Einer der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit…

Einer der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit…
»Kohlhaas« – Schauspiel nach der Novelle von Heinrich von Kleist  in den Kammerspielen

»An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des 16. Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.« Mit diesem Satz beginnt Heinrich von Kleists Novelle »Michael Kohlhaas«, in der ein fleißiger und gewissenhafter Pferdehändler zum Mörder und Brandstifter wird, weil ihm Unrecht widerfährt. Kleists Novelle ist bis heute einer der stärksten und aktuellsten Texte, wenn es um den Widerspruch zwischen Recht haben und Recht bekommen und um den Kampf des Einzelnen gegen Willkürherrschaft geht. Nun kommt das Schauspiel »Kohlhaas« auf die Bühne der Kammerspiele. Premiere der Inszenierung von Constanze Kreusch mit Tobias D. Weber als Michael Kohlhaas ist am 23. Februar um 20 Uhr. Regisseurin Constanze Kreusch und Dramaturgin Stefanie Symmank haben aus Kleists Novelle eine Bühnenfassung für einen Schauspieler geschrieben. Das Schauspiel bleibt sehr dicht an Kleists Novelle – sowohl in der Handlung als auch in der Sprache. Die Ausstattung von Petra Wilke zitiert in den Kostümen die Entstehungszeit der Novelle und macht im Bühnenbild Kohlhaas’ Weg von einem geordneten bäuerlichen Leben zu einem verzweifelten Kampf  um sein Recht sinnlich erfahrbar.
Das Stück beginnt am Abend vor der Urteilsverkündung. Kohlhaas, einsam und auf sich geworfen, erzählt seine Geschichte, die ihn bis zu diesem Punkt geführt hat:

Probenfoto

Eines Tages ist Kohlhaas mit prachtvollen Tieren auf dem Weg zum Markt nach Dresden. An der Tronkenburg, die einen neuen Junker hat, wird plötzlich ein Passierschein von ihm verlangt, was bisher nie der Fall war. Da er den nicht vorweisen kann, soll er zwei schöne Rappen als Pfand zurücklassen und einen Knecht, der die Tiere so lange versorgt. In Dresden erfährt er, dass das Verlangen des Passierscheins ein reiner Willkürakt des Junkers Wenzel von Tronka war. Vom Markt zurückgekehrt, findet er seine Pferde halb verhungert vor. Sie wurden, ohne ausreichend Futter zu bekommen, zu schwerer Feldarbeit eingesetzt. Der Knecht wurde aus der Burg geprügelt. Kohlhaas zeigt den Vorfall bei Gericht an und wartet geduldig auf die Aufnahme des Verfahrens. Nach einem Jahr erfährt er, dass die Klage dank einflussreicher Verwandter des Junkers abgewiesen wurde.  Michael Kohlhaas wendet sich an den Kurfürsten von Brandenburg, der die Bittschrift an den Kurfürsten von Sachsen weiterleitet. Dieser weist Kohlhaas als »unnützen Querulanten« ab. Daraufhin versucht Kohlhaas’  Frau Lisbeth dem Kurfürsten von Brandenburg persönlich eine Bittschrift zu überbringen. Bei der Übergabe wird sie tödlich verletzt. Von nun an nimmt der Pferdehändler das Recht in die eigenen Hand. Mit einer kleinen Schar von Knechten brennt er die Tronkenburg nieder. Der Junker flieht, Kohlhaas verfolgt ihn mit seiner ständig wachsenden Anhängerschaft, die ihn als Würgeengel gegen ihre Unterdrücker sehen, und legt Feuer in den Orten, in denen er den Junker vermutet. Ein Einschreiten Martin Luthers lässt ihn innehalten. Luther handelt für ihn freies Geleit und die Annahme seiner Klage vor Gericht aus. Kohlhaas ist sofort bereit, die Waffen ruhen zu lassen, wenn der Junker seine Pferde wieder gesund füttert und ihm zurückgibt. Wie aber soll das Gericht mit der grausamen Selbstjustiz des Kohlhaas umgehen? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Zettel auf sich, von dem eine Zigeunerin behauptet, er werde Kohlhaas dereinst das Leben retten?

1810 schrieb Kleist diese Novelle nach einem authentischen Fall. Das Top-Thema, das in der Zeit, in der Napoleon Europa überrollte, heftig diskutiert wurde, war das Recht auf Widerstand gegen Herrscher- Willkür. Das historische Vorbild von Kleists Titelfigur trug den Namen Hans Kohlhase, wurde um 1500 geboren und 1540 hingerichtet.
Noch heute ist dieser Stoff Grundlage für Diskussionen: Welcher Zweck heiligt die Mittel? Wie weit darf man für sein Recht gehen? Welche Chance hat der Einzelne, sich gegen Willkür und Vetternwirtschaft durchzusetzen?

