Drag Queens und schmissige Songs

 Bei »La Cage Aux Folles« verwandeln sich Männer in Frauen

Das ist ein Stück, da müssen wir auf den Putz hauen, grinst Chefmaskenbildner Sasha Heider-Friebel. Er meint das Musical »Ein Käfig voller Narren«, das Regisseur Jens Schmidl gerade am Theater Heilbronn inszeniert.

Schauspieler und Hauptdarsteller Nils Brück wirft einen besorgten Blick in den Spiegel. Noch weiß er nicht, was ihm am Ende dieser »Probe« entgegenschauen wird. Denn innerhalb der nächsten dreißig Minuten soll er sich von einem gestandenen Mann in Zaza verwandeln, eine »Drag Queen«, Star und Attraktion des Travestie-Clubs »La Cage Aux Folles« im mondänen Saint-Tropez. Ein Testlauf für insgesamt sechzehn Vorstellungen, bei denen die Verwandlung während der Nummer »Mascara« live auf der Bühne des Großen Hauses passieren wird. Neugierig beobachtet Kostümbildnerin Ilka Kops wie Brück mit Hilfe von Mastix, Puder, Rouge, Lippenstift, Perücke und künstlichen Wimpern zu einer betörend attraktiven Frau mutiert. Und er ist nicht der Einzige, der sich im »Käfig voller Narren« verwandelt: Für die großen Shownummern im Club »La Cage Aux Folles« sind neben Brück noch acht »Cagelles«, extra engagierte Musicaltänzer und -sänger, verantwortlich, die mit der Berliner Choreografin Andrea Heil, dem musikalischen Leiter Hans Kaul und dem Großteil des Schauspielensembles seit Ende Januar in Heilbronn proben. Sasha Heider-Friebel seufzt: »Das sind für uns ungefähr fünfzig Kopfbedeckungen, Perücken und Paillettenhauben«. »Und über hundert Kostüme«, ergänzt Ilka Kops. Die Seufzer sind schnell von einem erneuten Grinsen weggewischt. »Aber gerade so ein Ausstattungsstück macht auch Riesenspaß.«

Trotz aller Lust an der Verwandlung, der schmissigen Musik und den turbulenten Verwicklungen ist bei dem Musical, das auf einer erfolgreichen französischen Boulevard-Komödie und ihrer mehrfach preisgekrönten Verfilmung basiert, nicht alles nur Jux und Tollerei: Seit mehr als zwanzig Jahren sind Clubbesitzer Georges und sein Star Albin alias Zaza ein Paar. Zwei Welten prallen aufeinander, als Jean-Michel die Tochter eines erzkonservativen Politikers heiraten und dafür seine »Herkunft« verleugnen will. Er ist das Ergebnis eines »heterosexuellen Fehltritts« von Georges und wird von Albin liebevoll »bemuttert«. Wie weit sollen, wie weit können Albin und Georges für das Glück ihres Sohnes verstecken, was und wie sie sind? Autor Harvey Fierstein und Komponist Jerry Herman schufen mit ihrer Version vom »Käfig voller Narren« 1983 ein charmantes, aber auch mitreißendes Plädoyer für Toleranz und Selbstachtung, Freiheit und Individualität, das in einem Song gipfelt, der zur Hymne wurde: »Ich bin, was ich bin.« (Andreas F.)

Fotos: Maskenprobe für Nils Brück, der Albin alias Zaza im »Käfig voller Narren« spielt. Rund 30 Minuten dauert die Verwandlung des Mannes in eine schillernde Drag Queen. Kostümbildnerin Ilka Kops und Maskenchef Sasha Heider-Friebel probieren das optimale Make-Up und Geschmeide für ZaZa.

