Drehtürenballett bei »Tartuffe«

Bam. Stella Goritzki bekommt beim Abgang von der Bühne die Drehtür ins Gesicht und lässt einen Heuler los. Aber vom Regiepult in der achten Reihe des Großen Hauses hört man Lacher. Nein, das ist kein Unfall. Das ist die »Drehtürballett«-Probe am Donnerstagabend, zehn Tage vor der Premiere.

Für die Inszenierung von Molières »Tartuffe« haben sich Regisseur Klaus Kusenberg und Bühnenbildner Peter Scior einen rechtwinklig zulaufenden, getäfelten Raum bauen lassen, der es in sich hat: Jeweils zwei der Wände rechts und links bestehen aus Drehtüren, die Spitze hinten ist ein Drehkreuz. Das ist in einem Stück, in dem permanent »Durchgangsverkehr« herrscht und potentielle Lauscher an der Wand auch mal überraschend in den Raum purzeln, ein ideales Mittel, um Tempo bei den Auf- und Abritten und slapstickartige Komik zu ermöglichen.

Aber damit die Türen aus Birkenholz (darunter ist ein Eisenrahmen!) im Gesicht wirklich nur inszeniert sind und keine Finger gequetscht werden, heißt es: üben, üben, üben. Deshalb eine ganze Bühnenprobe, nur um genau – und mit Beteiligung der Arbeitssicherheit – abzuklären, wie sich die Geschwister Mariane (Stella Goritzki) und Damis (Sven-Marcel Voss) die Wände auf die Nasen hauen, die stets lauschende Dorine (Sabine Unger) unverhofft ins Zimmer stürzt oder der Gerichtsvollzieher Monsieur Loyal (Frank-Lienert Mondanelli) ganz am Schluss seinen gewichtigen Auftritt hat. Nicht zu vergessen, wer wann die Türen und das Drehkreuz wieder schließt. Regieassistentin Nina Steinert und Inspizientin Kim Dinah Burkhard notieren alle Positionen und Abläufe akribisch mit, um zu garantieren, dass auch bei der Wiederaufnahme im Herbst dem »Tartuffe« das Timing nicht abhanden kommt.

Noch einmal bekommt Stella Goritzki – das ist jetzt der fünfte Versuch – die Drehtür von ihrem »Bruder« Sven-Marcel Voss ins Gesicht. Und rächt sich ihrerseits mit einem Türschlag. Bam bam. »Sehr charmant«, lacht Klaus Kusenberg von seinem Platz am Regiepult. »Das halten wir genau so fest. Und jetzt noch mal.«

Premiere am 23. Juni 2018, 19.30 Uhr
Weitere Informationen zum Stück: https://www.theater-heilbronn.de/spielplan/detail/inszenierung/tartuffe.html

Meet the Cast: Anneke Brunekreeft und Lina Gerlitz

Sie haben beide gerade erst ihren Abschluss gemacht: Anneke Brunekreeft und Lina Gerlitz kommen frisch von der Ausbildung an der Folkwang Universität der Künste in Essen nach Heilbronn. Bei den „hoffnungslos verdorbenen Schurken“ sind sie durchgehend im Einsatz – fast von der ersten Minute an. Als „Schurkenopfer“ Marianne und Sophia, als Hotelgäste, Stubenmädchen, Jahrmarktsfiguren und und und … Singend, spielend, tanzend – und Teile der Ausstattung über die Bühne schiebend, um die atemberaubend schnellen Umbauten zu gewährleisten. „Die Arbeit war eine große Freude“, lacht die gebürtige Schweizerin Anneke Brunekreeft. Und Lina Gerlitz ergänzt: „Wir sind als ganzes Ensemble so vielseitig. Darsteller aus Schauspiel und Musical treffen aufeinander und bereichern sich gegenseitig und natürlich letztlich das Stück.“

Die nächsten (und letzten) Vorstellungen sind am 17. Juni (15 Uhr!), am 5. und am 19. Juli!

