Angehende Foto- und Medientechniker haben einen besonderen Blick auf „Tschick“

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Da soll sich noch mal einer über die „Jugend von heute“ beklagen. 11 angehende Foto- und Medientechniker, die derzeit ihre Ausbildung an der Schule für Gestaltung beim Kolping Bildungszentrum Heilbronn absolvieren, kamen mit ihrem Schulleiter Jürgen Häffner freiwillig(!!!) mitten in den Ferien(!!!) ins Theater, um einmal die Theaterfotografie auszuprobieren. Die Foto-Probe von „Tschick“ in der BOXX stand auf dem Programm. Zunächst gab es ein paar Tipps von unserem Theaterfotografen Thomas Braun. Denn Theaterfotografie hat ihre Tücken: Man darf nicht blitzen oder irgendwelche anderen Lichtquellen verwenden als die auf der Bühne. Man kann sich die Akteure nicht arrangieren, sondern muss die besten Momente abpassen, um gute Fotos zu bekommen. Das wiederum bedeutet im Fall von „Tschick“ rund 100 Minuten volle Konzentration ohne Pause. „Drückt nicht einfach sinnlos auf den Auslöser, sondern versucht der Geschichte zu folgen und zu schauen, welche Beziehungen sich zwischen den Schauspielern entwickeln“, gab Thomas Braun den jungen Fotografen mit auf den Weg. „Und Respekt vor den Darstellern!“, sagt er noch. „Im Idealfall dürfen die gar nicht merken, dass Fotografen im Raum sind.“

Nun das ist bei so vielen Fotografen in der kleinen BOXX kaum zu vermeiden, dass die Schauspieler, die ja sehr dicht dran sind an den Zuschauern, die Fotografen bemerken. Trotz der vielen Fotoapparate war es in dieser Probe dennoch eine relativ entspannte Atmosphäre. Also Kompliment an die jungen Fotografen, die wirklich sehr ruhig und überlegt an ihre Aufgabe herangegangen sind: Die schönsten und spannendsten Momente aus „Tschick“ festzuhalten. Gut eine Woche nach der Fotoprobe haben wir die jungen Frauen und Männer in der Schule für Gestaltung besucht und die entstandenen Fotos mit ihnen gemeinsam analysiert. Verblüffend, wie viele schöne Motive entstanden sind. Einigen sind wundervolle Charakterstudien der Schauspieler Katharina Leonore Goebel, Hannes Schumacher und Manuel Sieg gelungen. Andere haben genau die Entwicklung der Handlung beobachtet und sehr treffende Situationen aus dem Stück eingefangen. Wiederum andere haben die Theaterfotos genutzt, um ganz eigene fotografische Kunstwerke daraus zu machen. Alles hat seine Berechtigung, denn der der Blickwinkel des jeweiligen Fotografen macht das Besondere aus. Von den vielen schönen Fotos haben wir einige ausgewählt, die ihr hier sehen könnt. Wir danken Joy Lauter, Annika Kraus, Diala Durmaz, Laura Schramm, Patricia Köberl, Felix Ulmer, Vanessa Max, Carolin Bauer, Yasmin Weber, Laurine Widmer und Marcell Steinwart für ihre schönen Fotos und wünschen viel Erfolg bei der weiteren Ausbildung.

Silke Zschäckel

 

Nach der Premiere ist vor der Premiere

So viele Kollegen aus dem Theater kommen für die Konzeptionsprobe für „Das Fest“ auf der Probebühne zusammen
So viele Kollegen aus dem Theater kommen für die Konzeptionsprobe für „Das Fest“ auf der Probebühne zusammen