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Premiere der Winterreise frenetisch bejubelt

Die Winterreise


Premiere der Winterreise frenetisch bejubelt

Was für eine Premiere! 90 Minuten lang fast atemlose Spannung im Zuschauerraum, dann begeisterter, nicht enden wollender Jubel, nachdem Matthias Horn den letzten Ton des Liedes „Der Leierkastenmann“ gesungen hatte und das Bühnenlicht langsam erloschen war. Der frenetische Beifall und die Bravorufe galten zuerst dem Sänger, aber auch den Statisten, die ihn szenisch großartig unterstützen. Der Riesenapplaus galt ebenso dem Inszenierungsteam um Christian Marten-Molnár und Nikolaus Porz, die Franz Schuberts „Winterreise“ als Geschichte von Menschen interpretieren, die gesellschaftlich aus der Bahn geworfen wurden. Er galt dem Komponisten Jens Josef, der Schuberts Lieder, die eigentlich für Klavier geschrieben sind, sehr sensibel für Streichorchester arrangierte. Und er galt dem Württembergischen Kammerorchester unter Leitung von Ruben Gazarian, das diese unvergleichliche Musik ganz einfühlsam interpretierte, so dass man unweigerlich berührt wurde.
Die heutige Vorstellung der „Winterreise“ ist bereits nahezu ausverkauft. Die nächsten Vorstellungen sind am 3. und 5. April.

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Audienz beim König …

… Schauspieler zum Anfassen
Nach der letzten Vorstellung vom »Gestiefelten Kater« durften die Kinder mit den Darstellern weiterspielen

Teetrinken mit der Prinzessin, Suppenhuhnzielwurf mit Gustav, Mäusefangen mit dem Kater und Hans oder eine Audienz beim König. Die rund 400 Kinder, die mit ihren Eltern oder Großeltern am Sonntag  in die letzte Vorstellung vom „Gestiefelten Kater“ gekommen waren, genossen nicht nur das turbulente Spiel auf der Bühne sondern hinterher auch das  Treffen mit den Schauspielern. Mit den Helden, die sie gerade eben noch auf der Bühne beklatscht hatten, nun zu reden und zu spielen, das hatten die Kinder noch nicht erlebt. Die meisten der kleinen Besucher waren selbst verkleidet und wollten auch mal das Katerkostüm anfassen oder wissen, wie sich die Perücke der Prinzessin anfühlt. Auch wichtige Fragen, etwa wie man Schauspieler wird oder wie man die Schminkmaske wieder abbekommt, konnten an diesem Nachmittag geklärt werden. Vor allem bei der Teezeremonie mit der Prinzessin hatten die Kinder reichlich Gelegenheit, ihre vor allem begeisterten Kommentare zu dem Stück loszuwerden, was wiederum für die Schauspieler interessant war. Wann kommt man schon mal so eng in Kontakt mit seinem Publikum?  Nach 48 Vorstellungen heißt es jetzt Abschied zu nehmen vom  Kater in den Roten Stiefeln (Peter Volksdorf), vom verliebten Müllerburschen Hans (Philipp Lind), von der wilden Prinzessin (Julia Apfelthaler), dem ewig hungrigen König (Rolf-Rudolf Lütgens) und seinem lustigen  Diener Gustav (Ivan Gallardo). Aber schon im November gibt es wieder ein großes Märchen im Heilbronner Theater. (Silke Z.)

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Am 12.05 ist die Compagnie Marie Chouinard aus Montreal zu erleben

Choreografie, Foto: Marie Chouinard

Am 12. Mai um 19.30 Uhr ist die Compagnie Marie Chouinard aus Montreal mit »bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS« im Großen Haus zu erleben, einem Stück von virtuoser, verstörender Schönheit. Marie Chouinard verfremdet die Formensprache des Balletts auf einzigartige Weise. Ihre virtuosen Tänzerinnen und Tänzer sind mit Spitzenschuhen an Händen und Füßen ausgestattet. Sie sind an Stangen gefesselt, staksen auf Krücken oder hängen an Seilen und verwandeln sich in Wesen zwischen Mensch, Maschine und Tier.