Ein Käfig voller Narren
Musical von Jerry Herman und Harvey Fierstein nach Jean Poiret
Premiere am 10. März 2012, 19.30 Uhr, im Großen Haus

Musikalische Leitung: Hans Kaul
Regie: Jens Schmidl
Bühnenbild: Marcel Keller
Kostüme: Ilka Kops
Choreografie: Andrea Heil
Gesangstraining: Andrea Voit-Erlewein
Dramaturgie: Andreas Frane
Mit:
Julia Apfelthaler
Johannes Bahr
Sylvia Bretschneider
Nils Brück
Stefan Eichberg
Angelika Hart
Gabriel Kemmether
Philipp Lind
Rolf-Rudolf Lütgens
Till Schmidt
und als Cagelles:
Hakan T. Aslan
Stratos Goutsidis
Kevyn Haile
Claus Opitz
Timo Radünz
Eric Rentmeister
Patrick Stauf
Robert Zapatka
Statisterie

„Neulich war ich im Zoo“

Marc Eberhardt, David Jurgowski und Svenja Gehring aus der Jahrgangsstufe  13 des Theodor-Heuss-Gymnasiums Heilbronn haben die „Zoogeschichte“ in den Kammerspielen besucht, ihre Eindrücke aufgeschrieben und für unseren Blog zur Verfügung gestellt. Die nächste Vorstellung der „Zoogeschichte“ mit Raik Singer und Tobias D.Weber ist übrigens am 11. März um 20 Uhr in den Kammerspielen

Die Zoogeschichte

„Neulich war ich im Zoo“
Theaterbesuch: Edward Albees „Die Zoogeschichte“

„Neulich war ich im Zoo.“

Wie würden wir reagieren? Man sitzt gemütlich im Park, verbringt die Freizeit mit einem guten Buch – natürlich auf der Lieblingsbank, denn die ersten Sonnenstrahlen des Frühlings kann man dort am besten genießen. Plötzlich, einfach so, wird man angesprochen von einem jungen Mann, den man noch nie zuvor gesehen hat. Merkwürdig! Aber etwas neugierig geworden, möchte man dann doch wissen, was es denn mit dieser Zoogeschichte auf sich hat. Und, so versichert der Fremde, die ganze Welt wird es wissen wollen und mitbekommen in den nächsten Tagen in den Medien.
So geht es dem erfolgreichen Verlagsangestellten und Familienvater Peter, der im besten Alter und glücklich verheiratet ist. Im New Yorker Central Park wird er von Jerry angesprochen; geradezu zum Gespräch gezwungen von einer Person, die in einem Moment aufdringlich, provokant und cholerisch wirkt, im anderen jedoch Neugierde erweckt. So bekommt Peter nach und nach Jerrys Probleme, ja seine gesamte Lebensgeschichte aufgezwungen.

„Ich sagte, neulich war ich im Zoo.“

So beginnt Jerry seine Geschichte, eine Geschichte mitten aus dem Leben eines Mannes, der mit der Welt, der Gesellschaft und Gott nicht mehr klar kommt und sozial isoliert dahinfristet.
Die in das Repertoire der Kammerspiele Heilbronn aufgenommene „Zoogeschichte“ von Edward F. Albee, im Jahr 1959 uraufgeführt, bringt den gut situierten Geschäftsmann ebenso wie den Zuschauer erst in Verlegenheit und schließlich völlig aus der Fassung.
Mitgerissen von der gut umgesetzten Inszenierung und den authentischen Schauspielern verbrachte die Oberstufe des Theodor-Heuss-Gymnasiums Heilbronn einen Theaterabend der besonderen Art, zusammen mit den Psychologiekursen von Frau Finke und Frau Wilbs.
Wie schwierig doch Kommunikation sein kann, lernt man in diesem Stück. Zwei unterschiedliche Welten prallen aufeinander und es kommt, wie es kommen muss.
Nachdem Jerry sein Messer gezückt und Peter ihn in einer Eskalation scheinbar tödlich verwundet, verlässt der aus seinem Vorzeigeleben gerissene Musterbürger – wahrscheinlich für immer – seine Bank und den Park.
Es bleibt Jerry, der sich zum Publikum wendet:

„Neulich war ich im Zoo.“

Die Zoogeschichte

Die Zoogeschichte

Regie: Alejandro Quintana
Ausstattung: Lars Betko
Dramaturgie: Stefanie Symmank
Mit: Raik Singer, Tobias D. Weber

Eine unerzählte Geschichte

Mit dem Stück »Tito, mein Vater und ich (UA)« kommt das Theater direkt in die Klassenzimmer

