Von vollen Zügen & freien Zimmern

Die Spiel|BOXXen 3 und 4 von der Endprobenwoche bis zur Premiere

von Lisa Beyl

Wie ein leise surrender Bienenstock könnte man die Atmosphäre beschreiben, die kurz vor Beginn einer Vorstellung im Zuschauerraum herrscht. Gespanntes Flüstern, Bewundern des Bühnenbilds oder Privatgespräche bilden einen akustischen Teppich. Erst wenn das Licht gedimmt wird und die Schauspieler die Bühne betreten, kehrt im Publikum Ruhe ein.
Bei der Vorstellung der Spiel|BOXX 3 mischten sich am Samstag, den 12.07.2025 auch irritierte Lacher unter. Denn obwohl die Lichter im Zuschauerraum bereits gelöscht waren, passierte auf der Bühne zunächst… nichts. Hat jemand etwa seinen Einsatz verpasst? Aber es stehen doch schon alle Spieler wartend auf der Bühne… Aber gehen wir zum Anfang.
Am Samstag feierten die Spiel|BOXX 3 mit »Nur noch einen Zug.« und die Spiel|BOXX 4 mit »Traum-Zimmer mit Aussicht frei! Berliner Platz 1« nach langer Probenphase endlich Premiere und zogen so den Spiel|BOXXen 1 und 2 nach, die bereits im Mai bei ihren Aufführungen begeistert beklatscht wurden.

Um an den beiden Vorstellungstagen bestens vorbereitet zu sein, gestaltete sich besonders die letzte Probenwoche als herausfordernd für Spieler und Team. Bereits am Mittwoch vor der Premiere leitete die Technische Einrichtung die finale Phase für die beiden Clubs auf der Bühne in der BOXX ein. Zum ersten Mal wurde das endgültige Bühnenbild aufgebaut und nochmals angepasst. Für die Spiel|BOXX 3 hieß das spontan werden und die dezenten dunkelblauen Stühle, die Bühne und Zuschauerraum verbinden sollten, gegen grelle neon-orangene Plastikstühle tauschen. Nicht nur die Farbgebung der sonst schwarzen Bühne wird dadurch verändert, auch die Wirkung einer überhitzten Regionalbahn, in die man eigentlich ungern einsteigen möchte, wird dadurch verstärkt.
Ebenfalls getestet wird die Position des angedeuteten Zugabteils. Wie weit hinten soll es stehen, dass der Abstand zum Publikum nicht zu groß, die Spielfläche für die Jugendlichen aber nicht zu klein wird? Gedanken, die sich Schauspielerin Romy Klötzel und KBB-Leiter Andreas Donders, die beiden Leiter der Spiel|BOXX 3, machen müssen. Ebenso wie bei der Auswahl und Erstellung der Lichtstimmungen am Donnerstag bei der Beleuchtungsprobe heißt das oft auch: ausprobieren, ändern und warten. Aber das Warten lohnt sich ─ vor allem für die zehn Schauspieler. Wo am Mittwoch noch ohne Licht, Kostüm und mit Ton aus Laptoplautsprechern geprobt wurde, steht am Donnerstagabend bei der Hauptprobe alles so, wie es auch bei der Premiere aussehen soll.
Leider verläuft die Hauptprobe nicht vollkommen reibungslos. Eine Spielerin ist verhindert und muss eingelesen werden, die Licht- und Tonstimmungen sind noch nicht perfekt angepasst und an einigen Stellen herrscht Textunsicherheit. Nichtsdestotrotz ist an diesem Abend bereits sichtbar, wie sehr sich alle Beteiligten auf die Premieren freuen und vor allem, mit was für einer Spielfreude und Leidenschaft gearbeitet wird. Die Gruppe wirkt nicht nur auf der Bühne eingespielt. Hinter der Bühne schwebt über dem Team eine Wolke aus Wertschätzung und Zusammenhalt, der auch durch das ähnliche Alter der Spieler, die eher kleinere Gruppengröße und die Einfühlsamkeit ihrer Clubleiter begünstigt wird.

Spiel|BOXX 3 »Nur noch einen Zug.«

Den Gegenentwurf, zumindest was die Zusammensetzung der Gruppe betrifft, bildet die Spiel|BOXX 4: mehrere Generationen im Alter von 12 bis 77 Jahren stehen zusammen auf der Bühne. Kann das überhaupt funktionieren? Es kann!
Mit teils sehr persönlichen Texten, die mal unterhaltsam sind und mal nachdenklich stimmen, spielen sich die 16 Mitglieder der Spiel|BOXX 4 am Samstag in die Herzen der Zuschauer, die aufmerksam lauschen und das Gehörte verarbeiten. Was am Mittwoch in der ersten Probe auf der Bühne noch holprig war, fügt sich bei der Generalprobe am Freitagnachmittag zu einem Gesamtkonstrukt zusammen. Zwar nicht fehlerfrei, aber wer schon einmal Theater gespielt hat, wird wissen: Die Generalprobe darf nicht perfekt sein!

Die Spiel|BOXX 4, unter der Leitung von Evelyn Döbler, versteht sich auch nicht als ein reiner Theater-Club, sondern mehr als eine Schreibwerkstatt.
Aus den entstandenen Texten wird dann ein zusammenhängendes Konstrukt gebaut und aufgeführt. Dies spiegelt sich auch im Bühnenbild: kleine Inseln auf der Bühne, die den Spielern eigene Räume geben, in denen sie sich bewegen, aus denen sie aber auch ausbrechen können.
Musikstücke, wie »Mister Sandman« von The Chordettes, die an ausgewählten Stellen im Stück Platz finden ─ und in die teilweise auch das Publikum involviert wird ─ tragen das übergreifende Thema des Stücks weiter: Träume. Es geht um verlorene, nie geträumte und zukünftige Träume. Um Vergangenheit, Erinnerungen und Gemeinschaft, die sich auch im Ensemble widerspiegeln.
Die Spieler nehmen sich Zeit. Füllen den Raum mit bildlicher Sprache. Mit ihrem Auftritt zeigt die Spiel|BOXX 4, dass Alters- oder Interessensunterschiede für respektvolles und produktives Miteinander keine Barrieren sind und die Freude am Theater es vermag, Brücken zwischen Einzelindividuen zu bauen. Auch von den Mitgliedern selbst wird die Spiel|BOXX 4 als harmonisch beschrieben.
Für das gespannte Publikum wird es bereits vor der Vorstellung immersiv: die Ensemblemitglieder gehen bereits im BOXX-Foyer umher und suchen nach einem passenden Kandidaten für ihr Mehrgenerationenhaus. Der Beginn einer Wohnungsbesichtigung, wodurch gleichzeitig der Zusammenhalt der Club-Gemeinschaft verdeutlicht wird.