Gerade ist der Januar-Premierenzyklus mit „Tschick“ in der BOXX und „Don Karlos“ im Großen Haus über die Bühne gegangen, da beginnen auch schon die Proben für die neuen Stücke: „Nur ein Tag“ in der BOXX (Premiere am 26. Februar); „Das Fest“ im Großen Haus (Premiere am 7. März) und „Die Nervensäge“ im Komödienhaus (Premiere am 12. März). Dieser Tage finden die Konzeptionsproben für alle drei Stücke statt, in denen das Regieteam den Schauspielern und den Mitarbeitern der verschiedensten Abteilungen des Hauses das Konzept für Inszenierung, Bühnen- und Kostümbild vorstellt und das Stück gemeinsam zum ersten Mal gelesen wird. Danach geht es gleich weiter mit den ersten szenischen Proben. Ja, das Räderwerk am Theater steht eben nur in der Sommerpause kurz still …

 Ein Blick auf die Probenkostüme für „Das Fest“
Ein Blick auf die Probenkostüme für „Das Fest“
von Silke Zschäckel

Sie haben den Dreh raus!

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Aberglaube und Theater gehören zusammen wie Pech und Schwefel. Gerade an Premierenabenden, an denen die Spannung ohnehin die einer Starkstromleitung um vieles übersteigt, darf man nichts falsch machen. So darf jedem Schauspieler erst dann „Toi, Toi, Toi“ gewünscht werden, wenn er bereits im Kostüm ist. Außerdem darf nur über die linke Schulter gespuckt werden (angeblich sitzt da der Teufel, den man von der Schulter … na Sie wissen schon) und der Schauspieler bzw. der Beglückwünschte darf sich auf keinen Fall für die guten Wünsche bedanken.

Ein schöner Brauch ist auch der des Premierengeschenks. Viele Produktionsbeteiligte machen sich Gedanken und überlegen sich was kleines Feines, was mit dem Stück in einem Zusammenhang steht. Zur Premiere von „Don Karlos“ am vergangenen Wochenende gab es von Bühnenmeister Pit Müller ein Drehbuch als Geschenk. Ein Drehbuch? Ja genau! Für alle, die „Don Karlos“ noch nicht gesehen haben: Sie dreht sich doch! Und zwar nicht nur die Drehscheibe, sondern auch 2 T-förmige Körper und das jeweils um die eigene Achse. Viele, die „Don Karlos“ am Premierenabend bereits gesehen haben, haben sich gewundert, wie sich diese beiden Körper wie von Zauberhand bewegen können. Um bei der Wahrheit zu bleiben: Es sind vier Zauberhände, die sich mit weiteren vier Zauberhänden bei den Vorstellungen abwechseln. Was Sie als Zuschauer nämlich nicht sehen, sind unsere zwei Techniker, die sich während des ganzen Abends hinter den Körpern verstecken, um diese im richtigen Moment in die richtige Position zu drehen. Vielleicht fühlt sich der ein oder andere Techniker nach knapp drei Stunden Durchdrehens selbst wie durchgedreht, denn die 6,80 m hohen Körper sind mit ihren jeweils 1,4 Tonnen nicht gerade ein Leichtgewicht und müssen fast 30 Mal über den Abend verteilt bewegt werden. Eine von vielen technischen Hochleistungen besteht darin, dem Wunsch des Bühnenbildners Tom Musch nachzukommen, dass sich „die Körper so leicht wie Drehtüren drehen lassen sollten“, dieser Abend besticht aber unbenommen auch durch eine, wenn auch unsichtbare, menschliche Hochleistung hinter den T-Körpern.

Damit sich aber alles so reibungslos dreht und bewegt, hat Pit Müller die „Lizenz zum Durchdrehen“ angefertigt, die den Bühnentechnikern genau zeigt, was wann wo und in welchem Winkel passieren soll. Da könnte man beim Draufschauen fast selbst durchdrehen vor lauter Zahlen, Pfeilen, Punkten. Aber unserer Technikmannschaft hat den Dreh raus, nicht nur was das Lesen des Drehbuchs, sondern auch das Drehen der Körper an sich angeht. Da kann jeder Drehwurm einpacken!

