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THEATERKASSE
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Unser Praktikant Mark Etting sprach mit dem Schauspieler Oliver Kainz über die Figur des Kriminalinspektors Doppler in unserem Kriminalstück »Revanche«, der mit kühler Überlegung einem Verbrechen auf der Spur ist. Oliver Kainz verstärkt als Gast unser Ensemble in der Inszenierung von Marcus Everding, die am 16. November 2019 um 20.00 Uhr im Komödienhaus Premiere hat.
Etting: Herr Kainz, Sie kommen als Gast ans Theater Heilbronn für die Rolle des Inspektor Doppler in »Revanche«. Wie kam es dazu?
Kainz: Nun, Herr Vornam, der Intendant, hat mich in der Vorstellung »Ein Inspektor kommt« von Priestley gesehen und mich quasi noch in der Kantine engagiert. Ich hatte Zeit und Lust, und nun bin ich hier.
Etting: Sie sind ja halb Engländer…
Kainz: Ja, meine Mutter stammt aus Bristol. Aufgewachsen bin ich aber in Stuttgart.
Etting: War der englische Hintergrund hilfreich für die Rolle?
Kainz: Nun, mit dem Hintergrund konnte ich mich schon besser, also ich meine gut in die Rolle eines englischen Inspektors einfühlen. Da kommt doch einiges immer wieder hoch. Was nicht heißen soll, dass die Kollegen es nicht auch gut machen. Ein tolles Klima auf den Proben.
Etting: Kommen wir zur Rolle. Was ist Inspektor Doppler für eine Figur?
Kainz: Eine sehr spannende, sag ich jetzt mal so. Also, er gibt ja den schrulligen Landpolizisten, der sich dem erfolgreichen Krimi Schriftsteller Wyke quasi unterordnet, um dann den Spieß sozusagen umzudrehen und Wyke regelrecht vorzuführen. Das können Sie sich so vorstellen, wie den Inspektor Colombo. »Ich hätte da noch eine Frage.« (lacht)
Oliver Kainz als Inspektor Doppler
Etting: Doppler überführt also Andrew Wyke?
Kainz: Doch, schon. Er kann seinen Job total gut. Und auch das Publikum wird den Doppler am Anfang unterschätzen.
Etting: Man will also, dass Wyke erwischt wird?
Kainz: Wir wollen hier nichts verraten. Das ist schließlich ein Kriminalstück. Wäre doch schade, wenn das bei Ihnen schon alles nachlesen kann.
Etting: Mal eine Frage an Ihre Herangehensweise: Wie legen Sie den Inspektor an?
Kainz: Ich würde sagen hintergründig, doch. Spiegelnde Facetten, die sich in den Widersprüchen zu gefährlich blitzenden Glassplittern entwickeln.
Etting: Das klingt aber spannend.
Kainz: Ja, das hat Shaffer schon gut geschrieben.
Etting: Und dieser Doppler taucht ja eher überraschend spät im Stück auf.
Kainz: Genau. Also, wenn man das Programmheft nicht gelesen hat, weiß man das erst einmal nicht. Die Figur bezieht aus diesem Überraschungseffekt natürlich ihre Wirkung.
Oliver Kainz als Inspektor Doppler im Verhör mit Andrew Wyke (Nils Brück)
Etting: Man darf also gespannt sein. Ihre nächsten Pläne?
Kainz: Urlaub.
Etting: Verraten Sie uns wohin?
Kainz: Nein. Finden Sie’s heraus.
Etting: Danke für dieses Gespräch.
Das Kriminalstück »Revanche« können sie ab dem 16. November 2019 bis Silvester im Komödienhaus erleben.
Auftaktveranstaltung der Reihe »Erinnerung ist Liebe zur Zukunft« zieht eine Bilanz von 29 Jahren Deutscher Einheit
Es war
eine emotionsgeladene, hochspannende und anregende Diskussion, mit der die
Veranstaltungsreihe »Erinnerung ist Liebe zur Zukunft« in der sehr gut
besuchten BOXX des Theaters Heilbronn eröffnet wurde. »29 Deutsche Einheit –
eine Bilanz«, so lautete der schlichte Titel. Über die Situation in Deutschland, das seit 29 Jahren
wiedervereint, aber von einer wirklichen Einheit weit entfernt ist, diskutierten: Dr. Adriana Lettrari, Organisationsberaterin,
Publizistin und Mitbegründerin des Netzwerks „3te Generation Ostdeutschland“; Dr. Hans-Joachim Maaz, der Vorsitzende
des Instituts für Tiefenpsychologie und psychosoziale Prävention e. V. und
Gründer der Hans-Joachim Maaz – Stiftung Beziehungskultur und Heilbronns Intendant Axel Vornam, der durch seine
deutsch-deutsche Biographie und seine Arbeit als politisch wirkender Künstler
die Umbrüche der deutschen Geschichte aus einer besonderen Perspektive
betrachtet. Zwischen Moderation und Diskussion switchte Prof.Dr. Martin Sabrow
munter und souverän hin und her, er ist Direktor des Zentrums für
Zeithistorische Forschung in Potsdam und Professor für Neueste Geschichte und
Zeitgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Endlich kommt
die Debatte im Westen an
Endlich, sagt Dr. Adriana Lettrari, kommt die
Debatte über die Erfolge und Misserfolge des Deutschen Einheitsprozesses auch
in Westdeutschland an. Vor fünf Jahren, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls,
fanden diese Gesprächsrunden fast ausschließlich im Osten statt, der Westen hat
sich nicht dafür interessiert. Auch Prof. Dr. Martin Sabrow freut sich, dass
das Theater in einer westdeutschen Stadt mit der Reihe »Erinnerung ist Liebe
zur Zukunft« auf die Bilanz der letzten 30 Jahre schaut. Und er fragt, warum
wir mehr die Einheit, als die Freiheit feiern. Dr. Hans-Joachim Maaz, der von
Sabrow als »Experte für ostdeutsche Befindlichkeiten« vorgestellt wurde, nannte
den Mauerfall das größte Ereignis seines Lebens. Aber mit der Einheit, mit der
sei er nicht zufrieden. Er unterscheidet zwischen der »äußeren Freiheit« der
offenen Grenzen und der Reisemöglichkeiten, die ganz klar errungen wurde, und der
»inneren Freiheit«, von der man weit entfernt sei. Innere Freiheit bedeute für
ihn, dass sich das »Selbst« frei entfalten kann, dass mantun kann, was man will, oder sich aus
Einsicht zurückhält. »Wie kann es sein, dass die Meinungsfreiheit
vom Mainstream wieder derartig eingeengt wird«, fragt er. Und außerdem: Sich
darstellen und immer verkaufen zu müssen, damit kämen viele Menschen aus dem
Osten nicht klar.
Nach dem
heißen Herbst 89 kam die Ernüchterung
Axel Vornam beschreibt die Zeit zwischen September und November 1989, den heißen Herbst 89, als spannendste Zeit. Er selbst moderierte an seiner damaligen Wirkungsstätte, dem Theater Rudolstadt den »Dialog 89«, in dem die Menschen diskutierten, wie man die DDR zu einem freiheitlichen, demokratischen Staat formen kann. »Zwischen ›Wir sind d a s Volk‹ und ›Wir sind e i n Volk‹ lagen gerade mal sechs Wochen«. Danach sei es mit den demokratischen Reformen auf dem Gebiet der DDR vorbei gewesen. Es sei nur noch um die Einheit gegangen, die dann eher ein Anschluss der DDR wurde, erinnert er sich. Viele Künstler und Intellektuelle hätten sich von dem Augenblick an aus der gesellschaftlichen Debatte zurückgezogen. Prof. Sabrow konstatiert die Enttäuschung, die 1990 auf die Euphorie der friedlichen Revolution folgte, merkt aber auch an, dass die DDR nicht einfach von der alten Bundesrepublik übernommen worden sei, sondern dass ein Großteil der Bürger die D-Mark wollte und nach den gleichen Lebensverhältnissen wie im Westen strebte. Diesem Druck konnten auch die vorsichtigen Politiker aus dem Westen, die den Prozess eher langsam vorantreiben wollten, nichts entgegensetzen. »Das, was 1989 passiert ist, ist so unendlich überraschend gewesen, niemand hatte ein Szenario dafür«, beschreibt Adriana Lettrari.