Während der Auftritt der Spiel|BOXX 4 bereits im Foyer beginnt, bedient sich die Spiel|BOXX 3 einer anderen Methode, um die Zuschauer in die Atmosphäre ihres Stücks zu ziehen. In Erinnerung an all die langen Minuten, die wahrscheinlich jeder einmal in öffentlichen Verkehrsmitteln verbringen musste, heißt es für die Zuschauer der Spiel|BOXX 3: Warten.
Das Warten des Publikums wird belohnt mit einem unterhaltsamen Stück, das persönliche Erfahrungen mit kreativen Einfällen mischt und dabei auch relevante Themen – wie den Druck digitaler Medien für Jugendliche – verarbeitet. Die Spieler beweisen, wie Andreas Donders in einer der Vorstellung vorausgehenden Laudatio unterstreicht, Engagement, Spielfreude und Talent, das mit großem Applaus und nachklingendem Lob honoriert wird.
Obwohl die Zuschauererfahrungen in den Vorstellungen der Spiel|BOXXen teils sehr unterschiedlich sind, zeigen beide Clubs vorbildhaft, wie kreative Arbeit Miteinander stiften und die unterschiedlichsten Menschen zusammen bringen kann. Und das sowohl auf und hinter der Bühne als auch im Zuschauerraum.

Fotos: Sophia Fischer/Verena Bauer

»Gekommen, um zu feiern« – 10 Jahre BOXX!

von Lisa Beyl

Gruppenfotos der Teilnehmenden und Mitarbeitenden der CrashBoomBOXX

Am 2. und 3. Juli 2025 herrschte reges Treiben in den Spielstätten Komödienhaus und BOXX. Der Grund: zwei zehnjährige Jubiläen. Während die BOXX am 3. Juli ihr zehnjähriges Bestehen nachfeierte, tobten sich am 2. und 3. Juli auf der Bühne des Komödienhauses nun schon zum zehnten Mal Schülerinnen und Schüler von fünf Schulen im Zuge des Festivals CRASH BOOM|BOXX aus. Neben Workshops mit wichtigen Tipps für die richtige Bühnenpräsenz standen am 2. Juli um 17 Uhr die Aufführungen der Stückausschnitte an, die die Schulen vorbereitet hatten. So wurde nicht nur den Kindern und Jugendlichen ein abwechslungsreiches Programm geboten, auch die Zuschauer konnten sich über kurzweilige und bunte Auftritte freuen.

Ob Grundschüler oder Oberstufler, Kinder aus der Nachmittagsbetreuung oder Theater-AGs: Die Stückinhalte reichten von einem versuchten Kunstraub mit musikalischen Einlagen, über ein Märchen mit alternativem Ende und einem Theaterstück, dass die Überwindung von Vorurteilen thematisierte, bis hin zu kurzen szenischen Collagen. Dabei setzten sich die Schüler mal sehr deutlich und mal subtil mit dem aktuellen Spielzeitmotto »Wer wollen wir gewesen sein?« auseinander. Trotz der kurzen Zeit und der mitunter großen Altersunterschiede entwickelte sich abseits der Bühne ein starkes Gemeinschaftsgefühl, dass die zwei Festivaltage für die knapp 90 Schülerinnen und Schüler auch hinter der Bühne zu etwas Besonderem werden ließen.

Bühnenworkshop während des Bühnenprogramms des 10jährigen BOXX-Jubiläums

Eine besondere Stimmung war ebenfalls bei der Jubiläumsveranstaltung der BOXX zu spüren, die in einem Rundumschlag die Arbeit des BOXX-Teams in entspannter abendlicher Atmosphäre veranschaulichte. Neben lockeren Talk-Runden mit theaterinternen Gästen und engagierten Lehrerinnen zweier Kooperationsschulen wurden auch Kinder und Jugendliche dieser Schulen sowie Mitglieder der
Spiel|BOXXen direkt in das Programm eingewoben. Sogar das Publikum wurde spielerisch via Bühnenworkshop der Theaterpädagoginnen in den Abend integriert und erfreute sich an der familiären Veranstaltung. So wurde die Nähe zwischen der BOXX und ihrem Publikum einmal mehr verdeutlicht. Durch das Programm führte Nicole Buhr, die Leiterin des Jungen Theaters, die von ihren BOXX-Schauspielern tatkräftig mit (u.a. musikalischen) Einlagen unterstützt wurde. Angefangen bei dem Lied »Gekommen, um zu bleiben« der Band Wir sind Helden aus der Inszenierung »Und Alles«, das den Abend mit einem kleinen Augenzwinkern einleitete.

Schauspieler von links nach rechts: Max Lamperti, Magdalena Lehnen, Cosima Fischlein, Christ Carsten Rohmann während des Bühnenprogramms des 10jährigen BOXX-Jubiläums

Ein Highlight und auch den Abschluss des Abends bildete der Szenen-Mash: in nur fünfzehn Minuten wurden zehn BOXX-Stücke der aktuellen Spielzeit intelligent und witzig vereint und zeigten den Gästen der Veranstaltung nicht nur die Vielfältigkeit der BOXX, sondern auch das Engagement und die Spielfreude der Schauspielenden und aller Beteiligten.

Fotos: Verena Bauer, Sophia Fischer

Ein Wolkenkratzer aus Papier als Zufluchtsort

Stefanie Roschek inszeniert »Wolkenrotz« von Vera Schindler für Kinder ab 8 Jahren in der BOXX

von Nicole Buhr

Foto: Verena Bauer

Die drei Kinder Kenny, Bente und Layla wohnen in einem riesigen Hochhaus aus Papier, das fast schon in den Himmel ragt. Es wird immer höher und höher gebaut aus Briefen voller ungelesener Rechnungen und Mahnungen, die die Briefkästen und Flure des Hauses verstopfen, sodass den Menschen dort kein Platz zum Atmen mehr bleibt. Weil die Bewohner die Rechnungen nicht bezahlen können, haben die Kinder beschlossen: »Entweder die Briefe müssen raus, oder wir!« Sie beginnen, das Haus aus den Briefen immer höher zu bauen, Stockwerk um Stockwerk. Wenn es regnet wird das Haus ein bisschen schleimig, aber es knistert gemütlich, wenn das Papier wieder trocknet. Manchmal hört man das Murmeln der Buchstaben und Zahlen aus den Briefen, den Wind, der durchs Papier pfeift, das leise Knabbern der Tauben, die sich Nester bauen, und das fast geräuschlose Schleichen der Katzen, die überall im Haus herumlaufen, weil ihre Besitzerin vor lauter Sorgen wegen der vielen Briefe aus dem Fenster gesprungen ist. Oder sie ist weggeflogen. Einfach davon. Genau weiß es niemand.

