Die Spiel|BOXXen 3 und 4 von der Endprobenwoche bis zur Premiere
von Lisa Beyl

Wie ein leise surrender Bienenstock könnte man die Atmosphäre beschreiben, die kurz vor Beginn einer Vorstellung im Zuschauerraum herrscht. Gespanntes Flüstern, Bewundern des Bühnenbilds oder Privatgespräche bilden einen akustischen Teppich. Erst wenn das Licht gedimmt wird und die Schauspieler die Bühne betreten, kehrt im Publikum Ruhe ein.
Bei der Vorstellung der Spiel|BOXX 3 mischten sich am Samstag, den 12.07.2025 auch irritierte Lacher unter. Denn obwohl die Lichter im Zuschauerraum bereits gelöscht waren, passierte auf der Bühne zunächst… nichts. Hat jemand etwa seinen Einsatz verpasst? Aber es stehen doch schon alle Spieler wartend auf der Bühne… Aber gehen wir zum Anfang.
Am Samstag feierten die Spiel|BOXX 3 mit »Nur noch einen Zug.« und die Spiel|BOXX 4 mit »Traum-Zimmer mit Aussicht frei! Berliner Platz 1« nach langer Probenphase endlich Premiere und zogen so den Spiel|BOXXen 1 und 2 nach, die bereits im Mai bei ihren Aufführungen begeistert beklatscht wurden.




Um an den beiden Vorstellungstagen bestens vorbereitet zu sein, gestaltete sich besonders die letzte Probenwoche als herausfordernd für Spieler und Team. Bereits am Mittwoch vor der Premiere leitete die Technische Einrichtung die finale Phase für die beiden Clubs auf der Bühne in der BOXX ein. Zum ersten Mal wurde das endgültige Bühnenbild aufgebaut und nochmals angepasst. Für die Spiel|BOXX 3 hieß das spontan werden und die dezenten dunkelblauen Stühle, die Bühne und Zuschauerraum verbinden sollten, gegen grelle neon-orangene Plastikstühle tauschen. Nicht nur die Farbgebung der sonst schwarzen Bühne wird dadurch verändert, auch die Wirkung einer überhitzten Regionalbahn, in die man eigentlich ungern einsteigen möchte, wird dadurch verstärkt.
Ebenfalls getestet wird die Position des angedeuteten Zugabteils. Wie weit hinten soll es stehen, dass der Abstand zum Publikum nicht zu groß, die Spielfläche für die Jugendlichen aber nicht zu klein wird? Gedanken, die sich Schauspielerin Romy Klötzel und KBB-Leiter Andreas Donders, die beiden Leiter der Spiel|BOXX 3, machen müssen. Ebenso wie bei der Auswahl und Erstellung der Lichtstimmungen am Donnerstag bei der Beleuchtungsprobe heißt das oft auch: ausprobieren, ändern und warten. Aber das Warten lohnt sich ─ vor allem für die zehn Schauspieler. Wo am Mittwoch noch ohne Licht, Kostüm und mit Ton aus Laptoplautsprechern geprobt wurde, steht am Donnerstagabend bei der Hauptprobe alles so, wie es auch bei der Premiere aussehen soll.
Leider verläuft die Hauptprobe nicht vollkommen reibungslos. Eine Spielerin ist verhindert und muss eingelesen werden, die Licht- und Tonstimmungen sind noch nicht perfekt angepasst und an einigen Stellen herrscht Textunsicherheit. Nichtsdestotrotz ist an diesem Abend bereits sichtbar, wie sehr sich alle Beteiligten auf die Premieren freuen und vor allem, mit was für einer Spielfreude und Leidenschaft gearbeitet wird. Die Gruppe wirkt nicht nur auf der Bühne eingespielt. Hinter der Bühne schwebt über dem Team eine Wolke aus Wertschätzung und Zusammenhalt, der auch durch das ähnliche Alter der Spieler, die eher kleinere Gruppengröße und die Einfühlsamkeit ihrer Clubleiter begünstigt wird.