Die beiden
Koreas lernen von den Fehlern der Deutschen
Die beiden Koreas lernen aus den Fehlern des
deutsch-deutschen Zusammenwachsens. Adriana Lettrari ist genauso wie Hans-Joachim
Maaz von Mitarbeitern eines Wiedervereinigungsministeriums in Südkorea befragt
worden, die den deutschen Einheitsprozess genauestens analysieren und einen
Plan für die Zusammenführung der beiden Koreas entwickeln.
Wo liegen
die Fehler?
Aus Sicht von Hans-Joachim Maaz besteht der
Grundfehler der Deutschen Einheit darin, dass die Ostdeutschen nach der
friedlichen Revolution nicht die Macht in ihrem eigenen Land übernommen hätten.
»Wir sind übergelaufen.« Es gab keinen Einigungsprozess, keine neue, gemeinsam
entwickelte Verfassung. Die Menschen im Osten hätten das vermeintlich bessere
Leben des Westens gewählt. Keine der beiden Seiten habe danach gefragt, was
vielleicht aus der DDR bewahrenswert gewesen wäre oder was vielleicht am
westdeutschen Leben falsch war.
Axel Vornam spricht von einer mehrfachen Enteignung der Ostdeutschen. Sie hätten die Freiheit gewählt und einen Verlust ihrer Arbeitsplätze, eine Aberkennung ihrer Lebensleistung und einen Elitenaustausch erfahren, der bis heute nachwirkt. »Die Frustrationen im Osten ist kein Ergebnis der DDR, sondern sie resultieren aus den zum Teil bitteren Erfahrungen danach.«
»Wie kann es sein, dass nur 1,7 Prozent der Führungspositionen in Deutschland mit Ostdeutschen besetzt sind«, fragt Lettrari. Jetzt sei es an der Zeit, dass ihre Generation der Nachwendekinder mit den Erfahrungen beider Systeme an die Reihe komme, in Führungspositionen aufzusteigen, um wieder ein gesellschaftliches Gleichgewicht herzustellen. Und sie ergänzt: Mit den Erfahrungen von heute: Würde man das heute noch einmal genauso machen? Gibt es vielleicht auch so etwas wie eine Scham der Westdeutschen über die Versäumnisse des Einigungsprozesses?
»Scham? Nein!«, sagt Sabrow. »Sorgen? Sehr wohl!« Er kritisiert das sich Einrichten in den deutsch-deutschen Befindlichkeiten, vermisst die Einordnung der Ereignisse von 1989/90 in die globalen Zusammenhänge. Er ist sehr stolz auf das Institut, das er leitet und beschreibt: »Wir haben uns sehr lange unsere Biografien erzählt. Viele meiner Mitarbeiter sind ost-westdeutsche Hybridwesen.«
Auf dem Podium in der BOXX: Axel Vornam, Dr. Adriana Lettrari, Prof. Dr. Martin Sabrow. Dr. Hans-Joachim Maaz (vl.nr.)
Den Osten
nicht in die rechte Ecke stellen
»Aber sind all diese Versäumnisse ein Grund,
dass man rechtsradikal wählt?«, zeigt Sabrow sein Unverständnis für die Stärke
der AfD in Ostdeutschland.
Maaz betont, dass viele AfD-Wähler einzig und allein, um den größtmöglichen
Protest zu äußern und den etablierten Parteien den schmerzhaftesten Denkzettel
zu erteilen, so und nicht anders abstimmten. Die wenigsten von ihnen hätten eine
rechtsradikale Gesinnung. Er sieht eine große Gefahr darin, den Osten in die
braune Ecke zu stellen. Stattdessen solle man lieber nachfragen, wo die
Ursachen für dieses Verhalten lägen. Aber damit müsse man die gesamte deutsche
Entwicklung der letzten 30 Jahre hinterfragen – in Ost- wie in Westdeutschland.
Adriana Lettrari konstatiert die massenhafte Abwanderung der gut ausgebildeten
Nachwendekinder, die ein politisches Gegengewicht bilden könnten, in den
Westen. Im Übrigen hätten von den 34 000 AfD-Mitgliedern 27 000
Frauen und Männer und 90 Prozent des Führungspersonals eine westdeutsche
Biografie.
Vornam glaubt, dass die Hoffnungen, die der Osten gegenüber der Demokratie und
den Versprechungen der Politik gehegt habe, nicht aufgegangen seien. »Diese
Hoffnung war in gewisser Weise naiv.«
Stimmen
aus dem Publikum
Richtig heiß her ging es, als das Publikum in
die Diskussion einbezogen wurde – hier einige Stimmen:
Sind die
Menschen im Osten und zunehmend auch die im Westen vielleicht irritiert von den
Auswüchsen des Kapitalismus?
Eigentlich
hat man im Osten ja gelernt, wie der Kapitalismus funktioniert. Aber das haben
die Menschen so schnell vergessen. Antikapitalismus und Antifaschismus – beides
wurde sehr schnell über Bord geworfen.
Es gibt
nicht d e n Osten und d e n Westen. Die Biografien in
beiden Teilen Deutschlands sind sehr unterschiedlich!
Ich habe
hier aus dem Westen mit großer Spannung auf die Ereignisse in Ostdeutschland
geschaut und gehofft, dass man sich dort einen eigenen, freien Staat schafft.
Und so weiter und so fort …
Moderator Prof. Dr. Martin Sabrow konnte nur
konstatieren: »Wir merken angesichts der heftigen Diskussionen: Es geht um was! Das Thema lässt
niemanden kalt.«
Aber wo sonst als im Theater gibt es die Möglichkeit, sich mit Gründlichkeit
dieser Thematik anzunehmen und in den Dialog zu treten, der so überfällig ist.
Geredet wurde auch im Anschluss an die Podiumsdiskussion lange und ausführlich. Die nächste Gelegenheit zur Fortführung des Dialogs gibt es am 4. November im Kinostar Arthaus-Kino. Hier läuft der Grimme-Preis-gekrönte Film: »Novembertage – Stimmen und Wege« von Marcel Ophüls. Im Anschluss findet ein Publikumsgespräch mit dem Filmpublizisten Ralph Eue statt.
Was und wie erzählt Theater über Wissenschaft? Wie
nutzt Wissenschaft die Mittel des Theaters zur Wissensvermittlung? In einem
neuartigen Festival erforschen die experimenta und das Theater Heilbronn ihre
gemeinsamen Schnittstellen und präsentieren sechs ungewöhnliche,
abwechslungsreiche, spannende Gastspiele und Projekte, die sich mit
Wissenschaftsgeschichte ebenso beschäftigen wie mit den drängenden
Zukunftsfragen. Publikumsgespräche, Talk-Runden mit Experten und – als
besonderes Highlight – ein im Rahmen des Festivals ausgeschriebener
internationaler Science-Dramenwettbewerb ergänzen das Programm.