Ab dem 29. Januar können sie wieder erleben, wie im „Don Karlos“ Schauspieler, Techniker und Bühne ab-, um-, weg-, auf- und durchdrehen.

Von Stefanie Symmank

Fach Theater startet in die nächste Runde

Schüler der Klasse 5b zeigen im Standbild  wie es ist verliebt zu sein.
Schüler der Klasse 5b zeigen im Standbild
wie es ist verliebt zu sein.

Schon im vergangenen Schuljahr erarbeiteten zwei Klassen der Wilhelm-Maier-Schule in Obereisesheim, zusammen mit den Theaterpädagoginnen des Theaters Heilbronn, Ramona Klumbach und Antjé Femfert, im Theaterunterricht zwei Theaterstücke »Pssst Lesenacht« und »Atomfurz vs. Beats«. Im Schuljahr 2014/2015 gehen gleich fünf Klassen, zwei fünfte, zwei sechste und eine siebte Klasse, zusammen mit der Theaterpädagogin Ruth Hengel und fünf Lehrerinnen, in die nächste Runde. Sie erarbeiten gemeinsam fünf Theaterstücke, jede Klasse eines, etwa 15-20 Minuten lang, die an einem Abend Ende Juni 2015 auf die Bühne der Schulaula gebracht werden. Durch den Abend, so war es der Vorschlag der siebten Klasse, führen zwei oder vier Figuren, die immer wieder auftauchen und die thematisch sehr unterschiedlichen Teile des Abends geschickt miteinander verbinden.
Theaterunterricht steht an der Wilhelm-Maier-Schule in Obereisesheim fest auf der Tagesordnung. Er ist seit dem Schuljahr 2012/2013 fester Bestandteil im Lehrplan, denn die Wilhelm-Maier-Schule ist »Schule mit Theaterprofil«. Dabei kooperiert und arbeitet sie eng mit dem Theater Heilbronn zusammen. Ziel des Theaterunterrichts, den die Schüler einmal wöchentlich für zwei Schulstunden besuchen, ist es aber nicht, in erster Linie ein glamouröses Stück auf die Bühne zu bringen. Hier geht es um viel mehr, nämlich um die Schüler selbst und deren persönliche Entwicklung. »Was muss man als Schauspieler auf der Bühne alles beherrschen?«, lautet die erste Frage. »Verschiedene Emotionen ausdrücken!«, »Gegen die Aufregung ankommen!«, »Laut und frei sprechen!«, »Sich fokussieren!«, »Im Team zusammen arbeiten!«, sprudelt es aus den Schülern hervor. »Und was von alledem könnt ihr auch für euren Alltag oder euer Arbeitsleben brauchen?« Schnell wird klar, dass im Theaterunterricht nicht für einen bevorstehenden Test oder eine Klausur gebüffelt wird. Hier werden Dinge gelernt, die für alle eine wichtige Rolle spielen. Jeder darf sich zwei Punkte aussuchen, die er gerne im Theaterunterricht lernen würde. Auch die Themen der Stücke suchen die Schüler selbst aus. Die Theaterpädagogin leitet lediglich den Arbeitsprozess an und steht als Theaterspezialistin sowie Mentorin beratend zur Seite.

Von Ruth Hengel

Zu Gast im „kleinen Horrorladen“: Lanie Sumalinog

Bettina Burchard, Lanie Sumalinog, Angelika Hart
Bettina Burchard, Lanie Sumalinog, Angelika Hart

Als eine drei „Ronettes“, unserer Girl-Group im Musical „Der kleine Horrorladen“, verstärkt sie sangeskräftig das Ensemble des Theater Heilbronn. Doch Lanie Sumalinog kennt auch die großen Musicalbühnen in Berlin, Bregenz und Stuttgart – und hat hier bei uns noch eine Sonderaufgabe. Dramaturg Andreas Frane unterhielt sich mit der gefragten Musicaldarstellerin.