Informationen zum Stück unter: https://bit.ly/2sP06Pp

Meet the Cast: Julia Klawonn aus „Zwei hoffnungslos verdorbene Schurken“

Wirbelwind mit großer Stimme

Als eifrige »Prinzenjägerin« Muriel Eubanks aus Omaha, Nebraska, gibt Julia Klawonn im Musical »Zwei hoffnungslos verdorbene Schurken« die Komödiantin und wird dafür bejubelt.

Julia Klawonn und Gabriel Kemmether Foto: Thomas Braun

Und obwohl sie in den letzten Jahren mit unterschiedlichsten Rollen vor allem an der Comödie Dresden und auf dem Theaterschiff Stuttgart ihr Publikum zum Grinsen, Lachen und Prusten gebracht hat, hat die in Weimar geborene und aufgewachsene Schauspielerin in ihren Jahren am Mittelsächsischen Theater Freiberg auch oft die großen Klassikerrollen gespielt, von der Recha in »Nathan der Weise« bis zu Goethes Gretchen. Zusätzlich zu ihrem Schauspielstudium studierte Julia Klawonn noch Gesang und Musical bei Julia Klotz (in Heilbronn bekannt durch den Beatles-Abend »White!« und zuletzt als Eliza in »My Fair Lady«) und dem renommierten Regisseur Craig Simmons. Seitdem spielt, singt und tanzt sie sich mit Begeisterung nicht nur durch Klassiker wie »High Society« oder den »kleinen Horrorladen«, sondern auch in einer inzwischen beachtlichen Serie von musikalischen Solo-Programmen und Revuen. Als wir Julia Klawonn bei einem unserer Vorsprechen kennen lernten, begeisterte sie uns vor allem mit ihrer Lebhaftigkeit und ihrem sprühenden Witz. Und als wir später einen Gast für die schräge Rolle der Muriel Eubanks brauchten, mussten wir gar nicht mehr suchen.

Orlando stellt sich vor! Teil 5

Der Brite Owen Willetts singt die Titelrolle des Orlando

Foto: Felix Grünschloß
Foto: Felix Grünschloß

Last but not least: Als letztes Ensemblemitglied unserer Barockopern-Inszenierung “Orlando”, die am 5. März ihre umjubelte Premiere feierte, stellt Ihnen unser Londoner Counter-Tenor Owen Willetts die Titelfigur vor – und sich selbst.

Wer und was ist Orlando in unserer Inszenierung?

Orlando ist ein Mann, den Zweifel und Sehnsucht umtreiben. Er fühlt sich nach einem Leben physischer und mentaler Traumata verloren und sucht verzweifelt nach etwas Stabilität und Frieden. Aber ob er den Frieden in der Pflichterfüllung oder einer Abkehr von seinen Pflichten findet (falls er ihn überhaupt finden kann), das ist die Frage in unserer Geschichte.

Wer ist Owen Willetts?

Ich bin Brite und Europäer und verbringe viel Zeit damit, unterschiedliche Menschen zu spielen. Ich finde es aufregend, in verschiedenen Teilen der Welt zu arbeiten und etwas über jeden von ihnen zu lernen. Aber ich liebe es auch, einfach zu Hause in meiner eigenen Küche zu sein und durch die schöne, grüne englische Landschaft zu wandern.

Orlando stellt sich vor! Teil 4

Sara-Maria Saalmann gastiert als Angelica

Foto: Daniela Raskito
Foto: Daniela Raskito

 

Nur acht Mal ist Georg Friedrich Händels „Orlando“ ab 5. März am Theater Heilbronn zu sehen. In der Kooperation mit dem Württembergischen Kammerorchester und der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst übernimmt die Sopranistin Sara-Maria Saalmann die Partie der Angelica.

Wer und was ist Angelica in unserer Inszenierung?
Angelica ist eine junge Frau, die sich in ihrer Beziehung mit Orlando seit einiger Zeit allein fühlt, weil Orlando als erfolgreicher Kriegsheld stets unterwegs ist. Sie verfällt dem Charme eines Mannes, der sie auf eine Weise betrachtet, in der sie sich in ihrer Weiblichkeit gesehen fühlt, so entwickelt sich aus körperlicher Anziehung eine große Liebe zu Medoro, für die sie eine Zukunft sucht.

