Kinderreporter zu Gast zur Kinderpressekonferenz

In dieser Spielzeit haben wir endlich wieder regelmäßig die Kinderreporter der Heilbronner Stimme im Haus! Ihren ersten Einsatz hatten sie jetzt zur Kinderpressekonferenz – und haben hier von unserem Team des Jungen Theaters Einführungen in die Stücke bekommen, die in dieser Spielzeit in der BOXX gezeigt werden. Dann gab es noch Infos zu unserem Workshop-Angebot und zu den Theaterclubs, bevor die Nachwuchsreporter ihre zahlreichen Fragen stellen konnten. Diese reichten von Konzeptionellem (Wer denkt sich die Workshops aus und wer sucht die Stücke aus?) über die Handwerkskunst der Schauspieler (Passt sich der Schauspieler eher der Rolle an oder die Rolle / die Figur sich dem Schauspieler?) bis hin zum allgemeinen Theaterbetrieb (Was hat das Theater im Lockdown gemacht und wie steht es eigentlich um die Barrierefreiheit?). Nicole Buhr, die Leiterin des Jungen Theaters, die Theaterpädagoginnen Natascha Mundt und Christine Appelbaum sowie die Schulreferentin Anna-Lena Weckesser wussten auf fast jede Frage eine Antwort (Wie viele verschiedene Jobs es am Theater tatsächlich gibt, das hatten wir bislang auch noch nicht genau nachgezählt!) und konnten den Kindern viele kleine Anekdoten erzählen.

Unser Team des Jungen Theaters stand den Kinderreportern Rede und Antwort (v.l. Christine Appelbaum, Natascha Mundt, Nicole Buhr, Anna-Lena Weckesser) Foto: Kea Leemhuis


Die Kooperation mit der Heilbronner Stimme besteht bereits seit der Spielzeit 2019/20 und umfasst neben der Pressekonferenz eine Theaterführung, einen praktischen Workshop mit der Theaterpädagogik und Rezensionen von unseren Kinder- und Jugendstücken. Die Theaterführung wurde coronabedingt zwar noch verschoben, einen ersten Blick in die BOXX samt aufgebautem Bühnenbild für »Petty Einweg« konnten die Kinder aber schon erhaschen. Dann machten sie sich, bestückt mit jeder Menge Notizen, vielen neuen Infos und einem BOXX-Turnbeutel auf den Weg nach Hause, um ihre Artikel zu verfassen. Wir sind schon sehr gespannt!

Anekdoten zum »Endspiel« – Teil 2

Noch einmal wollen wir euch mit interessanten Hintergrundinfos zu Samuel Becketts »Endspiel« versorgen, das in der Inszenierung unseres Intendanten Axel Vornam am 26. Novemer 21 die letzte Vorstellung hat.

Das »Endspiel« provozierte – wie alle Texte Becketts – eine ganze Flut von Interpretationsansätzen. Auch an den Namen der beiden Figuren »Hamm« und »Clov« arbeiteten sich ganze Generationen von Theatermenschen und Literaturwissenschaftlern ab. Ernst Schröder, der Hamm in Becketts eigener Inszenierung in der Werkstatt des Berliner Schiller Theaters 1967, erklärte sich die Namensgebung damit, dass seine Figur wie ein Hammer auf drei Nägel (seine Interpretation der Namen Clov, Nagg und Nell) einschlägt.

»Endspiel« von Samuel Beckett, Foto: Candy Welz

Etwas peinlich wurde es für den legendären Philosophen Theodor W. Adorno: In seinem Aufsatz »Versuch, das Endspiel zu verstehen« von 1961 leitete er Hamm von Hamlet her, Clov sein ein »verkrüppelter Clown«. Bei einer Feierstunde des Suhrkamp Verlag zu Ehren Becketts bestand er auf seiner Interpretation, obwohl der Autor ihm schon vorher beim Mittagessen heftig widersprochen hatte. Darauf hin flüsterte Samuel Beckett seinem Verleger Siegfried Unseld ins Ohr: »Das ist der Fortschritt der Wissenschaft, dass die Professoren mit ihren Irrtümern weitermachen können!«

Wofür stehen für Sie Hamm und Clov? Spannen Sie Ihre interpretatorischen Muskeln bei der letzten Vorstellung unseres »Endspiels« am 26. November!