Body Remix: die kanadische Choreografin Marie Chouinard zerlegt und verfremdet die Formsprache des Balletts auf einzigartige Weise. Ihre virtuosen Tänzerinnen und Tänzer sind mit Spitzenschuhen an Händen und Füßen ausgestattet, an Stangen gefesselt, staksen auf Krücken oder hängen an Seilen. Die Hilfsmittel behindern oder ermöglichen ihre Bewegungen und erzeugen hybride Körperformen zwischen Mensch, Maschine und Tier.
Latente Ballett-Erotik wird in aggressive Sexualität gewandelt, mit dem Spitzenschuh als Fetisch und Folterinstrument. Gleichzeitig entsteht ein hyperästhetisches Sinnbild über die Bedingungen der menschlichen Existenz: mit ihrem Gefangen-sein in der physischen Wirklichkeit und dem Streben nach Vollkommenheit und Freiheit.
Der Manipulation der Bewegungen entspricht der Umgang mit dem musikalischen Material. Bachs Goldberg-Variationen werden in der berühmten Interpretation von Glenn Gould zum Teil verfremdet, zum Teil original wiedergegeben.

 

Choreografie, Foto: Marie Chouinard

 

Bereits 2005 entstanden, tourte bODY_rEMIX/gOLDBERG_vARIATIONS um die Welt und ist mit seiner zeitlosen Kraft weiterhin im Repertoire einer der bekanntesten Kompanien Kanadas.
Die Choreografin Marie Chouinard wurde in Québec geboren. Seit 1978 entwickelte sie eigene Stücke, die das Publikum oft schockierten und faszinierten. Nach dreißig Soloarbeiten gründete sie 1990 die Compagnie Marie Chouinard. Sie erhielt zahlreiche renommierte Preise und Ehrungen wie den Prix du Québec (2010), Chevalier de L’Ordre des Arts et des Lettres (Frankreich 2009), Officer of the Order of Canada (2007) und den Bessie Award (New York 2000).

Choreografie, Foto: Marie Chouinard

 

Produktion: Compagnie Marie Chouinard. Koproduktion: National Arts Centre (Ottawa), Montréal High Lights Festival, Schlossfestspiele (Ludwigsburg), Théâtre de la Ville (Paris), Biennale von Venedig, White Bird (Portland), mit Unterstützung von ImPulsTanz (Wien).

Choreografie, Künstlerische Leitung:
Marie Chouinard
Tanz:
Valeria Gallucio, Leon Kupferschmid, Lucy M. May, Michael Nameishi, Mariusz Ostrowski, Carol Prieur, Gérard Reyes, Dorotea Saykaly, James Viveiros, Megan Walbaum
Musik:
Louis Dufort: Variations on the Variations; Johann Sebastian Bach: Goldberg Variationen, Variationen 5, 6, 8; Vocal Extracts of Glenn Gould (A state of Wonder: The Complete Goldberg Variations (1955 & 1981)
Licht, Bühne, Requisiten:
Marie Chouinard
Kostüme, Frisuren:
Vandal
Technische Leitung:
Jean-François Bernier

Unbehaust in einer kalten Welt

Unbehaust in einer kalten Welt
»Die Winterreise«: Musiktheaterabend  nach Franz Schubert in einer Neu-Orchestrierung von Jens Josef
Koproduktion mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn

Einmal im Jahr finden sich die beiden wichtigen Kulturinstitutionen der Stadt Heilbronn, das Theater Heilbronn und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn, zusammen, um gemeinsam ein Stück Musiktheater auf die Bühne zu bringen, das jenseits des gängigen Repertoires nur selten oder gar nicht in den Spielplänen zu finden ist. Am 17. Februar hat »Die Winterreise« nach dem gleichnamigen Liederzyklus von Franz Schubert Premiere im Großen Haus des Stadttheaters. Der in Kassel lebende Komponist Jens Josef hat die von Schubert für Klavier und Gesangsstimme geschaffenen Lieder für Streichorchester und  Bariton bearbeitet. Diese Neu-Orchestrierung der »Winterreise« erlebt an diesem Abend ihre Uraufführung durch das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Leitung von Ruben Gazarian mit dem Heidelberger Sänger Matthias Horn. Für die Inszenierung zeichnet Christian Marten-Molnár verantwortlich, Musiktheaterregisseur und Chefdramaturg am Theater Heilbronn. Er hat gemeinsam mit dem Bühnen- und Kostümbildner Nikolaus Porz auch die anderen beiden Koproduktionen zwischen dem Heilbronner Theater und dem WKO »Verklärte Nacht« und »sinn_spuren« auf die Bühne gebracht.

