Öffungszeiten
Der Besucherservice ist von
Montag bis Freitag von 10-18 Uhr
und am Samstag von 10-14 Uhr
für Sie geöffnet.
THEATERKASSE
Berliner Platz 1
74072 Heilbronn
Tel. 07131.56 30 01 oder 56 30 50 kasse@theater-hn.de
Aufgrund der Abstandsregeln im Zuschauerraum, sind bis auf weiteres keine Kartenbuchungen im Webshop möglich. Bitte wenden Sie sich an die Theaterkasse. Vielen Dank für Ihr Verständnis!
Im März 2020 war Charlie Prince als Artist in Residence am Theater Heilbronn zu Gast und hat sein Tanzstück »Cosmic A*« entwickelt. Es wird nun als Deutsche Erstaufführung bei der diesjährigen Ausgabe von »Tanz! Heilbronn« zu sehen sein. Der libanesisch-kanadische Künstler begibt sich auf die Suche nach Darstellungsweisen einer arabischen Identität – jenseits von Vorurteilen und äußeren Zuweisungen. Prince selbst ordnet das Stück dem Arab-Futurismus zu – einer relativ neuen, selbstbewussten künstlerischen Bewegung. Dabei gibt er aber zu bedenken, dass es nicht die eine arabische Identität gibt.
Aufgewachsen in einem Dorf in den Bergen Libanons emigriert der damals 10-jährige Charlie Prince 2001 mit seiner Familie nach Kanada. Wenige Jahre später zieht die Familie wieder in den Libanon und als 16-Jähriger kehrt Prince zurück nach Kanada. Er studiert Musik, klassischen und zeitgenössischen Tanz in Montreal. Stets ist er konfrontiert mit der Frage nach Herkunft und Tradition. Und in Europa, wo er heute lebt, trägt sein Körper noch immer die Schwingungen seiner Heimat in sich. Durch die Unruhen im Libanon, der kurz vor dem Staatsbankrott stand, kam Charlie Prince 2019 die Idee zum Titel seines Stücks: Cosmic A*. Der Titel bezieht sich im kosmischen Sinn auf Alles und auf Nichts. Im Libanon sah Prince viele junge Menschen, die sich gegen das korrupte System auflehnten, »sah ihre Kraft, die Freude, den Zorn und wie Körper sich vermischen«, erzählt er in einem Interview mit der Heilbronner Stimme vom 20. März 2020.
Sein Körper wird in »Cosmic A*« zu einem archäologischen Raum, der sich an Ausgrabungen beteiligt. Er taucht ein in eine imaginierte Mythologie und erschafft Körperbilder, die an Zentauren und hybride Fabelwesen erinnern. Mit seiner choreografischen Arbeit will Prince die Vergangenheit aus der Gegenwart wiederherstellen, um so Zukunft zu schaffen. Begleitet werden seine Bewegungen auf der Bühne durch den Live-Percussionisten Joss Turnbull, der mit traditionellen arabischen Instrumenten wie der Zarb und elektronischer Verfremdung dichte zeitgenössische Klänge erzeugt.
Entstanden ist ein beeindruckender Tanzabend, den ihr am 18. Mai 2022 um 19:30 Uhr im Komödienhaus erleben könnt. Tickets für »Cosmic A*« gibt es auf unserer Webseite und an der Theaterkasse.
Die niederländische Compagnie Woest hat eine eigene Bewegungssprache geschaffen, in der sie immer auf der Suche nach Humor, nach den Zufällen und der Wiedererkennbarkeit des Alltags und nach dem Absurden ist. Sie agieren nicht nur auf der Bühne und lassen das Publikum zuschauen, sondern sie beziehen es in die Inszenierung mit ein. Mit ihren Performances wollen sie alltäglichen Situationen einen neuen Charakter geben und in der Spannung zwischen Erkennbarkeit und Abstraktion, Zugänglichkeit und Virtuosität, Erzählung und Technik den Zuschauenden etwas über den Menschen, vielleicht sich selbst, erzählen.