»Endspiel« von Samuel Beckett, Foto: Candy Welz

Gemeinsam in die Zukunft spielen – experimenta und Theater Heilbronn richten gemeinsam ein Festival aus

Was haben Wissenschaft und Theater gemeinsam? Wie können sie sich gegenseitig befruchten? Das sind die Fragen, aus denen sich das Heilbronner Festival »Science & Theatre« entwickelt hat. Zum zweiten Mal laden experimenta und Theater Heilbronn vom 17. bis zum 21. November zum Forschen, Entdecken und Staunen ein.

Sechs ganz unterschiedliche Inszenierungen zeigen, was die Bühnenkunst aus und mit Wissenschaft alles anstellen kann: Ein bekannter Autor lässt von sich selbst ein Roboter-Double anfertigen, das in einem Stück auftritt. Zwei Schwestern sehen in Künstlicher Intelligenz die Lösung ihrer persönlichen Pflegeprobleme. Kuriose Maschinen machen in der lustvollen Performance einer niederländischen Gruppe Musik »auf Kollisionskurs«. Oder bei einer spannenden Mitmachaktion erfahren Kinder, was Zucker in ihrem Körper so alles auslösen kann. Und ein knallbunter Bühnencomic wirft einen ebenso skurrilen wie gruseligen Blick in die Zukunft.

»Schwarze Schwäne« von Christina Kettering ist das Gewinnerstück des ersten Autorenwettbewerbs »­Science & Theatre« des Jahres 2019, den das Theater Heilbronn ausgelobt hatte und wird nun im Science Dome der experimenta uraufgeführt.

In die Zukunft richtet sich auch der Dramenwettbewerb, der Teil des Festivals ist: Am 21. November kann das Publikum bei den Szenischen Lesungen der drei Gewinnerstücke mitentscheiden, welches 2022 auf den Spielplan kommt. Im Augenblick laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, einen Vorgeschmack auf das Festival liefern aber schon die Trailer auf unserer Homepage. Freuen Sie sich auf fünf prall gefüllte Tage, die Kopf, Herz und Bauch – das Team der experimenta hat auch Science Häppchen vorbereitet – zugleich ansprechen werden!

Hier gibt’s weitere Infos zu den einzelnen Programmpunkten:

»Schwarze Schwäne« (UA) von Christina Kettering
»Uncanny Valley / Unheimliches Tal« von Rimini Protokoll
»Ramkoers« von der Muziektheatergroep BOT
»Auf Zucker – ein Selbstversuch in sieben Süßigkeiten« vom Fundus Theater – Theatre of Research
»Die Mondmaschine« von Mass & Fieber OST
»The Last Mortal« von half past selber schuld
Dramenwettbewerb »Science & Theatre«
Podiumsdiskussion »Künstliche Intelligenz und Theater«

Stimmungswechsel

Kennen Sie das?

Sie arbeiten fünf, sechs, sieben Tage die Woche, 10, 12, 15 Stunden lang, von morgens bis abends (das ist nur ein kleines bisschen übertrieben 🙂 ), hängen sich voll rein, und doch sind Sie noch nicht wirklich zufrieden mit sich?

So geht mir das auch. Ich freue mich also schon darauf jetzt nach Hause zu fahren. Aber da fällt mir ein, dass ich mich ja für heute Abend mit einer Freundin im Theater verabredet habe… Na großartig! Eigentlich wollte ich doch einfach nur nach Hause, kurz was essen und dann die Decke über den Kopf ziehen…

Was kommt denn heute? „Eine Sommernacht“ – Beziehungskomödie, genau das was ich jetzt brauche… Na gut, ausgemacht ist ausgemacht.