Sie haben auf den Philippinen studiert und Ihre Theaterlaufbahn unter anderem mit Stücken wie “Das Tagebuch der Anne Frank” oder “Warten auf Godot” begonnen. Wie sind Sie nach Deutschland und zum Musical gekommen?

Lanie Sumalinog. Während meiner theaterwissenschaftlichen Ausbildung auf den Philippinen habe ich auch privaten Gesangsunterricht genommen. Dann kam ein „Casting Call“ für das Erfolgsmusical “Miss Saigon” in Deutschland. Ich habe das einfach probiert und mit viel positiver Energie als Chance genommen. Und glücklicherweise hat es auch geklappt!

Was waren die Musicalrollen, die Sie bisher am liebsten gesungen und gespielt haben?

Lanie Sumalinog. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, die Rollen Kim und Gigi in „Miss Saigon“, Eponine und Cosette in „Les Misérables“, Esmeralda in „Der Glöckner von Notre Dame“ und Maria Magdalena in „Jesus Christ Superstar“ zu interpretieren.

Bei “Der kleine Horrorladen” sind Sie neben der Rolle der „Crystal“ auch als “Dance Captain” im Einsatz. Was genau muss man sich darunter vorstellen?

Lanie Sumalinog. Als Dance Captain achte ich darauf, die Choreografien der „Ronettes“ in bester Form zu halten. Das bedeutet, dass ich alle Fragen und Probleme kläre, die mit Choreografie und Positionen zu tun haben. Ich übe mit meinen Kolleginnen Angelika und Bettina vor jeder Vorstellung die Schritte, so eine Art Auffrischungsprobe. Denn wenn die Choreografie “schon im Körper” ist, wenn man nicht mehr denken muss: „Welcher Schritt kommt bloß als Nächstes?“, dann kann man wirklich beim Spielen auf der Bühne Spaß haben. (lacht) Und das überträgt sich natürlich auf die Zuschauer

Sind die auch wirklich echt?

Kinder treffen auf Schauspieler nach der Vorstellung

3Erschöpft, aber glücklich sitzen Schauspielerin Angelika Hart und Schauspieler Raik Singer nach der Vorstellung „Die Kuh Rosmarie“ auf der Bühne. Das Stück ist gerade vorbei. Gerade noch applaudierten die jungen Zuschauer aus den Kindergärten „Unterm Regenbogen“ aus Talheim und „Zeppelin“ aus Schwaigern begeistert. Flirrende Nach- und Vorfreude liegt in der Luft. Als Theaterpädagogin Katrin Singer dann nach den Tieren fragt, die die Kinder im Stück sahen, ist es mit der Erstarrung vorbei. Dreißig Hände melden sich, winkende, hüpfende Kinder, Münder, die nicht stehen bleiben wollen. Alle wissen natürlich die Antwort. Als sich dann noch die Schauspieler ins Publikum setzen, begeben sich die Glücksgefühle der Kinder in unendlich Weiten. Es wird sich umarmt, die Schauspieler berührt („Sind die auch wirklich echt?“), über die Autogramme gestaunt und gepost für die Kameras.

Cheese! Muh! Wuff! … Welche Tiere haben noch gleich mitgespielt?

Antjé Femfert

»Acht und zwanzig Jahre und nichts – nichts für die Unsterblichkeit gethan!«

Zerrissen zwischen Utopie und Wirklichkeit – Friedrich Schillers »Don Karlos« im Großen Haus