Wer ist Sara-Maria Saalmann?
Ich wurde in Valencia, Spanien, geboren, wuchs in Hamburg auf und war Mitglied der Jugend-Opern-Akademie an der Hamburgischen Staatsoper. Ich hatte diverse Hauptrollen in einer zehnjährigen Laufbahn an der dortigen Kinderopernreihe „opera piccola“ und 2014 an der Staatsoper auch mein Debüt als Tabarco in Händels „Almira“. Seit 2010 studiere ich Gesang bei Prof. Turid Karlsen, zuerst in Hamburg, dann in Stuttgart und werde im kommenden Semester meinen Master Gesang abschließen.

Orlando stellt sich vor! Teil 3

Lisbeth Rasmussen Juel singt „Medoro“

Foto: Jessica Epstein
Foto: Jessica Epstein

 

In unserer Inszenierung von Georg Friedrich Händels „Orlando“ spielt und singt die Mezzosopranistin Lisbeth Rasmussen Juel ab 5. März die „Hosenrolle“ des Medoro. Sie stellt für unseren Blog kurz ihre Figur und sich selbst vor.

Wer und was ist Medoro in unserer Inszenierung?

Medoro ist ein selbstbewusster, charmanter Mann, der es ziemlich einfach mit den Frauen hat. Er steht in der Oper zwischen Angelica und Dorinda. Im Lauf der Handlung wird es ihm klar, dass er Angelica nicht nur körperlich liebt, sondern dass seine Liebe sehr viel tiefer geht.

Wer ist Lisbeth Rasmussen Juel?

Ich wurde in Kopenhagen geboren und bin seit Oktober 2013 in Stuttgart im Master-Studiengang Oper bei Ulrike Sonntag. Letzten Sommer war ich „Linda Wallander“ in einer Opernweltpremiere nach Henning Mankell, und mit Händel bin ich schon bei konzertanten Aufführungen von „Rodrigo“ bekannt geworden. Da war ich aber der Titelheld und nicht der Gegenspieler.

„Orlando“ stellt sich vor! Teil 2

Johanna Pommranz singt Dorinda

Foto: Daniel Schneider
Foto: Daniel Schneider

Ab dem 5. März zeigt das Theater Heilbronn Georg Friedrich Händels Barockoper „Orlando“ als Kooperation mit dem Württembergischen Kammerorchester und der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart. Als zweites Ensemblemitglied stellt die junge Sopranistin Johanna Pommranz sich und ihre Rolle vor.

Wer und was ist Dorinda in unserer Inszenierung?

Dorinda ist ein Zimmermädchen im „Gloria Hotel“. Sie ist jung, ehrlich und sehr verliebt in Medoro, doch leider wird diese Liebe nicht erwidert, auch wenn er es ihr am Anfang so vorspielt. Schmerzlich muss sie feststellen, dass die Männerwelt sie immer enttäuscht.

Wer ist Johanna Pommranz?

Ich bin 22 Jahre alt, studiere an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Bachelor Gesang bei Prof. Ulrike Sonntag, sowie parallel Schulmusik mit Hauptfach Blockflöte. Bis jetzt war ich vor allem im Konzertfach zu hören. „Orlando“ am Theater Heilbronn ist ein besonderes Erlebnis für mich, weil es meine erste professionelle Opernproduktion ist.

„Orlando“ stellt sich vor!

Konstantin Krimmel singt den „Zoroastro“ in Händels „Orlando“

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Foto: Florian Lill

Nach „Così fan tutte“ wagt sich das Theater Heilbronn in Zusammenarbeit mit dem Württembergischen Kammerorchester und der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart zum zweiten Mal an eine selbst inszenierte große Repertoire-Oper. Händels „Orlando“, unter der musikalischen Leitung von Michael Form und in der Regie von Axel Vornam, hat am 5. März Premiere im Großen Haus.

In loser Folge stellen wir hier die Figuren dieser wunderschönen Barockoper und ihre Interpreten und Interpretinnen vor.

Den Anfang macht Bariton Konstantin Krimmel.

Wer und was ist Zoroastro in unserer Inszenierung?