So beschreibt der 9-jährige Kenny, der schon sehr lange in diesem Hochhaus wohnt, sein Zuhause. Kenny liebt es zu zeichnen und nutzt all das Papier der Briefe, um sich seine eigene fantastische Welt zu schaffen. Durch die poetischen Beschreibungen und Bilder hindurch blitzt seine Lebensrealität: Er lebt mit seiner Mutter in der Hochhaussiedlung und ist meist allein, weil sie arbeiten muss, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Bente und Layla, die nacheinander dort einziehen, geht es ähnlich. Bentes Mutter verlässt ihr Sofa nie und sein Vater ist selten zu Hause. Aufgrund der vielen Job-Wechsel seines Vaters ist er in seinem Leben schon acht Mal umgezogen und hat deswegen nie Freundschaften schließen können. Laylas Eltern sind wegen ihres kranken kleinen Bruders hergezogen und verbringen die meiste Zeit bei ihm im Krankenhaus. Layla hat sich so sehr ans Alleinsein gewöhnt, dass sie zunächst gar keine Freunde mehr haben will.

Was die drei Kinder neben dem Alleinsein eint, sind ihre Kreativität und Fantasie: Wo Kenny sich seine Welt zeichnet, bannt Bente seine Ängste in Geschichten und erfindet poetische Wortspielereien, während Layla fantastische Objekte aus Papier faltet. Nach und nach kommen sich die drei Kinder im Papierhaus näher und werden zu Freunden. Gemeinsam stellen sie sich den verschiedenen Ausgrenzungen und Abwertungen, die ihnen in der Schule begegnen, weil sie als »Kinder aus dem Papierhaus« in vielem nicht so sind wie die »Kinder aus den Steinhäusern«. Gemeinsam erhalten sie Trost und essen Schlumpfeis bei Kennys Vertrauter Fatima am Kiosk. Und als ein Sturm aufzieht und das Papierhaus bedroht, finden sie nicht nur die Katzenfrau wieder, sondern gemeinsam auch eine Lösung, die sie selbst und alle Bewohner des Papierhauses rettet.

Vera Schindler, aufgewachsen in der »documenta-Stadt« Kassel, hat selbst in ihrer Kindheit und Jugend (Bildende) Kunst für sich als Zufluchtsort entdeckt. Diese Erfahrung nutzt sie für ihr erstes Kindertheaterstück, das sowohl den Förderpreis beim Berliner Kinderstückepreis 2021 als auch den Förderpreis des Jugendtheaterpreises Baden-Württemberg 2022 erhalten hat. Eingebettet in eine ebenso spielerisch-leichte wie poetisch-künstlerische Sprach- und Bildwelt, nimmt sich Vera Schindler aus der Perspektive von drei Kindern so existentieller Themen wie Kinderarmut, sozialer Armut, Ausgrenzung und Vereinsamung an. In einem Interview sagt sie dazu: »Ich finde, dass grade die poetische Literatur Zwischenräume öffnen kann, die die individuelle Erfahrung mit dem Kollektiven verbindet. Das ermöglicht es, zwischen den Dimensionen zu wechseln, die Realität aus der Distanz als Miniatur zu betrachten, als Forschungsgröße. Da wird sie plötzlich handlich.« In der Laudatio des Berliner Kinderstückepreises heißt es dazu: »Kunst tröstet – wer hätte gedacht, dass diese hart errungene Lebensweisheit so spielerisch, so kinderleicht erzählbar ist.«

Alle Informationen und Karten zu »Wolkenrotz« finden Sie HIER

Warum es sich zu leben lohnt!

Nicole Buhr inszeniert das preisgekrönte Jugendstück »Und alles« von Gwendoline Soublin für Jugendliche ab 12 Jahren

von Katrin Aissen

Foto: Verena Bauer

Eine Welt voller schlechter Nachrichten – der zwölfjährige Ehsan ist News-Junkie. Täglich zieht er sich sämtliche Zeitungs-, Fernseh- und Internetnachrichten rein und langsam hat er es satt: Die Polkappen schmelzen, Kriege überall, Bomben, Attentate, eine zunehmende Vereinsamung großer Bevölkerungsschichten, drohender Klimakollaps und die Superreichen feiern Partys auf ihren Yachten – einfach nur »Trash oder Tragödie«. Und niemand scheint wirklich etwas dagegen unternehmen zu wollen.
Allein mit seinen Gedanken verlässt Ehsan kaum noch sein Zimmer.

Doch eines Tages ist er plötzlich weg. Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem er schreibt, er wolle nicht in einer hoffnungslosen Welt leben. Seine achtjährige Schwester Chalipa und die 13-jährige Sam, die eigentlich ein bisschen auf die beiden aufpassen soll, solange der Vater verreist ist, sind entsetzt. Ratlos überlegen sie, wohin Ehsan verschwunden sein könnte – bis der kleine Nachbarsjunge Nelson auftaucht und auf die Luke des Bunkers deutet, den Chalipas und Ehsans Vater im Garten angelegt hat. Oh je, wahrscheinlich hat sich Ehsan in den Bunker zurückgezogen! Und der ist, wenn der Eingang zu ist, nur von innen zu öffnen. Was ist zu tun? Ist Ehsan wirklich da unten?

Chalipa versucht anhand von Ehsans Tagebuch zu rekonstruieren, was passiert ist, und Sam ruft ihren Freund Salvador zur Hilfe. »Ihr müsst die Polizei rufen!«, fordert Salvador aufgeregt, doch Sam hat Angst als Babysitterin zur Verantwortung gezogen zu werden. Auch eine Benachrichtigung des Vaters von Chalipa und Ehsan kommt für Sam aus diesem Grund nicht in Frage. Also was nun? Als gebrüllte
Drohungen nichts helfen: »Wenn du nicht rauskommst, dann kommt die Feuerwehr und bohrt deine Panzerwand auf, und dann stehst du blöd da – wie eine Maus, die in ihrem eigenen Loch in der Falle hockt!«, braucht es eine neue Strategie. Alle versuchen, sich in Ehsan hineinzudenken. Was hat ihn
bewogen, zu verschwinden? Sind es wirklich die trüben Zukunftsprognosen, oder hat sich Ehsan vielleicht in den Bunker zurückgezogen, um sein Wissen für eine erfolgreiche YouTube-Karriere zu nutzen? Eher unwahrscheinlich. Dann schon eher der miserable Zustand der Welt … Doch ist die Zukunft wirklich so düster? Und schon sind die vier mitten in einer intensiven Diskussion über ihre Ängste, Wünsche und ihre Sicht auf die Menschheit. Da haben Sam und Salvador plötzlich eine raffinierte Idee, um Ehsan aus dem Bunker zu locken. Sie rufen vor der Eingangsluke kleine positive Nachrichten: »Im Frühjahr kommt das neue Album von Shakira heraus!«, »Morgen werden es 22 Grad!« und entwickeln ganz eigene Zukunftsutopien: »Krebs haben wird sein, wie wenn man jetzt sagt: Ich hab Schnupfen!«, »Irgendwann lassen wir uns Flügel annähen, um aus der Krise herauszukommen und dann machen wir eine Reise auf die Bahamas!« Und jeder erzählt aus seiner persönlichen Sicht, warum es sich zu leben lohnt. Doch Ehsan bleibt verschwunden, denn er hat längst andere Pläne und nimmt das Heft des Handelns selbst in die Hand …

