Macht und Moral, Gefühle und Geschäfte

Alejandro Quintana inszeniert im Großen Haus Fassbinders »Lola«

Wenn eine Hand die andere Wäscht, wird alles zum Geschäft—auch die Liebe. – Foto: Rebecca Göttert

Ich bin die fesche Lola, stellt sich Marlene Dietrich singend als der »Blaue Engel« in dem gleichnamigen Film von Josef von Sternberg vor, einer Adaption von Heinrich Manns Roman »Professor Unrat«. »Lola« heißt – nicht zufällig –  der inzwischen als Klassiker gehandelte Film des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1981. Nach dem überwältigenden Erfolg von »Die Ehe der Maria Braun« gab Fassbinder seinem Drehbuchautor Peter Märthesheimer den Auftrag, ihm einen »Blauen Engel« zu schreiben und ihn in die Adenauer-Ära der 50er Jahre zu versetzen. Den Dietrich-Film allerdings dürfe er sich bis zur Ablieferung des Textes auf keinen Fall noch einmal anschauen.

Der erste Versuch fand keine Gnade vor den kritischen Augen Fassbinders. Also machten sich Märthesheimer und seine Koautorin Pea Fröhlich noch einmal an die Arbeit und erfanden – in sechs kurzen Wochen – »Lola«: Eine böse Dreiecksgeschichte aus der Wirtschaftswunderzeit. Mit Misstrauen und Vorsicht reagieren die Honoratioren einer Kleinstadt auf den neuen Baudezernenten, Herrn von Bohm, der mit seiner Korrektheit das einträgliche Arrangement zwischen Politik und Wirtschaft zu stören droht.

Doch dann interessiert sich die faszinierende und provozierende Lola für ihn, die Geliebte des Baulöwen Schuckert und die Hauptattraktion des lokalen Bordells, in dem die eigentlichen Geschäfte dieser feinen Gesellschaft gemacht werden. Von Bohm verliebt sich in Lola. Noch weiß er nicht, wer oder was sie ist. Doch eine Lunte ist gelegt. Wird das durch und durch korrupte System von »Eine-Hand-wäscht-die-andere«, von dem die Machteliten der Stadt kräftig profitieren, jetzt explodieren?

Aus seinem Drehbuch schuf Märthesheimer 1998 eine Bühnenfassung, ein ironisch als »Kleinbürgertragödie« untertiteltes Schauspiel um Macht und Moral, Gefühle und Geschäfte. Wie Fassbinder ist er nicht an einem historischen Sittengemälde interessiert, sondern an den Parallelen zwischen der politischen und wirtschaftlichen Amoralität des Wiederaufbaus und seiner und unserer Gegenwart. Nach »Angst essen Seele auf« bringt das Theater Heilbronn zum zweiten Mal einen Fassbinder-Film auf die Bühne. Regisseur Alejandro Quintana wird »Lola« mit Chansons und Schlagern aus der Wirtschaftswunderzeit inszenieren.

Andreas Frane, Dramaturg

Regie: Alejandro Quintana
Ausstattung: Marie-Luise Strandt
Mit:
Johannes Bahr
Sylvia Bretschneider
Stefan Eichberg
Angelika Hart
Susan Ihlenfeld
Gabriel Kemmether
Nicolas Kemmer
Rolf-Rudolf Lütgens
Tobias D. Weber
Statisterie

Dressur d’amour

 GEBALLTE FRAUENPOWER IN DER KOMÖDIE »DER DRESSIERTE MANN«

Wann ist der Mann ein Mann? Das fragte schon Herbert Grönemeyer. Wenn er außen hart ist und innen ganz weich? Neueste Studien zeigen, dass das klassische Rollenbild des Mannes, der sich vor allem über Stärke oder Statussymbole definiert, von gestern ist. Der Mann von heute ist bereit, die weiche Seite nach außen zu kehren und eine Träne zu verdrücken, wenn der geliebte Fußballklub wieder haushoch verloren hat. Doch wie viel »Mann« bleibt da noch übrig? Immerhin 31 Prozent der in einer Umfrage befragten Frauen finden es lächerlich, wenn Männer sich die Achseln rasieren. Und jede fünfte Frau findet es unmännlich, wenn Er keinen Nagel in die Wand bekommt. Wie möchte Frau also den Mann haben?

Für Alice Schwarzer war das in den 1970er Jahren noch keine Frage. Dass die Frau über den Mann verfügen, ihn gar von sich abhängig machen kann – undenkbar! Schließlich kämpft(e) Schwarzer für die Emanzipation der Frau, für die Befreiung aus dem die Frau unterjochenden Patriarchat. In scharfer Abgrenzung zu Schwarzer stellte Esther Vilar in ihrem 1971 erschienenen Buch »Der dressierte Mann« die These auf, dass der Mann zwar ein starkes, intelligentes Wesen ist, sich aber bereitwillig in einem System namens Ehe versklaven lässt, in dem ihn die Frauen als »ausbeutendes Luxusgeschöpf« durch verschiedene Dressurakte von sich abhängig machen. Dass sich Vilar mit diesen Äußerungen keine Freundinnen machte, liegt auf der Hand. Als »Verräterin des eigenen Geschlechts« beschimpft, angefeindet und sogar zusammengeschlagen, verließ sie die Bundesrepublik und emigrierte in die Schweiz.