Foto: Thomas Braun
Foto: Thomas Braun

Es kommt in den besten Familien vor: ein Streit zwischen Vater und Sohn. Häufig geht es dabei um Unabhängigkeit, Selbstbehauptung, Lebensentwürfe, Frauen. Meistens wird eine Lösung des Konflikts gefunden – manchmal durch den Richterspruch der Mutter bzw. Ehefrau − und der Familienfrieden ist wieder hergestellt. Wenn der Vater jedoch der König von Spanien und der Sohn der Kronprinz, die Frau des Hauses gleichzeitig Königin, Stiefmutter und Ex-Verlobte ihres Stiefsohnes ist, verweben sich Familienstreit mit politischen Intrigen und Machtspielen. So auch beim Freiheitsdichter und Geschichtsskeptiker Friedrich Schiller in seinem »Don Karlos«.
Im Palast des spanischen Königs hängt der Haussegen schief. Don Karlos, der Infant von Spanien, liebt seine Stiefmutter Elisabeth. Früher war sie mit ihm verlobt, wurde aber aus politischen Interessen von Philipp, dem König von Spanien und Vater von Karlos, geheiratet. Nur dem Marquis von Posa, der soeben aus den aufständischen flandrischen Provinzen nach Madrid zurückgekehrt ist, wagt Karlos sich zu offenbaren. In einem von Posa arrangierten Treffen zwischen Karlos und Elisabeth weist diese den Infanten entschieden zurück. Posa drängt den Prinzen, sich für den Freiheitskampf der Niederlande zu verwenden. Tatsächlich bittet Karlos seinen Vater um das Kommando über die nach Flandern zu entsendenden spanischen Truppen, doch der König lehnt ab. Der Sohn ist politisch zu unerfahren. Der gewiefte Machtpolitiker Herzog Alba wird an seiner statt ins Krisengebiet geschickt. Don Karlos bleibt in Madrid und wird zum Spielball zahlreicher Intrigen und Interessenkämpfe, in die auch Posa verstrickt zu sein scheint. Aufgerieben zwischen privaten Konflikten und realpolitischen Notwendigkeiten geraten Vater und Sohn, König und Prinz, in eine aussichtslose Lage, in der es um Leben und Tod und um den Fortbestand Spaniens als Weltmacht geht.
Intendant und Regisseur Axel Vornam inszeniert »Don Karlos« in der Rigaer Fassung von 1787. In dieser verzichtet Schiller sowohl auf die Versform, als auch auf die klerikale Ebene. Das Changieren zwischen politischem Drama und Familientragödie, zwischen Utopie und Wirklichkeit, das Ringen um eine neue gesellschaftliche und politische Ordnung des Landes in Spanien um 1568 und im absolutistischen Deutschland nur wenige Jahre vor Ausbruch der Französischen Revolution, bringt Idealist Schiller in dieser Fassung auf den Punkt.

Von Stefanie Symmank

Spät gefreit hat sehr gereut

Donizettis komische Oper »Don Pasquale« kommt als Gastspiel des Münchner Staatstheaters am Gärtnerplatz nach Heilbronn

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Hervorragend inszeniert, noch besser gesungen und bis in die kleinsten Rollen großartig besetzt − so kann man die einhellig positiven Kritikermeinungen zur Komischen Oper »Don Pasquale« am Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz zusammenfassen. Jetzt kommt die erfolgreiche Inszenierung von Sängerinnen-Legende Brigitte Fassbaender nach Heilbronn. Einst startete sie ihre Weltkarriere in München und setzte diese später als erfolgreiche Regisseurin und bis 2012 als Intendantin in Innsbruck fort.
Besonders der delikate, lebensweise Humor ihrer Interpretation stieß auf Begeisterung. Im Interview mit der Münchner Abendzeitung sagte die Regisseurin 2012 im Vorfeld der Premiere: »Ich versuche, die Emotionen zu durchleuchten, mich mit den Personen glaubwürdig zu identifizieren. Man kann dieser Oper nicht mit Buffo-Polterei beikommen.«
Schon zur Uraufführung 1843 in Paris hatte das Publikum seinen Spaß an dem Hagestolz Don Pasquale, der sich auf seine alten Tage eine junge, knackige Frau nehmen will. Seinen Neffen Ernesto hingegen, der die arme aber hübsche Norina liebt, will er mit einer vermögenden Dame verheiraten: Entweder Hochzeit mit der Reichen oder Enterbung.
Das kann allerdings Don Pasquales Arzt Dr. Malatesta, der gleichzeitig der beste Freund von Ernesto ist, nicht mit ansehen. Er spinnt eine kleine Intrige zusammen, um Ernesto zum Glück zu verhelfen und dem alten Geizhals eine Lehre zu erteilen. Dr. Malatesta schlägt Don Pasquale seine Schwester Sofronia als Braut vor, bescheiden, sittsam, in einem Kloster erzogen und auch noch jung und schön. Hinter der angeblichen Schwester verbirgt sich jedoch niemand anders als Norina, die sofort ganz nach dem Geschmack des Alten ist. Schnell wird geheiratet. Doch kaum ist der – fingierte – Kontrakt geschlossen, verwandelt sie sich in eine Furie, die den Alten durch maßlose Geldausgaben ebenso ärgert, wie durch ihren Eigensinn … Wie Don Pasquale diese Heirat bereut, kann man sich denken und in 11 Vorstellungen zwischen Januar und März im Heilbronner Theater erleben.

