Interview mit der Tänzerin Nefeli Skarmea

Interview mit der Tänzerin Nefeli Skarmea

Die Griechin Nefeli Skarmea ist eine gefragte Tänzerin, die schon mit zahlreichen Choreografen gearbeitet hat. 2012 nimmt sie bereits zum dritten Mal am Heilbronner Tanzfestival teil, das ist Zufall – aber nicht nur. 2009 trat sie in „meinland“ von Philip Bergmann auf. 2011 tanzte sie ein wunderbares Duett mit dem Taiwanesen Shang-Chi Sun und erzählte nach der Aufführung von einem ungewöhnlichen Projekt, das gerade entstanden war: „Sideways rain“ des in Genf lebenden Brasilianers Guilherme Botelho. Aufgrund ihrer Empfehlung habe ich mir „Sideways rain“ angesehen und war sofort überzeugt von diesem Stück, das nun das Heilbronner Festival am 09. Mai im Großen Haus eröffnen wird.

 

Karin Kirchhoff (Kuratorin Tanz! Heilbronn): Nefeli Skarmea, Sie leben in Berlin, wie kam es dazu, dass der in Genf arbeitende Guilherme Botelho Sie engagiert hat?

Nefeli Skarmea.: Cie. Alias hat ein Vortanzen im Tanzhaus NRW in Düsseldorf angekündigt, und ich hatte in der Zeit nach neuen Engagements gesucht. Das ist schon vor ungefähr 4 Jahren. Eigentlich hat Guilherme nach Tänzern für eine frühere Produktion gesucht. Es war ein sehr langer Tag, ich hab’s auch bis zum Ende geschafft, aber er hat mich trotzdem nicht für das Stück engagiert… Diese Kostprobe seiner Arbeit habe ich aber sehr genossen und geschätzt und anderthalb Jahre später, als ich in Lausanne für eine andere Kompanie vortanzen war, habe ich beim Alias Studio in Genf „vorbeigeschaut“ und mit der Gruppe trainiert. Durch diesen neuen Kontakt hat mir dann Gui angeboten bei Sideways Rain mitzumachen.

 

K.K.: Das Stück war international schon viel unterwegs. In welcher Stadt oder welchem Land sind Sie besonders gerne gewesen?

 N.S.: Natürlich freut man sich, in südlichen Ländern bzw. wärmeren Orten Gastspiele zu haben. Zagreb und Porto, Tel Aviv und Sao Paolo haben das Team besonders glücklich gemacht! Letztes Jahr am Ende des Sommers haben wir in Zürich getanzt, in einem Theater dessen Backstage-Bereich direkt am Züricher See liegt. Das Wetter war in der Zeit ganz wundervoll, und jeden Tag nach der Verbeugung sind wir alle nackt ins Wasser gesprungen; das war immer nach der ganzen Erschöpfung, der Anstrengung vom Stück, ein absolut fantastisches Gefühl…!
Ich freue mich auch immer, wenn Gui über das Stück spricht. Er hat eine sehr einfache aber poetische Art, über die Konzeption des Stücks zu erzählen; wie er von seiner eigenen Aktivität des Laufens inspiriert wurde, wie sich alles vorwärts bewegt wie ein Fluss auf der Bühne, wie es nicht über Beziehungen zwischen Menschen handelt sondern über das Individuum innerhalb seines Lebensflusses.

 

K.K.: Ihr seid mit 17 Leuten auf Tour. Weil die Gruppe so groß ist, müssen sich die Tänzer Doppelzimmer teilen, um Kosten zu sparen. Geht man sich da manchmal auf die Nerven?

 N.S.: Wir sind sehr unterschiedlichen Alters, von 20 bis 38 Jahren ungefähr, trotzdem verstehen wir uns extrem gut und hatten nie wirklich Probleme. Niemand will das Zimmer mit Fabio teilen, weil er anscheinend schnarcht, deswegen teile ich es mit ihm, da ich so tief schlafe.

