Auf Reisen für Tanz! Heilbronn

Irgendwie klingt es ja ziemlich schick: durch die Gegend fahren, um Tanzstücke anzusehen. Womöglich nach London, Paris, Stockholm. Manchmal ist es auch beglückend, spannend, anregend, und die Tanzkuratorin denkt, sie hat den schönsten Beruf der Welt. Die Kehrseite des Lebens unterwegs sind einsame Hotelfrühstücke, Stunden in verspäteten Zügen, übermüdetes Warten in Abflughallen und zu wenig Zeit daheim.

Ob sich die Fahrt lohnt, weiß man vorher oft nicht. Im besten Fall ist das Stück toll, passt gut zum eigenen Festival-Thema und während des Anschauens formuliert sich schon der Ankündigungstext im Kopf. Eventuell ergeben sich überraschende Querverbindungen zu anderen ins Visier genommenen Stücken und man freut sich auf das In-Beziehung-setzen, das ein Festival ermöglicht.

Aber es kann auch schief gehen: das Stück ist nicht so gut wie erhofft und im anschließenden Gespräch mit dem Choreografen übt sich der Gast in diplomatischen Formulierungen oder vorsichtig geäußerter Kritik und hofft, dem Künstler und der Arbeit dabei dennoch gerecht zu werden.

Schließlich sind eine Reihe von Wunschproduktionen ins Auge gefasst und das Puzzlespiel beginnt: Die Künstler müssen in der fraglichen Festivalwoche Zeit haben, die Stücke brauchen eine passende Bühne – vom Großen Haus bis zu den kleinen Kammerspielen – , das Budget darf nicht überschritten werden und die Anfangszeiten wollen abgestimmt sein. Und stimmt der Gesamtbogen des Festivals noch? Ist es abwechslungsreich genug? Was machen wir im Rahmenprogramm? Und müsste ich nicht eigentlich schon über 2013 nachdenken?

Immer gibt es irgendeinen Programmpunkt, der sich erst in den allerletzen Tagen vor Drucklegung des Festivalprogramms entscheidet. So bleibt es spannend bis zum Schluss – hoffentlich später auch für das Publikum.

Karin Kirchhoff, Kuratorin

Ein paar spannende Fotos zu Tanz! Heilbronn 2011 gibt es hier:

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Poesie zum Mittag

Die etwas andere Mittagspause – nämlich unsere Literarische Mittagspause – erfreut sich großer Beliebtheit beim Publikum. Jeden letzten Mittwoch im Monat von 13.00 bis 13.30 Uhr findet sie im Kammerfoyer statt. Ein Ensemblemitglied stimmt Sie mit Auszügen aus Romanen, Briefen oder Kurzgeschichten auf aktuelle Inszenierungen ein.

Dieser Tage konnte man sich in der literarischen Mittagspause auf die Inszenierung „Der Process“ von Franz Kafk vorbereiten.
Gabriel Kemmether las aus Kafkas „Brief an den Vater“, der als Schlüsselwerk gilt, um Kafkas komplexe Werke zu verstehen.
Chefdramaturg Christian Marten-Molnár gab dem Publikum eine kurze Einführung in die Materie. Der „Brief an den Vater“ wurde 1919 geschrieben und erreichte nie seinen Empfänger. Kafka hatte den Brief, den er vermutlich als Antwort auf den Ärger seines Vaters über Kafkas „unstandesgemäße“ Heiratspläne verfasste, nie abgeschickt. In 103 Seiten setzte er sich mit den grundsätzlichen Konflikten zwischen ihm und seinem Vater auseinander und schaffte damit einen hochliterarischen Text, der heute als bezeichnend für Franz Kafka gilt.
Für die literarische Mittagspause wurden Auszüge aus diesem Brief genommen, die das Verständnis des „Process“ erleichtern. Bei Kaffee oder Cola lauschte das Publikum Gabriel Kemmether, der dem Brief Leben einhauchte.

Unsere nächste Literarische Mittagspause findet am 25. Januar statt. Genießen Sie diese Pause mit Frank Linert-Mondanelli. Er liest aus „Mr Shi und der Gesang der Zikaden“ von Yiyun Li. Die berührende Geschichte über den Renter Mr. Shi, der seine emigrierte Tochter in den USA besucht und nicht versteht, ist Gegenstück und Ergänzung zu unserer Inszenierung von Roland Schimmelpfennigs rasantem Schauspiel »Der Goldene Drache«.

Karten für 2 Euro unter 07131/563001 oder 563050

Rebecca G., Praktikantin

Der Process

Wahnsinnsritt durch „Shakespeares sämtliche Werke“ beginnt

Kaum ist ein Stück zur Premiere gebracht, beginnt auch schon der Probenzyklus für ein Neues. Für das Komödienhaus wird gerade der Wahnsinnsritt durch „Shakespeares sämtliche Werke“ geprobt. Leicht gekürzt, denn statt rund 150 Stunden, die eine Aufführung von Shakespeares 37 Tragödien, Komödien und Königsdramen dauern würde, braucht es für diesen Abend nur zwei Stunden.
Drei gut aufgelegte Schauspieler: Gabriel Kemmether, Oliver Firit und Tobias Weber spielen alle großen Herren- und Damenrollen des Großmeisters der englischen Dramatik und stellen sie in die aberwitzigsten Zusammenhänge. Nils Brück führt Regie und will das Publikum zur einer Achterbahnfahrt durch Shakespeares Werk und gleichzeitig durch 400 Jahre Theatergeschichte einladen. Bühnen- und Kostümbildner Martin Fischer will nicht nur die Schauspieler in Renaissance-Kostüme stecken, sondern er hat auch eine überraschende Lösung für die Bühne gefunden. Welche das ist, kann man spätestens zur Premiere am 21. Januar um 20 Uhr im Komödienhaus sehen.

Silke Zschäckel, Pressereferentin