Fremd bin ich eingezogen …

»Die Winterreise« Musiktheaterabend nach Franz Schubert
In einer neuen Orchestrierung für das Theater Heilbronn von Jens Josef
Premiere 17. Februar 2012

Foto: Christian Marten-Molnár/Nikolaus Porz

 

Erinnern Sie sich noch? Kurz vor Weihnachten? Die Geschäfte sind länger auf und Sie können sich rechtzeitig mit allem versorgen, was zu einem gelungenen Weihnachtsfest gehört. Mit schweren Einkaufstaschen stehen Sie nun abgekämpft im Parkhaus vor dem Parkscheinautomaten. Beruhigt und zufrieden holen Sie aus Ihrem Portemonnaie das notwendige Kleingeld. Da fällt Ihr Blick zufällig auf den alten Mann, der dort in der Ecke auf einem Stück Pappe sitzt. Sein leerer Kaffeebecher, der auf Ihre Almosen wartet, berührt Sie unangenehm. Muss er ausgerechnet dort sitzen und Ihnen die gute Laune verderben?

»Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.«

Er schaut Sie an, scheint Sie stumm anzusprechen: »Ich sehe Dich schon als Hofrat! Was wird aus mir armem Musikanten? Ich werde wohl im Alter wie Goethes Harfner an die Türen schleichen und um Brot betteln müssen.«

»Barfuß auf dem Eise
wankt er hin und her.
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.«

Sie weichen seinem Blick aus, stecken Ihr Kleingeld in den Automaten und gehen zum Auto. Der Mann aber geht Ihnen nicht mehr aus dem Kopf. Wer ist er, warum sitzt er dort, hat er keine Familie? Er scheint Ihnen zu antworten:

»Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh ich wieder aus.
Ich kann zu meiner Reisen
nicht wählen mit der Zeit:
Muss selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.«

Und nun fragen Sie sich, was das alles mit der »Winterreise« von Franz Schubert zu tun hat? Mehr, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Die Angstvision des Betteln gehen müssens ist die Schuberts gewesen. Er schrieb es zwei Jahre vor seinem Tod an seinen Freund Eduard von Bauernfeld. Sein kurzes Leben war gekennzeichnet von Entbehrung, Hunger, Obdachlosigkeit, das beschämende Gefühl, auf Almosen angewiesen zu sein. Er wollte für die Musik von der Musik leben. Doch die Gesellschaft verweigerte es ihm. In keinem Werk hat Schubert persönlicher über sich und die eigene Hoffnungslosigkeit erzählt, als in seinem Liederzyklus »Die Winterreise«. Und so waren denn auch seine Freunde entsetzt, als er ihnen wenige Wochen vor seinem Tod dieses neueste Werk vorstellte. Dieser tiefe, musikalische Blick in die Seele eines einsamen, ausgestoßenen Menschen wurde zu einem der beliebtesten Liederzyklen der Musikgeschichte. Unzählige Einspielungen zeugen von seiner emotionalen Kraft. Wer kennt nicht den zum Volkslied gewordenen »Lindenbaum«, ist nicht von der komponierten Leere des »Leiermanns« tief berührt worden. Und doch entlässt Schubert trotz allem den Zuhörer nicht ungetröstet in die eigene Wirklichkeit.

Dieser Liederzyklus steht nun im Zentrum der nach »sinn_spuren« und »Verklärte Nacht« dritten Zusammenarbeit von Theater und Württembergischem Kammerorchester (WKO).

Der in Kassel lebende Komponist Jens Josef hat die Aufgabe übernommen, für die Inszenierung am Heilbronner Theater den Klavierpart des Schubert’schen Originals für die Möglichkeiten eines Streichorchesters zu erweitern. Er ist bereits mit zahlreichen eigenen Kompositionen in Konzertsaal und auf Opernbühnen zu hören gewesen und verfügt auch über große Erfahrung in der Kunst des Orchestrierens. Den Gesangspart übernimmt der Heidelberger Bariton Matthias Horn, der bereits eine eigene CD-Einspielung der »Winterreise« vorgelegt hat.