 

K.K.: Gibt es etwas, worauf Sie sich in Heilbronn freuen, oder woran Sie sich vom letzten Aufenthalt noch gut erinnern?

N.S.: Vom Tanz! Heilbronn Festival habe ich mich immer sehr willkommen gefühlt. Wir freuen uns natürlich auf ein enthusiastisches Publikum, was ich bis jetzt in Heilbronn jedes Mal so erlebt habe.

 

 

Nefeli Skarmea ist auf dem Bild ganz links zu sehen. Foto: Cie. Alias/Guilherme Botelho (Genf)

Macht und Moral, Gefühle und Geschäfte

Alejandro Quintana inszeniert im Großen Haus Fassbinders »Lola«

Wenn eine Hand die andere Wäscht, wird alles zum Geschäft—auch die Liebe. – Foto: Rebecca Göttert

Ich bin die fesche Lola, stellt sich Marlene Dietrich singend als der »Blaue Engel« in dem gleichnamigen Film von Josef von Sternberg vor, einer Adaption von Heinrich Manns Roman »Professor Unrat«. »Lola« heißt – nicht zufällig –  der inzwischen als Klassiker gehandelte Film des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1981. Nach dem überwältigenden Erfolg von »Die Ehe der Maria Braun« gab Fassbinder seinem Drehbuchautor Peter Märthesheimer den Auftrag, ihm einen »Blauen Engel« zu schreiben und ihn in die Adenauer-Ära der 50er Jahre zu versetzen. Den Dietrich-Film allerdings dürfe er sich bis zur Ablieferung des Textes auf keinen Fall noch einmal anschauen.

Der erste Versuch fand keine Gnade vor den kritischen Augen Fassbinders. Also machten sich Märthesheimer und seine Koautorin Pea Fröhlich noch einmal an die Arbeit und erfanden – in sechs kurzen Wochen – »Lola«: Eine böse Dreiecksgeschichte aus der Wirtschaftswunderzeit. Mit Misstrauen und Vorsicht reagieren die Honoratioren einer Kleinstadt auf den neuen Baudezernenten, Herrn von Bohm, der mit seiner Korrektheit das einträgliche Arrangement zwischen Politik und Wirtschaft zu stören droht.

Doch dann interessiert sich die faszinierende und provozierende Lola für ihn, die Geliebte des Baulöwen Schuckert und die Hauptattraktion des lokalen Bordells, in dem die eigentlichen Geschäfte dieser feinen Gesellschaft gemacht werden. Von Bohm verliebt sich in Lola. Noch weiß er nicht, wer oder was sie ist. Doch eine Lunte ist gelegt. Wird das durch und durch korrupte System von »Eine-Hand-wäscht-die-andere«, von dem die Machteliten der Stadt kräftig profitieren, jetzt explodieren?

Aus seinem Drehbuch schuf Märthesheimer 1998 eine Bühnenfassung, ein ironisch als »Kleinbürgertragödie« untertiteltes Schauspiel um Macht und Moral, Gefühle und Geschäfte. Wie Fassbinder ist er nicht an einem historischen Sittengemälde interessiert, sondern an den Parallelen zwischen der politischen und wirtschaftlichen Amoralität des Wiederaufbaus und seiner und unserer Gegenwart. Nach »Angst essen Seele auf« bringt das Theater Heilbronn zum zweiten Mal einen Fassbinder-Film auf die Bühne. Regisseur Alejandro Quintana wird »Lola« mit Chansons und Schlagern aus der Wirtschaftswunderzeit inszenieren.