Das Publikum ist auch in »Balancing Bodies«, das ab vom 19. -21. Mai 2022 in Heilbronn zu erleben ist, eingeladen, auf unbeschwerte Art ein Teil dieser Performance zu werden. Die Besucher nehmen auf rollenden Bürostühlen Platz, während sich um sie herum die vier Tänzerinnen und Tänzer der Amsterdamer Compagnie Woest bewegen ̶ mal im Gleichschritt, mal zu zweit eng umschlungen, mal wild, mal zart. Die Zuschauer müssen immer wieder ausweichen auf ihren Stühlen, manchmal werden sie auch ein Stück geschoben. So werden sie nach und nach Teil der Inszenierung, ohne vorgeführt zu werden, sondern machen ganz selbstverständlich mit, während sie sich in einem ein tänzerisch, akrobatischen Spiel befinden. Aus ihren Körpern setzen die Performer unterschiedliche Figuren zusammen, stabilisieren sich zunächst durch die Stühle und später durch spontane menschliche Kraft der Zuschauenden. Inhaltlich werden gesellschaftsrelevante Themen wie Burnout und Verletzlichkeit aufgegriffen, die von gemeinschaftlichen Gesten und Wertevorstellungen wie sozialer Verantwortung und Empathie eingerahmt werden. Wie das aussehen kann, wird hier nicht verraten, denn es ist vom 19. bis 21. Mai in der Boxx zu erleben. Das Programm eignet sich zudem sehr gut für Kinder und Schulklassen, die keine Angst haben, mit den Performern in Kontakt zu treten, denn genau dafür wurde »Balancing Bodies« inszeniert. Die Vorstellung lässt im gemeinschaftlichen Erleben die Gefühle aus unbeschwerten Kindertagen wieder aufleben und lädt am Ende zu einer Geburtstagsparty ein, deren Stimmung die Beteiligen im Anschluss an die Vorstellung beschwingt nach Hause trägt.
Am Samstag, den 21.05.2022 um 19.30 Uhr erwartet euch ein ganz besonderer, surrealer und höchst poetischer Tanzabend im Großen Haus. Die berühmte spanische Kompanie »La Veronal« zeigt das Stück »Sonoma«. Inspiriert durch den künstlerischen Kosmos des Filmemachers Luis Buñuel entwickelt der Choreograf Marcos Morau dieses Werk als Hommage an die spanische Kultur. Tanz, Musik und Poesie verschmelzen zu vieldeutigen Bildern einer schönen und fremdartigen Traumwelt, in der die Entwicklung der Frauen vom späten Mittelalter hin zu selbstbewussten Individuen gezeigt wird. Dem schwindelerregenden Tempo des modernen Lebens ausgesetzt, gleiten die Frauen wie Aufziehpuppen über die Bühne. Dominiert von prachtvollen Szenen und Gesängen strebt dieses rein weibliche Kollektiv aus der Tradition in die Moderne und befreit sich mit lauten Trommelschlägen und Schreien aus den Fesseln des Konformismus. Kraftvoller Körpereinsatz trifft hier auf außergewöhnliche Schönheit.
Der spanische Choreograf Marcos Morau gründete 2005 das Kollektiv »La Veronal«. Diese außergewöhnliche Kompanie vereint Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Tanz, Film, Fotografie und Literatur. Gemeinsam erschaffen sie beeindruckende Bilder von ungewöhnlicher Schönheit, symbolträchtige Welten aus Bewegung, Kunst, Architektur, Text und Musik. Als jüngster Preisträger erhielt Marcos Morau 2013 den Nationalen Spanischen Tanzpreis und ist heute einer der gefragtesten Choreografen Europas. Sein Ensemble genießt international großes Ansehen und ist regelmäßig auf allen wichtigsten internationalen Tanzfestivals vertreten und in diesem Jahr zum ersten Mal auch bei »Tanz! Heilbronn« zu sehen.
Als der Abend »Le Chant des ruines« 2019 entstand, ahnte die Brüsseler Choreografin Michèle Noiret sicher selbst nicht, wie brandaktuell die Thematik werden würde. Die fünf Tänzerinnen und Tänzer befinden sich in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. In einer Welt, in der sich die Gesellschaft so rasch wandelt, das man kaum hinterherkommt mit dem Anpassen. Es wird immer schwieriger, sich zurechtzufinden – alles scheint den Tanzenden durch die Finger zu rinnen. Wie orientiert man sich in einer Katastrophenlandschaft? Diesen Versuch wagt der Tanzabend, an dem sich die Tänzerinnern und Tänzer gegenseitig Halt geben wollen.