Gwendoline Soublin hat ein wunderbar leichtfüßiges wie existenzielles Stück über die Sicht von Kindern und Jugendlichen auf unsere heutige Welt geschrieben. Konsequent aus der Sicht der jungen Protagonisten verfasst, mit geschliffenen Dialogen und einer gehörigen Portion Optimismus macht das
Stück Mut zum eigenen Engagement – unabhängig von Alter und Lebensumständen.

Zur Stückseite von »Und alles« gelangen Sie HIER

Workshop Prüfungsvorbereitung

TREFFPUNKT LEHRERZIMMER. Wenn wir zu einem Workshop in eine Schule gehen, ist das meist der Ort, der als erstes angesteuert wird. Oft ist noch Zeit für eine kurze Unterhaltung und eine Tasse Kaffee. Ab und zu kennt man den einen oder die andere Kollegin auch schon gut. Gerade in dieser Spielzeit verbringen wir viele Stunden für Workshops in Schulen, um Vorstellungsbesuche für die Prüfungsthemen zu »Nach vorn, nach Süden« (UA) und zu »Woyzeck« vorzubereiten. Wir kommen mit einem Fahrplan in die Schule, wie wir uns den Ablauf des jeweiligen Workshops vorstellen – oft müssen wir aber auch flexibel sein und davon abweichen, je nach dem, ob die Klasse schon ganz tief im Stoff steckt oder noch gar nicht, ob es morgens um 8 Uhr oder nachmittags um 15 Uhr ist. Schreibt die Klasse im Anschluss noch eine Klassenarbeit oder war der Tag vorher schon lang für alle? Deshalb gibt es immer Plan A, B und C. Wir nehmen Sie mit in zwei unserer Workshops, Sie dürfen Mäuschen sein.

Foto © Stefanie Roschek

von Natascha Mundt

Montag, kurz nach halb 10. Die erste große Pause ist vorbei an einem Heilbronner Gymnasium. Nach und nach tröpfeln die Schüler des Leistungskurses Deutsch ins Klassenzimmer. Manche freuen sich, manche sind ob des Unbekannten, was sie in der nächsten Doppelstunde erwartet, etwas unsicher. Andere haben völlig vergessen, dass ich wie ein Ufo im Klassenzimmer gelandet bin und erschrecken sich fast. 16 Augenpaare schauen mich an. Die Klasse hat den »WOYZECK« schon gelesen, aber noch nicht komplett besprochen, sie sehen sich eine Woche später die Inszenierung bei uns an und schreiben im Frühjahr ihr Abitur über den Stoff. Meine Aufgabe für diese Doppelstunde ist es nun, zum einen unsere Inszenierung, also vor allem den konzeptuellen Zugriff und die Ästhetik, zu vermitteln, zum anderen aber auch, den Text, der für die Schüler ggf. ganz weit weg, eben in einem kleinen gelben Buch steht, plastisch und greifbar zu machen.

Wir starten mit einem kurzen Spiel im Kreis: Ähnlich wie beim Uno-Spiel gibt es verschiedene Anweisungen, die Originalzitate aus dem »Woyzeck« sind. Mit einem kräftigen »Jawoll, Herr Hauptmann« gibt man mit einem Klatschen einen Impuls reihum. Ein »Langsam Woyzeck!« markiert einen Richtungswechsel und mit einem »Marie!« kann man sich einen anderen Spielpartner als den links und rechts von sich aussuchen. So wird zum einen der Körper, aber auch der Kopf warm gemacht. Und alle haben was zum Lachen. In einer weiteren Übung haben Zweierteams die Aufgabe, sich wie Marionetten durch den Raum zu führen. Diese Übung wird gesteigert, wenn im weiteren Verlauf dann drei Leute gleichzeitig an den Fäden der jeweiligen »Puppe« ziehen. Ich stelle danach die Frage in die Runde, warum ich wohl diese Übung ausgesucht habe: damit uns nichts peinlich ist, damit wir mit anderen zusammenarbeiten als mit unseren Sitznachbarn, damit wir lernen, zu vertrauen, damit wir erfahren, wie es Franz Woyzeck wohl ergeht, wenn er versucht, es gleichzeitig allen recht zu machen – aha! Darauf wollte ich hinaus, auch wenn alle anderen Antworten auch richtig sind. Wobei es mir immer sehr wichtig ist, im Workshop zu betonen: Ihr könnt nichts wirklich falsch machen, hier gibt es nicht die eine Lösung. Ein Workshop bietet die tolle Möglichkeit, sich auf eine andere Art und Weise mit dem Text, den man im Unterricht liest, mit der Inszenierung, die man, vermeintlich passiv im Zuschauerraum sitzend, erlebt, auseinanderzusetzen. Und er öffnet auch die Augen dafür, dass es nicht die eine Interpretation eines Stoffs gibt, sondern noch viele weitere Lesarten als die, die im Lektüreschlüssel vorgestellt wird.

Zu sehen ist das auch in der letzten Übung, in der die Schüler in Kleingruppen Szenen aus dem Stück erhalten, etwa wenn Woyzeck Marie ersticht oder wenn der Tambourmajor und Marie aufeinandertreffen. Die Aufgabe nun: Übersetzt das, was hier steht, in eure Sprache. Wie würdet ihr das heute sagen, würde diese Szene z. B. auf dem Schulhof, auf einer Wiese am Neckar, auf dem Parkplatz vor der Tankstelle stattfinden? Zuerst gibt es ratlose Gesichter, doch dann geht es in den jeweiligen Gruppen rund. »Nein, das heißt doch, dass er sie klarmachen will!« Es wird gelacht, diskutiert, über die semantische Auslegung eines einzigen Wortes gesprochen; eigentlich gar nicht so viel anders als bei den Proben in unserem Probenzentrum. Den Schülern wird klar, so weit weg von ihnen ist Büchners Text gar nicht. Zum Schluss zeigt jede Gruppe ihre Übersetzung in einer kurzen Szene vor der Klasse und die Zuschauer dürfen raten, mit welcher Szene sie sich beschäftigt haben. »Das war cool, hätt ich gar nicht gedacht – ich freu mich jetzt, das Stück zu sehen«, kommt danach aus einem Mund. Ich wünsche der Klasse viel Spaß in der Vorstellung und viel Erfolg beim Abi, beim Verabschieden winkt mir im Gang ein Schüler zu, wir kennen uns aus einem vorherigen Workshop.