Andreas Frane, Dramaturg

Regie: Alejandro Quintana
Ausstattung: Marie-Luise Strandt
Mit:
Johannes Bahr
Sylvia Bretschneider
Stefan Eichberg
Angelika Hart
Susan Ihlenfeld
Gabriel Kemmether
Nicolas Kemmer
Rolf-Rudolf Lütgens
Tobias D. Weber
Statisterie

Der „Boxer“ durch die Linse

Ein Gewitter an Klicks füllt den Zuschauerraum der Kammerspiele. Die beiden Schauspieler auf der Bühne lassen sich davon nicht aus dem Spiel bringen, sie wissen, dass die Geräuschkulisse einen guten Grund hat.
Seit einigen Spielzeiten sind die Schülerinnen und Schüler der Schule für Gestaltung des Kolping Bildungszentrums Heilbronn zu Gast in unseren Kammerspiel-Proben. Mit ihren Kameras fangen sie unter der Anleitung von Lehrer Jürgen Häffner ganz individuelle Blicke auf ausgewählte Inszenierungen ein und stellen die Ergebnisse dann im Foyer der Kammerspiele aus.
Ab sofort hängen die Fotos von acht SchülerInnen der Klasse FMT2 von unserem Jugendstück „Das Herz eines Boxers“ mit Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf. Vom intensiven, überraschend geheimnisvollen Boxer-Portrait bis zur Momentaufnahme einer witzigen Zweier-Szene reichen die Eindrücke, die die Klasse von Petra Wüllenwebers Inszenierung aufgenommen hat. Ein Blick ins Kammerspiel-Foyer lohnt vor den Vorstellungen!

Andreas Frane, Dramaturg

Die Heimkehr der Köpfe

Die Heimkehr der Köpfe
Eine Initiative des Theatervereins Heilbronn

Über 40 Jahre lagen sie verborgen im Lapidarium der Stadt: Sechs große Maskenköpfe aus Heilbronner Sandstein. Einst zierten sie das Jugendstiltheater in Heilbronn, das der berühmte Architekt Prof. Theodor Fischer projektiert hat. 1913 wurde es eröffnet und schloss als Zierde der Stadt die nördliche Allee ab. Beim Bombenangriff am 4. Dezember 1944 wurde das Theater stark beschädigt und seitdem nicht mehr bespielt. Nach langen, kontroversen Diskussionen erfolgte am 18. Juni 1970 die Sprengung des prächtigen Gebäudes und die Köpfe verschwanden in der Versenkung.

Jetzt möchte das Theater die sechs großen Maskenköpfe wieder nach Hause holen und ihnen ein würdiges Umfeld geben. Wie schon vor 100 Jahren sollen sie mit Beginn der Spielzeit 2012/2013, wenn auch das Foyer saniert ist, wieder vom Theater auf den Berliner Platz herunterschauen und die Besucher begrüßen. Der Heilbronner Bildhauer Karl Gimmi (1870-1955) hatte die grotesken Maskenköpfe nach dem Vorbild antiker griechischer Schauspielmasken geschaffen. Sie waren an der Brüstung der großen Terrasse an der halbkreisförmigen Südfassade angebracht. Inhaltlich standen sie im unmittelbaren Zusammenhang mit den Fresken an der Brüstung, die der Schweizer Maler Alfred Heinrich Pellegrini zu den Themen Sinnlichkeit, Anbetung, Leidenschaft, Verzweiflung und Resignation geschaffen hat. Zwei der Maskenköpfe wurden bei dem Bombenangriff auf Heilbronn zerstört und 1949 durch Kopien ersetzt.

Wir als Theaterverein möchten Geld sammeln, um  die Maskenköpfe restaurieren und eindrucksvoll präsentieren zu können. Wir rufen alle Theaterfreunde dazu auf, die Heimkehr der Köpfe finanziell zu unterstützen. Die Kosten betragen rund  25 000 Euro. Damit wollen wir nicht nur an die lange und gute Theatergeschichte in Heilbronn erinnern. Wir möchten auch die  Tradition des Bürgerengagements für das Heilbronner Theater wieder beleben. Alle drei Theaterbauten, die in Heilbronn errichtet wurden, 1844, 1913 und 1982, sind dank des großzügigen Engagements der Einwohner dieser Stadt möglich geworden.