Nun also Franz Schuberts »Winterreise«, die in der Orchestrierung von Jens Josef zu einer wahrhaften Theatermusik wird, wie Christian Marten-Monár betont. Der Regisseur hatte schon lange den Wunsch, die »Winterreise« in Szene zu setzen. Da traf es sich gut, dass das Württembergische Kammerorchester in dieser Spielzeit einen  Schwerpunkt seiner Arbeit bei Franz Schubert setzt.

Probenbild “Die Winterreise”

»Die Winterreise« als Beschreibung der Situation des Menschen in der Gesellschaft

Christian Marten-Molnár sieht in dem Liederzyklus ein Kunstwerk, das die Situation des Menschen in seiner Zeit beschreibt. Franz Schubert schrieb die Musik zu den Texten von Wilhelm Müller, die in der damals verbotenen Zeitung »Urania« erschienenen waren. Der Winter steht als Symbol für Kälte und eine menschenfeindliche Gesellschaft. Unter dem Deckmantel der Geschichte über eine enttäuschte Liebe beschrieben Müller und Schubert das Grundgefühl der Moderne: Die Unbehaustheit des Menschen in einer kalten Welt. Dies verstanden sie sowohl als Metapher auf die politischen Bedingungen ihrer Zeit: In Österreich fuhr Fürst Metternich einen restaurativen Kurs, der jegliche Form von Liberalismus verbot. Sein ausgeklügeltes Spitzelsystem sorgte dafür, dass jeder Widerstand im Keim ersticken musste. Der Dichter und der Komponist sahen es aber auch als Synonym für die sozialen Missstände ihrer Zeit: Armut, Obdachlosigkeit und Hungersnöte führten zur Verelendung vieler Menschen.
Diese bittere Armut hat auch das Leben von Franz Schubert (1797-1828) geprägt. Der heute unsterbliche Schöpfer von 600 Liedern, wunderbaren Sinfonien, Messen und Streichquartetten konnte von seiner Kunst nicht leben und fürchtete, eines Tages verhungern zu müssen. Um Anstellungen als Kapellmeister bewarb er sich vergeblich. Er hatte keine eigene Wohnung, sondern kam immer wieder bei Freunden unter bzw. zog als »Trockenwohner« von Quartier zu Quartier. Schubert erlebte Entbehrung, Hunger, Obdachlosigkeit, also Unbehaustheit am eigenen Leib.
In keinem Werk hat Schubert persönlicher über sich erzählt als in der »Winterreise«, die er 1827 schuf. Als er sie zum ersten Mal in seinem Freundeskreis spielte und sang, waren die Freunde erschüttert von der Seelenlage Schuberts, die sich hier offenbarte. Lieder aus diesem Zyklus wie »Der Lindenbaum« oder der »Leierkastenmann« berühren uns noch heute und die 24 Lieder der »Winterreise« gehören zum Schönsten, was es im Genre des Kunstliedes überhaupt gibt.

Inszenierungsidee

Christian Marten-Molnár ließ sich für die Inszenierung dieses Musiktheaterabends vom Leben Schuberts und den politischen Verhältnissen seiner Zeit leiten und wirft mit diesem Abend  einen Blick in die Seele eines einsamen, von der Gesellschaft ausgestoßenen Menschen – allerdings eines Menschen unserer Tage. Gemeinsam mit Ausstatter Nikolaus Porz suchte er für die Bühne nach einem Sinnbild für das gesellschaftliche Klima unserer Zeit, einem unbehaglichen Raum, in den »ein Mensch nicht hinein gehört, in dem er nicht leben sollte«. Sie entschieden sich für ein halbfertiges Parkhaus, an dem tagsüber noch gebaut wird und das nachts den Menschen ohne festen Wohnsitz als Unterschlupf dient. Die Tatsache, dass Schubert, der Schöpfer dieser wunderbaren Musik, auch ein Ausgestoßener in seiner Zeit war, lässt uns vielleicht zurückhaltender werden in unserem Urteil gegenüber seinen Leidensgenossen von heute, hofft der Regisseur.
Christian Marten-Molnár inszeniert den Abend mit dem Heidelberger Bariton Matthias Horn in der Hauptrolle, der ein ausgewiesener Spezialist der »Winterreise« ist und bereits eine eigene CD-Einspielung dieses Werkes vorgelegt hat. Er verkörpert auf der Bühne diesen Menschen, der aus dem bürgerlichen Leben herausgefallen und an einen Punkt geraten ist, an dem er nur noch sich selbst hat und die Musik Schuberts. Außerdem arbeitet er mit Statistinnen und Statisten des Heilbronner Theaters.

