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Noch einmal wollen wir euch mit interessanten Hintergrundinfos zu Samuel Becketts »Endspiel« versorgen, das in der Inszenierung unseres Intendanten Axel Vornam am 26. Novemer 21 die letzte Vorstellung hat.
Das »Endspiel« provozierte – wie alle Texte Becketts – eine ganze Flut von Interpretationsansätzen. Auch an den Namen der beiden Figuren »Hamm« und »Clov« arbeiteten sich ganze Generationen von Theatermenschen und Literaturwissenschaftlern ab. Ernst Schröder, der Hamm in Becketts eigener Inszenierung in der Werkstatt des Berliner Schiller Theaters 1967, erklärte sich die Namensgebung damit, dass seine Figur wie ein Hammer auf drei Nägel (seine Interpretation der Namen Clov, Nagg und Nell) einschlägt.
Etwas peinlich wurde es für den legendären Philosophen Theodor W. Adorno: In seinem Aufsatz »Versuch, das Endspiel zu verstehen« von 1961 leitete er Hamm von Hamlet her, Clov sein ein »verkrüppelter Clown«. Bei einer Feierstunde des Suhrkamp Verlag zu Ehren Becketts bestand er auf seiner Interpretation, obwohl der Autor ihm schon vorher beim Mittagessen heftig widersprochen hatte. Darauf hin flüsterte Samuel Beckett seinem Verleger Siegfried Unseld ins Ohr: »Das ist der Fortschritt der Wissenschaft, dass die Professoren mit ihren Irrtümern weitermachen können!«
Wofür stehen für Sie Hamm und Clov? Spannen Sie Ihre interpretatorischen Muskeln bei der letzten Vorstellung unseres »Endspiels« am 26. November!
Was haben Wissenschaft und Theater gemeinsam? Wie können sie sich gegenseitig befruchten? Das sind die Fragen, aus denen sich das Heilbronner Festival »Science & Theatre« entwickelt hat. Zum zweiten Mal laden experimenta und Theater Heilbronn vom 17. bis zum 21. November zum Forschen, Entdecken und Staunen ein.
Sechs ganz unterschiedliche Inszenierungen zeigen, was die Bühnenkunst aus und mit Wissenschaft alles anstellen kann: Ein bekannter Autor lässt von sich selbst ein Roboter-Double anfertigen, das in einem Stück auftritt. Zwei Schwestern sehen in Künstlicher Intelligenz die Lösung ihrer persönlichen Pflegeprobleme. Kuriose Maschinen machen in der lustvollen Performance einer niederländischen Gruppe Musik »auf Kollisionskurs«. Oder bei einer spannenden Mitmachaktion erfahren Kinder, was Zucker in ihrem Körper so alles auslösen kann. Und ein knallbunter Bühnencomic wirft einen ebenso skurrilen wie gruseligen Blick in die Zukunft.
In die Zukunft richtet sich auch der Dramenwettbewerb, der Teil des Festivals ist: Am 21. November kann das Publikum bei den Szenischen Lesungen der drei Gewinnerstücke mitentscheiden, welches 2022 auf den Spielplan kommt. Im Augenblick laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, einen Vorgeschmack auf das Festival liefern aber schon die Trailer auf unserer Homepage. Freuen Sie sich auf fünf prall gefüllte Tage, die Kopf, Herz und Bauch – das Team der experimenta hat auch Science Häppchen vorbereitet – zugleich ansprechen werden!
Hier gibt’s weitere Infos zu den einzelnen Programmpunkten:
In dieser Reihe wollen wir euch mit interessanten Hintergrundinfos zum »Endspiel« von Samuel Beckett versorgen, das bei uns gerade seine Wiederaufnahme in der Inszenierung unseres Intendanten Axel Vornam gefeiert hat.