Vielen Dank!
Ihr Theaterverein Heilbronn

Spendenkonto
Empfänger: Theaterverein
Kontonummer: 27 48 43
Bankleitzahl: 620 500 00
Kreissparkasse Heilbronn
Kennwort: Köpfe
Auf Wunsch: Spendenbescheinigung

Herausgeber:
Theaterverein Heilbronn e.v.
Lerchenstraße 70
74074 heilbronn
Tel.: 07131/164317
Vorsitzende: Hanne Jacobi
Redaktion: Silke Zschäckel
Fotos: Theater Heilbronn

Wer betrügt hier wen?

Mozarts »Le nozze di Figaro« aus Augsburg zu Gast

Kammerdiener Figaro möchte die Zofe Susanna heiraten, doch das ist nicht so einfach. Graf Almaviva, als Herr der beiden, ist selbst auf Susanna scharf und will sein Recht auf die erste Nacht geltend machen. Figaro indes kommt durch ein früher gegebenes Heiratsversprechen an die alte Haushälterin Marzelline in Bedrängnis. Die Gräfin ist eifersüchtig auf Susanna. Und der Page Cherubino ist unsterblich in die Gräfin verliebt. Die vielen Verwicklungen und Intrigen bringen die Hochzeit in Gefahr. Doch Figaro rettet sie mit List und Geschick und sorgt noch dafür, dass am Ende jeder Topf sein Deckelchen findet.

Die Hochzeit des Figaros

Wenn es eine musikalische Komödie in letzter Perfektion gibt, dann ist es »Le nozze di Figaro«. Mozart und da Ponte formten aus Beaumarchais‘ am Vorabend der französischen Revolution entstandenem Lustspiel um die politisch-erotischen Nöte eines Grafen, der seinem Kammerdiener die Braut ausspannen will, ein psychologisches und musikalisch-theatrales Meisterwerk, in dem sich Charaktere, Handlung und Musik in unerreichter Weise durchdringen und bedingen. Mozart schuf authentische Figuren mit all ihren Widersprüchen, ihren Trieben und Sehnsüchten, ihren Ängsten und Hoffnungen. Was Susanna, Figaro, der Graf und die Gräfin tun und was sie fühlen, ist nicht an eine Zeit gebunden, es ist heute so wahr und unmittelbar wie im 18. Jahrhundert.

Jan Philipp Gloger, eigentlich ein Schauspielregisseur, hat in Augsburg erstmals eine Oper inszeniert und damit das Publikum und die Kritiker begeistert. Diese Inszenierung hat für so viel Furore gesorgt, dass er neben den großen Bühnen im Schauspiel nun auch die großen Häuser im Musiktheater erobert. Gerade hat er an der Dresdner Semperoper Händels »Alcina« herausgebracht und für die Festspiele auf dem Grünen Hügel in Bayreuth inszeniert er in diesem Jahr den »Fliegenden Holländer«.

Die Hochzeit des Figaros

 

Le nozze di Figaro (Die Hochzeit des Figaro)
Opera buffa in vier Akten von Wolfgang Amadeus Mozart
Gastspiel des Theaters Augsburg

Premiere am 30. März 2012, 19.30 Uhr, Im Großen Haus

Musikalische Leitung: Carolin Nordmeyer
Inszenierung: Jan Philipp Gloger
Bühne: Ben Baur
Kostüme: Karin Jud
Choreinstudierung: Karl Andreas Mehling
Dramaturgie: Ralf Waldschmidt

Gewinnspiel: 3×2 Freikarten für „Schicklgruber“!

Die Imaginale – Das internationale Figurentheaterfestival läuft auf Hochtouren!

Wir verlosen exclusiv an unsere Social Media Fans 3×2 Karten für „Schicklgruber“ am kommenden Samstag, dem 24. März, um 20 Uhr im Komödienhaus!

Schreibt uns kurz eine Email an schroeder@theater-hn.de mit der richtigen Antwort  auf folgende Frage:

In welchem Jahr gründete Neville Tranter das »Stuffed Puppet Theatre«?