Die Neu-Orchestrierung

Die Komposition Schuberts war 1827 ungeheuer modern und innovativ. Er hat auf dem Gebiet des Liedes Grenzen überschritten wie kurz vorher Beethoven im Bereich der sinfonischen Musik.
Durch die Neu-Orchestrierung 2012 von Jens Josef wird die Brücke von Schuberts Zeit ins Heute geschlagen. Grundlage war die Idee für die szenische Umsetzung.
Jens Josef selbst sagt dazu: »Der Reiz besteht vor allem darin, dass das Original auf neue Weise gehört werden kann. Farben, mitunter sogar Klänge treten hervor, die zwar im Original angelegt waren, aber zugunsten anderer Schönheiten im Hintergrund blieben.« Zusätzlich hat er aus den Melodien Schuberts elektronische Klänge entwickelt, die für die Geräusche einer großen Stadt stehen.

Musikalische Leitung: Ruben Gazarian
Regie: Christian Marten-Molnár
Ausstattung: Nikolaus Porz

Mit: Matthias Horn
Statisterie
Württembergisches Kammerorchester

Premiere am 17. Februar 2012, 19.30 Uhr, Theater Heilbronn, Großes Haus

Alle Spieltermine:
Fr. 17.02.2012 19.30 Uhr
Sa. 18.02.2012 19.30 Uhr
Di. 03.04.2012 19.30 Uhr
Do. 05.04.2012 19.30 Uhr

Karten unter 07131/563001 oder 563050 oder direkt im Online-Karten-Shop unter www.theater-heilbronn.de

Die Winterreise – Impressionen einer Probe:

 

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Theaterfrühstück zur “Winterreise”

Dritte Koproduktion zwischen Theater Heilbronn und WKO: Die Winterreise nach Franz Schubert – Theaterfrühstück am 12. Februar – Premiere am 17. Februar

Einmal im Jahr finden sich die beiden wichtigen Kulturinstitutionen der Stadt Heilbronn, das Theater Heilbronn und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn, zusammen, um gemeinsam ein Stück Musiktheater auf die Bühne zu bringen, das jenseits des gängigen Repertoires nur selten oder gar nicht in den Spielplänen zu finden ist. Am 17. Februar hat „Die Winterreise“ nach dem gleichnamigen Liederzyklus von Franz Schubert Premiere im Großen Haus des Stadttheaters.

Probenfoto “Die Winterreise”

Das THEATERFRÜHSTÜCK zur “Winterreise” findet am 12. Februar um 11 Uhr im Foyer des Großen Hauses statt. (Das Frühstücksbuffet ist ab 10 Uhr aufgebaut) Hier gewährt das Inszenierungsteam einen spannenden Einblick in den außergewöhnlichen Theaterabend.
Der in Kassel lebende Komponist Jens Josef hat die von Schubert für Klavier und Gesangsstimme geschaffenen Lieder für Streichorchester und Bariton bearbeitet. Diese Neu-Orchestrierung der „Winterreise“ erlebt an diesem Abend ihre Uraufführung durch das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Leitung von Ruben Gazarian mit dem Heidelberger Sänger Matthias Horn. Für die Inszenierung zeichnet Christian Marten-Molnárverantwortlich, Musiktheaterregisseur und Chefdramaturg am Theater Heilbronn. Er hat gemeinsam mit dem Bühnen- und Kostümbildner Nikolaus Porz auch die anderen beiden Koproduktionen zwischen dem Heilbronner Theater und dem WKO „Verklärte Nacht“ und „sinn_spuren“ auf die Bühne gebracht.

Lesen Sie unten weiter, wenn Sie mehr über das gemeinsame Projekt erfahren wollen.

ÜBRIGENS: Seit kurzem hat auch das Württembergische Kammerorchester einen elektronischen Newsletter. Wenn Sie diesen beziehen möchten, schreiben Sie eine Mail an Judith Heinrich, die für die Öffentlichkeitsarbeit des WKO zuständig ist an heinrich@wko-heilbronn.de

Winterreise – Impression einer Probe

Immer, wenn auf den Bühnen des Theaters keine Vorstellungen stattfinden, nutzen die Inszenierungsteams, die gerade für die nächsten Premieren proben, die Chance von der Probebühne auf die eigentliche Bühne zu gehen. So auch das Team der „Winterreise“, die in Kooperation des Theaters Heilbronn mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn unter Regie von Christian Marten-Molnár entsteht. Am 17. Februar hat „Die Winterreise“ nach dem gleichnamigen Liederzyklus von Franz Schubert Premiere im Großen Haus des Stadttheaters. Der in Kassel lebende Komponist Jens Josef hat die von Schubert für Klavier und Gesangsstimme geschaffenen Lieder für Streichorchester und Bariton bearbeitet.