Auch wenn er seine Stücke immer als »Seitenprodukt« seines künstlerischen Schaffens betrachtete und 1948 »Warten auf Godot« zwischen zwei Romanen angeblich zur »Erholung« geschrieben hatte, waren es die Theatertexte, die Samuel Beckett weltberühmt gemacht haben. Erholsam war die Arbeit an seinem nächsten Stück, dem »Endspiel«, dann allerdings nicht. Beckett tat sich schwer mit dem Text: »Seit fünf Jahren leide ich daran, dass nur mit chronischem Unwillen etwas aus meiner Feder tropft. Vielleicht sollte ich endgültig Feierabend machen.« Die Uraufführung von »Godot« 1953 am Théâtre de Babylone in Paris löste bei den Vorstellungen Tumulte und Schlägereien aus und wurde zum Stadtgespräch. Umso kurioser scheint es deshalb, dass Beckett und sein Regisseur Roger Blin nur drei Jahre später in der ganzen Stadt kein einziges Theater fanden, das das »Endspiel« uraufführen wollte. Die beiden wichen schließlich nach London aus, wo das Stück am Royal Court Theatre herauskam – in französischer Sprache. Beckett war zwar bei den Proben dabei, reiste aber vor der Premiere ab.
In Heilbronn könnt ihr in dieser Spielzeit »Endspiel« im Großen Haus sehen.
Für Julia Klotz war die Arbeit an »Born to Be Wild?« so etwas wie ein »Heimkommen«. Direkt nach ihrem Studium an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig war sie zwei Jahre lang Ensemblemitglied am Theater Heilbronn, sang und spielte sich vom »Weißen Rößl« bis zur »Abbey Road« (mit Regisseur Stefan Huber) und erhielt 2007 den Kilian für die Rolle der Norma Cassady in »Victor/Victoria«. Auch unter der Intendanz von Axel Vornam war sie mehrfach am Berliner Platz zu sehen: In »Der Vetter aus Dingsda«, »White!« (wieder unter der Regie von Stefan Huber) und als Eliza Doolittle bei einem Gastspiel von »My Fair Lady« aus Kaiserslautern.
»Was ich am Festengagement am meisten vermisse,« gesteht die aus Mainz stammende Schauspielerin und Sängerin, »das ist ein Ensemble. Ich habe zwar als Gast am Gärtnerplatztheater in München über die letzten fünf Jahre oft mit denselben wunderbaren Kollegen zusammengearbeitet, trotzdem fährt jeder nach den Vorstellungen wieder nach Hause. Mir fehlt meine Theaterfamilie, denn ich bin sowohl privat, als auch in der Arbeit ein Herdentier.«
Dabei hat ihr die Freiheit der »Wanderjahre« einige wunderbare Rollen eingebracht. Für ihre Darstellung der Madame de Tourvel in der Uraufführung des Musicals »Gefährliche Liebschaften« erhielt Julia Klotz den Deutschen Musical Theater Preis 2015. Auch die brandneue Revueoperette »Drei Männer im Schnee«, bei der sie mitwirkt, wurde mit drei Musicaltheaterpreisen ausgezeichnet. »Ich bin selbst überrascht, dass „Born to Be Wild?“ schon meine neunte Uraufführung ist – drei davon waren in Heilbronn«, sprudelt es aus ihr heraus. »Wenn man mich vor ein paar Jahren gefragt hat, welche Rolle ich gerne spielen würde, dann hab ich immer geantwortet: Ich möchte gerne in einer Uraufführung mitwirken. Mich reizt daran besonders, noch früher in den Entstehungsprozess eines neuen Stückes eingebunden zu sein und eine Rolle mit zu kreieren.«
Und in »Born to Be Wild?« sind es gleich zwei. Julia Klotz lacht: »Ich mag meine beiden Rollen sehr, und sie könnten unterschiedlicher nicht sein.« Wie würde sie ihre Figuren charakterisieren? »Uschi von Kulenburg ist eine konservative und ehrgeizige Hausfrau der Nachkriegsgeneration, die sich über ihren Mann und seine Stellung definiert. Sie ist stets darum bemüht, den Schein zu wahren.« Und was ist mit Priscilla Joe, die bei der Show in der Show u.a. mit »Cinderella Rockefella« oder »River Deep Mountain High« auftritt? »Sie ist das Sinnbild der sich auflehnenden Generation, als Außenseiterin für mich eine tragische Figur. Freiheitsliebend, experimentell, auch was Drogen und die Liebe angeht.« Bei den Proben war der Bezug der Songs zum aktuellen Aufbegehren und Revoltieren junger Menschen häufig ein Thema. Auch Julia Klotz zieht Parallelen zum Hier und Heute: »Das ist absolut gegeben. Gerade das Lied, das Tietje und Huber für den Schluss ausgewählt haben und das für sich stehen soll, spricht heute noch Bände …« Aber mehr wollen wir jetzt nicht verraten.