Zoroastro ist der Besitzer und Geschäftsführer des Gloria Hotels, das in einem Krisengebiet als Zuflucht- und Rückzugsort dient. Allerdings entscheidet Zoroastro selbst, wer in den Schutz seines Hotels kommt, und versucht den vom Krieg erschöpften Orlando, der hin- und hergerissen ist zwischen Liebe und Pflicht, zu bewegen, sich endlich für eine Seite – und zwar für die der Pflicht – zu entscheiden.

Wer ist Konstantin Krimmel?

Ich bin 24, gebürtig aus Ulm und studiere derzeit im 7. Semester Bachelor Gesang bei Teru Yoshihara. Neben der Ausbildung im Lied- und Konzertfach habe ich bereits als Antonio in der Opernschulproduktion „Figaros Hochzeit“ Bühnenerfahrung gesammelt und bin sehr gespannt auf die weitere Arbeit mit Axel Vornam und allen Beteiligten aus „Orlando“ hier in Heilbronn.

Das Erfolgs-Musical »Big Fish« macht für fünf Vorstellungen in Heilbronn Station

Ein richtig großer Fisch!

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Eine Meerjungfrau taucht aus dem Orchestergraben auf, ein Riese stolpert auf die Bühne, Hexen wirbeln mit wallenden Gewändern aus den Gassen, ein Walfisch verschlingt ein ganzes Bett. Einen richtig großen Fisch hat die Bayerische Theaterakademie in München da an Land gezogen: 1993 gegründet, ist die Theaterakademie August Everding die größte Ausbildungsstätte für Bühnenberufe in Deutschland und vereint acht verschiedene Studiengänge. Zum 20-jährigen Jubiläum des Studiengangs Musical gelang es, für die Abschlussinszenierung im traditionsreichen Prinzregentenheater die Europäische Erstaufführung des Broadway-Erfolges »Big Fish« zu sichern. Ein vor Fantasie nur so sprühendes Musical für die ganze Familie, das den jungen Künstlerinnen und Künstlern der Akademie ermöglicht, die ganze Breite und Tiefe ihrer Talente auszuloten. Nicht nur das Publikum der Premiere geriet aus dem Häuschen, auch die Presse kam ins Schwärmen: Die Kritiker der Süddeutschen Zeitung fanden den Abend »zauberhaft«, »wunderbar«, »so ideenreich, so liebevoll, so frisch«.

Und wenn es um Kreativität und Fantasie geht, dann passt dazu auch perfekt die Geschichte von »Big Fish«, die wahrscheinlich weniger durch den Roman von Daniel Wallace als durch die Verfilmung von Tim Burton aus dem Jahr 2003 bekannt ist: Wie ein moderner Münchhausen erzählt der Vertreter Edward Bloom allen, die es hören wollen, seine Lügenmärchen. Von der Kleinstadt, die er nicht ein, sondern gleich zwei Mal gerettet hat, von der Hexe, die ihm in ihrer magischen Kugel seinen Tod vorhergesagt hat, von dem geheimnisvollen Zirkus, in dem er drei Jahre lang arbeiten musste, um das Rätsel um die Liebe seines Lebens lösen zu können. Und und und … Selbstverständlich ist Edward in all seinen Anekdoten und Schwänken immer der Held, der »große Fisch«. Nur seinen Sohn Will kann er damit nicht mehr beeindrucken. Denn wenn die Wahrheit immer von der Fantasie übermalt wird, wie soll man sie dann erkennen? Und wie soll man den eigenen Vater kennenlernen?

Als bei Edward eine schwere Krankheit diagnostiziert wird, macht sich Will auf die Suche nach dem »wahren« Edward Bloom. Und erlebt im Rennen gegen die ablaufende (Lebens-)Zeit nicht nur eine Überraschung …

Die Musicalfassung von »Big Fish« stammt von dem bekannten Drehbuchautor John August (»Charlie und die Schokoladenfabrik«) und dem Autor und Komponisten Andrew Lippa, dessen preisgekröntes Werk »The Wild Party« in der Spielzeit 2004/2005 in Heilbronn deutsch erstaufgeführt wurde. Für die mitreißende Inszenierung sorgen international begehrte Musicalprofis wie der Regisseur Andreas Gergen (Jekyll und Hyde, Shrek – das Musical, Hairspray), der Bühnenbildner und Projektionsdesigner Sam Madwar und der Choreograf Danny Costello.