* * * * * * *

von Simone Endres

»NACH VORN, NACH SÜDEN« wird in den meisten Realschulen erst im Lauf des Schuljahres gelesen und einige Lehrkräfte hatten uns schon zu bedenken gegeben, dass sie die Inszenierung erst nach der Lektüre besuchen wollen. Die Klasse, die heute vor mir steht, ist mutig und stürzt sich ins Unbekannte. Gleichzeitig bietet meistens gerade der offene, unverstellte Blick auch die Möglichkeit, sich neu und unverkrampft auf die Inhalte und Figuren des Romans einzulassen und eigene persönliche Bezüge herzustellen. So auch heute.

Die Klasse hat noch nie einen Workshop mitgemacht und keine Ahnung, was sie erwartet. Die Ankündigung, den Klassenraum freizuräumen, damit wir Platz zum Bewegen und Arbeiten haben wird mit großer Anspannung und wenig Begeisterung aufgenommen. Die meisten Teilnehmer vergraben sich tief in ihre Anoraks und halten die Arme verschränkt. Keiner möchte seinen Stuhl verlassen.

Lena, genannt »Entenarsch«, die als Protagonistin des Romans von Sarah Jäger durch die Geschichte von »Nach vorn, nach Süden« führt, sucht auch ihren Platz auf dem Hinterhof eines Penny-Marktes. Damit ist das erste Spiel zur Eröffnung des Themas gesetzt. Alle Stühle sind im Raum verteilt und die Aufgabe der Gruppe lautet, durch strategische Platzwechsel »Entenarsch« den letzten freien Platz streitig zu machen. Durch das Spiel löst sich die anfängliche Skepsis.

Es folgen Assoziations- und Dissoziationsübungen zur Etablierung eines wertungsfreien Raums. Assoziation bedeutet, dass alles, was wir hören, zu Bildern im Kopf führt. Dissoziationsübungen helfen dabei, sich frei zu spielen und den inneren Zensor auszuschalten. Die Erfahrung, nichts falsch machen zu können, ist für den Rest der Lektion eine entscheidende, damit jeder Teilnehmer sich traut, den Zustand der Fehlervermeidung hinter sich zu lassen und sich vor der Klasse mit den eigenen Ansichten »zu zeigen«. In 2er-Gruppen werden nun kleine Geschichten improvisiert. Beginnend mit dem Satz: »Sag mal, weißt du noch was gestern auf der Landstraße passiert ist?«, haben alle Teams zur Aufgabe, eine kleine gemeinsame Szene zu entwickeln, die anschließend vor der Klasse präsentiert wird. Mich begeistert die Vielfalt des Themenspektrums. Zwei Jungs zeigen, wie sie ohne gültigen Personalausweis die Einreise aus dem Kosovo zu managen versuchen, drei Teilnehmer sind nach einem Banküberfall auf der Flucht und andere versuchen sich gegenseitig bei der Autopanne behilflich zu sein. Alle sind stolz auf ihre Präsentation. Nebenbei ergibt sich auch die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie ein Schauspieler sich auf der Bühne fühlen würde, wenn es im Zuschauerraum unruhig wird oder das Handy klingelt. Alle verstehen plötzlich, wie wichtig es ist, den Theaterbesuch als gemeinsames Erleben zu verstehen, und dass Publikum und Bühne keine so starr abgegrenzten Bereiche sind, wie allgemein vermutet. Weiter geht es nun mit den Stationen, die »Entenarsch« mit den Insassen ihres VW Polos erlebt. Es gilt, sich aus sechs Schauplätzen des Stücks drei auszusuchen und diese zu einer kurzen Reiseszene zu verbinden. Beispielsweise geht es so vom Schlossgarten in Fulda über den Kreisverkehr von Oer-Erkenschwick zum »Feld-Wald-Wiesen-Festival« in Bimbach. Diese Ausflüge nutzen wir, um das Prinzip der »Heldenreise« zu besprechen, also vom Loslassen von Sicherheit und dem daran anschließenden Aufbruch, der Krise nach anfänglichem Scheitern, der Heldeninitiation durch Konfrontation mit auftretenden Problemen bis zur Rückreise nach Läuterung. Erhitzt ziehen die Schüler Vergleiche zu Roadtrips aus Film und Fernsehen, und Parallelen zu »The Fast and the Furious« bis hin zum »Herrn der Ringe«.

Als mir die Klasse wenige Tage später wieder im Zuschauerraum begegnet, frage ich anschließend, wie es ihnen in der Vorstellung ergangen ist. »War echt cool… aber beim nächsten Mal spielen wir selbst mit«, schallt mir als Echo entgegen.

Was Größe wirklich bedeutet

Kita-Workshop zum neuen BOXX-Stück »Von Maus und Mond oder Wer ist der Größte?«

Was machen denn so viele Kinder am Montagmorgen im Theater? Psst, zu viel dürfen wir nicht verraten, denn was sich hier abspielt, ist streng geheim. »Ihr seid heute unsere Experten«, erklärt die Theaterpädagogin Natascha Mundt den Kindern. Sie dürfen heute eine Probe eines Stücks sehen, das zuvor noch niemand gesehen hat. Für das neue BOXX-Stück ab 3 Jahren sind die Kinder genau die richtigen Kritiker, auf deren Meinung es ankommt.

Die Kinder zeigen der Theaterpädagogin Natascha Mundt, wie groß sie sich machen können.
Eluki (Nora Rebecca Wolff) und Jonas (Andreas Schlegel) in Aktion. Wer gewinnt das Schnick-Schnack-Schnuck-Duell?