Chef der Theater-Schaltzentrale

Michael Köwer ist Leiter des künstlerischen Betriebsbüros

Michael K.Wenn man in Michael Köwers Büro schaut, hat er fast immer einen Telefonhörer in der Hand und trifft Absprachen für die nächsten Proben und Vorstellungen. Trotzdem hat der 31-Jährige, der seit September Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros am Theater Heilbronn ist, immer noch Zeit für ein Lächeln und leiht, kaum dass er den Hörer aufgelegt hat, sein Ohr schon wieder dem nächsten, der in seiner Tür steht und etwas mit ihm klären muss. Das Künstlerische Betriebsbüro, kurz KBB, gleicht einem Taubenschlag. Es ist die Schaltzentrale am Theater, in der alle Fäden zusammenlaufen.
Das Talent für Planung und Organisation ist bei Michael Köwer wahrscheinlich genetisch bedingt. Denn schon sein Vater ist Künstlerischer Betriebsdirektor am Prinzregententheater in München. „Ich bin quasi im Theater aufgewachsen“, sagt der 31-Jährige. Dieser stressige, verantwortungsvolle Beruf ist tatsächlich sein Traumjob. „Ins Theater wollte ich unbedingt, weil da so viele besondere und leidenschaftliche Menschen arbeiten“, sagt er. „Aber ich wollte nicht ins Rampenlicht, sondern in die Organisation. Dicht dran zu sein an der Kunst und diese zu ermöglichen, das ist mein Ding.“ Nach dem Abitur begann er mit dem Studium der Theaterwissenschaften, Philosophie und Kunstgeschichte in München und wechselte dann in das viel praxisorientiertere Bayreuth zu den Theater- und Medienwissenschaften in Kombination mit angewandter Informatik. Dann setzte er noch den Master in Theater- und Orchestermanagement in Frankfurt/Main oben drauf. Zunächst ging er dann für drei Jahre ans Theater Ulm als Mitarbeiter des KBB und der Öffentlichkeitsarbeit. Es folgten drei weitere Jahre am Staatstheater Hannover auch als Mitarbeiter des Künstlerischen Betriebsbüros. Und nun trägt Michael Köwer in Heilbronn als Chefplaner die alleinige Verantwortung.

