, Lachen, sogar zum Japsen gebracht. Nils Brück spricht mit Dramaturg Andreas Frane über die harte Arbeit an der Komödie.
Andreas Frane: Welche Voraussetzungen und Eigenschaften sollte man mitbringen, wenn man Komödie spielen will?
Nils Brück: Mein Wissen stützt sich vor allem auf Erfahrungen aus der Praxis. Komödie braucht aus meiner Sicht viele Zutaten: Zuerst einmal Spielfreude – Verspieltsein, Mut – Übermut, Disziplin – Anarchie, Timing, Rhythmus, Genauigkeit, Instinkt, Publikumsnähe und die Bereitschaft zum Scheitern.
Kann man »komisch sein« lernen?
Ich glaube, es gibt
schon Schauspieler, die für dieses Genre besonders begabt sind. Und eine
häufige Beschäftigung mit Komödien verschiedenster Herkunft (aus Frankreich,
Großbritannien, Irland, Amerika, Deutschland) hilft sicher auch, seine
Fähigkeiten auf diesem Gebiet zu entwickeln. Aber nur das und ausschließlich
für die Bühne zu erlernen? Das gibt es wahrscheinlich nicht. Anders ist es im
Zirkus. Da gibt es ja viele und auch tolle Clownsschulen. Auch die Pantomimen
haben eine Spezialausbildung. Beide von mir sehr geschätzte und bewunderte Kunstformen.
Karl Valentin hat einmal gesagt: »Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.«
Trifft das besonders auf die Komödie zu?
Absolut. Man durchläuft während der Proben verschiedenste Phasen. Das Entwickeln einer Situation, das Ausreizen des Scheiterns (denn es geht in der Komödie immer um das Scheitern, um die Not von Individuen in Extremsituationen, um die Zuspitzung einer unlösbaren Schwierigkeit) macht gerade zu Beginn einer Arbeit großen Spaß. Dann geht es um Genauigkeit, um das richtige Timing und um eine Wiederholbarkeit des Ganzen. Das ist harte Arbeit. Auch das gesamte Team kann ja nicht zwanzig, dreißig Mal über das Gleiche lachen. Dabei geht oft der Spaß verloren. Und man muss wie ein Jongleur üben, üben, üben, bis alles sitzt. Belohnt wird man dann, sollte alles gelingen, mit dem herzlichen Lachen des Publikums.
Hierzu vielleicht eine kleine Anekdote aus unserer letzten Vorstellung der »Affaire Rue de Lourcine«: Nach einem Satz in meinem Monolog lachte eine Frau ganz laut auf. Als sie merkte, dass sie die Einzige war, sagte sie »Oh Gott« und hielt sich den Mund zu. Ich hatte mich aber über die Reaktion gefreut und habe sie von der Bühne aus angesprochen: »Ach bitte, Sie können ruhig weiter lachen. Wir freuen uns…« Zum Lachen muss man eben nicht in den Keller gehen …
Wie viele Freiheiten darf / kann man sich denn erlauben?
Tja, das ist eine gute Frage, die auch von uns immer wieder diskutiert wird. Denn wo ist der Grat zwischen dem, was neu hinzukommt und dem Abend gut tut, und dem, was den Abend eher beschädigt? Da trifft man den Punkt nicht immer. Aber trotzdem ist es wichtig, eine Lebendigkeit zu erhalten. Das ist nicht so leicht in unserem Metier.
Es ist viel von Techniken bei Komikern und Komödianten die Rede. Wie verhindert man andererseits, dass Komödie auf der Bühne »technisch« wird und wirkt?
Ich glaube bei allen Stücken, so auch in der Komödie, kommt es darauf an, die Spielsituationen immer wieder neu zu erleben. Jeder Abend sollte ein Unikat sein und somit ein Erlebnis für das Publikum schaffen, dass eben nur an dem speziellen Abend in dieser Form stattfindet. Es ist alles live! Es geht um ein Gemeinschaftserlebnis, mit allen Fehlern, die passieren, mit Zustimmung oder Ablehnung des Publikums. Man muss sich also als Schauspieler trauen, sich im Moment zu bewegen.
Gibt es Gags, Techniken, Witze, die beim Publikum garantiert funktionieren?
Ja, gibt es schon, denke ich. Man muss Sie aber dosiert einsetzen, sonst nutzen sie sich ab. Welche das sind, wird aber nicht verraten …
Nils, ich bedanke mich herzliche für dieses Gespräch.
Den mörderisch komischen Monsieur Lenglumé aus »Die Affäre Rue de Lourcine« spielt Nils Brück nur noch am 20., 25. Und 26. April im Komödienhaus.