Zum Kennenlernen setzt sich die Theaterpädagogin mit den Kindern in einen Stuhlkreis und lässt sie Mutmaßungen über das Stück anstellen. Vier der Kinder erzählen stolz, schon einmal im Theater gewesen zu sein. Der Titel des Stücks »Von Maus und Mond oder Wer ist der Größte?« weckt in einem Kind die Assoziation, dass Riesen in dem Stück vorkommen werden. Um Größe geht es allemal, und Natascha Mundt fordert die Kinder auf, sich der Größe nach aufzustellen, um herauszufinden, welche Kinder die Größten aus der Gruppe sind. Kurz darauf dürfen die Kinder noch einmal aktiv werden und vorführen, wie es aussehen würde, wenn es ganz heiß oder ganz kalt ist, wenn sie durch hohen Schnee stapfen oder eine Maus oder ein Hase wären. Mit dieser Übung werden die Kinder bestens auf das Stück eingestimmt, das im eisigen Kanada spielt. Auch die Kostüme von Nora Rebecca Wolff (»Eluki«) und Andreas Schlegel (»Jonas«) sind an das kühle Wetter angepasst. Die Schauspieler tragen mehrere Schichten dicker Kleidung und sind in Schal, Handschuhe und Mütze gepackt.

Die nächsten 20 Minuten dürfen die Kinder einen Ausschnitt aus dem Stück sehen. Ganz gespannt beobachten sie das Geschehen auf der Bühne, an manch einer Stelle ist es so spannend für den einen oder die andere, dass sich ein Kind nicht mehr auf dem Stuhl halten kann und im Stehen weiterschaut. Für Lacher sorgen vor allem die wilden Verrenkungen der Schauspieler, wenn es darum geht, wer der Größte der beiden ist, sowie Nora Rebecca Wolffs gekonnt vorgetragener »Hasendialekt«. Lustig wird es für die Kinder auch, als Eluki in ein Schneeloch fällt und nur noch die Fußsohlen aus dem Loch hervorragen. Angst hatten die Kinder nie, wie sie später in der Nachbesprechungsrunde versichern, jedoch gab es eine Stelle, an der sie gemeinsam mit dem Jungen Jonas zusammenzuckten, der eigentlich nur die Babyrobbe streicheln wollte, aber von seiner Begleiterin lautstark erschreckt wurde. In der Runde wird gemeinsam rekapituliert, was der Reihe nach im Stück geschah. Auf die Frage, wie es in dem Stück weitergehen soll, haben die Kinder sofort ein paar kreative Ideen parat: Die Geschichte soll »100 Jahre weitergehen«, »ein Einhorn soll sterben«, «das Eis soll trotz Sonne nicht schmelzen« und es sollen Iglus und Elfen darin vorkommen. Abschließend dreht sich alles um die Frage, ob es denn nun wichtig sei, wer der Größte ist. Ein Kind hat darauf die perfekte Antwort: Nein, das sei nicht wichtig, »die Größeren sind größer und deshalb stärker, aber die Kleineren sind noch stärker«.

»BOXX|Labor« – Ein theatrales Experiment kommt auf die BOXX-Bühne

In dieser Spielzeit wagt sich unser gesamtes BOXX-Team an ein ganz besonderes Experiment: Eine Stückentwicklung, an der alle Mitwirkenden gleichberechtigt teilhaben und sich einbringen, und bei deren Entstehung auch mehrere Schulklassen eine besondere Rolle spielen. Dieses »BOXX|Labor« steht unter dem Thema »Meine Kultur. Deine Kultur. – Passt das zusammen?«. Wie funktioniert dieses theatrale Labor? Was haben die Schulklassen damit zu tun? Und was ist überhaupt Kultur?

Verschiedene Seile sind Teil des Bühnenbildes vom »BOXX|Labor«.

Was ist Kultur? Diese Frage stand zu Beginn der Arbeit am »BOXX|Labor«. Gemeinsam mit der Leiterin des Jungen Theaters Nicole Buhr, der Regieassistentin Stefanie Roschek und der Dramaturgin Deborah Raulin erkundeten die BOXX-Schauspielerinnen und -Schauspieler Rouven Klischies, Andreas Schlegel und Nora Rebecca Wolff die Ursprünge, Eigenheiten und Merkmale von Kultur allgemein und von ihrer eigenen Kultur. Los ging alles mit einem gemeinsamen Essen im September 2021, bei dem alle Gerichte aus ihren Heimatregionen besteuerten – denn auch Essen kann Kultur sein! Über unzählige Diskussionen, Improvisationen und Recherchen, das Lesen von wissenschaftlichen Texten, das einander Zuhören und Zuschauen, das Einfangen und Weiterdenken von Ideen haben sie das Thema von allen Seiten beleuchtet und in eine sinnliche Theatersprache übersetzt. Alle konnten sich gleichberechtigt mit ihren Gedanken, szenischen Ideen und selbstgeschriebenen Texten einbringen.

So sah das Brainstorming zu Beginn der Stückentwicklung aus. Foto: Johannes Buchholz

Die Idee hinter diesem Theaterexperiment war der Wunsch von Nicole Buhr und der Abteilung Theaterpädagogik, einen neuen Raum für Austausch mit dem Publikum zu schaffen und ein Stück zu entwickeln in engem Kontakt zu denen, die dieses dann später auch ansehen werden. So kann auch das berücksichtigt werden, was das Publikum beschäftigt. Was denken Jugendliche über das Thema? In Anlehnung an die Lehrpläne der Schulen und aktuelle Diskurse viel die Wahl für die Thematik des ersten »BOXX|Labor« schnell auf Kultur. Die Schulklassen beschäftigen sich zum Beispiel im Ethik- oder Geschichtsunterricht mit den Fragen: Was macht Kultur aus? Wie entstehen und entwickeln sich Kulturen?

Vier Schulklassen mit Schülerinnen und Schülern ab 12 Jahren haben im Rahmen von »BOXX|Labor« Workshops zum Thema Kultur besucht, die unsere Theaterpädagoginnen gemeinsam mit dem »BOXX|Labor«-Team durchgeführt haben. Auch in diesen Workshops wurde zunächst einmal gesammelt, was die Schülerinnen und Schüler mit dem Begriff ›Kultur‹ verbinden. Dann haben sich die Klassen in Kleingruppen mit den Hauptfragen beschäftigt, die sich auch das Team selbst zu Beginn der Stückentwicklung gestellt hatte: Was mag ich an meiner Kultur? Was mag ich nicht an meiner Kultur? Was gibt es für Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Kulturen? Durch den Austausch mit den Schülerinnen und Schülern konnten deren Gedanken und Wünsche gehört und in die Stückentwicklung einbezogen werden. Hierbei kamen neben vielen Überschneidungen des Kulturverständnisses auch immer wieder neue Ideen dazu.