Da steht plötzlich dieser Typ vom Film in der Klasse und beschwert sich, dass nichts vorbereitet ist.  Keine Assistentin ist da, kein Kamerateam, und die Mädchen und Jungen, die vor ihm sitzen, sind kein bisschen auf diese Szenen eingestellt, in denen sie mitspielen sollen. Was soll das? Tamas ist Filmstudent und in vier Tagen ist Abgabetermin für seinen Abschlussfilm. Um seinen Vater soll es gehen. Seine Eltern stammen aus Ex-Jugoslawien und sind im Krieg nach Deutschland gekommen. Und Tamas, der erst in Deutschland geboren wurde, hat sich nichts weniger vorgenommen, als die Geschichte seiner Eltern und Geschwister mit dem Film zu erzählen. Eine Geschichte, die für ihn bisher unerzählbar war, weil er sie nicht über die Lippen bekommen hat. Eine Liebesgeschichte, die eine Kriegsgeschichte wurde. Der Vater, ein Demagoge, der mit seinen Reden die Landsleute in den Krieg trieb und der aus dem Land floh, als es ernst wurde. Seine Mutter, die auf der anderen Seite stand. Und er selbst?

Tito, mein Vater und ich (UA)

In den Diskussionen mit Jugendlichen, die im Theater Heilbronn Stücke wie »Das ist Esther« oder »Türkisch Gold« sehen, kommt es immer wieder vor, dass einer von ihnen anfängt, die Geschichte seiner Herkunft zu erzählen. Oft werden die anderen Jugendlichen in diesen Diskussionen ganz still, hören zu und sagen Sätze wie: Da sitzt man in der Schule nebeneinander und weiß gar nicht, was der andere erlebt hat.

Das hat das Theater Heilbronn bewogen, auf die Suche nach diesen »Unerzählten Geschichten« zu gehen. Maja Das Gupta erhielt den Auftrag, dazu ein Stück zu entwickeln. Unendlich viele unerzählte Geschichten sind ihr bei den Recherchen begegnet und fünf Stückentwürfe sind entstanden. »Tito, mein Vater und ich«, das nun als Klassenzimmerstück durch die Schulen reisen wird, ist die letzte Fassung. In ihr fließen mehrere wahre Geschichten zusammen. Diesen Filmstudenten Tamas beispielsweise gibt es wirklich, auch sein Vater war eine politische Leitfigur in Ex-Jugoslawien. Dann hatte Maja Das Gupta in Heilbronn eine Frau kennengelernt, die seit ihrer Flucht aus dem Kosovo arbeitsunfähig ist. Außerdem recherchierte sie vor einiger Zeit in Belgrad über das Schicksal von Frauen im Bürgerkrieg. All diese Geschichten sind in dem Stück »Tito, mein Vater und ich« vereint.

Tito, mein Vater und ich (UA)

Die Form des Klassenzimmerstücks ist eine besondere. Der Klassenraum wird, so wie er ist, bespielt. Es gibt keine Bühne. Sebastian Weiss agiert als Filmstudent Tamas mitten unter den Jugendlichen, bezieht sie ein. So wird,  hofft es der in Heilbronn geborene Regisseur Christopher Gottwald, eine Unmittelbarkeit entstehen, der man sich kaum entziehen kann.
Es wäre schön, wenn dieses Stück die Jugendlichen anregt, sich selbst mit ihren eigenen unerzählten Geschichten und ihrer Herkunft zu beschäftigen. Die Premiere wird am 8. März in der Klasse 10 a der Dammrealschule stattfinden.

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg fördert dieses Stück. So ist es möglich, das Klassenzimmerstück kostenfrei in den Schulen zu spielen. Im Anschluss an die Vorstellung gibt es ein von der Theaterpädagogik moderiertes Publikumsgespräch.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Tito, mein Vater und ich (UA)

Tito, mein Vater und ich (UA)
(Empfohlen ab 9. Klasse)
Klassenzimmerstück von Maja Das Gupta
Premiere am 08. März 2012, 10.00 Uhr, Dammrealschule

Regie: Christopher Gottwald
Kostüm: Roswitha Egger
Dramaturgie: Christian Marten-Molnár
Mit
Sebastian Weiss

 

»Tito, mein Vater und ich« wird gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Dressur d’amour