Einsendeschluss ist Donnerstag, der 22. März. Den Gewinnern geben wir dann am 23. März per E-Mail bescheid.
(Der Rechtsweg ist ausgeschlossen)

Einer der weltweit erfolgreichsten Puppenspieler in Heilbronn: Ein Spiel mit dem Tod – Neville Tranter zeigt „Schicklgruber“

Am Samstag, 24. März um 20 Uhr ist mit Neville Tranter und dem Stuffed  Puppet Theatre einer der weltweit erfolgreichsten Puppenspieler aus Amsterdam zu Gast im Komödienhaus. Sein Stück »Schicklgruber alias Adolf Hitler« bietet  mit Klappmaulfiguren ein groteskes Kammerspiel über die letzten Tage im Führerbunker. Es treten auf: Adolf Hitler, Eva Braun, Josef Goebbels, dessen Kinder, Hermann Göring und der Tod.

Obwohl der  Untergang seines  Naziregimes unmittelbar bevorsteht, begeht der »Führer« die Feierlichkeiten zu seinem 56. Geburtstag in einem engen Bunker. Während Explosionen die Decke erschüttern, diskutiert Hitler über seinen Geburtstagskuchen, Eva Braun träumt von ihrer Hochzeit mit dem Führer, Goebbels doziert über die Bedeutung von Propaganda und der Minister der Luftwaffe, Hermann Göring, macht keinen Schritt ohne seine beeindruckenden Uniformen. Keiner von ihnen scheint beunruhigt davon, dass ihnen allen der Tod bevorsteht. Als der Suizid unabwendbar wird, muss eine Entscheidung über die Kinder im Bunker getroffen werden. Hitler indes ist mehr um seinen Hund besorgt.

Die Geschichte ist dicht dran an den historischen Ereignissen. Sie erzählt von Menschen in einer extremen Situation und konfrontiert die Zuschauer  mit der Frage, ob man irgendeine Form von Mitgefühl für einen der Charaktere in diesem Spiel entwickeln kann. Außerdem ist es ein Spiel über Verdrängung: Die Verdrängung der Niederlage, der Verantwortung und des nahendes Todes.

In diesem Endzeitszenario wird der Horror der NS-Zeit, die Selbstüberhebung, die konservierten Posen und die menschliche Erbärmlichkeit ihrer Protagonisten ins schmerzlich Absurde vergrößern. Neville Tranter selbst übernimmt die Rolle von Hitlers Sekretär Heinz Linge. Respektlos und doch sensibel wagt sich Tranter an ein Stück finsterer deutscher Vergangenheit. Flankiert von seinen charakteristischen lebensgroßen Klappmaulfiguren, mal mit dramatischer Wucht, dann wieder mit berückender Leichtigkeit findet er noch in den Abgründen des Verbrechens Züge des Menschlichen. Tranter gelingt die  Gratwanderung zwischen Schrecken und Komik mit Bravour. Ein Spiel mit dem Tod, das unter die Haut geht.

Nach seinem Dramen-Studium und ersten Theaterarbeiten in den USA gründete der australische Figurenspieler Neville Tranter 1976 das »Stuffed Puppet Theatre«. Zwei Jahre später übersiedelte er nach Amsterdam und begann, jene ungeheuer kraftvolle Theatersprache zu entwickeln, die ihn zu einem der erfolgreichsten Figurenspieler der Welt gemacht hat.

Schickgruber zu Gast bei der Imaginale

Vom 09.-13. Mai 2012 wird »Der aufrechte Gang« getanzt

4. Auflage des Festival »Tanz! Heilbronn«
Vom 09.-13. Mai 2012 wird »Der aufrechte Gang« getanzt
Unter anderem zu Gast: Die Candoco Dance Company mit einer Deutschen Erstaufführung

Es ist mittlerweile aus der Vielfalt der Angebote am Theater Heilbronn nicht mehr wegzudenken: Das Festival »Tanz! Heilbronn«, das jedes Jahr im Mai für eine Woche Highlights des internationalen Tanztheaters auf den Bühnen des Stadttheaters präsentiert.