Und Achtung: »Big Fish« wird nur vom 25. bis 29. Januar für fünf Vorstellungen in Heilbronn Station machen. Sichern Sie sich Ihre Karten im Vorverkauf!

Schuldig oder nicht schuldig – wie werden Sie entscheiden?

Schuldig oder nicht schuldig – wie werden Sie entscheiden?

Gerechtigkeitsgttin

»Das Stück der Saison ist eigentlich kein Stück, Sondern ein Ereignis«, jubelte ein Kritiker. Und in »Der Spiegel« gestand der Filmemacher und promovierte Jurist Alexander Kluge: »Ich gehe nicht oft ins Theater. Aber ich wünschte mir mehr solcher Stücke.« Geschrieben wird hier über »Terror«, den derzeit meist gespielten deutschsprachigen Theatertext, der an 47 Bühnen, von Berlin bis Wien, von Kopenhagen bis Venezuela zu sehen ist.
»Terror« ist der Bühnenerstling von Ferdinand von Schirach, einem der auch international erfolgreichsten deutschen Schriftsteller und einem der prominentesten deutschen Strafverteidiger. 2009 debütierte er mit 45 Jahren mit dem Erzählband »Verbrechen« als Autor, inzwischen sind ein weiterer Band mit Erzählungen (»Schuld«), zwei Romane (»Der Fall Collini« und »Tabu«) und eine Reihe von Essays erschienen – und nun ein Theaterstück, das seit der Doppeluraufführung am 3. Oktober 2015 in Berlin und Frankfurt Publikum und Presse begeistert.
Von Schirach nutzt in »Terror« die inhärente Theatralität unseres Rechtssystems: Auf der Bühne läuft eine Gerichtsverhandlung ab, mit einem Vorsitzenden, einem Angeklagten, einem Verteidiger, einer Staatsanwältin und Zeugen. Ein – leider gar nicht mehr so unwahrscheinlicher – Fall wird verhandelt: Am 26. Mai 2013 entführte ein Terrorist einen Airbus der Lufthansa. Er drohte, das Flugzeug mitten in ein voll besetztes Fußballstadion, die Allianz-Arena in München, stürzen zu lassen und so 70 000 Menschen zu töten. Der Bundeswehr-Major Lars Koch hat das Flugzeug kurz vor der Katastrophe aber abgeschossen und dadurch 164 Menschen an Bord getötet. Nun soll vor der Großen Strafkammer des Schwurgerichts entschieden werden, ob er dafür schuldig oder unschuldig gesprochen wird. Und die Entscheidung trifft – das Publikum, das als Schöffinnen und Schöffen am Prozess beteiligt ist.
Mit diesem klugen »Kniff« kommt das Geschehen auf der Bühne tatsächlich »über die Rampe« und bezieht die Zuschauerinnen und Zuschauer unmittelbar mit ein. Nicht nur in den Prozessverlauf, sondern auch in den spannenden Diskurs über Recht und Gerechtigkeit, Schuld und Verantwortung, Moral und Ethik, den von Schirach hier anstößt.
Über die konkrete (Spiel-)Handlung hinaus veranstaltet er ein Gedankenexperiment, das zu einer eigenen Haltung herausfordert und drängende Fragen unserer Zeit zuspitzt: Darf Leben gegen Leben aufgewogen werden? Rechtfertigt der Zweck die Mittel? Sind die Werte unseres Grundgesetzes und der Kampf gegen den Terror, das Bedürfnis nach Sicherheit und der Drang nach Freiheit miteinander vereinbar? Nach welchen ethischen Koordinaten richten wir unser Leben und Handeln aus? Wie werden wir entscheiden? Was tun?
Am Theater Heilbronn inszeniert Intendant Axel Vornam dieses »Stück der Stunde« in einem stilisierten Gerichtssaal. Für die Rolle des Angeklagten, Major Lars Koch, kommt Ferdinand Seebacher als Gast noch einmal zurück ins Ensemble.