 GEBALLTE FRAUENPOWER IN DER KOMÖDIE »DER DRESSIERTE MANN«

Wann ist der Mann ein Mann? Das fragte schon Herbert Grönemeyer. Wenn er außen hart ist und innen ganz weich? Neueste Studien zeigen, dass das klassische Rollenbild des Mannes, der sich vor allem über Stärke oder Statussymbole definiert, von gestern ist. Der Mann von heute ist bereit, die weiche Seite nach außen zu kehren und eine Träne zu verdrücken, wenn der geliebte Fußballklub wieder haushoch verloren hat. Doch wie viel »Mann« bleibt da noch übrig? Immerhin 31 Prozent der in einer Umfrage befragten Frauen finden es lächerlich, wenn Männer sich die Achseln rasieren. Und jede fünfte Frau findet es unmännlich, wenn Er keinen Nagel in die Wand bekommt. Wie möchte Frau also den Mann haben?

Für Alice Schwarzer war das in den 1970er Jahren noch keine Frage. Dass die Frau über den Mann verfügen, ihn gar von sich abhängig machen kann – undenkbar! Schließlich kämpft(e) Schwarzer für die Emanzipation der Frau, für die Befreiung aus dem die Frau unterjochenden Patriarchat. In scharfer Abgrenzung zu Schwarzer stellte Esther Vilar in ihrem 1971 erschienenen Buch »Der dressierte Mann« die These auf, dass der Mann zwar ein starkes, intelligentes Wesen ist, sich aber bereitwillig in einem System namens Ehe versklaven lässt, in dem ihn die Frauen als »ausbeutendes Luxusgeschöpf« durch verschiedene Dressurakte von sich abhängig machen. Dass sich Vilar mit diesen Äußerungen keine Freundinnen machte, liegt auf der Hand. Als »Verräterin des eigenen Geschlechts« beschimpft, angefeindet und sogar zusammengeschlagen, verließ sie die Bundesrepublik und emigrierte in die Schweiz.

Wann ist der Mann ein Mann? Foto: Fotostudio M42

Der Autor John von Düffel hat Vilars antifeministische Kampfschrift für die Bühne als spritzig-amüsante Komödie bearbeitet. Düffel lässt dabei nicht nur die zwei Antipoden Emanze und Antifeministin in Gestalt zweier Mütter aufeinanderprallen, er hinterfragt auch die Chancen für ein glückliches Zusammenleben der nachfolgenden Generation. Bastian will Helen einen Antrag machen. Er ist der heiratswilliger Sohn von Dr. Elisabeth Schröder-Röder, Feministin der ersten Stunde und promoviert in Gender Studies. Helens Mutter ist Dr. Konstanze Engelbrecht, verheiratet in 3. Ehe mit einem Zahnarzt und promoviert »in Naturwissenschaften, also Männer«. Die Verlobte in spe teilt ihrem Liebsten jedoch just in dem Moment mit, dass sie den Job bekommen hat, auf den Bastian eigentlich scharf ist und dass sie jetzt ein Vielfaches mehr verdient als er. Für Helen kein Problem, schließlich leben die zwei in einer »Beziehung auf Augenhöhe«. Doch für Bastian ist der Abend gelaufen. Seine Männlichkeit ist angekratzt, an Heirat ist nicht mehr zu denken. Ein Drama für Helens Mutter. Schließlich glaubte sie, den »Ladenhüter ihres Lebens« endlich an den Mann gebracht zu haben. Und auch Dr. Schröder-Röder findet plötzlich Gefallen an der Idee, dass die Ehe eine perfide Erfindung der Frauen zur Unterwerfung des Mannes ist. Schließlich würde sich erst dadurch die Emanzipation der Frau bezahlt machen! Also wird Helen kurzerhand in ein powackelndes Weibchen verwandelt und bezirzt Bastian in der »Sprache der Verführung« so gut sie es eben kann. Als die drei Frauen sich am Ziel glauben, zieht Bastian überraschend den Schwanz ein und erklärt die Ehe für überholt. Jetzt hilft nur noch eins: Kinder!

Starke Frauen, die so rigoros wie vergnüglich ihren Mann stehen und ein beherzter Mann, der eigentlich nichts gegen Gleichberechtigung hat, solange die Frau nicht mehr verdient als er, stehen im Mittelpunkt dieser Komödie, die vielleicht einen Hinweis darauf geben kann, wie Liebende glücklich miteinander leben könn(t)en.