Ich sitze also, mit den Gedanken noch bei der Arbeit, im Theater. So richtig nach Beziehungskomödie ist mir immer noch nicht. Doch das ändert sich schon nach zwei Minuten. Die Schauspieler kommen auf die Bühne, trinken Wein oder Whisky (also natürlich ist nicht wirklich Alkohol in den Gläsern) und albern herum. Das Publikum ist irritiert und irgendwo hört man jemanden fragen: „Hat’s denn schon angefangen?“ Für den ersten Lacher wurde damit gesorgt.

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Und dann werde ich in die Welt von Helena (Judith Lilly Raab) und Bob (Raik Singer) entführt, die eigentlich eher zufällig eine feucht fröhliche Nacht miteinander verbringen und beschließen sich nicht mehr wiederzusehen. Eingebettet in den musikalischen Rahmen von „Love will break your heart“ zu „Love will change your heart“ erleben die zwei, bei ihrem Versuch sich nicht mehr wiederzusehen, viele witzige und schöne, aber auch traurige Momente.

Ich genieße also eine herrliche Abwechslung von Humor und den wirklich wichtigen Fragen des Lebens. Ich lache ein erstes, ein zweites, ein drittes Mal… – und nach 90 Minuten gehe ich gut gelaunt nach Hause. Ich denke weder an den Chef, noch an die nicht fertigen Arbeiten, sondern ich erwische mich dabei wie ich auf der Heimfahrt grinsend „Love will break your heart…..“ vor mich hinsumme.

Kennen Sie das?

…wenn nicht, dann kommen Sie doch einfach vorbei!

Die nächste Vorstellung ist am Freitag 19.04.2013, 20 Uhr in den Kammerspielen.

Julia Heyer

Wie kriegt man das wieder sauber?

Kostüm

„Du liebe Zeit, wie kriegen die das wieder sauber?“ entfährt es der Dame im blau-grauen Kostüm mitten im Schlussapplaus von „Dantons Tod“. Gerade wurde Luise Schubert samt ihres weißen Kleides in den nassen Schlick getunkt. Und sie ist nicht die einzige, die beim Verbeugen von oben bis unten beschmiert ist.

Gefragt, geantwortet. Ankleiderin Ilse Beer kümmert sich nach der Vorstellung um Luise Schuberts Kostüm: „Das wird sofort 24 Stunden mit Gallseife eingeweicht, dann kommt es hoch in unsere Schneiderei und wird gewaschen. Und weil sich der Stoff zusammen zieht, muss das Kleid beim Bügeln wieder in die richtige Form gezogen werden.“ Die Kostüme der Herren landen bei Regina Karmen und Gisela Bothner zwei Stockwerke tiefer: „Wir streifen und schaben erst mal das Gröbste mit dem Rücken eines Kleiderbügels von den Mänteln,“ demonstriert Regina. „Die anderen Sachen werden zwei bis drei Mal ausgespült und dann eingeweicht.“ Und bis zur nächsten Vorstellung steht alles wieder bereit – für die nächste Schlickschlacht im Ringen um „Dantons Tod”.

Andreas Frane, Dramaturg

DantonsTod

Das kriegt selbst Amor nicht besser hin!

Das kriegt selbst Amor nicht besser hin! Wir verlosen 2×2 Karten für „Eine Sommernacht“ am 14. Februar 2013 für die zwei schönsten Liebeserklärungen/Liebesgedichte, die bis zum 4. Februar gepostet werden.

Rote Rosen und Pralinenschachteln in Herzform zum Valentinstag sind out! Schließlich sollen Herzen mit ganz besonderen Ideen erobert werden! Wir haben das passende Geschenk für jeden Valentin und jede Valentina, jeden Schatz und jede Süße, jeden Ehemann und jede Geliebte. Individuell und trotzdem ein gemeinsames Erlebnis, spannend wie ein Krimi und romantisch wie „Casablanca“, kuscheln wie im Kino und trotzdem live dabei sein. Das geht nur im Theater! Passend zum Tag der Liebe am 14. Februar spielen wir „Eine Sommernacht“, ein prickelnd-gefühlvolles Schauspiel mit Live-Musik in den Kammerspielen. Helena, Scheidungsanwältin und sitzengelassene Geliebte, trifft auf Bob, Kleinkrimineller und sympathischer Loser. Eigentlich mögen sich die beiden ja überhaupt nicht, aber nach einer gemeinsamen Nacht in Helenas Bett, einem zufälligen Wiedersehen auf der Kirchetreppe, einem romantischen Spaziergang im Park und einem geheimnisvollen Aufenthalt im Bondage-Club, haben beide Schmetterlinge im Bauch.