Mit der Corona-Pandemie haben auch wir die Zerbrechlichkeit und Instabilität der Welt, wie wir sie kennen, am eigenen Leib gespürt. Wir wussten nicht, wie lange wir in dieser Ausnahmesituation leben würden und hatten Angst – sowohl vor der Krankheit, als auch vor den uns bis dato unbekannten Maßnahmen wie Lockdown und sozialer Isolation. Nun stellt »Le Chant des ruines« kein Szenario der Corona-Pandemie dar. Doch unsere Erfahrungen können uns sicher weitere Perspektiven auf diesen Abend eröffnen. »Le Chant des ruines« ist eine Anleitung zum Überleben durch Tanz und bei »Tanz! Heilbronn« als Deutsche Erstaufführung zu sehen. Vielleicht hätten wir diese gerne schon vor Beginn der Pandemie gekannt. Sicher ist, dass das Stück uns neue Hoffnung und Kraft schenken kann für all die Herausforderungen, die wir im Leben noch meistern werden.
Der Tanzabend »Le Chant des ruines«, mit dem das Festival eröffnet wird, ist ein beeindruckendes Erlebnis. Michèle Noiret verbindet Tanz, Theater und Film zu einem einzigartigen großen Kunstwerk, das die Tänzerinnern und Tänzer durch ihre starke Bühnenpräsenz kreieren – mit einem Höchstmaß an Kreativität und tänzerischem Ausdruck. Denn Freude und Schönheit, so die Choreografin, sind auch eine Form des Widerstandes gegen die Krisen unserer Zeit.
»Le Chant des ruines« (zu deutsch »Das Lied der Ruinen«) erlebt ihr am Dienstag, den 17. Mai um 19:30 Uhr im Großen Haus als Eröffnungsstück des 12. Festivals »Tanz! Heilbronn«. Auf unserer Webseite gibt es weitere Infos und die Tickets.
Canan Erek blickt voller Vorfreude auf das erste von ihr kuratierte Festival »Tanz! Heilbronn«
Seit 2021 ist Canan Erek (*1968 in Istanbul, seit 1987 lebt sie in Deutschland) die neue Kuratorin des Festivals »Tanz! Heilbronn«. Die Tänzerin, Choreografin und engagierte Kulturvermittlerin freut sich darauf, vom 17.-22. Mai 2022, ihr erstes Festivalprogramm zu präsentieren.
Als Tochter aus bildungsbürgerlichem Hause besuchte Canan Erek in ihrer Kindheit und Jugend den klassischen Ballettunterricht in ihrer Heimatstadt Istanbul: »Obwohl ich rein physisch für diese Art von Tanz gar nicht geschaffen war, arbeitete ich hart«, erinnert sie sich an ihre Anfänge. Eines Tages brachte eine Tanzlehrerin eine Videokassette mit zwei legendären Stücken von Pina Bausch mit: »Café Müller« und »Le Sacre du printemps«. Canan, damals 18 Jahre alt, war hingerissen. So kann Tanz also auch aussehen! Sie recherchierte und fand die Folkwang-Hochschule in Essen, in der Pina Bausch den Bereich Tanz leitete. Warum es nicht einfach versuchen! Sie kam nach Deutschland, nahm an einer Audition in Essen teil, wurde genommen und begann 1987 ihre Ausbildung im zeitgenössischen Bühnentanz. »Pina Bausch hat selbst zwar keinen Unterricht gegeben, aber sie kam mehrmals im Jahr, um sich unsere Entwicklung anzuschauen und mit uns über unsere tänzerischen Ausdrucksformen zu reden.« Sie war es auch, die Canan bestärkt hat, nach der Tanz-Ausbildung noch ein Studium der Choreographie dranzuhängen, nachdem sie erste, noch während des Studiums selbstkreierte Stücke der jungen Tänzerin gesehen hatte.
Von Essen ging es ins wilde Ost-Berlin Anfang der 90er-Jahre. Hier studierte sie als erste türkische Studentin an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Choreographie. Die Erfahrungen des Ost-West-Clashs im zusammenwachsenden Berlin fand sie damals zwar spannend, aber auch anstrengend, weil sie sich nirgends zugehörig fühlte, erinnert sich Canan Erek. Ihre künstlerische Heimat wurde ab 1996 das Ballhaus Naunynstraße in Berlin. Ihre Arbeiten wurden in verschiedenen Theatern in Berlin und auf Festivals gezeigt. Als Gastchoreografin arbeitete sie u. a. für die Australian Opera in Sydney, für das Hans Otto Theater in Potsdam und für das Berliner Ensemble. Ein dreijähriges Intermezzo führte sie nach Leipzig als Leiterin des dortigen Tanztheaters. Dann ging sie wieder zurück nach Berlin, um zu tanzen, zu choreografieren und immer mehr nach außergewöhnlichen Ausdrucksformen zu suchen.