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Der dressierte Mann

Komödie von John von Düffel
Nach dem Bestseller  von Esther Vilar

Premiere am 02. März 2012, 20.00 Uhr im Komödienhaus

Regie: Alejandro Quintana
Bühnenbild: Stefan Brandtmayr
Kostüme: Cornelia Kraske
Dramaturgie: Stefanie Symmank
Mit:
Oliver Firit
Judith Lilly Raab
Sabine Unger
Katharina Voß

Zeigt her Eure Regale!

In einer Woche ist es soweit. „Der dressierte Mann“ hat am Freitag, dem 02. März, im Komödienhaus Premiere. Geprobt wird bereits fleißig und unser Bühnenbild ist auch schon fast fertig. Wie Ihr auf dem Foto sehen könnt, steht die Regalwand, vor der sich die Komödie um Helen und Bastian abspielt, auch schon. Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Bastian will Helen einen romantischen Antrag machen, da teilt sie ihm mit, dass sie befördert wurde und bald mehr Geld als er verdienen wird. Für Bastian ist der Abend gelaufen, der Heiratsantrag ist vom Tisch. Jetzt treten die beiden Mütter – eine Emanze und ein Weibchen – wortwörtlich aus dem Regal heraus. Parole: Die Heirat findet statt. Spritzig-frisch geht es dann zu, wenn Helen sich von einer Powerfrau in ein powackelndes Geschöpf verwandelt und Bastian, betrunken wie eine Strandhaubitze, die Welt nicht mehr versteht.

Noch ist unser Regal leer. Uns würde interessieren was in Euren Regalen so alles an Gegenständen, Nippes, Kunst, Büchern, Fotos, Maschinen usw. steht.

Also postet ein Foto oder schickt ein Foto bis zum 29.02.2012 an: katrin.schroeder@theater-hn.de
Wir sind gespannt!

Letzte Vorstellungen von „La Piaf“

Am 23., 24. und 25. Februar sind im Großen Haus des Theaters Heilbronn die letzten drei Vorstellungen von Mauro Bigonzettis Tanztheaterabend „La Piaf“ als Gastspiel des Staatstheaters Hannover zu sehen. Beginn der Vorstellung ist jeweils um 19.30 Uhr. Im Juni ist das Ballett aus Hannover dann mit „Gefährliche Liebschaften“ wieder in Heilbronn zu Gast.

Foto: Staatstheater Hannover

Mauro Bigonzetti gilt als führender Choreograf Italiens. Seine Arbeiten stehen für Humor und Sinnlichkeit, Athletik und Schönheit. Bigonzettis Bewegungssprache ist temperamentvoll, er kreiert starke Bilder. Im Auftrag des Staatstheaters Hannover entwickelte er eine abendfüllenden Choreografie über die größte Chansonette aller Zeiten: Edith Piaf. Nun kommt dieser im Mai 2011 uraufgeführte Abend als Gastspiel ans Theater Heilbronn.

»Non, je ne regrette rien« – das Chanson ging um die Welt, und »Nein, ich bereue nichts« war zugleich Lebensmotto seiner Interpretin: Edith Giovanna Gassion, die kleine Frau mit der großen Stimme, wurde als Edith Piaf zur Legende. Ihr Leben gleicht einem Roman aus dem Rotlichtmilieu, der kein Klischee auslässt. Als Kind zieht Edith mit ihrem Vater im Wanderzirkus umher und beginnt zu singen. Mit fünfzehn sorgt sie als Straßensängerin in Paris selbst für ihren Lebensunterhalt und wird wenig später fürs Cabaret entdeckt. Als »La Môme piaf« (kleiner Spatz) hat sie Erfolg und nimmt Schallplatten auf. Ihr Chanson »La Vie en rose« bringt der 31-Jährigen den internationalen Durchbruch. Sie singt von Liebe und Glück, von Abschied und Tod – und alles klingt glaubwürdig, denn sie geht selbst durch alle Höhen und Tiefen. Mit 47 – schwerkrank und drogenabhängig – stirbt »La Piaf«. Sie  hinterlässt kein nennenswertes Vermögen, aber rund 300 unsterbliche Lieder.