 

Eine Sommernacht Foto: Fotostudio M42
Eine Sommernacht
Foto: Fotostudio M42

Rechtliche Hinweise
Die Karten werden unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verlost, die bis zum  Montag, den 04.02.2013 eine Lieberklärung/Liebesgedicht gepostet haben. Die Karten werden am 05.02.2013 unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern verlost. Die Gewinner(innen) werden per E-Mail benachrichtigt. Die Preise dürfen nicht getauscht oder verkauft werden, insbesondere findet keine Barauszahlung statt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Verwirrspiel der Liebe

»EIN SOMMERNACHTSTRAUM« im Großen Haus

Er hat (angeblich) 17 Komödien geschrieben, der große englische Meister, das britische Genie, der einzigartige William Shakespeare. »Ein Sommernachtstraum« gilt als  seine vollendetste, schönste und magischste Komödie. Rausch, Poesie, Märchenspuk, Verstrickungen, Witz, aber auch Macht, Besitztum und Rechthaberei – alle Seiten der Liebe und des Lebens werden in »A Midsummer Night’s Dream« beleuchtet.
Das Karussell der Gefühle beginnt sich am Tag der Hochzeitsverkündung des Herzogs von Athen mit der von ihm befreiten (oder besiegten?) Amazonenkönigin Hippolyta zu drehen. Helena liebt Demetrius, der liebt aber Hermia, die wiederum Lysander liebt, der glücklicherweise auch Hermia liebt, die aber leider Demetrius heiraten soll. Sollte sich Hermia weigern, droht ihr der Tod oder ein lebenslanger Klosteraufenthalt – so will es das Athener Recht. In dieser bedrohlich-verwirrenden Situation flüchten Hermia und Lysander in den Athener Wald, verfolgt von den beiden eifersüchtigen Verschmähten Helena und Demetrius. Im Reich der Elfen und Naturgeister geraten die vier Flüchtigen mitten hinein in den schönsten Ehezwist des Elfenpaares Oberon und Titania. Diese hat einen indischen Knaben in ihrem Gefolge, den auch der Elfenkönig gern hätte, doch Titania verweigert das, wirft ihrem Noch-Gatten vielmehr seine zahlreichen Liebschaften vor. Oberon sinnt auf Rache. Er schickt seinen Adjutanten Puck los, eine geheimnisvolle Wunderblume zu besorgen. Derjenige, dessen Augen man mit dem Saft dieser Pflanze benetzt, wird in rasende Leidenschaft zu dem Geschöpf entbrennen, das es als erstes erblickt. Das Karussell der Gefühle nimmt mächtig Fahrt auf, als Titania aus ihrem Schlaf erwacht und einen von Puck in einen Esel verwandelten Handwerker sieht. Er ist Teil einer Athener Handwerkertruppe, die eigentlich ganz ungestört ein Stück zu Ehren der Hochzeit des Herzogs im Wald einstudieren wollte. Eben jener Zettel gerät nun in einen irrwitzigen Liebestaumel. Aber er bleibt nicht allein. Oberon möchte der Liebe der Athener Menschenkinder auf die Sprünge helfen. Allerdings träufelt Puck Lysander – und nicht Demetrius – den Saft in die Augen, der daraufhin in brennende Liebe zu Helena verfällt. Oberon versucht zu retten was zu retten ist und so wird auch Demetrius mit der magischen Flüssigkeit »behandelt«. Die Liebe ist ein seltsames Spiel und so verfällt auch dieser Knabe der einst verschmähten Helena, die nun die Welt nicht mehr versteht. Das Karussell der Gefühle dreht sich immer schneller und lässt die Grenze zwischen Realität und Illusion mehr und mehr verschwimmen. Als der Morgen graut, ist der Spuk vorbei. Oder war alles nur ein Traum?
Mit seiner 1595/1596 entstandenen Komödie verknüpft Shakespeare raffiniert vier klar von einander abgegrenzte Personengruppen und legt ihre geheimen Wünsche, anarchischen Phantasien und erotischen Sehnsüchte frei.
Auch wenn Oberons Hofnarr Puck am Ende behauptet, dieser »Firlefanz« habe nicht »mehr Gehalt als ein Traum«, zeigt Shakespeare doch sehr realistisch, was der Mensch ist: nicht nur rational oder emotional, nicht nur gedanklich reflektiert oder animalisch triebgesteuert, nicht nur gut oder böse, sondern stets von allem etwas. Menschenkenner eben, dieser Shakespeare.