Aus 27 eingeschickten internationalen Theaterstücken
hat eine fünfköpfige Jury die drei besten ausgewählt, die nun am letzten
Festivaltag in szenischen Lesungen vorgestellt werden. Ob nun Christina
Ketterings gar nicht so ferne Zukunftsvision »Schwarze Schwäne« (D), Stef
Smiths Thriller »Girl in the Machine« (GB) oder Charles Ways philosophisches
Spiel »Endstation Leben« (GB) in der nächsten Spielzeit im Science Dome
inszeniert werden wird, entscheidet auch das Publikum am 9. November ab 15 Uhr
mit.
»Kafka in Wonderland« (Foto: Krischan Ahlborn)
Den Auftakt im spektakulären Science Dome der
experimenta macht aber schon am Mittwoch, 6. November, um 20 Uhr, das deutsch
israelische Künstlerduo half past selber schuld, alias Ilanit Magarshak-Riegg und Sir
ladybug beetle. Mit Musik und Tanz, Animationsfilm und Figurentheater schaffen
sie überbordende »Bühnencomics« und nehmen in »Kafka in Wonderland« die Zukunft ins Visier: Dort
wirbt die Firma Wonderland inc. für endloses Leben und bietet den Upload des
Bewusstseins in die Wonderland-Cloud an – vollauflösend und in bester Qualität.
Doch der verheißene Fortschritt birgt einige tiefe Abgründe … Eine zweite
Vorstellung im Science Dome findet am 7. November um 20 Uhr statt.
Am selben Ort reist das Brachland
Ensemble am Samstag, 9. November, um 14 und 18 Uhr, in das Innere des Gehirns
des informationsüberforderten Brian, wo Brain, eine Art Arbeiter zwischen den
Synapsen, Brians Geistesblitz hinterherjagt. »The Curiosity of Brain« mischt
lustvoll fantasievolle Hirnforschung, Physical Theatre und Animationsfilm.
»The Curiosity of Brain« (Foto: Brachland Ensemble)
Mit dem Theater an der Parkaue aus Berlin gastiert
eines der renommiertesten Kinder- und Jugendtheater Deutschlands in der BOXX.
Das preisgekrönte Stück »In dir schläft ein Tier« (ab 9 Jahren) von Oliver
Schmaering erzählt vom Kampf der Mediziner Ehrlich und von Behring gegen die
Diphterie und hat durch die Diskussion über die Impfpflicht eine zusätzliche
Aktualität erhalten. Die beiden Vorstellungen (auch für Schulen geeignet) finden
am Donnerstag, 7. November, um 11 und 18 Uhr in der BOXX statt.
»In dir schläft ein Tier« (Foto: Christian Brachwitz)
Das sind nur drei
Beispiele aus einem dichten Programm. Das Théâtre Nouvelle Génération aus Lyon
fragt in ihrer Installation »Artefact«: Kann es Theater ohne Menschen geben? »Dr.
Wahn« erklärt seine all-umfassende Theorie der Welt. Und die Gruppe Meinhardt
& Krauss aus Stuttgart erzählt in »ELIZA uncanny love« eine ganz neue
Variante der »Pygmalion«-Geschichte – mit Robotik. In Publikumsgesprächen und
den Talk-Runden »Geht es auch ohne Helden?« und »Müssen wir Angst vor der
Zukunft haben?« gibt es die Möglichkeit, sich mit den Künstlern und namhaften
Experten auszutauschen.
Ein Gespräch mit Dr. Mirjam Meuser über »Erinnerung ist Liebe zur Zukunft«
Aus Anlass des 30. Jahrestages des Mauerfalls widmet sich das Theater Heilbronn in einer ganzen Veranstaltungsreihe dem Thema Deutsche Einheit. Unter dem Titel »Erinnerung ist Liebe zur Zukunft« finden monatliche Lesungen, Gesprächsrunden und Filmabende in Kooperation mit dem Kinostar Arthaus-Kino statt. Inhalt aller Veranstaltungen ist es, gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen aus ihrem historischen Kontext heraus zu untersuchen. Kuratorin der Reihe ist Dr. Mirjam Meuser, Dramaturgin am Theater Heilbronn. Pressereferentin Silke Zschäckel hat sich mit ihr unterhalten.
Dr. Mirjam Meuser (Foto: Thomas Braun)
S.Z.: »Erinnerung ist Liebe zur
Zukunft« – ein sehr schöner, sehr poetischer Titel: Woher kommt er?
M.M.: Eigentlich ist das der
Titel eines Heiner-Müller-Interviews, nur leicht abgewandelt. Der Titel heißt
ursprünglich »Nekrophilie ist Liebe zur Zukunft«. Die Liebe zu den Toten, das
Ausgraben der Toten – das ist die Liebe zur Zukunft. Das ist ein Zentralmotiv
im ganzen Müller’schen Werk. Ich habe das umgewandelt in »Erinnerung ist Liebe zur
Zukunft«, damit es nicht ganz so morbid klingt. Und zum anderen gibt es in der
Geschichtswissenschaft das Teilgebiet der Erinnerungsforschung, und darauf
wollte ich mich beziehen.
S.Z.: Woher rührt dein Interesse
für dieses Thema – die Beschäftigung mit der deutsch-deutschen, insbesondere
auch mit der ostdeutschen Geschichte, obwohl du aus Bayern stammst?
M.M.: Zunächst mal liegt das an
meinem grundsätzlichen Interesse für Geschichte. Und dann ist es eine
Geschichte, mit der ich unmittelbar konfrontiert worden bin, weil ich während
meines Studiums in Berlin sehr viele Menschen aus Ostdeutschland kennengelernt
habe, unter anderem meinen Doktorvater. Der brachte mir Heiner Müller nahe, und
damit war es unweigerlich verbunden, dass ich anfing, mich mit der ostdeutschen
und der deutsch-deutschen Geschichte zu beschäftigen. Ich lernte einen ganz
anderen Blick auf die historische Vergangenheit kennen, als ich ihn in der
Schule erlebt habe oder als im Westen Geschichte reflektiert wurde. Da wurde
die ganze Historie des Sozialismus ausgespart, die gab es nicht – oder eben
erst ab 1989. In bin in meinem Literaturstudium komischerweise immer wieder bei
den ostdeutschen Professoren gelandet, ohne dass ich vorher wusste, dass sie
aus der ehemaligen DDR kommen. Und bei den Philosophen, die ich aus Ostdeutschland
kennengelernt habe, spielte das Lehren von Zusammenhängen eine größere Rolle
als beim Studium im Westen, wo das Vertiefen in einzelne Positionen und Autoren
wichtig war, weniger das Woher und das Wohin.
S.Z.: Nach welchen Aspekten hast
du die Reihe konzipiert? Welche Themen wolltest du unbedingt drin haben?
M.M.: Ich habe die Reihe nicht
allein konzipiert. Das war eine Gemeinschaftsarbeit, da sind Ideen vom gesamten
Leitungsteam dabei. Wir haben versucht,
verschiedene Themenschwerpunkte zu setzen. Es war klar, dass es eine
Auftaktveranstaltung geben soll, in der wir die letzten 30 Jahre noch mal
untersuchen. Eine Veranstaltung zum Wirken der Treuhand war Axel Vornam und Uta Koschel, die auch
mitgedacht hat, sehr wichtig. Für mich persönlich ist auch die
Geopolitik-Veranstaltung von Belang, weil ich möchte, dass wir das Thema in
einen größeren globalen Kontext stellen. Denn mit 1989/90 ist nicht nur die DDR
verschwunden, sondern auch die alte BRD. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks hat
ein massiver weltweiter Veränderungsprozess begonnen. Das kommt erst jetzt so
langsam im gesellschaftlichen Bewusstsein an. Und dann war mir auch wichtig,
die Vorgeschichte der friedlichen Revolution anzuschauen. Die kam ja nicht aus
dem nichts. Welche Entwicklungen haben eigentlich dazu geführt, dass am Ende
die Mauer aufging?