Als ich ihn auf die Hauptprobe anspreche kurz vor dem Theater-Lockdown, der die heiß ersehnte Uraufführung von »Born to Be Wild?« vorerst sabotiert hat, muss Eric Rentmeister lauthals lachen. Wegen einer kurzfristigen Erkrankung im Ensemble war er kurz entschlossen als »Priscilla Joe« eingesprungen, damit die Nummern im Ablauf für Licht, Ton und Technik funktionierten. »Ja, die Probe hat Spaß gemacht!« grinst Rentmeister. »Und so etwas ist manchmal auch hilfreich, weil ich dann ein bisschen besser nachvollziehen kann, wie es den Schauspielerinnen und Schauspielern auf der Bühne geht und wie ich sie besser unterstützen kann.«
Für das Theater Heilbronn ist der große, schlanke Künstler aus Köln inzwischen schon zum achten Mal tätig: Er war als »Cagelle« im »Käfig voller Narren« zu erleben und entwickelte die Choreografien für »White!«, »Das Apartment«, »Spring Awakening«, die »Rocky Horror Show«, »Charleys Tante« und »Zwei hoffnungslos verdorbene Schurken«. Wenn er sich entscheiden müsste, ob er lieber selbst auf der Bühne stehen oder choreografieren wollte, welche Wahl würde er treffen? »Ich bin nicht ohne Grund sowohl Darsteller als auch Choreograf, weil ich mich da noch nie entscheiden wollte. Beides hat seine ganz eigenen Reize. Auf der Bühne kann ich mich austoben, als Choreograf kann ich zusehen, wie meine Vision in die Tat umgesetzt wird.«
Tatsächlich geht sein »Aktionsradius« aber noch weit über die künstlerischen Fähigkeiten hinaus, die er in Heilbronn unter Beweis gestellt hat. Eric Rentmeister war mehrfach als Regisseur an Theatern im Ruhrgebiet engagiert und hatte diverse Lehraufträge u.a. an der Folkwang Universität der Künste, an der selbst er von 2000 bis 2004 studiert hatte, der Universität Hildesheim und der WAM Medienakademie Dortmund. Seit 2012 unterrichtet er den Musicalnachwuchs an der Hochschule Osnabrück. Was gibt er seinen Studentinnen und Studenten dort mit auf den Weg? »Ich möchte ihnen neben dem Handwerk insbesondere Respekt vor dem Genre und die nötige Ernsthaftigkeit mitgeben«, erklärt Rentmeister nun selbst ganz ernst. »Musical wird so oft als leichte Muse und als oberflächlich abgetan, dabei kann es so viel mehr sein.«
Was und wie das Genre sein kann, hat ihm unter anderen auch der Regisseur Stefan Huber vermittelt, den er 2003 beim Abschlussprojekt seines Studiums »kennen und schätzen gelernt« hat: »Bis heute eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich auf der Bühne machen durfte.« Auch Eric Rentmeisters erste eigene Choreografie war für eine Huber-Inszenierung, 2009 bei Andrew Lloyd Webbers »Evita« in Dortmund. Die letzten Jahre hatte sich keine gemeinsame Arbeit ergeben – bis das Theater Heilbronn die beiden bei der Uraufführung der 68er-Show »Born to Be Wild?« wieder zusammen brachte. »Was mir am meisten Spaß macht«, freut sich Rentmeister, »ist es, immer wieder auf bekannte Gesichter zu treffen. In Heilbronn ist das Klima für mich inzwischen fast familiär. Das macht die Arbeit sehr angenehm.« Hat ihm die Show in der Show, die sich Stefan Huber und der musikalische Leiter und Arrangeur Kai Tietje für »Born to Be Wild?« ausgedacht haben, denn auch Herausforderungen bereitet? Eric Rentmeister lacht noch einmal schallend: »Mit den vielen Stufen unserer Showtreppe war es da schon mal knifflig. Aber ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis.«
Bei »Mit der Faust in die Welt schlagen« schockierte er als brutaler Menzel. In »Born to Be Wild?« zeigt sich Frederik Bott von einer ganz anderen Seite. Beziehungsweise gleich von zwei Seiten: Denn wie fast alle Mitglieder des kompakten Ensembles spielt der 28jährige Schauspieler aus Münsingen auf der schwäbischen Alb zwei verschiedene Rollen, Benno Leichtfuß, Student und Regievolontär bei der Fernsehshow »Mit Musik geht alles besser«, und Barry Rocker, den glamourösen Gaststar der Sendung.