Regie: Axel Vornam
Ausstattung: Tom Musch
Mit: Julia Apfelthaler, Nils Brück, Stefan Eichberg, Oliver Firit, Angelika Hart, Susan Ihlenfeld, Frank Lienert-Mondanelli, Guido Schikore, Luise Schubert, Jörg Schulze, Raik Singer, Peter Volksdorf, Katharina Voß, Sebastian Weiss

Der Videotrailer “Verbrennungen” ist da!

Warum Nawal verstummte

Esther Hattenbach inszeniert »Verbrennungen« von Wajdi Mouawad

»Verbrennungen« von Wajdi Mouawad  ist ein Stück, das eine so unglaubliche, eine so berührende, eine so unvorhersehbare Geschichte erzählt – wie sie kaum vorstellbar ist. Eine Geschichte, die alle Gesetze außer Kraft zu setzen scheint, an deren Ende die logischste aller Aufgaben – eins plus eins ist gleich zwei – nicht mehr stimmt. Es ist die Geschichte von Nawal Marwan. Esther Hattenbach inszeniert das Stück für die Große Bühne. Nach »Angst essen Seele auf« und »Groß und Klein« ist das ihre dritte Arbeit in Heilbronn.

Verbrennungen

Nachdem sie fünf Jahre in völligem Schweigen verbracht hat, stirbt Nawal im Alter von 60 Jahren. Ihren Kindern, Jeanne und Simon, Zwillingen von 22 Jahren, hinterlässt sie ein eigenartiges Testament. Jeanne soll ihren Vater finden, von dem sie meint, dass er längst gestorben sei. Simon soll sich auf die Suche nach seinem Bruder machen, von dessen Existenz er noch nie etwas gehört hat.
Besonders Simon ist wütend, sein Verhältnis zur Mutter war alles andere  als gut. Sie hatte ein Herz aus Stein, glaubt er. Jeanne ist vor allem erschüttert, als sie hört, dass ihr Vater noch lebt und sie sogar einen Bruder hat. Aber sie will das Vermächtnis erfüllen. Vielleicht findet sie auf diese Weise heraus, was hinter dem Schweigen der Mutter steckt.
Und sie begibt sich in den Libanon, das von Bürgerkriegen zerrüttete Heimatland der Mutter. Sie erfährt, dass Nawal im Alter von 14 Jahren ein Baby bekommen hat, einen Jungen, der ihr sofort nach der Geburt weggenommen wurde. Nawal war verzweifelt, denn es war ein Kind der Liebe. Sie verließ ihren Heimatort, um das Kind zu finden …
Die Suche nach der Wahrheit führt die Zwillinge direkt zum dunklen  Geheimnis der Mutter und damit der eigenen Herkunft. Nach und nach erkennen die ahnungslos im sicheren Westen Aufgewachsenen  ihre eigene Verstrickung in eine von Bürgerkrieg und  Gewalt geprägte Vergangenheit.