Tanz an anderen Orten zu inszenieren, als man ihn erwartet, in Parks etwa oder in Bürgerämtern – eben mitten im öffentlichen Raum, das hat Canan Erek damals schon interessiert. Der besondere Reiz, auf Leute zuzugehen, die sich nicht von vornherein für Tanz begeistern, das fand Canan Erek spannend. Bis heute ist dies ein wichtiges Element ihrer Arbeit, die sich mehr und mehr in den Bereich Kulturvermittlung, Projektmanagement, kulturelle Bildung und Festivalleitung verlagert.
Gerade hat Canan Erek eine deutschlandweite Online-Konferenz geleitet: »Auf dem Sprung zur Sparte? – Tanz für junges Publikum«, war sie überschrieben und ging der Frage nach, ob man ähnlich wie das Junge Theater in Deutschland auch den Jungen Tanz als feste Institution an den Theatern etablieren kann. Canan Erek hat beste Erfahrungen auf diesem Gebiet. Seit 2017 leitet sie »PURPLE – Internationales Tanzfestival für junges Publikum« in Berlin. Sie erlebt immer wieder, dass Kinder und Jugendliche durch ihre natürliche, aktive und offene Haltung ein wunderbares Publikum sind, das man eigentlich für alles begeistern kann. Sie haben es sogar sehr leicht, sich in die abstrakten Formen des Tanzes hinein zu fühlen. Diesen Schwerpunkt will sie auch als neue Kuratorin des Festivals Tanz! Heilbronn stärken. Zwei der sieben eingeladenen Stücke wurden explizit für junges Publikum erarbeitet.
Bei der Auswahl aller Festivalbeiträge ist es Canan Erek wichtig, dass der Funke überspringt und die Zuschauer eine intensive Beziehung zu den Produktionen des zeitgenössischen Tanzes aufbauen können. »Mein Interesse als Künstlerin und Kuratorin gilt zuallererst der kommunikativen Komponente. Wie nimmt ein Stück zum Publikum Kontakt auf, hält die Verbindung und gestaltet einen Dialog?«, fragt sie. Das »Wie« einer ästhetischen Konzeption könne sich mit dem »Was« der inhaltlichen Auseinandersetzung auf vielfältigste Weise verbinden. Für Canan Erek ist es wichtig, dass alle Stücke eine Einladung an das Publikum aussprechen, mit seiner Vorstellungskraft aktiv ins Geschehen einzusteigen und sich auch emotional begeistern zu lassen. So, wie ihr es damals ging, als sie auf einer Videokassette die Stücke von Pina Bausch sah, die so viel Energie in ihr freisetzten, dass sie sich auf den Weg nach Deutschland machte, um es einfach zu versuchen.
Hier gibt es nähere Informationen zu den diesjährigen Programmpunkten von »Tanz! Heilbronn«:
»Unter Kontrolle« Vom Tanzprojekt mit Häftlingen bis zum Tanzverbot im Iran Zum fünften Mal Tanz! Heilbronn vom 8. Mai – 12. Mai 2013
»Unter Kontrolle« – diesem Motto widmet sich das Festival Tanz! Heilbronn in seinem fünften Jahr. Vom 8.-12. Mai sind wieder Arbeiten von international herausragenden Tanzkompanien und erfolgversprechenden jüngeren Choreografinnen und Choreografen eingeladen, die sich in allen drei Spielstätten des Heilbronner Theaters und an einem externen Ort, der Justizvollzugsanstalt Heilbronn, präsentieren. Tanzkuratorin Karin Kirchhoff hat sich auf die Suche nach Künstlerinnen und Künstlern begeben, die sich mit verschiedenen Formen von politischer und sozialer Kontrolle beschäftigen.
Ganz existentiell spüren Gefängnisinsassen die Folgen des Außer-Kontrolle-Geratens im Leben, das mit Freiheitsentzug und der absoluten Kontrolle hinter Gittern geahndet wird. Bereits vier Wochen im Vorfeld des Festivals beginnt deshalb ein ganz außergewöhnliches Projekt mit Gefangenen der JVA Heilbronn mit dem Arbeitstitel »Gated Community«. Nadja Raszewski, die bereits zwei erfolgreiche Tanzprojekte mit Jugendlichen und Senioren in Heilbronn realisiert hat, untersucht mit den Männern die Bedingungen in ihrer geschlossenen Gesellschaft. Das Ergebnis wird in zwei Aufführungen am 9. und 11. Mai jeweils um 17 Uhr in der JVA Heilbronn präsentiert.