»Ich denke, bei mir vermischen sich On- und Backstage in der Figur am ehesten, denn Benno möchte im Endeffekt die Sendung übernehmen«, erklärt Frederik Bott. »Benno ist gleichzeitig impulsiv und zielstrebig, während Barry mehr Glam und Starallüren mitbringt. Gemeinsam haben beide ihre Power, jeder auf seine Weise.« Das Aufbegehren des Studenten, von Autor und Regisseur Stefan Huber konzipiert als »Prototyp des revolutionären Studenten der 68er, eine Mischung aus Rudi Dutschke und Benno Ohnesorg«, kann Bott gut nachvollziehen und auch auf aktuelle gesellschaftspolitische Strömungen beziehen: »Ich denke, dass in puncto Revolte die Geschichte sich immer wiederholen wird. Immer wenn das Fass überläuft, radikalisieren sich Menschen.«
Die »Power«, die er in seinen Rollen am Theater Heilbronn unter Beweis gestellt hat und stellen wird, zeichnet Frederik Bott auch als Person aus. Noch während seines Schauspielstudiums an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart drehte er den mehrfach preisgekrönten Kinofilm »Elser – Er hätte die Welt verändert«. Es folgen seitdem Engagements bei »Tatort« und in der RTL-Serie »Sankt Maik« (als einer der Partner unseres ehemaligen Ensemblemitglieds Bettina Burchard). Nach seinem Abschluss ging er für zwei Spielzeiten ans Staatstheater Nürnberg. Seine letzte Rolle dort war in dem Liederabend »Raumstation Sehnsucht« unter der Regie von Patricia Benecke, die in Heilbronn bereits »Kunst« und »Venedig im Schnee« im Komödienhaus inszenierte.
Seit 2018 ist der junge Schauspieler freischaffend und viel bei Film und Fernsehen beschäftigt, hat aber auch mehr Zeit für die Musik, denn »nebenbei« tritt er als Sänger der beiden Bands »Phrad Baron« und »Lay Out« auf. Welche Art von Musik mag und macht Frederik Bott? Er grinst breit: »Gute Frage! Ich höre andere Musik, als ich selber mache. Für mein Soloprojekt schreibe ich Singer-Songwriter-Nummern, für meine Band Hip Hop Funk, aber wenn es ums Hören geht, kann man mir mit Rock und Metal eine Freude machen.« In »Born to Be Wild?« reicht die Bandbreite seiner Songs von dem »I Feel Like I’m Fixing to Die«-Rag bis zu »Stairway to Heaven«. Freuen Sie sich drauf!
Pandemie-bedingt sind wir mit unserer Uraufführung, Kai Tietjes und Stefan Hubers 68er-Revue »Born to Be Wild?« bisher leider nur bis zur Generalprobe gekommen. Aber keine Sorge: Sobald es wieder geht, stehen Ihnen »wilde« Zeiten im Theater Heilbronn bevor. Um schon jetzt Lust auf den Abend zu machen, stellen wir den April über die Gäste und die kreativen Köpfe in und hinter der Show in einer Blog-Serie vor. Den Auftakt macht die Berliner Schauspielerin und Sängerin Eve Rades.
Bis auf einen Schauspieler aus unserer 8-köpfigen Besetzung – wir können es hier schon verraten: es ist Stefan Eichberg als der Moderator der Fernsehsendung »Mit Musik geht alles besser«, Vico von Kulenburg – haben alle Ensemblemitglieder zwei Rollen – onstage und backstage. »Meine beiden Figuren«, erklärt Eve Rades, »heißen Jane Hippins, eine britische Hippie-Folksängerin, und Rosemarie Bleicher, die persönliche Maskenbildnerin des Moderators der Fernseh-Show. Allein von ihrem Aussehen her unterscheiden sie sich schon ganz gut. Jane Hippins ist ja als Gaststar Teil der Show und steht im Rampenlicht vor den Kameras, während Rosemarie aus der Arbeiterklasse kommt und mit dieser ganzen Glamourwelt nichts am Hut hat und auch mit diesem Gehabe nicht viel anfangen kann. Das sind zwei komplett unterschiedliche Energien und zwischen den beiden zu wechseln, macht Spaß.«
Der Name des Autors und Regisseurs Stefan Huber war der Absolventin der Bayerischen Theaterakademie August Everding schon seit ihrer Studienzeit bekannt: »Stefan hat an unserer Akademie das Abschlussstück »Rent« inszeniert. Ich fand die Inszenierung toll, und viele der Studenten schwärmten von der Arbeit mit ihm. Da war ich natürlich neugierig, und mir blieb der Name präsent. Als dann drei Jahre nach meinem Studium ein Casting für »Next to Normal« an der Oper Dortmund ausgeschrieben wurde, mit ihm als Regisseur und Kai Tietje als musikalischem Leiter, war ich wirklich aufgeregt. Ich habe selten jemanden erlebt, der sich so viel Zeit für ein Vorsingen nimmt. Da fühle ich mich dann nicht wie eine Nummer. Man hat Zeit anzukommen und kann sich in der Arbeit kennenlernen.« Die Rolle der Natalie in dem Pulitzerpreis-gekrönten Erfolgsmusical hat Eve Rades dann gleich zwei Mal in Hubers Inszenierung gespielt – in Dortmund und später in Österreich.