Foto: Staatstheater Hannover
Foto: Staatstheater Hannover

Mauro Bigonzetti
Mauro Bingonzetti wurde in Rom geboren und absolvierte ein Ballettstudium an der Opernschule von Rom. Von dort wurde er 1979 in die angeschlossene Ballettkompanie engagiert und wechselte vier Jahre später zum Aterballetto in Reggio Emilia, wo er zehn Jahre als Tänzer wirkte. In dieser Zeit arbeitete er u.a. mit Alvin Ailey, William Forsythe und Jennifer Muller zusammen. Ebenso wirkte er in zahlreichen Choreographien von George Balanchine und Leonide Massine mit. 1990 gestaltete er seine erste eigene Arbeit »Sei in movimento« für das Teatro Sociale in Grassina. Ab 1993 arbeitete er als freier Choreograph in enger Zusammenarbeit mit dem Balletto di Toscana. Von 1997-2007 war er Künstlerischer Leiter von Aterballetto. Weitere Kreationen sind für bedeutende Ensembles wie das English National Ballet London, Ballet National de Marseille, das Stuttgarter Ballett, das Ballett der Deutschen Oper Berlin und das New York City Ballet entstanden.

 

Foto: Staatstheater Hannover

 

Foto: Staatstheater Hannover

Do. 23.02.2012 19.30 – 21.15 Uhr
Fr. 24.02.2012 19.30 – 21.15 Uhr
Sa. 25.02.2012 19.30 – 21.15 Uhr

Für alle drei Vorstellungen gibt es noch Restkarten unter 07131/563001 oder 563050 oder im Online-Shop unter www.theater-heilbronn.de

Theater statt Unterricht

Eine kleine Überraschung hatte Frau Klaus dieser Tage für ihre 10. Klasse der Dammrealschule. Statt Deutschunterricht bekamen die Schüler einen ersten Einblick in das Klassenzimmerstück „Tito, mein Vater und Ich (UA)“ von Maja Das Gupta.

Probe im Klassenzimmer

Regisseur Christopher Gottwaldgab den Schülern zu verstehen, dass das Stück noch in der Probephase ist. D.h., die eine oder andere Requisite kann noch fehlen und auch Schauspieler Sebastian Weiss probiert sich noch aus.

Kurz darauf stürmte Sebastian Weiss schwer bepackt mit Kamerastativ und Taschen in die Klasse. Er spielt Tamas, einen Filmstudenten, der in der Klasse einige Szenen seines Films drehen will. Dieser Film ist seine Abschlussprüfung und soll die Geschichte seiner Geschwister und Eltern erzählen, die aus Ex-Jugoslawien stammen und im Krieg nach Deutschland gekommen sind.
Trotz Schlafmangels ist Tamas voller Energie. Er will wissen, wo Martha ist, teilt den Schülern ihre Rollen zu und, getrieben von der Angst, nicht fertig zu werden, steht er keine Minute still.

Probe im Klassenzimmer

Nach 20 Minuten ist der Teil des Schauspiels, den die Schüler an diesem Tag sehen sollten, vorbei. Denn nun folgte der Teil, der für das Inszenierungsteam wichtig ist, nämlich die Meinungen der Schüler zum bisher Gesehenen.

Es gibt konstruktive Kritik, aber auch noch die eine oder andere Frage, die beantwortet werden will.
Regisseur Christopher Gottwald testet mit der Frage „Wer ist Tamas und was will er in eurem Klassenzimmer“ erst mal, ob die Schüler dem Stück folgen konnten. Konnten sie, sehr gut sogar.
Eine Schülerin will wissen: „Ist Sebastian wirklich Tamas?“ Nein, d.h. er ist Schauspieler. Diese Frage kann man aber als großes Kompliment auffassen, denn Sebastian ist offenbar sehr überzeugend in seiner Rolle.
Wie Tamas auf die Klasse wirkt, interessiert Theaterpädagogin Katrin Singer. Er sei hektisch, überpowert und man merke, dass er unter großem Druck steht. Das ist durchaus im Sinn der Inszenierung.
Ein Schüler fragt: „Hat Sebastian improvisiert oder ist jeder Schritt geplant?“ Das Inszenierungsteam stellt klar: Sebastian improvisiert im Stück. Er muss auf die Situation im Klassenzimmer reagieren. Für einen Schauspieler ist es eine große Herausforderung, auf den Text, die Rolle und das Publikum gleichzeitig einzugehen.