S.Z.: Hast du eine Veranstaltung,
auf die du dich ganz besonders freust?
M.M.: Ich freu mich auf die
erste, weil ich auf die unterschiedlichen Sichtweisen sehr gespannt bin. Wir
haben eine Frau auf dem Podium, Adriana Lettrari, Gründerin des »Netzwerks 3te
Generation Ostdeutschland«, die inzwischen in der Wirtschaftsberatung tätig
ist, außerdem den Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz und den Theatermann Axel
Vornam, die von Martin Sabrow, einem sehr profilierten Historiker befragt
werden. Ich glaube, das kann sehr spannend werden. Ich freue mich auch sehr auf
die Treuhand-Veranstaltung, ein Thema, bei dem, glaube ich, noch viel
Aufarbeitung notwendig ist. Auch da bin ich gespannt auf das Podium. Wir haben den
investigativen Journalisten Dirk Laabs eingeladen, außerdem Marcus Böick, einen
jungen Historiker, der mit seiner Dissertation die erste historische
Aufarbeitung der Geschichte der Treuhand geschrieben hat. Und für die
Moderation kommt André Steiner, ein renommierter Wirtschaftshistoriker, der
sowohl die Geschichte der DDR als auch der BRD kennt.
S.Z.: War es schwierig, die sehr
hochkarätigen Gäste von dem Konzept zu überzeugen oder haben gleich alle
gesagt: Wir sind dabei?
M.M.: Ich habe sehr oft die
Erfahrung gemacht, dass die Leute das Konzept gut finden und dass sie deshalb
auch gerne kommen.
S.Z.: Was erhoffst du dir von
dieser Reihe? Sowohl von den einzelnen Abenden als auch als Quintessenz am
Ende?
M.M.: Von den Abenden erhoffe ich
mir spannende Diskussionen, von denen ich mir wünsche, dass sich das Publikum
miteinbeziehen lässt. Ich hoffe auf einen Dialog, einen Austausch – letztlich
auch zwischen Ost und West, um die vielen Vorurteile, die es doch noch gibt,
aufzubrechen und einander besser verstehen zu lernen. Es wäre schön, wenn es
gelingen würde, die subjektiven Sichten und die historischen Zusammenhänge besser
miteinander ins Verhältnis zu setzen. Das wäre mir ganz wichtig.
»Man braucht gar nicht vor ein Publikum zu treten, wenn man nicht bereit ist, etwas von seiner Lebenserfahrung, seinen Gefühlen, seinen Meinungen und seiner Fantasie Preis zu geben.« Ivan
Eine Szene aus den Proben.
Im Generationenclub treffen Welten aufeinander, jung, alt,
Ost, West, verwurzelt, zugezogen, Nord, Süd, nah und fern. Alle Spieler bringen
ihre Lebensgeschichten und -erfahrungen mit, aus denen ein eigenes Stück
entsteht.
In diesem Jahr ist die Stückentwicklung »Das Gewebe der
Gegenwart braucht rote Fäden« entstanden. Orientiert am Spielzeitmotto
SINNSUCHER_NoLimits haben sich die Spieler auf die Suche gemacht nach dem, was
dem Leben einen Sinn gibt. Geschichten, Erfahrungen, Lebensfäden werden immer
wieder verknüpft, beschreibt Andrea die Entstehung des Stückes.
Ob es Geschichten aus ihrer Kindheit in einer anderen fernen
Heimat sind, Geschichten vom Ankommen, Geschichten vom Altsein, vom Jungsein.
Manche Geschichten erzählen über Krieg, der sich vor über siebzig in das Leben
der Menschen einschrieb, als die Erzählenden noch Kinder waren. Jetzt wird er mit
den Erfahrungen junger Menschen von heute in Verbindung gebracht. Parallelen zu
den Erzählungen Geflüchteter, die heute in Deutschland Schutz suchen, werden
offenbar. So laufen hier jeden Mittwoch Geschichten aus vielen Ländern und
Kulturen, unterschiedlicher Generationen zusammen und werden im Spiel
verwoben.
Aus den Proben.
Egal ob die Spieler seit der ersten Stunde des Generationenclubs
vor sechs Jahren wie Ivan, Bruni, Beate, Edi, Andrea und Barbara dabei oder erst in den
letzten Monaten hinzugekommen sind wie Stefan, Sebastian, Alara und Sam, sie
alle finden im wöchentlichen Training zueinander. In der Arbeit – mit
Clubleiterin Evelyn Döbler – am eigenen Stück lernen sie alle viel über sich und
die anderen und erfahren, wie aus einer willkürlichen Gruppe eine Gemeinschaft
wachsen kann. Dank des Clubs, sagt Andrea, habe sie gelernt, zu sehen welches
Potential in ihr selbst und auch den anderen schlummert.
Es ist die Freude, die Gemeinschaft, das gemeinsame
Nachdenken, das Spielen, das Lachen, die Verbindung mit den anderen, das
voneinander Lernen, was die Clubber antreibt, sich jeden Mittwoch zu treffen. Es
ist das Zuhören, das Gehörtwerden, das ihnen Kraft, Hoffnung, Stärke gibt einen
Platz zu finden, im Club, in der Gruppe, aber auch den eigenen Platz in der
Gesellschaft besser auszuloten. Das
alles übertragen sie in ihre Stücke.
Wie Achtsam bin ich gegenüber anderen? Wie gehen wir miteinander um? Wo ist mein Platz in dieser Gesellschaft? Was können wir voneinander lernen? Was verbindet uns? Was trennt uns? Was gibt uns Halt? Wonach suchen wir im Leben? Das sind die Fragen denen sie sich gestellt haben. Jede Woche treten sie miteinander neu in Kontakt. Begegnen sich freundschaftlich mit Vertrauen, Verständnis und ihren Texten, die sie im Spiel zusammenbringen. Beharrlich und mit großem Einfühlungsvermögen für jeden einzelnen treibt Clubleiterin Evelyn Döbler die Gruppe voran. Mit Disziplin, Kraft und Kreativität suchen sie nach dem Verbindenden im Club und in der Gesellschaft. So wird der Club für sie zu einem Ort des Ankommens, der Erdung, der Einbettung im Hier und Jetzt, in Heilbronn. Ihr Stück ist der Wunsch, etwas davon hinauszutragen, von diesem Gefühl der Gemeinschaft und den Geschichten, die in ihr entstehen können.
Jeden Mittwoch trifft sich in der Theaterwerkstatt der Generationenclub. Eine bunte Mischung verschiedenster Menschen, von Jung bis Alt, mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Erfahrungen. Im Generationenclub suchen sie den Austausch im Zusammenspiel. Gemeinsam über ein Jahr hinweg erschaffen sie eine Geschichte. Dabei werden sie von Evelyn Döbler angeleitet. Sie unterstützt, fördert und fordert ihre Clubber. Das Motto der jeweiligen Spielzeit setzt den Rahmen für das Stück, mit dem die Spieler jedes Jahr im Oktober auf die Bühne gehen. In diesem Jahr ist es »#SINNSUCHER_NoLimits«, das den Clubbern als Inspiration dient.
Der Generationenclub folgt dem Roten Faden.
Andrea, Edi, Ivan, Beate, Heide, Barbara und Bruni bilden
den beständigen Kern der Gruppe, sie sind schon seit der Gründung des
Generationenclubs vor sieben Jahren dabei. Alara, Alicia, Amelie, Stefan und
Sebastian sind vor ein paar Jahren dazugekommen. Sam ist erst seit einem halben
Jahr dabei. Keiner von ihnen ist Schauspieler oder Autor. Das was sie erzählen,
sind Bruchstücke des Lebens, ihres Lebens. In den Proben werden sie mit den
Texten der anderen zu einem gemeinsamen Stück verwoben.