Es folgen viele große Musicalpartien, ein wahres »Who’s Who« von Eliza Doolittle über Sally Bowles und Maria Magdalena bis zu Evita. Daneben war sie mehrere Saisonen in Berlin und Hamburg in »Hinterm Horizont« zu sehen. Und deutschlandweit on Tour als Hexe Bibi Blocksberg in »Bibi & Tina«. Gibt es eine Lieblingsrolle? »Kann ich gar nicht sagen,« lacht die quirlige Berlinerin mit der rockigen Stimme. »Ich hatte bisher Glück, Rollen spielen und singen zu dürfen, in denen ich mich darstellerisch austoben konnte, und da möchte ich mich nicht entscheiden.«
Auch das Eintauchen in die Musik der 68er und der frühen 70er hat Eve Rades einen großen Spaß gemacht. »Viele der Songs sind nach wie vor bekannt und über Generationen weitergetragen worden, zum Beispiel »Revolution«, »Imagine« aber auch »Für mich soll´s rote Rosen regnen«. Es gibt einfach Musik, die bleibt immer aktuell und berührt, egal wie alt sie ist.«
Was und wie erzählt Theater über Wissenschaft? Wie
nutzt Wissenschaft die Mittel des Theaters zur Wissensvermittlung? In einem
neuartigen Festival erforschen die experimenta und das Theater Heilbronn ihre
gemeinsamen Schnittstellen und präsentieren sechs ungewöhnliche,
abwechslungsreiche, spannende Gastspiele und Projekte, die sich mit
Wissenschaftsgeschichte ebenso beschäftigen wie mit den drängenden
Zukunftsfragen. Publikumsgespräche, Talk-Runden mit Experten und – als
besonderes Highlight – ein im Rahmen des Festivals ausgeschriebener
internationaler Science-Dramenwettbewerb ergänzen das Programm.
Aus 27 eingeschickten internationalen Theaterstücken
hat eine fünfköpfige Jury die drei besten ausgewählt, die nun am letzten
Festivaltag in szenischen Lesungen vorgestellt werden. Ob nun Christina
Ketterings gar nicht so ferne Zukunftsvision »Schwarze Schwäne« (D), Stef
Smiths Thriller »Girl in the Machine« (GB) oder Charles Ways philosophisches
Spiel »Endstation Leben« (GB) in der nächsten Spielzeit im Science Dome
inszeniert werden wird, entscheidet auch das Publikum am 9. November ab 15 Uhr
mit.
Den Auftakt im spektakulären Science Dome der
experimenta macht aber schon am Mittwoch, 6. November, um 20 Uhr, das deutsch
israelische Künstlerduo half past selber schuld, alias Ilanit Magarshak-Riegg und Sir
ladybug beetle. Mit Musik und Tanz, Animationsfilm und Figurentheater schaffen
sie überbordende »Bühnencomics« und nehmen in »Kafka in Wonderland« die Zukunft ins Visier: Dort
wirbt die Firma Wonderland inc. für endloses Leben und bietet den Upload des
Bewusstseins in die Wonderland-Cloud an – vollauflösend und in bester Qualität.
Doch der verheißene Fortschritt birgt einige tiefe Abgründe … Eine zweite
Vorstellung im Science Dome findet am 7. November um 20 Uhr statt.