Eröffnet wird es am 09. Mai um 19.30 Uhr im Großen Haus mit einem rauschhaften Lauf durch die Evolution der Menschheit: »Sideways rain« ist eine Arbeit des brasilianischen Choreografen Guilherme Botelho und seiner Schweizer Compagnie Alias. Die 14 Tänzerinnen und Tänzer bilden für 60 Minuten einen unermüdlichen Menschenstrom voll visueller Kraft und hypnotischer Energie und spüren der Entwicklung der Menschheit vor dem Hintergrund einer sich stets verändernden Welt nach.

Am 10. Mai um 19.30 Uhr ist die britische Candoco Dance Company mit einer Deutschen Erstaufführung zu erleben. Behinderte und nichtbehinderte professionelle Tänzerinnen und Tänzer arbeiten seit 20 Jahren in dieser Gruppe zusammen. Aus Anlass ihres Jubiläums hat sich die Company einen Abend geschenkt, der eine aktuelle Choreografie »Looking back« des Franzosen Rachid Ouramdane mit einem Klassiker der jüngeren Tanzgeschichte »Set and Reset/Reset« von Trisha Brown vereint.

Am 11. Mai um 20.00 Uhr kommt Vanilton Lakka aus Brasilien mit seinem Stück »Is the body the media of dance? Other parts« in die Kammerspiele. Zusammen mit seinen beiden Mitstreitern gewinnt er dem Breakdance ganz neue Bewegungsformen ab. Er verbindet ihn mit Elementen des klassischen Tanzes und lässt die Choreografie im Wesentlichen von den Zuschauern mitgestalten. (Eine zweite Vorstellung ist am 12. Mai um 22 Uhr.)

Ebenfalls am 11. Mai gibt es um 22 Uhr ein großes Open-Air-Spektakel auf dem Theatervorplatz. Die Compagnie Retouramont aus Paris vollführt in der Choreografie von Fabrice Guillot »Danse des Cariatides« einen nächtlichen Tanz zwischen Himmel und Erde.

Am 12. Mai um 19.30 Uhr ist die Compagnie Marie Chouinard aus Montreal mit »bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS« im Großen Haus zu erleben, einem Stück von virtuoser, verstörender Schönheit. Marie Chouinard verfremdet die Formensprache des Balletts auf einzigartige Weise. Ihre virtuosen Tänzerinnen und Tänzer sind mit Spitzenschuhen an Händen und Füßen ausgestattet. Sie sind an Stangen gefesselt, staksen auf Krücken oder hängen an Seilen und verwandeln sich in Wesen zwischen Mensch, Maschine und Tier.

Am 13. Mai um 19.30 Uhr schlägt der afrikanische Choreograf Tchekpo Dan Agbetou in seiner Arbeit »Three levels« mit fünf herausragenden Tänzerpersönlichkeiten einen Lebensbogen von der Geburt bis zum Tod.
Er hinterfragt das europäische Stereotyp vom afrikanischen Körper und untersucht, wie der Körper von der Seele abhängig ist.

Der Kartenvorverkauf für das Festival hat begonnen.
Karten und Infos unter 07131/56 30 01 od. 56 30 50 oder im Online-Ticket-Shop unter www.theater-heilbronn.de

Silk Zschäckel, Pressereferentin

„Boxer“-Team zu Besuch bei den Boxern in Neckarsulm

„Na, dann zeig mal die Kampfstellung,“ ruft Toni La Rocca. Schauspieler Peter Volksdorf stellt sich in Pose und geht leicht in die Knie. „Jawoll. Schlag die Führhand.“ Volksdorf schlägt mit der linken Faust in La Roccas geöffnete Rechte. Und schon fängt er sich von dem grinsenden Boxtrainer eine (angedeutete) Ohrfeige auf die rechte Wange ein. „Und wieder kriegst du eine,“ lacht La Rocca. „Beweg dich nicht wie ein Känguru. Eins, zwei, drei.“ La Roccas geballte Faust streicht schnell über Volksdorfs Kinn. „Und jetzt wärst du K.O.“