Ob er das in diesem kurzen Ausschnitt des Stücks geschafft hat? Die Schüler finden: „Ja“. Sie waren begeistert von seinem Auftritt und können sich umso mehr über Folgendes freuen: Sie sind Premierenklasse, d.h. am 8. März findet die Premiere von „Tito, mein Vater und Ich (UA)“ von Maja Das Gupta in ihrem Klassenzimmer statt.

(Rebecca G.)

»Tito, mein Vater und ich« wird gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Einer der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit…

Einer der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit…
»Kohlhaas« – Schauspiel nach der Novelle von Heinrich von Kleist  in den Kammerspielen

»An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des 16. Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.« Mit diesem Satz beginnt Heinrich von Kleists Novelle »Michael Kohlhaas«, in der ein fleißiger und gewissenhafter Pferdehändler zum Mörder und Brandstifter wird, weil ihm Unrecht widerfährt. Kleists Novelle ist bis heute einer der stärksten und aktuellsten Texte, wenn es um den Widerspruch zwischen Recht haben und Recht bekommen und um den Kampf des Einzelnen gegen Willkürherrschaft geht. Nun kommt das Schauspiel »Kohlhaas« auf die Bühne der Kammerspiele. Premiere der Inszenierung von Constanze Kreusch mit Tobias D. Weber als Michael Kohlhaas ist am 23. Februar um 20 Uhr. Regisseurin Constanze Kreusch und Dramaturgin Stefanie Symmank haben aus Kleists Novelle eine Bühnenfassung für einen Schauspieler geschrieben. Das Schauspiel bleibt sehr dicht an Kleists Novelle – sowohl in der Handlung als auch in der Sprache. Die Ausstattung von Petra Wilke zitiert in den Kostümen die Entstehungszeit der Novelle und macht im Bühnenbild Kohlhaas’ Weg von einem geordneten bäuerlichen Leben zu einem verzweifelten Kampf  um sein Recht sinnlich erfahrbar.
Das Stück beginnt am Abend vor der Urteilsverkündung. Kohlhaas, einsam und auf sich geworfen, erzählt seine Geschichte, die ihn bis zu diesem Punkt geführt hat:

Probenfoto

Eines Tages ist Kohlhaas mit prachtvollen Tieren auf dem Weg zum Markt nach Dresden. An der Tronkenburg, die einen neuen Junker hat, wird plötzlich ein Passierschein von ihm verlangt, was bisher nie der Fall war. Da er den nicht vorweisen kann, soll er zwei schöne Rappen als Pfand zurücklassen und einen Knecht, der die Tiere so lange versorgt. In Dresden erfährt er, dass das Verlangen des Passierscheins ein reiner Willkürakt des Junkers Wenzel von Tronka war. Vom Markt zurückgekehrt, findet er seine Pferde halb verhungert vor. Sie wurden, ohne ausreichend Futter zu bekommen, zu schwerer Feldarbeit eingesetzt. Der Knecht wurde aus der Burg geprügelt. Kohlhaas zeigt den Vorfall bei Gericht an und wartet geduldig auf die Aufnahme des Verfahrens. Nach einem Jahr erfährt er, dass die Klage dank einflussreicher Verwandter des Junkers abgewiesen wurde.  Michael Kohlhaas wendet sich an den Kurfürsten von Brandenburg, der die Bittschrift an den Kurfürsten von Sachsen weiterleitet. Dieser weist Kohlhaas als »unnützen Querulanten« ab. Daraufhin versucht Kohlhaas’  Frau Lisbeth dem Kurfürsten von Brandenburg persönlich eine Bittschrift zu überbringen. Bei der Übergabe wird sie tödlich verletzt. Von nun an nimmt der Pferdehändler das Recht in die eigenen Hand. Mit einer kleinen Schar von Knechten brennt er die Tronkenburg nieder. Der Junker flieht, Kohlhaas verfolgt ihn mit seiner ständig wachsenden Anhängerschaft, die ihn als Würgeengel gegen ihre Unterdrücker sehen, und legt Feuer in den Orten, in denen er den Junker vermutet. Ein Einschreiten Martin Luthers lässt ihn innehalten. Luther handelt für ihn freies Geleit und die Annahme seiner Klage vor Gericht aus. Kohlhaas ist sofort bereit, die Waffen ruhen zu lassen, wenn der Junker seine Pferde wieder gesund füttert und ihm zurückgibt. Wie aber soll das Gericht mit der grausamen Selbstjustiz des Kohlhaas umgehen? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Zettel auf sich, von dem eine Zigeunerin behauptet, er werde Kohlhaas dereinst das Leben retten?