Eröffnet wird das Festival am 8. Mai um 19.30 Uhr im Großen Haus mit dem bildgewaltigen Tanztheaterstück »every single day« von der cie.toula limnaios aus Berlin. Es beschäftigt sich in Anlehnung an den Mythos von Sisyphos mit dem Gefangensein in den Mühen der menschlichen Existenz. Wie Sisyphos sind sieben Tänzerinnen und Tänzer in einer Zeitschleife stetiger Wiederholung gefangen, in der Alltagssituationen an die Grenze zum Surrealen getrieben werden. Die cie. toula limnaios gilt als eines der besten deutschen Ensembles des zeitgenössischen Tanzes und wurde 2012 mit dem »George Tabori Preis« des Fonds Darstellende Künste ausgezeichnet.
Ebenfalls am 8. Mai um 21.30 Uhr zeigt die internationale Performance-Company post theater in den Kammerspielen eine multi-mediale Choreografie für 30 anonyme Performer: »Express Fight Club« ist ein Abend voller Überraschungen, der die Kontrollmechanismen in unserem Arbeitsleben hinterfragt. Weitere Vorstellungen sind am 9. Mai um 18 Uhr, 19.30 Uhr und 21.30 Uhr.
Der 10. Mai steht ganz im Zeichen des zeitgenössischen Tanzes aus Israel. Um 18 Uhr gibt es in den Kammerspielen den Film »Let´s dance! Israel und der moderne Tanz« von Gabriel Bibliowitz und Efrat Amit, der die Entwicklung des Tanzes in Israel vom ersten Kibbuz bis zur heutigen Zeit zeigt. Eindrucksvolle Bilder verdeutlichen, wie sehr die Entwicklung des Tanzes mit gesellschaftlichen Veränderungen in Israel verbunden ist.
Um 19.30 Uhr sind im Komödienhaus zwei Arbeiten des herausragenden israelischen Choreografenduos Niv Sheinfeld und Oren Laor zu sehen. Die beiden sind in Deutschland bisher weniger bekannt, waren aber bereits auf vielen europäischen Festivals zu Gast. In ihren Stücken »Big Mouth« und »Ship of Fools« behandeln sie einerseits Auseinandersetzungen zwischen Individuum und Kollektiv und andererseits (zwischen)menschliche Machtstrukturen. Im Anschluss an die Vorstellung findet ein Publikumsgespräch statt.
Am 11. Mai um 19.30 Uhr gastiert der »Choreograf des Jahres 2012« Boris Charmatz aus Frankreich mit seiner hochgelobten Inszenierung »enfant« im Großen Haus – einem Stück für zwölf Kinder, neun Tänzer und drei Maschinen. Es geht um das Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen, um Macht und Ohnmacht, Manipulation und Befreiung. Boris Charmatz gilt als einer der innovativsten Choreografen der Gegenwart. Nach der Vorstellung stellt er sich den Fragen des Publikums.
Am letzten Festivaltag, dem 12. Mai, geht es um ein Land, in dem der Tanz verboten ist: den Iran. »Don´t move« heißt das Stück von Modjgan Hashemian und Susanne Vincenc um 19.30 Uhr im Komödienhaus. Wie gelingt es den Menschen in diesem Land, das Verbot zu umgehen? Iranische Tänzerinnen und Tänzer werden per Videoaufnahme oder Skype auf der Bühne präsent und treten mit Berliner Tänzern in Dialog. Gemeinsam erforschen sie, wie sich gesellschaftliche Normierungen und Einschränkungen in den Körper einschreiben.
Im Anschluss gibt es um 21 Uhr eine Diskussion mit Modjgan Hashemian, Niv Sheinfeld und Oren Laor zum Thema: »Körper-Politik. Tanz bezieht Stellung«. Während des gesamten Festivals besteht auch wieder die Möglichkeit, die Aufforderung Tanz! Heilbronn wörtlich zu nehmen und selbst zu tanzen. Workshops bieten die beiden israelischen Choreografen Niv Sheinfeld und Oren Laor für Erwachsene ab 16 Jahren ohne Vorkenntnisse. Modjgan Hashemian veranstaltet einen Workshop mit 10-12-jährigen Kindern zum Thema Computerspiele. Und die Tänzerin und Tanzpädagogin Christine Grunert gibt einen viertägigen Workshop für Frauen ab 50 Jahren mit und ohne Tanzerfahrung: »Gefangen sein – Befangen sein – Frei sein.« Anmeldungen jeweils bis zum 26. April im Besucherservice des Theaters Heilbronn.