Meist beginnen die Proben mit einem kurzen Austausch und dem gemeinsamen Lesen
von Texten. Wenn Neue in den Theaterclub hinzugekommen sind, steht das
Kennenlernen und Zuhören im Fokus. Jeder aus der Gruppe bringt seine Biografie
mit – die eine kürzer, die andere länger, manche wechselvoller. Sie alle haben
etwas zu erzählen, doch nicht alle in der gleichen Sprache, denn sie kommen aus
Tschechien, Rumänien, Russland und dem Iran.
Wie schafft man ein Verstehen, das Erzählen einer gemeinsamen Geschichte, wenn
die Sprache nicht vereint, manchmal unverständlich bleibt? Die Clubber begeben
sich auf die Suche nach dem Sinn, dem roten Faden, der alle verbindet. Dabei
spielen für die Clubber alle unsere Sinne eine Rolle. Alicia, bringt es auf den
Punkt, als sie während der Proben feststellt, dass es nicht immer viele Worte
braucht, um etwas zu erzählen.
In den Proben.
So machen sich die Clubber auf die Suche nach den roten Fäden die sie, die uns miteinander verbinden. Was sind die Elemente und Punkte, die Verbindungen schaffen? Gemeinsam knüpfen sie ein Netz aus ihren Geschichten. Suchen im Rhythmus des anderen nach dem eigenen, in der Begegnung nach dem einander Erkennen, in der Berührung nach dem sich Kennenlernen. So rückt im Zusammentreffen von Jung und Alt die Zeit in den Mittelpunkt der Geschichte. Vom Tick, Tack des Verstreichens der Zeit das Alara, die Jüngste der Gruppe, in die Geschichte einbringt, blickt die nächste Spielerin zurück in ihre Jugend, die in einer anderen Zeit, einer anderen Welt stattfand. In einer Zeit in der Krieg, Flucht und Vertreibung Europa bestimmten. Erfahrungen, die Menschen heute wieder machen, die Hilfe und Sicherheit in Europa suchen. Sind das nicht auch Erlebnisse, die Menschen verbinden? Die auch eine Gesellschaft mit einander verbindet? Können die Menschenrechte der rote Faden Europas sein? Das sind die Fragen, die während der Proben im Raum stehen. Ob sie von der Gruppe beantwortet werden, bleibt offen.
Das 8. Theaterfestival der Heilbronner Kooperationsschulen
Vom 8. -11. Juli 2019 stand das Komödienhaus vier Tage lang im Zeichen der Theater-AGs und Theater- und Literaturkurse der Kooperationsschulen, denn es hieß zu 8. Mal: Vorhang auf für die CRASH BOOM BOXX – das Theaterfestival der Kooperationsschulen! Das letzte Schuljahr haben die Schülerinnen und Schüler ausgewählter Kurse und AGs eigene Stücke, Szenen und Figuren entwickelt, inspiriert von dem Spielzeitmotto »#SINNSUCHER_NoLimits«. Mit ihren Lehrerinnen und Lehrern sind sie über Monate hinweg auf Sinnsuche gegangen, haben gemeinsam an den Stoffen getüftelt, sich dem Thema über verschiedene Übungen genähert, Ideen verfolgt, improvisiert, Texte verfasst, verworfen und überarbeitet, bis am Schluss die Theaterstücke entstanden sind, die während des Festivals in Ausschnitten im Komödienhaus zu sehen waren.
Im Foyer des Komödienhauses.
Die große Präsentation des eigenen Theaterstücks auf der Bühne des Komödienhauses mit professioneller Theatertechnik, Licht, Ton und natürlich auch vor einem vollen Theatersaal war das Highlight für alle Gruppen. Schon ein paar Wochen vor dem Festival waren die Theaterpädagoginnen Lisa Spintig, die das Festival leitete, und Natascha Mundt in den Kursen, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Sie unterstützten die Kurse bei der Stückarbeit und gaben ihnen hilfreiche Tipps für die Aufführung.
In den Proben in der Christiane-Herzog-Schule.
Für die technische Einrichtung der Bühne, das passende Licht und den richtigen Ton, mussten die Gruppen die technischen Anforderungen für ihr Stück zusammenstellen und einreichen. Dafür mussten sich die Gruppen überlegen, wie welche Lichtstimmung wird und wann sie gefahren werden soll, welche Requisiten benötigt werden oder ob sie diese mitbringen, als auch ob es Toneinspielungen geben soll. Alle technischen Details mussten erarbeitet und bei der Festivalleitung eingereicht werden. Dazu waren einzelne Vertreterinnen und Vertreter im Juni 2019 im Komödienhaus, um die Bühne und Technik kennenzulernen.
Die technische Einrichtung auf der Bühne läuft.
In den
ersten beiden Festivaltagen hieß es dann für alle auftretenden Gruppen
„technische Einrichtung“ im Theater. Das bedeutet, dass mit den
Mitarbeitern von Bühne, Licht und Ton und der Inspizientin Natascha Mundt die
Stücke der Schülerinnen und Schüler für die Bühne eingerichtet wurden. Licht
und Toneinstellungen wurden getestet und abgespeichert, Stichworte festgelegt
und ein kompletter Ablauf des Stückes geprobt, damit zur Aufführung alles
sitzt. Gerade diese Erfahrungen machen zu können, wie viel Arbeit im Vorfeld
hinter einer professionellen Aufführung steckt, haben die Schülerinnen und
Schüler der Christiane-Herzog-Schule sehr beeindruckt, wie sie in einem
Gespräch zum Abschluss des Festivals sagten. Sie betonten neue Einblicke
gewonnen zu haben und nun anders auf Inszenierungen zu blicken. Neben einem
Eindruck welche technische Arbeit dahinter steckt, haben sie auch ein anderes
Gefühl für Timing, Bewegung, Gestik und Mimik bekommen, sagten die Schülerinnen
und Schüler resümierend über das Festival. Natürlich waren für alle
Schülerinnen und Schüler auch Lampenfieber, Aufregung, Vorfreude und große
Spiellust dabei.
In den Kennenlern-Workshops gibt es keine Berührungsängste.
In Kennenlern-Workshops trafen die Spielerinnen und Spieler der vier Gruppen aufeinander und konnten sich mit verschiedenen Methoden des Theaterspiels und der Improvisation im gemeinsamen Spiel kennenlernen und ausprobieren, bevor es am Nachmittag auf die große Bühne ging. Auf der Bühne kamen vier verschieden Stücke, die sich mit dem Spielzeitmotto »#SINNSUCHER_NoLimits« auseinandersetzten, zur Premiere. Den Anfang machte die Theater-AG des Justinus-Kerner-Gymnasiums Heilbronn mit dem Stück »36.000 Sekunden« in dem sie der Frage: Was würdest Du tun, wenn in 10 Stunden die Welt unterginge?, nachgingen. Anschließend zeigte der Kurs Literatur und Theater des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums mit »Alles anders« eine Szenen-Collage zu der Frage was wäre, wenn eine einzige Sekunde dein ganzes Leben verändert? Die Schülerinnen und Schüler des Kurses Literatur und Theater der Gustav-von-Schmoller-Schule schufen mit ihrem Stück »Mensch ist Mensch« eine Geschichte, die sich mit den kulturellen und religiösen Unterschieden in unserer Gesellschaft befasst und wie diese überwunden werden könnten. Den Abschluss der Aufführungen bildete der Auszug des Stücks »Grenzenlos sinnlos« des Kurses Literatur und Theater der Christiane-Herzog-Schule, in dem sich ein junger Mensch, der den Sinn in seinem Leben verloren hat, auf die Suche macht, diesen wiederzufinden.