Fotos: Rebecca Göttert

Christian Marten-Molnár inszeniert den Abend mit dem Heidelberger Bariton Matthias Horn in der Hauptrolle, der ein ausgewiesener Spezialist der „Winterreise“ ist und bereits eine eigene CD-Einspielung dieses Werkes vorgelegt hat. Er verkörpert auf der Bühne einen Menschen, der aus dem bürgerlichen Leben herausgefallen und an einen Punkt geraten ist, an dem er nur noch sich selbst hat und die Musik Schuberts. Außerdem arbeitet Marten-Molnár mit Statistinnen und Statisten des Heilbronner Theaters. Die szenischen Proben werden zur Zeit von Ann Joana Druyts am Klavier begleitet, bis in den letzten Probentagen das Orchester unter Leitung von Ruben Gazarian dazu kommt.

Hier ist ein kurzer Eindruck von den Proben auf der Probebühne:
Video: Frank Druschel

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Recht so!?

»Kohlhaas« in den Kammerspielen

Nicht immer heißt Recht haben auch Recht bekommen. Da geht es den Leuten wie den Menschen. Michael Kohlhaas gibt ein gutes Beispiel, wie aus einem unbescholtenen Familienvater und Bürger ein Räuber und Mörder wird, weil Klüngel und politisches Kalkül den Einzelnen nicht zu seinem Recht kommen lassen. Michael Kohlhaas begehrt auf und stürzt ein ganzes Land in eine Krise.

Dabei fing alles ganz harmlos an. Der Rosshändler Kohlhaas ist auf dem Weg von Kohlhaasenbrück in Brandenburg in die sächsische Haupt- und Residenzstadt Dresden, als er vom Junker Wenzel von Tronka nach einem Passierschein zur Durchreise durch fremdes Gebiet gefragt wird. Kohlhaas verneint den Besitz, verspricht aber, sich in Dresden eine Erlaubnis ausstellen zu lassen. Als Pfand lässt er zwei seiner Rappen und seinen Knecht Herse beim Junker. Verwundert über das Märchen vom Passierschein will Kohlhaas Wochen später seine Rappen wieder abholen und muss feststellen, dass diese zur Feldarbeit missbraucht, völlig abgemagert und somit unverkäuflich geworden sind. Sein Knecht wurde verprügelt und vertrieben. Kohlhaas will den Junker bei Gericht in Dresden auf Wiedergutmachung für Mensch und Tier verklagen, gerät jedoch in die schmierigen Fäden der Vetternwirtschaft bei Hofe und wird als Querulant abgestempelt. Als bei der Übergabe einer neuen Petition an den Kurfürsten von Brandenburg seine Frau Lisbeth tödlich verletzt wird und sein Fall erneut kein Gehör findet, verkauft Kohlhaas seine Besitztümer und beschließt, sein Recht auf eigene Faust zu erstreiten. Mit einer wachsenden Anhängerschaft überfällt er die Tronkenburg und steckt mehrmals die Stadt Wittenberg in Brand, da Kohlhaas den Junker dort vermutet. Als er auch in Leipzig Feuer legt, schaltet sich Martin Luther ein und versucht mit einer Amnestie für Kohlhaas, den Weg für Recht und Ordnung zu ebnen. Doch Missgunst, Rachegelüste und politisches Kalkül lassen alles anders kommen, und der selbsternannte Retter des Rechts kann sich nur noch mithilfe eines prophetischen Zettels einer geheimnisvollen Frau vor dem Todesurteil retten.

Heinrich von Kleist begann seine Novelle »Michael Kohlhaas« im Jahre 1805 zu schreiben. Er bezog sich mit seiner Geschichte auf ein historisches Vorbild. Hans Kohlhase musste bereits im 16. Jahrhundert ähnliche Erfahrungen mit Recht und Gerechtigkeit machen. Kleist bediente sich dieser Chronik, um seine rechtlich-politischen Forderungen zum Ausdruck zu bringen, ohne gleich der politischen Agitation verdächtigt zu werden. Um 1800 sorgten in Preußen sowohl die außenpolitischen Misserfolge wie die Niederlage im Krieg gegen Napoleon als auch das unterschiedliche Verhalten deutscher Fürsten gegenüber Napoleon bei Kleist, einem ausgesprochenen Gegner Napoleons, für Unzufriedenheit.
Erste Fragmente von »Michael Kohlhaas« erscheinen 1808 in der von Kleist herausgegebenen Literaturzeitschrift »Phöbus«. 1810, ein Jahr vor dem Selbstmord Kleists, erscheint die vollständige Novelle im ersten Band der Erzählungen.