Die Ergebnisse der Kleingruppen eines Schulworkshops. Foto: Kea Leemhuis

Die Schulklassen werden dann auch eine der Vorstellungen besuchen, die immer ein Diskussions- und Reflexionsgespräch beinhalten. Das Team des »BOXX|Labor« ist schon ganz gespannt auf das Feedback der Schülerinnen und Schüler! So viel ist bereits sicher: Alle Beteiligten haben viel über das Thema Kultur gelernt. Und in der nächsten Spielzeit wird es ein weiteres »BOXX|Labor« geben, dann zu einem neuen Thema.

Vorstellungstermine »BOXX|Labor1: Meine Kultur. Deine Kultur. – Passt das zusammen?«

Donnerstag, 28.04.2022 um 11:00 Uhr (Premiere)

Dienstag, 03.05.2022 um 11:00 Uhr

Mittwoch, 04.05.2022 um 18:00 Uhr

Tickets gibt es hier: https://www.theater-heilbronn.de/programm/junges-theater/stueck-detail.php?SID=481

Wieso, weshalb, warum?

Kinder wollen die Welt entdecken und verstehen und fragen uns gerade im Vor- und Grundschulalter jede Menge Löcher in den Bauch. Vom 20. – 26. März dürfen sie das auch hemmungslos im Theater tun. Gemeinsam mit den anderen Kindern gehen wir den Fragen auf den Grund.

Im Anschluss an die Vorstellungen von »Nachtgeknister« und »Komm, wir finden einen Schatz« laden die Kolleginnen der Theaterpädagogik und Inga Elisabeth Tappe vom Institut für Philosophie an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg die Kinder zum Weiterdenken ein. Wir wollen die gesehenen und erlebten Dinge hinterfragen. Und uns nicht mit einfachen Antworten zufrieden geben. Mit Fragen wie: Was ist ein richtiger »Schatz«?

Warum macht uns Gruseln Spaß?

Wären wir als Millionäre glücklicher?

Warum gibt es böse Menschen?

wollen uns auf eine altersgerechte philosophische Entdeckungsreise begeben und dabei neue Zusammenhänge entdecken – zu Einsichten kommen, die vielleicht von den mitgebrachten Standpunkten abweichen. Vor allem wollen wir mit viel Spaß frei denken. Denn »es gibt kein Richtig und kein Falsch, man kann und muss eine Sache von mehreren Seiten betrachten. Wenn man mehrere Perspektiven zusammenbringt, gelangt man zu einer tieferen Erkenntnis«, sagt Inga Elisabeth Tappe. Das können und wollen gerade unsere kleinen Besucher und wir übernehmen das Antwortenfinden auf die vielen Warums.
Die Erwachsenen dürfen bei den Familienvorstellungen natürlich gern mit zuhören. Das Philosophieren selbst bleibt aber den Kindern überlassen, ohne elterliches Korrektiv, ohne Bewertung. Wenn ihr von den vielen Fragen schon einen völlig durchlöcherten Bauch habt und des Antwortens müde seid, dann lasst doch einen Nachmittag lang unsere Kolleginnen die Aufgabe übernehmen und kommt zur BOXX|Philosophie!

Termine für Familien:
Sonntag, 20.03. im Anschluss an die Vorstellung »Komm, wir finden einen Schatz«: 16.00 Uhr in der BOXX
Samstag, 26.03. im Anschluss an die Vorstellung »Komm, wir finden einen Schatz«: 16.00 Uhr im Foyer Komödienhaus

Termine für Schulklassen:
Mittwoch, 23.3. im Anschluss an die Vorstellung »Nachtgeknister« 11.15-11.45 Uhr
Donnerstag, 24.3. im Anschluss an die Vorstellung »Nachtgeknister« 11.15-11.45 Uhr
Freitag, 25.3. im Anschluss an die Vorstellung »Nachtgeknister« 11.15-11.45 Uhr

Termine für Kitas:
Montag, 21.3. im Anschluss an die Vorstellung »Komm, wir finden einen Schatz« 11.00-11.30 Uhr
Dienstag, 22.3. im Anschluss an die Vorstellung »Komm, wir finden einen Schatz« 11.00-11.30 Uhr



Die aufregenden Abenteuer eine Wassertropfens

BOXX-Ensemble und Zuschauer arbeiten an gemeinsamen Kurzfilm

Kamera an und los geht’s! Der Startschuss für die Cinemato|BOXX ist gefallen. Das BOXX Ensemble und die Theaterclubs haben ihren Assoziationen freien Raum gelassen. Inspiriert von der Inszenierung »Petty Einweg – Die fantastische Reise einer Flasche bis ans Ende der Welt« haben sie begonnen, die Geschichte von »Rainer Drops – Die fantastische Reise eines Wassertropfens« zu erzählen. Mit der Handykamera haben sie den Wassertropfen zum Leben erweckt.

Das BOXX Ensemble und Regieassistentin Stefanie Roschek bei der Arbeit an der ersten Szene.

Jetzt ist es an der Zeit, Rainers Geschichte fortzuschreiben. Schulklassen und Theater-AGs sind aufgerufen, sich zu beteiligen und in einer ca. 20 Sekunden langen Szene Rainers Reise weiterzuspinnen und Teil der Geschichte zu werden. Alles, was sie dazu brauchen, sind Spielfreude, kreative Ideen und ein Handy mit Kamera. Nach dem Prinzip einer Faltpapiergeschichte filmen sie dann eine Szene aus Rainers Leben. Die Inspiration dazu bildet die Szene der vorherigen Gruppe.

Wie funktioniert das Ganze? Ausgangspunkt ist die Faltgeschichte. Hier schreibt eine Person die ersten zwei Sätze einer Geschichte. Der erste Satz wird weggeknickt und die nächste Person sieht nur den zweiten Satz. Sie schreibt wieder zwei Sätze, wobei sie das Papier so faltet, dass der nachfolgende Mitspieler nur den letzten Satz sieht. Und so geht das Spiel weiter, bis der letzte Mitspieler seine Sätze geschrieben hat und die gemeinsame Geschichte vorgelesen wird.