Box-Unterricht bei Toni La Rocca (links): Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf holen sich schlagkräftige Tipps für „Das Herz eines Boxers“ – Foto: Stephanie Paschke

Das Inszenierungs-Team des Jugendstücks „Das Herz eines Boxers“ ist mit den beiden Schauspielern Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf zu Besuch in der Sporthalle der Johannes-Häußler-Schule in Neckarsulm. Dort trainieren drei Mal wöchentlich die Leistungs-Boxer und zwei Mal wöchentlich die Anfänger von der Neckarsulmer Sportunion, zu denen viele erfolgreiche Aufsteiger wie zum Beispiel Hakan Kutdag, Metin Coruk und Melvin Perry gehören. Perry in der kleineren Sporthalle beim Sparring zu beobachten, begeistert auch Regisseurin Petra Wüllenweber und Bühnen- und Kostümbildnerin Ulrike Melnik, die die geschmeidigen Bewegungen und blitzschnellen Schläge des amtierenden deutschen Jugend-Meisters und Vize-Weltmeisters im Schwergewicht (bis 81 kg) hinter einer Glaswand bewundern.

Box-Unterricht bei Toni La Rocca (links): Frank Lienert-Mondanelli und Peter Volksdorf holen sich schlagkräftige Tipps für „Das Herz eines Boxers“ – Foto: Stephanie Paschke

Für die Theatermacher ist der Ausflug allerdings nicht nur Spaß, sondern auch ein Teil ihrer aktuellen Arbeit: In dem Jugendstück des gebürtigen Heilbronners Lutz Hübner, inzwischen schon ein Klassiker, zeigt ein ehemaliger Champion einem perspektivlosen 16-Jährigen, wie man sich durchs Leben boxt. Und das ist in einer Szene wirklich wörtlich zu nehmen.
Toni La Rocca, früher selbst ein erfolgreicher Bundesliga-Boxer, hat sich gerne bereit erklärt, den zwei box-unerfahrenen Schauspielern vor dem Training die Grundbegriffe auf den Weg zu geben. Dazu gehört aber mehr als Schläge und Posen: „Bei Boxern sind auch das Benehmen und gegenseitiger Respekt wichtig,“ erklärt La Rocca. Das zeigt sich, als die jungen Boxer der NSU nacheinander auftauchen und die ungewohnten Besucher vom Theater Heilbronn neugierig mustern: Keiner geht an dem Trainer, Petra Wüllenweber und den Schauspielern vorbei, ohne ihnen höflich die Hand zu schütteln – mit Augenkontakt.  Wie heißt es bei Hübner: „Ein richtiger Boxer ist ein Gentleman.“ Der Satz könnte auch von Toni La Rocca stammen.

„Das Herz eines Boxers“ hat am 15. März Premiere in den Kammerspielen.

Saallicht aus, Scheinwerfer an, Bühne frei und bitte!

Jana- Sophie Engelmann und Paula Kleine aus der Klasse 9c des Theodor-Heuss-Gymnasiums besuchten einen Workshop zur Inszenierung „Maria Stuart“ und fühlten sich zwei Stunden lang in die Figuren dieses Stückes ein. So haben sie diese zwei Unterrichtsstunden der anderen Art im Theater erlebt:

Saallicht  aus, Scheinwerfer an, Bühne frei und bitte! Mit diesen Worten überlässt die Theaterpädagogin Katrin Singer je vier von uns Schülern das Wort. Nun heißt es über seinen Schatten springen und nur noch so denken, fühlen und handeln wie die Personen aus Friedrich Schillers Drama Maria Stuart. Gespannt schauen wir zu, was sich unsere Mitschüler überlegt haben.
Jeder hatte eine Karte gezogen, auf der jeweils eine wichtige Figur  aus dem Drama charakterisiert und vorgestellt wurde. Auf der Rückseite stand ein kurzes Zitat dieser Person. Nun sollten wir zu viert zusammengehen und eine mögliche Szene unter Einbringung der Zitate auf die Beine stellen.
Das fiel uns nicht so schwer, da wir vorher die einzelnen Personen mit ihren Eigenschaften und ihrem historischen Hintergrund genauer besprochen hatten. Außerdem hatten wir geklärt, dass sich Herrscher und Untertanen auf der Bühne unterschiedlich zu verhalten haben. Eine weitere Übung war es, ein Zitat einer Figur in verschiedenen Stimmungen und Situationen vorzutragen, egal was es inhaltlich aussagte. So sollte man einmal flehend und bittend, dann wiederum stolz und selbstbewusst klingen. Wir  waren gut vorbereitet, eine Szene um die uns vorgegebenen Rollen herum zu gestalten. Die Ergebnisse waren überraschend! Von manch einem Mitschüler hätte man derartige schauspielerische Leistungen gar nicht erwartet.
Es waren also für alle zwei lehrreiche und durchaus amüsante Schulstunden einer anderen Art.

Jana-Sophie Engelmann
Paula Kleine

 

Wie man sich durchs Leben boxt

Mit »Das Herz eines Boxers« schrieb der Heilbronner Autor Lutz Hübner einen modernen Jugendtheater-Klassiker

Das Herz eines Boxers

Sieben Szenen hat Lutz Hübners Jugendstück »Das Herz eines Boxers« — wie sieben Szenen eines Boxkampfes.
Die beiden, die sich hier auf der Bühne gegenübertreten, scheinen zuerst sehr ungleiche Kontrahenten zu sein: Der 16-jährige Jojo ist beim Klauen eines Mofas erwischt worden und muss jetzt in einem Altersheim Sozialstunden ableisten. Der alte Leo, dessen Zimmer er streichen soll, sitzt nach einem Schlaganfall stumm im Sessel. Doch nichts ist, wie es scheint. Leo, ein ehemaliger Boxer mit siegreicher Vergangenheit im Ring, täuscht seine Krankheit nur vor und plant insgeheim die Flucht. Jojo täuscht mit seiner großen Klappe darüber hinweg, dass er sich selbst für einen Loser ohne Perspektiven hält. Er wollte einem Mädchen imponieren und hat die Strafe für den Moja-Diebstahl für einen anderen aus seiner Clique auf sich genommen.

Aus dem Kampf gegeneinander wird in sieben Runden ein Mitein­ander, das beiden hilft, ihre Wünsche zu verwirklichen. Und Leo bringt Jojo etwas bei: »Ein richtiger Boxer hat ein so großes Herz, dass er niemanden hassen kann. Er schlägt zu, aber nicht aus Hass, und wenn er einsteckt, nun, davon geht die Welt nicht unter, so ist das Leben, ganz k.o. ist man nie.»

Der in Heilbronn geborene, in Weinsberg aufgewachsene Lutz Hübner hat mit »Das Herz eines Boxers« einen modernen Jugendtheater-Klassiker geschrieben. Voller Humor und Pfiff erzählt er von Freundschaft, von Courage und von der Kunst, sich durchs Leben zu boxen, und gibt dazu augenzwinkernd auch einigen Männer- und Helden-Klischees eins auf die Nase. 1998 erhielt Hübner für »Das Herz eines Boxers« den Deutschen Jugendtheaterpreis. Daneben liefert das Stück ein perfektes Sparring für zwei lustvolle Schauspieler: Unter der Regie von Petra Wüllenweber ziehen in Heilbronn Frank Lienert-Mondanelli als Leo und Peter Volksdorf als Jojo die Boxhandschuhe an. (Andreas F.)

Das Herz eines Boxers

Das Herz eines Boxers
(Empfohlen ab 7. Klasse)
Schauspiel von Lutz Hübner

Premiere am 15. März 2012, 20.00 Uhr, in den Kammerspielen

Regie: Petra Wüllenweber
Ausstattung: Ulrike Melnik
Dramaturgie: Andreas Frane
Mit:
Frank Lienert-Mondanelli
Peter Volksdorf