Am 13. Mai um 19.30 Uhr schlägt der afrikanische Choreograf Tchekpo Dan Agbetou in seiner Arbeit »Three levels« mit fünf herausragenden Tänzerpersönlichkeiten einen Lebensbogen von der Geburt bis zum Tod.
Mit fünf herausragenden Tänzerpersönlichkeiten beschreibt Tchekpo Dan Agbetou einen Lebensbogen von der Geburt bis zum Tod, von Entstehen, Entfalten und Vergehen.
Dabei beschäftigen ihn Fragen über das Verhältnis von Körper, Gefühl und Seele: »Wie ist der Körper abhängig von der Seele? Wird er durch die Gefühle gelenkt oder lenkt die Seele die Gefühle? Ist der Körper wirklich der Spiegel der Seele? Und ist er das Instrument, das uns ermöglicht, unsere Ideen und Träume auf die Bühne zu bringen?« (T.D.A.) In poetischen Solo- und kraftvollen Gruppensequenzen entfaltet sich seine zeitgenössische Tanzsprache. Bewusst hat er Tänzer gewählt, die verschiedenen afrikanischen Ländern entstammen. Der Choreograf hinterfragt mit ihnen das europäische Stereotyp vom »afrikanischen Körper« und sieht dahinter die Unterschiede, die Regionen und Ethnien hervorbringen. »Was ist der Mensch? Was zeichnet ihn aus, und was macht ihn schwach? Der aus Benin stammende und seit 1995 in Deutschland lebende Choreograf Tchekpo Dan Agbetou hat sich diesen Fragen gestellt und mit seinem aktuellen Stück ebenso aufrüttelnde wie berührende Antworten gefunden. (…) kluges, raffiniert choreografiertes und vom Premierenpublikum begeistert aufgenommenes Tanzstück (…)« (Neue Westfälische)
Nach der Premiere in Bielefeld und Aufführungen in Marrakesch ist Heilbronn der erste Gastspielort in Deutschland für diese Produktion.
Tchekpo Dan Agbetou erlernte zunächst in Benin/Westafrika den traditionellen Tanz. Als Jugendlicher kam er nach Frankreich und studierte Modern und Jazz in Paris und New York, u. a. am Alvin Ailey Dance Theater. 1991 gründete er in Frankreich die Tchekpo Dance Company und kam 1995 nach Deutschland, wo er in Bielefeld das Zentrum für Tanz + Kreativität DANSART eröffnete und die Arbeit mit seiner Company fortsetzte. Erfolgreich werden seine Produktionen seither nicht nur in Europa, sondern auch in Asien, Afrika und den USA gezeigt. 2002 übernahm er die künstlerische Leitung für das jährliche Tanzfestival Bielefeld. 2006 rief er zusätzlich ein Festival für Zeitgenössischen Tanz aus Afrika ins Leben, die BIENNALE PASSAGES.
Produktion: Tchekpo Dance Company, in Koproduktion mit DansArtTanznetworks. Gefördert vom Land Nordrhein-Westfalen und dem Verein der Förderer der Tanzkunst e.V.
Konzept: Tchekpo Dan Agbetou Choreografie: Tchekpo Dan Agbetou mit den Tänzern Dramaturgie: Gilda Rebello Tanz: Michel Kouakou (Elfenbeinküste, USA), Pape Ibrahim N’Diayes »Kaolak« (Senegal, Tschechien), Doudet Grazai (Elfenbeinküste, Frankreich), Lebeau Boumpoutou (Kongo-Brazzaville, Burkina-Faso), Nestor Kouame (Elfenbeinküste, Frankreich) Bühnenbild, Licht, Ton, Video, Lichtdesign Chris Umney, Tchekpo Dan Agbetou Soundmix: Chris Umney Kostüm: Sabina Strunk, Ulla Agbetou
Am 12. Mai um 19.30 Uhr ist die Compagnie Marie Chouinard aus Montreal mit »bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS« im Großen Haus zu erleben, einem Stück von virtuoser, verstörender Schönheit. Marie Chouinard verfremdet die Formensprache des Balletts auf einzigartige Weise. Ihre virtuosen Tänzerinnen und Tänzer sind mit Spitzenschuhen an Händen und Füßen ausgestattet. Sie sind an Stangen gefesselt, staksen auf Krücken oder hängen an Seilen und verwandeln sich in Wesen zwischen Mensch, Maschine und Tier.