Wutbürger oder Prinzipienreiter, Märtyrer oder Staatsfeind Nr. 1, Terrorist oder Rechtsfanatiker – die Figur Michael Kohlhaas muss und musste im Kleist-Jahr 2011 als Synonym und Beispielfigur für so einige Vorgänge im tagesaktuellen Zeitgeschehen herhalten. Doch kann man sich am Vorgehen des Michael Kohlhaas wirklich ein Beispiel nehmen?

Wie weit würden Sie für Ihr Recht gehen?

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Weil ihm Unrecht widerfährt, wird der rechtschaffene Kohlhaas zum Brandstifter.

Premiere am 23. Februar 2012

Regie
Constanze Kreusch
Ausstattung
Petra Wilke
Dramaturgie
Stefanie Symmank
Mit
Tobias D. Weber

Fremd bin ich eingezogen …

»Die Winterreise« Musiktheaterabend nach Franz Schubert
In einer neuen Orchestrierung für das Theater Heilbronn von Jens Josef
Premiere 17. Februar 2012

Foto: Christian Marten-Molnár/Nikolaus Porz

 

Erinnern Sie sich noch? Kurz vor Weihnachten? Die Geschäfte sind länger auf und Sie können sich rechtzeitig mit allem versorgen, was zu einem gelungenen Weihnachtsfest gehört. Mit schweren Einkaufstaschen stehen Sie nun abgekämpft im Parkhaus vor dem Parkscheinautomaten. Beruhigt und zufrieden holen Sie aus Ihrem Portemonnaie das notwendige Kleingeld. Da fällt Ihr Blick zufällig auf den alten Mann, der dort in der Ecke auf einem Stück Pappe sitzt. Sein leerer Kaffeebecher, der auf Ihre Almosen wartet, berührt Sie unangenehm. Muss er ausgerechnet dort sitzen und Ihnen die gute Laune verderben?

»Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.«

Er schaut Sie an, scheint Sie stumm anzusprechen: »Ich sehe Dich schon als Hofrat! Was wird aus mir armem Musikanten? Ich werde wohl im Alter wie Goethes Harfner an die Türen schleichen und um Brot betteln müssen.«

»Barfuß auf dem Eise
wankt er hin und her.
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.«

Sie weichen seinem Blick aus, stecken Ihr Kleingeld in den Automaten und gehen zum Auto. Der Mann aber geht Ihnen nicht mehr aus dem Kopf. Wer ist er, warum sitzt er dort, hat er keine Familie? Er scheint Ihnen zu antworten:

»Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh ich wieder aus.
Ich kann zu meiner Reisen
nicht wählen mit der Zeit:
Muss selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.«

Und nun fragen Sie sich, was das alles mit der »Winterreise« von Franz Schubert zu tun hat? Mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Die Angstvision des Betteln gehen müssens ist die Schuberts gewesen. Er schrieb es zwei Jahre vor seinem Tod an seinen Freund Eduard von Bauernfeld. Sein kurzes Leben war gekennzeichnet von Entbehrung, Hunger, Obdachlosigkeit, das beschämende Gefühl, auf Almosen angewiesen zu sein. Er wollte für die Musik von der Musik leben. Doch die Gesellschaft verweigerte es ihm. In keinem Werk hat Schubert persönlicher über sich und die eigene Hoffnungslosigkeit erzählt, als in seinem Liederzyklus »Die Winterreise«. Und so waren denn auch seine Freunde entsetzt, als er ihnen wenige Wochen vor seinem Tod dieses neueste Werk vorstellte. Dieser tiefe, musikalische Blick in die Seele eines einsamen, ausgestoßenen Menschen wurde zu einem der beliebtesten Liederzyklen der Musikgeschichte. Unzählige Einspielungen zeugen von seiner emotionalen Kraft. Wer kennt nicht den zum Volkslied gewordenen »Lindenbaum«, ist nicht von der komponierten Leere des »Leiermanns« tief berührt worden. Und doch entlässt Schubert trotz allem den Zuhörer nicht ungetröstet in die eigene Wirklichkeit.

Dieser Liederzyklus steht nun im Zentrum der nach »sinn_spuren« und »Verklärte Nacht« dritten Zusammenarbeit von Theater und Württembergischem Kammerorchester (WKO).