Am selben Ort reist das Brachland
Ensemble am Samstag, 9. November, um 14 und 18 Uhr, in das Innere des Gehirns
des informationsüberforderten Brian, wo Brain, eine Art Arbeiter zwischen den
Synapsen, Brians Geistesblitz hinterherjagt. »The Curiosity of Brain« mischt
lustvoll fantasievolle Hirnforschung, Physical Theatre und Animationsfilm.
Mit dem Theater an der Parkaue aus Berlin gastiert
eines der renommiertesten Kinder- und Jugendtheater Deutschlands in der BOXX.
Das preisgekrönte Stück »In dir schläft ein Tier« (ab 9 Jahren) von Oliver
Schmaering erzählt vom Kampf der Mediziner Ehrlich und von Behring gegen die
Diphterie und hat durch die Diskussion über die Impfpflicht eine zusätzliche
Aktualität erhalten. Die beiden Vorstellungen (auch für Schulen geeignet) finden
am Donnerstag, 7. November, um 11 und 18 Uhr in der BOXX statt.
Das sind nur drei
Beispiele aus einem dichten Programm. Das Théâtre Nouvelle Génération aus Lyon
fragt in ihrer Installation »Artefact«: Kann es Theater ohne Menschen geben? »Dr.
Wahn« erklärt seine all-umfassende Theorie der Welt. Und die Gruppe Meinhardt
& Krauss aus Stuttgart erzählt in »ELIZA uncanny love« eine ganz neue
Variante der »Pygmalion«-Geschichte – mit Robotik. In Publikumsgesprächen und
den Talk-Runden »Geht es auch ohne Helden?« und »Müssen wir Angst vor der
Zukunft haben?« gibt es die Möglichkeit, sich mit den Künstlern und namhaften
Experten auszutauschen.
Als »Gärtnerin aus Liebe« kommt die Sopranistin Johanna Pommranz ans Theater Heilbronn zurück
»Bei »Orlando« habe ich Gesang noch im Bachelor-Studiengang studiert, inzwischen geht mein Master-Studium schon dem Ende entgegen«, antwortet Johanna Pommranz auf die Frage, was sie als Sängerin gemacht hat, seit sie als Dorinda in unserer letzten eigenen Operninszenierung das Heilbronner Publikum eroberte. »Außerdem konnte ich weitere Opernerfahrungen sammeln, z.B. in Tübingen als Erminio in der Wiederentdeckung von Jommellis »Il cacciatore deluso« oder als Sand- und Taumännchen in Humperdincks »Hänsel und Gretel« bei den Staufer Festspielen. Daneben gab es viele Konzerte mit Orchester und einige solistische Auftritte auch im Ausland – Spanien, Österreich und Frankreich.«
Nun singt und spielt die aus Gomaringen stammende junge Sopranistin die
Titelrolle in unserer Gartenoper »La finta giardiniera«. Und sie ist als
die »Gärtnerin aus Liebe« auch sicher die vielschichtigste Figur in
Mozarts Jugendwerk. »Für mich liegt das Geheimnis von Sandrina, alias
Violante, zum einen darin, dass sie eine wahnsinnige Entwicklung
durchläuft«, beschreibt Johanna. »Trauer, Zorn, Eifersucht, aber auch
Todesangst und Freude. Dass sie all diese Gemütszustände und Emotionen
durchlebt, macht sie zu einer alles andere als stereotypen Figur. Für
mich wird sie dadurch so menschlich.« Sie erklärt sich das Besondere an
der vermeintlichen Gärtnerin Sandrina aber auch opernhistorisch: »Zum
anderen kann man sie weder einer typischen Opera buffa- noch einer
typischen Opera seria-Figur zuordnen. Eigentlich ist Violante eine
Gräfin, die sich aber als eine Person niedrigen Standes ausgibt. Ich
finde, dass Mozart das in seiner Komposition wahnsinnig interessant
widerspiegelt. In ihrer Arie »Geme la tortorella« verwebt er Elemente
der Opera buffa wie liedhafte Melodik mit einer so differenzierten
Harmonik und Dynamik, die nicht mehr der Opera buffa zugeordnet werden
können. Auch der Text lässt sich als Gleichnisarie der Opera seria
zuordnen. So verschmilzt an dieser Stelle Musik beider Varianten,
genauso wie die beiden Rollen Sandrina und Violante quasi gemeinsam
singen und ineinander verschmelzen. Bei ihrer letzten Arie im zweiten
Akt ist aber nichts mehr von der Opera buffa wiederzufinden. Sandrina
flieht aus dem Haus des Podestà und hat ihre Rolle als Gärtnerin
abgelegt. Sie ist Violante.«
Man merkt Johanna Pommranz an, wie intensiv sie sich mit der Gärtnerin auseinander gesetzt hat. »La finta« war offensichtlich für sie ein Spaß und eine Herausforderung: »Neben dem großen Reiz, eine Rolle zu spielen, die wiederum eine Rolle spielt, hat die Partie in musikalischer Hinsicht auch viele Tücken. Die vielen verschiedenen Emotionen stellen unterschiedliche Ansprüche an die Stimme. So gibt es viele lyrische Elemente, aber auch dramatische und Koloraturpassagen. Das alles innerhalb einer Oper zu zeigen und sich zwischen den Arien umzustellen, finde ich bei jeder Vorstellung aufs Neue spannend.« Und was ist das nächste Spannende für Johanna? »Mein Master-Abschluss an der Hochschule im Februar«, lacht sie. »Und dann heißt es für mich: Vorsingen und hoffen, dass ich in ein Opernstudio aufgenommen werde.« Wir wünschen ihr dafür ein herzliches TOI TOI TOI!