1810 schrieb Kleist diese Novelle nach einem authentischen Fall. Das Top-Thema, das in der Zeit, in der Napoleon Europa überrollte, heftig diskutiert wurde, war das Recht auf Widerstand gegen Herrscher- Willkür. Das historische Vorbild von Kleists Titelfigur trug den Namen Hans Kohlhase, wurde um 1500 geboren und 1540 hingerichtet.
Noch heute ist dieser Stoff Grundlage für Diskussionen: Welcher Zweck heiligt die Mittel? Wie weit darf man für sein Recht gehen? Welche Chance hat der Einzelne, sich gegen Willkür und Vetternwirtschaft durchzusetzen?

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Premiere der Winterreise frenetisch bejubelt

Die Winterreise


Premiere der Winterreise frenetisch bejubelt

Was für eine Premiere! 90 Minuten lang fast atemlose Spannung im Zuschauerraum, dann begeisterter, nicht enden wollender Jubel, nachdem Matthias Horn den letzten Ton des Liedes „Der Leierkastenmann“ gesungen hatte und das Bühnenlicht langsam erloschen war. Der frenetische Beifall und die Bravorufe galten zuerst dem Sänger, aber auch den Statisten, die ihn szenisch großartig unterstützen. Der Riesenapplaus galt ebenso dem Inszenierungsteam um Christian Marten-Molnár und Nikolaus Porz, die Franz Schuberts „Winterreise“ als Geschichte von Menschen interpretieren, die gesellschaftlich aus der Bahn geworfen wurden. Er galt dem Komponisten Jens Josef, der Schuberts Lieder, die eigentlich für Klavier geschrieben sind, sehr sensibel für Streichorchester arrangierte. Und er galt dem Württembergischen Kammerorchester unter Leitung von Ruben Gazarian, das diese unvergleichliche Musik ganz einfühlsam interpretierte, so dass man unweigerlich berührt wurde.
Die heutige Vorstellung der „Winterreise“ ist bereits nahezu ausverkauft. Die nächsten Vorstellungen sind am 3. und 5. April.

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Audienz beim König …

… Schauspieler zum Anfassen
Nach der letzten Vorstellung vom »Gestiefelten Kater« durften die Kinder mit den Darstellern weiterspielen

Teetrinken mit der Prinzessin, Suppenhuhnzielwurf mit Gustav, Mäusefangen mit dem Kater und Hans oder eine Audienz beim König. Die rund 400 Kinder, die mit ihren Eltern oder Großeltern am Sonntag  in die letzte Vorstellung vom „Gestiefelten Kater“ gekommen waren, genossen nicht nur das turbulente Spiel auf der Bühne sondern hinterher auch das  Treffen mit den Schauspielern. Mit den Helden, die sie gerade eben noch auf der Bühne beklatscht hatten, nun zu reden und zu spielen, das hatten die Kinder noch nicht erlebt. Die meisten der kleinen Besucher waren selbst verkleidet und wollten auch mal das Katerkostüm anfassen oder wissen, wie sich die Perücke der Prinzessin anfühlt. Auch wichtige Fragen, etwa wie man Schauspieler wird oder wie man die Schminkmaske wieder abbekommt, konnten an diesem Nachmittag geklärt werden. Vor allem bei der Teezeremonie mit der Prinzessin hatten die Kinder reichlich Gelegenheit, ihre vor allem begeisterten Kommentare zu dem Stück loszuwerden, was wiederum für die Schauspieler interessant war. Wann kommt man schon mal so eng in Kontakt mit seinem Publikum?  Nach 48 Vorstellungen heißt es jetzt Abschied zu nehmen vom  Kater in den Roten Stiefeln (Peter Volksdorf), vom verliebten Müllerburschen Hans (Philipp Lind), von der wilden Prinzessin (Julia Apfelthaler), dem ewig hungrigen König (Rolf-Rudolf Lütgens) und seinem lustigen  Diener Gustav (Ivan Gallardo). Aber schon im November gibt es wieder ein großes Märchen im Heilbronner Theater. (Silke Z.)

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