Body Remix: die kanadische Choreografin Marie Chouinard zerlegt und verfremdet die Formsprache des Balletts auf einzigartige Weise. Ihre virtuosen Tänzerinnen und Tänzer sind mit Spitzenschuhen an Händen und Füßen ausgestattet, an Stangen gefesselt, staksen auf Krücken oder hängen an Seilen. Die Hilfsmittel behindern oder ermöglichen ihre Bewegungen und erzeugen hybride Körperformen zwischen Mensch, Maschine und Tier. Latente Ballett-Erotik wird in aggressive Sexualität gewandelt, mit dem Spitzenschuh als Fetisch und Folterinstrument. Gleichzeitig entsteht ein hyperästhetisches Sinnbild über die Bedingungen der menschlichen Existenz: mit ihrem Gefangen-sein in der physischen Wirklichkeit und dem Streben nach Vollkommenheit und Freiheit. Der Manipulation der Bewegungen entspricht der Umgang mit dem musikalischen Material. Bachs Goldberg-Variationen werden in der berühmten Interpretation von Glenn Gould zum Teil verfremdet, zum Teil original wiedergegeben.
Bereits 2005 entstanden, tourte bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS um die Welt und ist mit seiner zeitlosen Kraft weiterhin im Repertoire einer der bekanntesten Kompanien Kanadas. Die Choreografin Marie Chouinard wurde in Québec geboren. Seit 1978 entwickelte sie eigene Stücke, die das Publikum oft schockierten und faszinierten. Nach dreißig Soloarbeiten gründete sie 1990 die Compagnie Marie Chouinard. Sie erhielt zahlreiche renommierte Preise und Ehrungen wie den Prix du Québec (2010), Chevalier de L’Ordre des Arts et des Lettres (Frankreich 2009), Officer of the Order of Canada (2007) und den Bessie Award (New York 2000).
Produktion: Compagnie Marie Chouinard. Koproduktion: National Arts Centre (Ottawa), Montréal High Lights Festival, Schlossfestspiele (Ludwigsburg), Théâtre de la Ville (Paris), Biennale von Venedig, White Bird (Portland), mit Unterstützung von ImPulsTanz (Wien).
Choreografie, Künstlerische Leitung: Marie Chouinard Tanz: Valeria Gallucio, Leon Kupferschmid, Lucy M. May, Michael Nameishi, Mariusz Ostrowski, Carol Prieur, Gérard Reyes, Dorotea Saykaly, James Viveiros, Megan Walbaum Musik: Louis Dufort: Variations on the Variations; Johann Sebastian Bach: Goldberg Variationen, Variationen 5, 6, 8; Vocal Extracts of Glenn Gould (A state of Wonder: The Complete Goldberg Variations (1955 & 1981) Licht, Bühne, Requisiten: Marie Chouinard Kostüme, Frisuren: Vandal Technische Leitung: Jean-François Bernier
Am 11. Mai gibt es um 22 Uhr ein großes Open-Air-Spektakel auf dem Theatervorplatz. Die Compagnie Retouramont aus Paris vollführt in der Choreografie von Fabrice Guillot »Danse des Cariatides« einen nächtlichen Tanz zwischen Himmel und Erde.
In einer spektakulären, abendlichen Aktion zwischen Himmel und Erde erobern drei Tänzerinnen den Luftraum vor dem Theater. Eine hohe Hauswand dient als »Tanzboden« für die Choreografie an Horizontal- und Vertikalseilen. Die französische Compagnie Retouramont passt ihr Stück an die architektonischen Gegebenheiten des jeweiligen Ortes an. Dafür werden sie drei Tage in Heilbronn proben. Ein währenddessen hier gedrehtes Video spielt mit Perspektiven und Dimensionen und erschafft zusammen mit Licht, Ton und Live-Tanz eine so poetische wie spannungsgeladene Atmosphäre.