Er muss dafür sorgen, dass der Proben- und Vorstellungsbetrieb präzise wie ein Schweizer Uhrwerk läuft. Das Grundgerüst liefert die Jahresplanung. Wann sind die Premieren auf den drei Bühnen? Dann werden die über 500 Vorstellungen pro Spielzeit geplant. Außerdem müssen die Probenzeiten für jedes einzelne Stück disponiert werden. Wann ist es auf der Probebühne, wann auf der eigentlichen Bühne. Wann probieren Regie und Schauspieler allein, wann kommen Licht, Ton, Kostüme und Maske dazu? Zu berücksichtigen sind auch die Werkstattzeiten – ob in der Schneiderei, in der Schlosserei, der Schreinerei oder im Malersaal – überall brauchen die Kollegen genügend Zeit und Raum, um an drei bis vier Inszenierungen parallel arbeiten zu können. In den Monatsplänen geht es weiter ins Detail: Braucht man vor den Vorstellungen Durchsprech- oder Verständigungsproben? Werden die vorgeschrieben Ruhezeiten eingehalten? Sind die täglichen Umbauten oder die Licht- und Toneinrichtungen auf den Bühnen in der vorgesehenen Zeit zu bewältigen? Im wöchentlichen Plan, den das KBB nach Abstimmung mit allen technischen Abteilungen herausgibt, ist die Planung noch feiner. Letztlich bindend für alle ist der minutiös ausgearbeitete Tagesplan, der bis 14 Uhr für den Folgetag fertig sein muss und der von den zu probenden Szenen, übers Einsingen, Soundchecks oder Kostümanproben alles festhält und namentlich zuschreibt, was am jeweiligen Tag im Theater passiert.

Doch manchmal machen Krankheiten einen Strich durch die schönsten Planungen. Michael Köwer lässt sich von solchen „Katastrophen“ nicht schrecken. Im Gegenteil, diese Herausforderungen geben ihm positive Energie. „Wenn man im Zusammenspiel mit allen Abteilungen ganz schnell nach Lösungen sucht und die Vorstellung am Abend trotz aller Widrigkeiten läuft und das Publikum gar nichts merkt, ist das ein richtig gutes Gefühl.“

Die Bauprobe (oder auch der erste Schritt Richtung Premiere)

Miniatur Bühnenbild "TIE BREAK"
Fotos und Beitrag: Jule Fuchs

Gestern habe ich die Bauprobe zur Komödie „Tie Break“ von Charles Lewinsky in unserem Hause besucht. Am 16. Mai 2015 feiern wir Premiere im Komödienhaus.

Doch – was ist denn eigentlich eine Bauprobe? Wieso benötigt man so etwas für ein Stück und wie läuft das Ganze ab?

Bis ein Stück auf die Bühne kommt durchläuft es einige Prozesse/Phasen. Von der Suche nach dem richtigen Stück bis zu dem Tag, an dem sich der Vorhang endlich öffnet. Etwa 4 Monate vor der Premiere findet die so genannte Bauprobe statt. An diesem Termin haben sich meist Regisseur und Bühnenbildner schon getroffen, um die Gestaltung und Verwirklichung des Bühnenbildes festzulegen. Dafür wird in der Regel ein Bühnenbildentwurf erstellt. Um sich die Bühne schon mal besser vorstellen zu können, fertigt der Bühnenbildner eine Miniatur des zukünftigen Bühnenbildes an. Mit kostengünstigen Mitteln (also nicht dem tatsächlichen Material) wird dann auf der „richtigen“ Bühne das zukünftige Bühnenbild angedeutet. Dieses soll als Veranschaulichung für Regisseur, Bühnenbildner, Techniker und allen anderen, die an diesem Stück beteiligt sind, dienen. Ebenso erkennt man die Proportionen des Bühnenbildes, wie zum Beispiel die Auf- und Abtrittsmöglichkeiten. So können der Regisseur und der Bühnenbildner die Nutzbarkeit kontrollieren, bevor es dann in den Theaterwerkstätten realisiert werden kann.

Zur Bauprobe sind dann alle Hausmitgleider eingeladen. Der zuständige Dramaturg der Produktion erklärt in einer kurzen Einführung den Inhalt des Stückes, etwas über den Autor, also in diesem Fall Charles Lewinsky, und was es für eine Besetzung geben wird. Für zusätzliche Fragen ist der Regisseur ebenfalls anwesend.
So. Der Anfang ist gemacht. Zumindest für unsere Komödie.
In den nächsten Tagen, Wochen und Monaten begleite ich das Stück. Vom ersten Möbelstück bis hin zu Premiere. Was es als nächstes sein wird, das werdet ihr schon bald sehen. Seid gespannt!