In der Cinemato|BOXX wird dieses Prinzip auf das Videoformat übertragen. Die erste Gruppe, unser BOXX-Ensemble, filmte die erste Szene und hat Rainer Drops Leben eingehaucht. Anschließend hat der Theaterclub Spiel|BOXX 2 den Erzählfaden aufgenommen und tief in Rainers Innerstes geblickt. Schon waren die ersten beiden Szenen im Kasten. Die könnt ihr in dem Video unten sehen. Als nächstes haben die Spielerinnen und Spieler der Spiel|BOXX 3 daran gemacht Rainers Geschichte fortzuführen. Gemeinsam haben sie assoziiert, wie Rainers Geschichte weitergehen könnte. Was ist in der Videosequenz passiert, die sie gerade gesehen haben?  Wie könnte es mit Rainer weitergehen? Was können sie in 20 Sekunden überhaupt umsetzen? Und wie können sie es so gestalten, dass es die nächste Gruppe weiterschreiben kann? Diese Fragen werden von den Jugendlichen diskutiert. Schnell einigen sie sich auf einen der Vorschläge, arbeiten ihn gemeinsam aus und los geht es mit der Kamera nach draußen. Clubleiter Andreas Schlegel fügt die Spielszenen mit den animierten Zeichnungen, die die Clubber erstellt haben, am heimischen Computer zu einer Videosequenz zusammen und schon ist die dritte Szene ist fertig. Der nächste Club kann übernehmen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Video Cinemato|BOXX Und jetzt geht es raus aus den Clubs und ab in die Schulen und Theater-AGs. Seid kreativ, spielt mit uns und schreibt Rainers Geschichte bis zum Ende der Spielzeit weiter. Den daraus entstehenden Film »Rainer Drops – Die fantastische Reise eines Wassertropfens« werden wir voraussichtlich zum Ende der Spielzeit auf unserem Youtube-Kanal und unserer Webseite zeigen. Denn eines haben wir in den letzten zwei Jahren durch die Corona-Pandemie gelernt: Wenn wir Publikum, das Schauspielensemble und die Theaterclubs nur beschränkt zusammenbringen können, bietet uns ein digitales Filmprojekt eine gute Möglichkeit, gemeinsam etwas Verbindendes zu schaffen. Also seid dabei und bewerbt euch mit eurer Klasse oder eurer Theater-AG für die Cinemato|BOXX unter: theaterpaedagogik@theater-hn.de

Von der Schule auf die Bühne

Grundschüler werden Autoren einer eigenen Geschichte für das BOXX-Ensemble

Seit dieser Spielzeit gibt es das neue Format des Jungen Theaters: BOXX | Geschichten. Zur Premiere waren zwei Klassen der Hölderlin Grundschule Lauffen waren zu Gast bei uns in Heilbronn und haben sich in der BOXX das Stück »Komm, wir finden einen Schatz« von Janosch angesehen. BOXX | Geschichten bietet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, zusätzlich zum Vorstellungsbesuch ihre ganz eigene Geschichte auf der Bühne zu sehen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Ausschnitte der Geschichten der beiden dritten Klassen der Hölderlin Grundschule Lauffen gibt es in unserem Trailer.

Dafür hat die Klasse 3b gemeinsam eine Geschichte geschrieben, in der es um einen sagenumwobenen Schatz im Haigernwald geht. Vor vielen, vielen Jahren lebte dort eine Gruppe Frösche, die aus dem Wasser ihres goldenen Sees festes Gold herstellen konnte. Damit dekorierten sie ihre Höhlen und erfreuten sich an dem Glitzern und Knistern des Goldes. Doch auch die anderen Waldbewohner wollten etwas von dem Gold abhaben und versuchten, die Frösche zu beklauen. Daraufhin bauten diese eine riesige Mauer um ihren See. So vergingen die Jahre, die Frösche wurden immer älter und der See überwucherte immer mehr, bis er in Vergessenheit geriet. Doch eines Tages kam ein kleiner Junge im Haigernwald vom Weg ab und entdeckte etwas Glitzerndes zwischen den Baumwurzeln …

Einige Tage vor dem Besuch in Heilbronn hat die Klasse ihre Geschichte an das Theater geschickt und Sarah Finkel und Andreas Schlegel aus dem Ensemble des Jungen Theaters haben sich gemeinsam mit Nicole Buhr, der Leiterin des Jungen Theaters, ans Proben gemacht. Samt passender Requisite haben sie eine szenische Lesung für die Klasse vorbereitet. Die 3b war hellauf begeistert von der Umsetzung ihrer Geschichte und hat im Nachgespräch noch etwas über die kreativen Herausforderungen ihres Stücks erfahren, etwa wie man einen See auf die Bühne bringt und wie die Schauspieler dann auch darin tauchen können. Gerade diese Tauchszenen sorgten bei den Schülerinnen und Schülern für viele Lacher.

Auch die 3a der Hölderin Grundschule hat sich der Aufgabe, eine eigene Geschichte zu schreiben, gestellt. Inspiriert von einem Schulausflug auf den Haigern, werden die Schülerinnen und Schüler der Klasse 3a zu den Helden ihrer eigenen Geschichte. Dabei treffen sie im Wald auf einen Mann, dessen bester Freund in einen Frosch verwandelt wurde und nun dringend die Hilfe der gesamten 3a benötigt, um den Zauber aufzulösen. Mutig stellen sich die Schülerinnen und Schüler den Abenteuern, um den Verzauberten zu befreien. Gemeinsam und mit der Unterstützung der Waldbewohner versuchen sie den verzauberten Frosch zu befreien und begeben sie sich immer tiefer in den Wald …

Nach der Vorstellung von Janoschs »Komm, wir finden einen Schatz« sitzen sie gespannt in der BOXX, um zu sehen wie die Ensemblemitglieder Nora Rebecca Wolff und Rouven Klischies mit Regieassistentin Stefanie Roschek ihre selbst geschriebene Geschichte umgesetzt haben. In dem Bühnenbild, in dem gerade noch Tiger und Bär auf Schatzsuche gegangen sind, erwacht nun ihre eigene Geschichte zum Leben. Wie gebannt folgt die Klasse 3a den beiden Schauspielern, der Applaus im Anschluss ist groß.

Dann hatten die Kinder noch Gelegenheit, die Schauspieler mit Fragen zu löchern und alles zu erfahren, was sie schon immer über das Theater und das Theaterspielen wissen wollten: Wie lange dauern die Proben für ein Theaterstück? Ist es schwer, mehrere Stücke zur gleichen Zeit einzustudieren? Habt ihr auch Lampenfieber und warum wolltet ihr überhaupt gerne Schauspieler werden? Und ein paar Tipps zum Auswendiglernen von echten Profis gab es zu guter Letzt auch noch.

Das Fazit der beiden dritten Klassen: Sie möchten sehr gerne noch einmal wiederkommen mit einer weiteren BOXX | Geschichte.

Ab dem 5. April 2022 wird es eine zweite Auflage der BOXX | Geschichten geben. Dieses Mal bildet die Inszenierung »Rico, Oskar und die Tieferschatten« den Ausgangspunkt für die BOXX | Geschichten.
Schulklassen der Klassenstufen 3 – 6 können sich jetzt bis zum 25.02.2022 bewerben.
Alle Informationen zur Anmeldung gibt es hier.