On Stage: Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium.
Ein
Nachmittag mit vier beeindruckenden Stücken, in denen die Schülerinnen und
Schüler gemeinsam auf eine Sinnsuche gegangen sind.
Der krönende Abschluss monatelanger Arbeit wurde vom Publikum mit großem
Applaus belohnt.
Aus dem Auftritt der Gustav-von-Schmoller-Schule.
Nach diesem
Highlight standen am letzten Festivaltag die Themenworkshops inklusive einer
Abschlusspräsentation an, die das Festivalprogramm abrundeten. In fünf
verschiedenen Workshops konnten die Schülerinnen und Schüler, unterrichtet von
Profis, neue Techniken kennenlernen und erproben.
Hannes Rittig führt die Teilnehmenden des Workshops in die Techniken des Bühnenkampf ein.
Viel
Körpereinsatz war im Tanzworkshop von Tänzerin Anja Bräutigam und im
Bühnenkampfworkshop von Schauspieler Hannes Rittig gefragt. Bühnenpräsenz,
Körperbeherrschung, konkrete und präzise Bewegungen, die das darstellende Spiel
unterstützen, standen hier im Fokus. In den beiden Workshops wurden gemeinsame
Choreografien erarbeitet, die in der Abschlusspräsentation am Nachmittag auf
der Bühne des Komödienhauses aufgeführt wurden. Auch in den Workshops der
Theaterpädagogik erlernten die Schülerinnen und Schüler neue Methoden aus der
Theaterarbeit und der Improvisation, um mit theatralen Mitteln eine kleine
Szenencollagen zu erarbeiten. In Form eines kurzen Märchens oder eines
konfliktbeladenen Stücks kamen auch diese am Nachmittag zur Aufführung. Die
Teilnehmer des fünften Workshops schufen mit einfachen Mitteln ein
selbstgebautes Kostüm, inspiriert von der Zeit des Bauhauses, und so
entstand eine Hommage an die Moderne Kunst.
https://youtu.be/7nXcXaMRJjQ
In vier Tagen haben sich die Schülerinnen und Schüler und auch die Lehrerinnen der Gruppen neue Techniken angeeignet und gemeinsam etwas Neues geschaffen. Stolz und mit jeder Menge an neuen Erfahrungen und Wissen haben sie die Bühne des Komödienhauses verlassen. Wir wünschen allen das Beste für ihre Lebenswege und wer weiß, ob nicht doch die eine oder der anderen wieder ins Theater zurückkommen wird.
Heute werfen wir einen Blick zurück und stellen Euch unser Ferien|BOXX Projekt vor.
15 mutige, neugierige und pfiffige Kinder gingen auf Spurensuche
auf der BUGA, um »Das Geheimnis um die verschwundenen Karls« zu lüften. Zuvor ging‘s
aber ins Detektiv-Trainingslager.
Bei strahlendem Sonnenschein gehen die Kinder auf Spurensuche, sammeln Beweise und üben sich im Anschleichen.
Das Trainingslager fand im Rahmen der Ferien|BOXX Ostern des Jungen Theaters statt, die in diesem Jahr zu Gast auf der BUGA war. Gemeinsam haben sich die teilnehmenden Kinder zu Beginn der zweiten Osterferienwoche zur Inspiration »Emil und die Detektive« in der BOXX angesehen. Danach durften sie zusammen mit Theaterpädagogin Lisa Spintig die gewonnenen Eindrücke diskutieren. In den folgenden Tagen wurde die BUGA genauestens durchsucht: nach Spuren, Hinweisen und Indizien. Zudem konnten die Kinder hier super das Anschleichen in unterschiedlichem Gelände und unauffälliges Verhalten zwischen den zahlreichen BUGA-Besuchern üben. Bei strahlendem Sonnenschein erarbeiteten die Kinder eine eigene Detektivgeschichte und setzen diese szenisch um.
Kluge Köpfe erschaffen gemeinsam eine neue Story.
Ganz klar war allen gleich, worum es sich drehen sollte:
Alle BUGA-Karls wurden geklaut. Doch warum? Die Täter brauchen ja schließlich
auch ein Motiv. Und wer sind die Täter? Wie geht man bei der Spurensuche vor?
Und was muss man beachten, damit man eine für das Publikum spannende Geschichte
erzählt? Unter der fachkundigen Anleitung der Theaterpädagogin konzipierten die
Kinder eine spannende Präsentation.
Die Detektivgeschichte wird in Szene gesetzt.
Doch wie es aber beim Freilichttheater so sein kann, spielte der Wettergott der Truppe am Präsentationstag einen Streich: Auf eine Woche voll strahlendem Sonnenschein folgte ein ziemlich grauer und regenreicher Tag. Deshalb konnte die Vorstellung vor Eltern, Freunden und BUGA-Besuchern leider nicht, wie geplant, auf der Fährlebühne stattfinden. Der Spielfreude tat der Auftritt im bis auf den letzten Platz besetzen Veranstaltungspavillion aber keinen Abbruch und die Kinder ernteten mit stolzgeschwellter Brust tosenden Applaus. Parole BUGA!
Kurz vor der großen Show im Veranstaltungspavillion. Die Ferien|BOXX war bei den Kindern und beim Publikum ein voller Erfolg.
Die Statistinnen von »Hexenjagd« erzählen über ihre Erfahrungen.
Die Statistinnen mit Stella Goritzki und Stefan Eichberg. Foto: Jochen Quast
Anfang Januar 2019
sind 27 junge Mädchen und Frauen im Alter von 13 bis 24 Jahren dem Aufruf des
Theaters gefolgt, um an dem Statistinnen-Casting für die Inszenierung von
Arthur Millers »Hexenjagd« teilzunehmen. Regisseurin Uta Koschel und
Dramaturgin Sophie Püschel suchten für die Inszenierung eine Gruppe junger
Mädchen, die die Schauspielerinnen Stella Goritzki und Ipek Özgen bei verschiedenen
Szenen als »Mädchen aus Salem« unterstützen.
Wir haben einige der Statistinnen
über ihre Motivation, sich für das Casting zu bewerben, befragt:
Anna Lena Knecht: »Theaterspielen macht mir extrem viel
Spaß. Ein paar aus dem Kolpingtheater und mein Vater haben mich auf einen
Artikel der Heilbronner Stimme aufmerksam gemacht, in dem stand, dass
Statistinnen gesucht werden. Daraufhin habe ich mich für das Casting
angemeldet.«
Lilly Eichberg: »Ich war wahnsinnig interessiert, wie die
Entwicklung von der ersten Probe, bis hin zum komplett fertigen Stück abläuft.