»Verbrennungen« besteht aus mehr als 30 Einzelszenen, die einen Zeitraum von über vierzig Jahren umfassen. Das Stück zeigt Nawal in drei verschiedenen Phasen ihres Lebens, erzählt ihre Lebensgeschichte aber nicht chronologisch, sondern springt in der Retrospektive zwischen den verschiedenen Zeitebenen hin und her. Sabine Unger spielt die Nawal, Julia Apfelthaler und Peter Volksdorf sind die Zwillinge Jeanne und Simon.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Wajdi Mouawad über sein Stück

’Verbrennungen’ ist auf keinen Fall ein Stück über die Notwendigkeit, seine Wurzeln zu kennen, so wie es falsch ist zu glauben, es sei ein Stück über den Krieg. Es ist vielmehr ein Stück über den Versuch, in einer unmenschlichen Situation seine Versprechen als Mensch zu halten. (Wajdi Mouawad)


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Macht und Moral, Gefühle und Geschäfte

Alejandro Quintana inszeniert im Großen Haus Fassbinders »Lola«

Wenn eine Hand die andere Wäscht, wird alles zum Geschäft—auch die Liebe. – Foto: Rebecca Göttert

Ich bin die fesche Lola, stellt sich Marlene Dietrich singend als der »Blaue Engel« in dem gleichnamigen Film von Josef von Sternberg vor, einer Adaption von Heinrich Manns Roman »Professor Unrat«. »Lola« heißt – nicht zufällig –  der inzwischen als Klassiker gehandelte Film des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1981. Nach dem überwältigenden Erfolg von »Die Ehe der Maria Braun« gab Fassbinder seinem Drehbuchautor Peter Märthesheimer den Auftrag, ihm einen »Blauen Engel« zu schreiben und ihn in die Adenauer-Ära der 50er Jahre zu versetzen. Den Dietrich-Film allerdings dürfe er sich bis zur Ablieferung des Textes auf keinen Fall noch einmal anschauen.

Der erste Versuch fand keine Gnade vor den kritischen Augen Fassbinders. Also machten sich Märthesheimer und seine Koautorin Pea Fröhlich noch einmal an die Arbeit und erfanden – in sechs kurzen Wochen – »Lola«: Eine böse Dreiecksgeschichte aus der Wirtschaftswunderzeit. Mit Misstrauen und Vorsicht reagieren die Honoratioren einer Kleinstadt auf den neuen Baudezernenten, Herrn von Bohm, der mit seiner Korrektheit das einträgliche Arrangement zwischen Politik und Wirtschaft zu stören droht.

Doch dann interessiert sich die faszinierende und provozierende Lola für ihn, die Geliebte des Baulöwen Schuckert und die Hauptattraktion des lokalen Bordells, in dem die eigentlichen Geschäfte dieser feinen Gesellschaft gemacht werden. Von Bohm verliebt sich in Lola. Noch weiß er nicht, wer oder was sie ist. Doch eine Lunte ist gelegt. Wird das durch und durch korrupte System von »Eine-Hand-wäscht-die-andere«, von dem die Machteliten der Stadt kräftig profitieren, jetzt explodieren?

Aus seinem Drehbuch schuf Märthesheimer 1998 eine Bühnenfassung, ein ironisch als »Kleinbürgertragödie« untertiteltes Schauspiel um Macht und Moral, Gefühle und Geschäfte. Wie Fassbinder ist er nicht an einem historischen Sittengemälde interessiert, sondern an den Parallelen zwischen der politischen und wirtschaftlichen Amoralität des Wiederaufbaus und seiner und unserer Gegenwart. Nach »Angst essen Seele auf« bringt das Theater Heilbronn zum zweiten Mal einen Fassbinder-Film auf die Bühne. Regisseur Alejandro Quintana wird »Lola« mit Chansons und Schlagern aus der Wirtschaftswunderzeit inszenieren.

Andreas Frane, Dramaturg

Regie: Alejandro Quintana
Ausstattung: Marie-Luise Strandt
Mit:
Johannes Bahr
Sylvia Bretschneider
Stefan Eichberg
Angelika Hart
Susan Ihlenfeld
Gabriel Kemmether
Nicolas Kemmer
Rolf-Rudolf Lütgens
Tobias D. Weber
Statisterie