Den Gegenentwurf, zumindest was die Zusammensetzung der Gruppe betrifft, bildet die Spiel|BOXX 4: mehrere Generationen im Alter von 12 bis 77 Jahren stehen zusammen auf der Bühne. Kann das überhaupt funktionieren? Es kann!
Mit teils sehr persönlichen Texten, die mal unterhaltsam sind und mal nachdenklich stimmen, spielen sich die 16 Mitglieder der Spiel|BOXX 4 am Samstag in die Herzen der Zuschauer, die aufmerksam lauschen und das Gehörte verarbeiten. Was am Mittwoch in der ersten Probe auf der Bühne noch holprig war, fügt sich bei der Generalprobe am Freitagnachmittag zu einem Gesamtkonstrukt zusammen. Zwar nicht fehlerfrei, aber wer schon einmal Theater gespielt hat, wird wissen: Die Generalprobe darf nicht perfekt sein!
Die Spiel|BOXX 4, unter der Leitung von Evelyn Döbler, versteht sich auch nicht als ein reiner Theater-Club, sondern mehr als eine Schreibwerkstatt.
Aus den entstandenen Texten wird dann ein zusammenhängendes Konstrukt gebaut und aufgeführt. Dies spiegelt sich auch im Bühnenbild: kleine Inseln auf der Bühne, die den Spielern eigene Räume geben, in denen sie sich bewegen, aus denen sie aber auch ausbrechen können.
Musikstücke, wie »Mister Sandman« von The Chordettes, die an ausgewählten Stellen im Stück Platz finden ─ und in die teilweise auch das Publikum involviert wird ─ tragen das übergreifende Thema des Stücks weiter: Träume. Es geht um verlorene, nie geträumte und zukünftige Träume. Um Vergangenheit, Erinnerungen und Gemeinschaft, die sich auch im Ensemble widerspiegeln.
Die Spieler nehmen sich Zeit. Füllen den Raum mit bildlicher Sprache. Mit ihrem Auftritt zeigt die Spiel|BOXX 4, dass Alters- oder Interessensunterschiede für respektvolles und produktives Miteinander keine Barrieren sind und die Freude am Theater es vermag, Brücken zwischen Einzelindividuen zu bauen. Auch von den Mitgliedern selbst wird die Spiel|BOXX 4 als harmonisch beschrieben.
Für das gespannte Publikum wird es bereits vor der Vorstellung immersiv: die Ensemblemitglieder gehen bereits im BOXX-Foyer umher und suchen nach einem passenden Kandidaten für ihr Mehrgenerationenhaus. Der Beginn einer Wohnungsbesichtigung, wodurch gleichzeitig der Zusammenhalt der Club-Gemeinschaft verdeutlicht wird.
Während der Auftritt der Spiel|BOXX 4 bereits im Foyer beginnt, bedient sich die Spiel|BOXX 3 einer anderen Methode, um die Zuschauer in die Atmosphäre ihres Stücks zu ziehen. In Erinnerung an all die langen Minuten, die wahrscheinlich jeder einmal in öffentlichen Verkehrsmitteln verbringen musste, heißt es für die Zuschauer der Spiel|BOXX 3: Warten.
Das Warten des Publikums wird belohnt mit einem unterhaltsamen Stück, das persönliche Erfahrungen mit kreativen Einfällen mischt und dabei auch relevante Themen – wie den Druck digitaler Medien für Jugendliche – verarbeitet. Die Spieler beweisen, wie Andreas Donders in einer der Vorstellung vorausgehenden Laudatio unterstreicht, Engagement, Spielfreude und Talent, das mit großem Applaus und nachklingendem Lob honoriert wird.
Obwohl die Zuschauererfahrungen in den Vorstellungen der Spiel|BOXXen teils sehr unterschiedlich sind, zeigen beide Clubs vorbildhaft, wie kreative Arbeit Miteinander stiften und die unterschiedlichsten Menschen zusammen bringen kann. Und das sowohl auf und hinter der Bühne als auch im Zuschauerraum.
Fotos: Sophia Fischer/Verena Bauer