»In gewissen Nächten verlassen diese Steinwesen ihre Sockel und erobern den Raum, auf den sie so lange gestarrt haben. Ihre mineralische Konsistenz wird geschmeidig und allmählich befreien sie sich aus der Architektur. Auch unter dem Fundament leben mächtige Karyatiden, unterirdische Kolleginnen, Riesinnen mit einem Körper aus Dunkelheit. Sie erheben sich aus dem Untergrund, drängen sich an die Fassaden und treffen sich schließlich für einen nächtlichen Tanz. Sie bewegen sich umeinander, tragen einander und erschaffen unwahrscheinliche Zentauren mit Körpern aus Bildern und Dunkelheit. Lasst uns, nur für einen Moment, durch die Augen dieser Frauen sehen, und seht die Welt stürzen, die Wände schwanken und den Horizont sich um sich selber drehen. Die Karyatiden verkehren die Schwerkraft der Welt.« (Cie. Retouramont)
Produktion: Le Manège Mons/Belgien, Remue-Méninges/Lieux Publics, pOlau Pôle des Arts Urbains Cie Off, Compa/CG Eure et Loir, Theater Bonneuil, Theater Cachan,Theater Charenton (Val-de-Marne), Grand Théâtre Lorient, Gemeinde Port-Louis, Schloss Clermont, Associazione Culturale BASILICATA 1799 / Festival Citta delle Cento Scale – Rassegna Internazionale di Danza e arti performative nei Paesaggi Urbani (Italien). Gefördert durch: Abteilung für Musik, Tanz, Theater und Darstellende Künste des Ministeriums für Kultur und Kommunikation Frankreich; Conseil Général Département Val-de-Marne; Conseil Général Département Seine-Saint-Denis. Gastspiel mit freundlicher Unterstützung des Institut français d’Allemagne / Bureau de la création artistique – Théâtre et Danse.
Choregrafie: Fabrice Guillot Tanz: Séverinne Bénnevault Bérangère Roussel Nathalie Tedesco Komposition: Bach to Beirut / Trio Filmregie/Video, Lichtdesign: Pierre Galais
Dauer: 40 Min.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.dailymotion.com zu laden.
Am 11. Mai um 20.00 Uhr kommt Vanilton Lakka aus Brasilien mit seinem Stück »Is the body the media of dance? Other parts« in die Kammerspiele. Zusammen mit seinen beiden Mitstreitern gewinnt er dem Breakdance ganz neue Bewegungsformen ab. Er verbindet ihn mit Elementen des zeitgenössischen Tanzes und beteiligt die Zuschauer an der Gestaltung des Abends. (Eine zweite Vorstellung ist am 12. Mai um 22 Uhr.) Vanilton Lakka gibt am 12. und 13. Mai einen zweitägigen Hip-Hop-Workshop.
Ist der Körper das Medium des Tanzes?«, fragt der brasilianische Choreograf Vanilton Lakka und bringt auch Plastikpüppchen und Spielzeugautos zum Tanzen. In einer leichtfüßigen, spielerischen Versuchsanordnung setzen er und seine beiden Mitstreiter ihre Körper in höchster technischer Brillanz ein. Bewegungen des Breakdance werden bis an die Grenzen der Machbarkeit verlangsamt und mit klassischen und zeitgenössischen Elementen vermischt. Bewegungsfolgen werden zu HipHop, Tangomusik oder Radiorauschen getanzt, das Publikum darf »Stop and Go« kommandieren. Wie bei einem Breakdance-»Battle« sitzen die Zuschauer um die Teilnehmenden herum. Die drei Tänzer zeigen jedoch nicht konkurrierende Soli, sondern treten in Aktion zu- und miteinander und machen aus dem ursprünglichen Wettbewerb ein gemeinschaftliches Erlebnis, bei dem sie das Publikum als Mitschauende und Mitdenkende einbeziehen. »Vanilton Lakkas Spiel mit den Codes des Breakdance ist so liebevoll, swingend und ganz einfach brasilianisch schön, dass diese Dekonstruktion selbst B-Boys große Freude macht. Normale Zuschauer amüsieren sich hier erst recht. HipHop aus Brasilien ist derzeit der überraschendste überhaupt, und »O corpo è o midia da dança – Outras partes« in diesem Sinn eine weitere bedeutende Entdeckung.« (kultiversum.de, April 2011)
Vanilton Lakka lebt und arbeitet im brasilianischen Uberlândia. Neben einem Master of Arts besitzt er einen Universitätsabschluss in Sozialwissenschaften. Zum Tanz kam er über den Streetdance, der in Brasilien viel stärker als in Europa Teil der Alltagskultur ist. Nach zahlreichen Auftritten in Süd- und Mittelamerika ist er seit 2011 zunehmend auch auf europäischen Bühnen zu Gast.
Konzept, Choreografie: Vanilton Lakka Tanz: Vanilton Lakka, Cloifson Costa, Fabio Costa Musik: »Maria Elena« (Xavier Cugat), »Take a Look Around« (Theme from M:I-2 Limp Bizkit), »La Cumparsita« (Matos Rodriguez), »Se ela dança eu danço« (MC Marcinho)
Das Projekt wurde mit Unterstützung des Programms Rumos Itaú Cultural Dança entwickelt.