Noch könnt Ihr Johanna Pommranz zwei Mal in der Oper »La finta giardiniera« auf der BUGA erleben, gleich heute Abend um 20.00 Uhr und das letzte Mal am Freitag 5. Juli 2019 um 20.00 Uhr.
Bariton Konstantin Krimmel gastiert nach »Orlando« zum zweiten Mal am Theater Heilbronn
Seit
seinen Auftritten als Zoroastro in unserer Inszenierung von Georg Friedrich
Händels »Orlando« hat sich bei dem Bariton Konstantin Krimmel einiges getan:
Erst vor kurzem ist er mit dem Preis des Deutschen Musikwettbewerbs UND des
Internationalen Helmut-Deutsch-Liedwettbewerbs ausgezeichnet worden. Was
bedeuten solche Preise für einen jungen Sänger? »Solche Wettbewerbe können für
uns ein sehr großes Sprungbrett sein«, erklärt der Absolvent der Staatlichen
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart. »Die Jury ist meist
besetzt mit hochkarätigen Sängern und Musikern, mit Agenten, Intendanten. Sie
haben alle schon große Karriere gemacht und dadurch natürlich auch einen großen
Wirkungskreis. Noch dazu sind die Finalrunden meist öffentlich, man kann sich
vor Publikum präsentieren. Und gehört zu werden, das ist manchmal wichtiger als
das Siegertreppchen.«
Bei den
vielen neuen und spannenden Auftritten und Projekten, die nun auf Konstantin
zukommen, haben wir uns sehr gefreut, dass er Zeit und Lust hatte, auf der
Sparkassenbühne der BUGA die Partie des Nardo zu übernehmen. Wie auch die
anderen Figuren in »La finta giardiniera« stellt der vermeintliche Gärtner dem
Objekt seiner Liebe hinterher – auch wenn es natürlich die Falsche ist. Könnte
man ihn sogar ein bisschen als »Stalker« bezeichnen? Konstantin Krimmel lacht: »Das
ist nicht ganz der richtige Begriff. Inmitten all dieser anderen Liebespaare
ist Nardo einfach fasziniert vom Kammermädchen Serpetta. Und sie ist ja auch
die Einzige, die wegen ihrer sozialen Stellung für ihn überhaupt in Frage
kommt.« Ein ganz anderer Fall ist da seine »Kollegin« Sandrina … »Für sie würde
er sehr weit gehen. Nardo ist ihr Diener. Aber weil sie sich nicht als Adelige
zu erkennen geben darf, haben sie nach außen dieselbe Stellung, eigentlich. Und
das gefällt ihm ganz gut.«
Was wartet nun als Nächstes auf Konstantin Krimmel, wenn die acht Vorstellungen auf der BUGA vorbei sind? »Viel Lied und Konzert. Unter anderem in Köln und Stuttgart, aber auch Konzert- und Opern-Projekte auf Schloss Esterhazy im Burgenland und am Staatstheater Wiesbaden, in Oxford und London. Gibt also viel zu proben, und ich freue mich sehr darauf.«
Noch drei Mal gibt es »La finta giardiniera« auf der BUGA zu erleben. Alle Termine finden Sie HIER –>.