Der in Kassel lebende Komponist Jens Josef hat die Aufgabe übernommen, für die Inszenierung am Heilbronner Theater den Klavierpart des Schubert’schen Originals für die Möglichkeiten eines Streichorchesters zu erweitern. Er ist bereits mit zahlreichen eigenen Kompositionen in Konzertsaal und auf Opernbühnen zu hören gewesen und verfügt auch über große Erfahrung in der Kunst des Orchestrierens. Den Gesangspart übernimmt der Heidelberger Bariton Matthias Horn, der bereits eine eigene CD-Einspielung der »Winterreise« vorgelegt hat.

Christian Marten-Molnár, Chefdramaturg

 

Musikalische Leitung
Ruben Gazarian
Regie
Christian Marten-Molnár
Ausstattung
Nikolaus Porz
Mit
Matthias Horn

Alle Spieltermine:
Fr. 17.02.2012 19.30 Uhr
Sa. 18.02.2012 19.30 Uhr
Di. 03.04.2012 19.30 Uhr
Do. 05.04.2012 19.30 Uhr

Oma-Schreck oder Herzrasen im »Process«

Wie es sich anfühlt, Statistin am Theater zu sein

Von unserer Praktikantin
Rebecca Göttert

Dass ich mal stark geschminkt und laut kichernd auf einer Bühne vor 700 Zuschauern stehen würde, hätte ich nicht gedacht, als ich ein Praktikum am Theater Heilbronn begonnen habe. Doch ist man erst mal am Theater, kommen jeden Tag neue Herausforderungen auf einen zu. Für mich bedeutet das, Statistin in Kafkas »Der Process« zu sein.
Zusammen mit fünf anderen Mädchen und Susan Ihlenfeld, die Schauspielerin im Heilbronner Ensemble ist, spielen wir in der »Titorelli-Szene«. Wir sind die Straßenmädchen, die immer um den Maler Titorelli herumlungern. Auf der Bühne scharwenzele ich auffällig Kaugummi kauend um Stefan Eichberg, der den Maler Titorelli spielt, herum. Aber das Kaugummikauen für die Bühne will gelernt sein.

Das üben wir in Extra-Proben für uns Statisten, die auf der Probebühne und ohne Schauspieler stattfinden. Außerdem wird geklärt, auf welches Stichwort wir wie reagieren müssen. Unser Signal ist ein Pfeifen von Titorelli. Dann heißt es, Sebastian Weiss, der die Hauptrolle des Josef K. spielt, nicht aus den Augen zu lassen, möglichst auffällig Kaugummi zu kauen und Blasen zu machen – Dinge, für die man sonst kritisiert wird.

Diesem Verhalten wurde auch unser Kostüm angepasst: Negligees aus Omas Schrank kombiniert mit rutschenden Overknee-Wollsocken und abgewetzten Schuhen. Das i-Tüpfelchen gibt uns die Maske: die Haare werden in ein voluminöses Nest verwandelt und das Gesicht mit den Fingern stark übertrieben geschminkt. Passt natürlich zur Inszenierung, die den »Process« als Mischung aus Albtraum und Realität zeigt, ist aber definitiv ein Schreck für die eigene Oma. Zum Glück sieht sie einen nicht aus der Nähe. Die Schminkmasken sehen aus Zuschauersicht nicht mehr ganz so gruselig aus.

In der Woche vor der Premiere gibt es die sogenannten Hauptproben. Da sind die Abläufe schon so wie in den Vorstellungen. Die Maskenzeiten werden getimt, die richtigen Requisiten werden benutzt und ganz wichtig: die Applausordnung wird festgelegt. Dass die für uns Statisten manchmal komplizierter ist als der Auftritt selbst, können Sie ab und zu am Ende einer Vorstellung sehen.

Meine Maskenzeit liegt erst eine Stunde nach Vorstellungsbeginn. Wenn ich am Theater ankomme, ist die Tiefgarage sehr voll. Wenn ich mir vorstelle,  dass das alles Zuschauer sind, steigt die Aufregung. Beim Aufgang auf die Bühne kann ich ganz kurz die vielen Köpfe im Zuschauerraum sehen. Da macht das Herz einen kleinen Sprung. Zeit um weiter darüber nachzudenken bleibt mir allerdings nicht. Schnell den Kaugummi in den Mund und schön schmatzen. Im Rampenlicht angelangt, verfliegt die ganze Aufregung. Das Scheinwerferlicht blendet so sehr, dass ich die Zuschauer nur erahnen kann.

 

Banu, Bianca, Franziska, Rebecca (Die Verfasserin dieser Zeilen) und Tatjana sind Statistinnen im »Process«.