Wann ist der Mann ein Mann? Foto: Fotostudio M42

Der Autor John von Düffel hat Vilars antifeministische Kampfschrift für die Bühne als spritzig-amüsante Komödie bearbeitet. Düffel lässt dabei nicht nur die zwei Antipoden Emanze und Antifeministin in Gestalt zweier Mütter aufeinanderprallen, er hinterfragt auch die Chancen für ein glückliches Zusammenleben der nachfolgenden Generation. Bastian will Helen einen Antrag machen. Er ist der heiratswilliger Sohn von Dr. Elisabeth Schröder-Röder, Feministin der ersten Stunde und promoviert in Gender Studies. Helens Mutter ist Dr. Konstanze Engelbrecht, verheiratet in 3. Ehe mit einem Zahnarzt und promoviert »in Naturwissenschaften, also Männer«. Die Verlobte in spe teilt ihrem Liebsten jedoch just in dem Moment mit, dass sie den Job bekommen hat, auf den Bastian eigentlich scharf ist und dass sie jetzt ein Vielfaches mehr verdient als er. Für Helen kein Problem, schließlich leben die zwei in einer »Beziehung auf Augenhöhe«. Doch für Bastian ist der Abend gelaufen. Seine Männlichkeit ist angekratzt, an Heirat ist nicht mehr zu denken. Ein Drama für Helens Mutter. Schließlich glaubte sie, den »Ladenhüter ihres Lebens« endlich an den Mann gebracht zu haben. Und auch Dr. Schröder-Röder findet plötzlich Gefallen an der Idee, dass die Ehe eine perfide Erfindung der Frauen zur Unterwerfung des Mannes ist. Schließlich würde sich erst dadurch die Emanzipation der Frau bezahlt machen! Also wird Helen kurzerhand in ein powackelndes Weibchen verwandelt und bezirzt Bastian in der »Sprache der Verführung« so gut sie es eben kann. Als die drei Frauen sich am Ziel glauben, zieht Bastian überraschend den Schwanz ein und erklärt die Ehe für überholt. Jetzt hilft nur noch eins: Kinder!

Starke Frauen, die so rigoros wie vergnüglich ihren Mann stehen und ein beherzter Mann, der eigentlich nichts gegen Gleichberechtigung hat, solange die Frau nicht mehr verdient als er, stehen im Mittelpunkt dieser Komödie, die vielleicht einen Hinweis darauf geben kann, wie Liebende glücklich miteinander leben könn(t)en.

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Der dressierte Mann

Komödie von John von Düffel
Nach dem Bestseller  von Esther Vilar

Premiere am 02. März 2012, 20.00 Uhr im Komödienhaus

Regie: Alejandro Quintana
Bühnenbild: Stefan Brandtmayr
Kostüme: Cornelia Kraske
Dramaturgie: Stefanie Symmank
Mit:
Oliver Firit
Judith Lilly Raab
Sabine Unger
Katharina Voß

Zeigt her Eure Regale!

In einer Woche ist es soweit. „Der dressierte Mann“ hat am Freitag, dem 02. März, im Komödienhaus Premiere. Geprobt wird bereits fleißig und unser Bühnenbild ist auch schon fast fertig. Wie Ihr auf dem Foto sehen könnt, steht die Regalwand, vor der sich die Komödie um Helen und Bastian abspielt, auch schon. Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Bastian will Helen einen romantischen Antrag machen, da teilt sie ihm mit, dass sie befördert wurde und bald mehr Geld als er verdienen wird. Für Bastian ist der Abend gelaufen, der Heiratsantrag ist vom Tisch. Jetzt treten die beiden Mütter – eine Emanze und ein Weibchen – wortwörtlich aus dem Regal heraus. Parole: Die Heirat findet statt. Spritzig-frisch geht es dann zu, wenn Helen sich von einer Powerfrau in ein powackelndes Geschöpf verwandelt und Bastian, betrunken wie eine Strandhaubitze, die Welt nicht mehr versteht.

Noch ist unser Regal leer. Uns würde interessieren was in Euren Regalen so alles an Gegenständen, Nippes, Kunst, Büchern, Fotos, Maschinen usw. steht.

Also postet ein Foto oder schickt ein Foto bis zum 29.02.2012 an: katrin.schroeder@theater-hn.de
Wir sind gespannt!