Ich wollte wissen, wie es ist ein Teil des Ganzen zu sein.«
Anna Laukhuf: »Ich liebe Theater und mich reizte die
Vorstellung, eine andere Perspektive und Rolle einzunehmen und mich aktiv am
Schauspielgeschehen zu beteiligen, anstatt die Position der Zuschauerin zu
bekleiden. Außerdem fand ich es verlockend, so Einblicke in die Prozesse hinter
der Bühne zu bekommen und ein Stück von der Idee bis hin zur fertigen Inszenierung
zu begleiten.«
Die Mädchen aus Salem
spielen in »Hexenjagd« eine entscheidende Rolle, denn ihr Vergehen: nachts im
Wald zu tanzen, setzt die Ereignisse in dem kleinen Ort in Gang. In der streng
puritanischen Gemeinde Salem sind solch weltliche Vergnügen wie Tanzen oder das
Lesen von Büchern strengstens verboten. Als die Mädchen beim Tanzen entdeckt
werden, brechen einige von ihnen ohnmächtig zusammen, aus Angst vor der ihnen
drohenden Strafe. Unter ihnen ist auch die Tochter des Pfarrers Parris, als sie
nicht mehr aus ihrer Ohnmacht erwachen will, keimt schnell das Gerücht von
Hexerei auf. Auf der Suche nach Schuldigen werden die Mädchen ins Verhör
genommen und unter Druck gesetzt, zu gestehen bzw. der Hexerei Schuldige zu
benennen. Von nun an greifen Denunziationen und Misstrauen um sich. Die Bezichtigung,
ein Werkzeug des Teufels zu sein, eignet sich bestens, um unliebsame Gegner aus
dem Weg zu räumen. So wird Salem im Zuge der Hexenprozesse in eine Art
Massenhysterie aus Lügen, Angst und Machtmissbrauch versetzt.
Szenenfoto aus »Hexenjagd« Foto: Jochen Quast.
Aus dem Casting sind zwei
Gruppen von je fünf Statistinnen hervorgegangen. Die meisten brachten bereits
erste Erfahrungen aus Theater-AGs und -clubs oder früheren Statistinnenrollen
mit.
Doch der
professionelle Theaterbetrieb hielt für sie neue Eindrücke und einige Überraschungen
bereit.
Anna Laukhuf: »Vor allem ist mir aufgefallen, wie
leidenschaftlich die Schauspieler oder auch andere Mitarbeiter ihre Arbeit
ausüben. Man spürt eine Atmosphäre, die davon geprägt ist, dass jeder seine
Arbeit als Berufung und nicht bloß als Job ansieht.«
Christiane Staudacher berichtete: Ȇberrascht haben mich die vielen und
unterschiedlichen Abteilungen, die ein so großes Haus besitzt und den für eine
Produktion notwendig sind. Angefangen bei den Kostümen, die alle selbst genäht werden,
hin zum Bühnenbild, das exklusiv für jede einzelne Produktion angefertigt wird,
bis zur Gesamtorganisation einer solch großen Produktion, vor und hinter der
Bühne.«
Einen neuen Blick, was eine Inszenierung alles umfasst,
gewann auch Leonie Decker:
»Überrascht hat mich, wieviel Wert auf jedes Detail in Make-up, Bühnenbild und
Text gelegt wurde. Unsere Kostüme wurden alle maßgeschneidert und es galt zu
unserem Leid striktes BH-Verbot, nur um auch wirklich den Eindruck der Zeit
einzufangen, welcher von der Regisseurin gewünscht wurde. Als Zuschauer hatte
ich nie bemerkt, wie viele Ideen von verschiedenen Seiten in ein einzelnes
Stück fließen, um dieses komplett werden zu lassen. Darauf werde ich zukünftig,
wenn ich ins Theater gehe, mehr achten.«
Im März begann für die
Schauspielerinnen und Schauspieler die sechswöchige Probenzeit und natürlich
auch für die Statistinnen. Für die Mädchen war es eine bereichernde und
zusammenschweißende Zeit.
Szenenfoto »Hexenjagd«; Foto: Steffen Nödl
Matilda Martinez über die Proben: »Es gab so viele kleine
Momente, Momente mit den anderen Statistinnen, den Schauspielern: Es waren alle
so offen und nett, die Atmosphäre war einfach jedes Mal so unbeschreiblich.«
Leonie Decker verriet uns: »Wir als Statistinnengruppe untereinander hatten Backstage wahnsinnig viel Spaß und ich habe jede einzelne meiner Mitstatistinnen als Freundin lieb gewonnen. Zudem wurde durch dieRegisseurin und die anderen Darsteller auf der Bühne eine Atmosphäre kreiert, welche mich motiviert hat auf der Bühne mein Bestes zu geben. Im Kopf geblieben ist mir, als wir das erste Mal unsere „Vogelszene“ probten, welche sehr intensiv war. Es hat uns einiges an Mimik und Stimme abverlangt, aberda alle hochmotiviert mitmachten, in mir auch ein Hochgefühl ausgelöst. Somit würde ich das als „schönsten Probenmoment“ bezeichnen.«
Hinter den Kulissen. Foto: Steffen Nödl
Am 4. Mai 2019 ging es dann für das Ensemble und die erste Gruppe der Mädchen aus Salem auf die Bühne des Großen Hauses. Seitdem spielen abwechselnd die beiden Gruppen in den Vorstellungen.
Szenenfoto »Hexenjagd«; Foto: Jochen Quast
Für Anna Laukhuf war gerade der Abend der Premiere ganz
besonders: »Mein schönster Moment waren die letzten gemeinsamen Erlebnisse
hinter der Bühne vor der Premiere. Fast jeder hat dem anderen ein kleines
Glücks-Präsent überreicht, was mich sehr gerührt hat. Alle Geschenke enthielten
auch – direkt oder indirekt – eine Botschaft, die mit dem Stück zu tun hatte.
Mich hat begeistert, wie viel Gedanken sich alle darüber gemacht haben und wie
viel Wertschätzung auch uns als Statistinnen entgegengebracht wurde.«
Wie viel Arbeit und Disziplin hinter den Proben und den
Vorstellungen steckt, hat Lilly Eichberg beeindruckt: »Auf den Proben oder in
den Pausen während Vorstellungen wird manchmal rumgealbert. Trotzdem müssen
dann alle zum richtigen Zeitpunkt wieder konzentriert sein und ihre Arbeit
machen, wenn es weiter geht. Das war eine gute Erkenntnis.«
Ob sich die Erwartungen, mit denen sich die Mädchen beim Casting beworben haben, in Erfüllung gingen wollten wir natürlich auch von ihnen wissen.
Hinter den Kulissen. Foto: Steffen Nödl
Anna Lena Knecht: »Ich hatte keine konkreten Erwartungen,
sondern viel mehr die Hoffnung, dass auch wir Statistinnen gut in die
Schauspielgruppe integriert werden. Dies hat sich definitiv erfüllt.«
Leonie Decker: »Ich hatte die Erwartungshaltung als
Statisten wäre man »nur« eine Hintergrundfigur und würde auch dementsprechend
behandelt. Jedoch die freundliche und auch unterstützende Art, welche die
anderen Darsteller und Mitarbeiter gegenüber uns Statistinnen hatten, hat dafür
gesorgt, dass ich mich sofort wertgeschätzt gefühlt habe.«
Matilda Martinez: »Um ehrlich zu sein, wusste ich gar nicht,
was auf mich zukommen würde und ich habe viel mehr daran gedacht, das Casting
aus Spaß zu machen. Mittlerweile bin ich mehr als froh, dass ich diese
Erfahrung machen durfte.
Und wie fühlt es sich an, auf der Bühne im Großen Haus zu stehen?
Szenenfoto »Hexenjagd«, Foto Steffen Nödl
Matilda Martinez: »Es ist unbeschreiblich, auf der großen Bühne
stehen zu dürfen. Mit den »Großen« zu spielen, zu sehen, wie sie die Charaktere
verkörpern, von ihnen zu lernen … . Man kann dieses Gefühl nicht beschreiben,
es ist einfach ein pures Glücksgefühl, das so viele verschiedene Emotionen
freisetzt.«
Lilly Eichberg: »Es macht total viel Spaß! Während der
Vorstellung ist man auf der Bühne meistens sehr konzentriert. Man vergisst
fast, dass man auf der Bühne im Großen Haus steht und einem so viele Leute zusehen. Ich realisiere das meist erst,
wenn ich wieder von der Bühne runter bin.«
Christiane Staudacher: »Auf einer Bühne zu stehen, ist für
mich ein unbeschreibliches Erlebnis. Ich fühle mich dort einfach wohl. Ein
Traum ist für mich in Erfüllung gegangen.«
Für alle war es eine aufregende und
besondere Zeit. Auf die Frage ob sie es noch mal machen würden, haben alle sofort
mit JA! geantwortet.
Szenenfoto »Hexenjagd«, Foto: Jochen Quast
Leonie Kurz: »Auf jeden Fall würde ich es nochmal machen! Es
macht einfach unglaublich viel Spaß, und kein Abend ist wie der andere!«
Christiane Staudacher: »Meine Erfahrungen am Theater Heilbronn
möchte ich auf keinen Fall missen, und wer weiß, was die Zukunft für mich
vorhat?«
Lilly Eichberg: »Auf jeden Fall! Es hat sehr viel Spaß
gemacht, und ich habe viele neue Erfahrungen gesammelt.«
Matilda Martinez: »Ich würde es jederzeit wieder tun. Das
Casting, die Proben, die Vorstellungen würde ich nicht mehr missen wollen.«
Leonie Decker: » Die Erfahrung am Theater hat mich viele
Dinge gelehrt und in meinem Leben weitergebracht, des Weiteren hat es Spaß
gemacht und mich mit neuen Menschen zusammengeführt. Meine Antwort lautet: 100% Ja!«
Wir danken allen Statistinnen von »Hexenjagd« für ihre Unterstützung und Spielfreude. Wer sie noch mal auf der Bühne erleben möchte hat noch am 6., 12. & 14. Juli die Gelegenheit.
Uta Koschel verabschiedet sich als Chefregisseurin aus Heilbronn und wird Schauspieldirektorin in Schwedt
Uta Koschel; Foto: David Klumpp
Es ist eine Mischung aus Vorfreude und Wehmut, die Uta
Koschel gegenwärtig durch den Tag begleitet: Vorfreude auf die neuen Aufgaben,
die sie in ihrer neuen Funktion als Schauspieldirektorin an den Uckermärkischen
Bühnen Schwedt erwarten. Wehmut, weil ihr der Abschied vom Theater Heilbronn,
das sie seit Beginn der Intendanz von Axel Vornam mitgeprägt hat, nicht leicht
fällt. Seit 11 Jahren gehört Uta Koschel zum Team von Regisseuren, die hier
regelmäßig arbeiten. In den vergangenen drei Spielzeiten war sie fest als
Chefregisseurin am Haus. Mit ihren beiden letzten, ganz unterschiedlichen Inszenierungen
in dieser Funktion setzte sie noch einmal unvergessliche Akzente: Mit »Harper
Regan«
von Simon Stephens, der Tragödie einer Frau, die vor lauter Warten auf das
Leben das Leben an sich vorbeiziehen lässt. Und mit »Hexenjagd«
von Arthur Miller, einer Inszenierung, die zwar in einer puritanischen Gemeinde
des Jahres 1692 angesiedelt ist, die aber als Parabel für eine Gesellschaft, in
der Toleranz und Vernunft im öffentlichen Diskurs immer stärker einem
hysterisch geführten, gefährlichen Disput weichen, mit aller
Deutlichkeit ins Hier und Heute weist.
Erinnert sei auch an ihre Heilbronner Inszenierungen wie »Das
Fest«,
»Die
Katze auf dem heißen Blechdach« oder »Der Besuch der alten Dame« oder
den Komödienhit »Der nackte Wahnsinn« – da werden Bilder wieder lebendig. Ihr
Markenzeichen als Regisseurin ist, dass sie kein Markenzeichen hat. Uta Koschel
entwickelt die Inszenierung immer
aus dem jeweiligen Stoff heraus gemeinsam mit ihrem Team, mit einer klugen, fein
ziselierenden, die handelnden Figuren genau untersuchenden Arbeitsweise und
einem guten Gespür für Timing und Rhythmus. Da vereinen sich in der Tochter
einer Schauspielerin und eines Dramaturgen offenbar beide elterliche Talente.
Bei den Proben zu »Hexenjagd«gewährte Uta Koschel den Studenten der Heilbronner Hochschule exklusive Einblicke in die Entstehung des Stücks. In einer Premierenklasse durften die Studierenden einzelne Proben der Inszenierung begleiten.
Vermissen wird Uta Koschel das großartige, äußerst vielseitige Heilbronner Ensemble, mit dem es Freude macht zu arbeiten: »Mit jedem einzelnen«. Auch die Mitarbeiter in den Werkstätten seien ganz besonders: »Sie arbeiten immer für die Kunst und machen ALLES möglich.« Überhaupt sei das ganze Haus außergewöhnlich gut organisiert und von einem hohen Arbeitsethos geprägt. Heilbronn als Stadt werde immer quirliger und dynamischer, und das Publikum sei wach und dem Theater sehr zugetan. Aber einen Wermutstropfen hatte ihr Engagement im Südwesten immer: Ihren Lebensgefährten Jon- Kaare Koppe, Schauspieler in Potsdam, hat sie viel zu selten gesehen. Schon seit der Schauspielschule sind die beiden ein Paar.
Von Schwedt, ihrer neuen Wirkungsstätte, sind es nur rund 70 Minuten bis zur gemeinsamen Wohnung in Berlin. Aber nicht nur deshalb freut sie sich auf die Arbeit in den Uckermärkischen Bühnen. »Das Theater ist das kulturelle Zentrum einer spannenden Region«, beschreibt Uta Koschel. Früher abseits am äußersten östlichen Rand der DDR gelegen, findet sich die Stadt jetzt mitten im Herzen Europas wieder – zehn Kilometer von Polen entfernt. Das Theater in Schwedt überwindet hier im wahrsten Sinne des Wortes die Grenze, ist federführend in der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit. Die Uckermärkischen Bühnen arbeiten mit der Musicalhochschule in Gdynia zusammen und realisieren zweimal im Jahr große Musicals. Im traditionellen Weihnachtsmärchen kommt ein Drittel der Besucher aus Polen. Es gibt zweisprachige Schauspieler im Ensemble, so dass Stücke mit polnischen Versatzstücken aufgeführt werden. »Eine wunderbar ungezwungene Art, um sich mit der Sprache des jeweiligen Nachbarlandes zu beschäftigen.« Schwedt bringt auch Deutschsprachige Erstaufführungen polnischer Stücke heraus. »Das alles finde ich sehr aufregend“, beschreibt Uta Koschel. Das Theater bekennt sich auch zu seiner politischen Verantwortung. Darin setzt der neue Intendant André Nicke, unter dessen Leitung Uta Koschel in Schwedt beginnt, die Arbeit seines langjährigen Vorgängers Rainer Simon fort.
Einen
Vorteil hat Schwedt außerdem: Zwei Wochen Winterpause, weil das Theater auch im
Sommer spielt. Einen Teil davon wird sie, so überlegt Uta Koschel,
wahrscheinlich in Heilbronn verbringen, um nach ihrem alten Theater zu schauen.
Außerdem wird sie sich jedes Vierteljahr eine Kiste mit Heilbronner Weinen in
die Uckermark schicken lassen, genießen und sich mit dem Geschmack auf der
Zunge an ihre intensive Zeit in Heilbronn erinnern.
Liebe Uta: Die Träne im Knopfloch, mit der Du Dich
verabschiedest, die haben wir auch.
Wir sagen DANKE – einer tollen Regisseurin und einem feinen Menschen.
Die Inszenierung »Hexenjagd« ist noch bis zum 14. Juli 2019 im Großen Haus zu sehen. Allle Termine gibt es HIER –>.