Christian Marten-Molnár, Chefdramaturg

 

Musikalische Leitung
Ruben Gazarian
Regie
Christian Marten-Molnár
Ausstattung
Nikolaus Porz
Mit
Matthias Horn

Alle Spieltermine:
Fr. 17.02.2012 19.30 Uhr
Sa. 18.02.2012 19.30 Uhr
Di. 03.04.2012 19.30 Uhr
Do. 05.04.2012 19.30 Uhr

Amüsante Verwicklungsgeschichte mit Ohrwurmmelodien

Emmerich Kálmáns Operette »Gräfin Mariza« von der Staatsoperette Dresden zu Gast (Premiere 02.02.12)

Gräfin Mariza
Foto: Staatsoperette Dresden

Musik voll glühender Leidenschaft und eine Handlung, gespickt mit Witz und Raffinesse – das ist Emmerich Kálmás »Gräfin Mariza«. Diese Operette kommt nun als Gastspiel der Staatsoperette Dresden für fünf Vorstellungen ans Theater Heilbronn.

Die Operette um die schöne Gräfin wurde 1924 uraufgeführt und entwickelte sich schnell zum Welterfolg mit Ohrwurmmelodien wie »Komm Zigan, komm Zigan, spiel mir was vor« oder »Komm mit nach Varasdin«. Auch die amüsante Verwicklungsgeschichte sorgt dafür, dass das Publikum die »Gräfin Mariza« seit 88 Jahren liebt.
Die ebenso attraktive wie reiche Gräfin Mariza kann sich vor lästigen Verehrern kaum retten. So greift sie zu verschiedenen Listen, um der Männerwelt zu entfliehen. Doch just zu diesem Zeitpunkt trifft sie auf Tassilo, den neuen Verwalter ihres Schlosses, und der will ihr einfach nicht mehr aus dem Sinn. Tassilo ist in Wirklichkeit ein verarmter junger Baron, der mit seiner inkognito aufgenommenen Arbeit die Ausbildung seiner jüngeren Schwester finanzieren will. Die Gräfin fühlt sich zu ihm hingezogen, ist aber über seinen Mangel an Unterwürfigkeit irritiert. Ihre Freunde meinen, sie solle Tassilo mit Herablassung
strafen. Die Wahrsagerin Manja prophezeit indessen, dass Mariza bald ihr Herz verlieren werde. Und es kommt, wie es in einer Operette kommen muss …

Doch wie bei jeder guten Operette gibt es auch hier einen doppelten Boden. Etwas, das die Abgründe der Entstehungszeit reflektiert. Ganz sicher waren schon damals die musikalisch süffig servierten Finten und Finanzgeschäfte so beliebt, weil auch die Goldenen Zwanziger für die einen Milliarden und die anderen bittere Armut brachten. Diese Ausgangssituation überträgt Regisseur Axel Köhler ins Heute und inszeniert die »Gräfin Mariza« als vergnüglichen Kommentar zur Zeit mit viel Tempo, Witz und herrlichen Typen und hat damit sowohl die Kritiker als auch das Publikum in Dresden überzeugt.

Das Theaterfrühstück am 29. Januar gestaltet Stefan Frey, Autor der vielbeachteten Biografie über Emmerich Kálmán »Unter Tränen lachen«.
Das Operettenpublikum will unter Tränen lachen. Die Musik keines zweiten Operettenkomponisten entspricht dieser Definition so sehr wie die Emmerich Kálmáns (1882-1953). Bei ihm ist noch im höchsten Glück die verstohlene Träne zu hören, bei ihm schlägt jedes zu-Tode-betrübt jauchzend ins Gegenteil um. Zugleich sind seine Werke funkelnde Spiegelbilder ihrer Epoche. Auch Kálmáns Biografie bewegt sich in solchen Extremen: zwischen ungarischer Heimat und amerikanischem Exil, zwischen künstlerischem Triumph und privatem Bankrott.

Nächste Spieltermine:
Do. 02.02.2012 19.30 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)
Fr. 03.02.2012 19.30 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)
Sa. 04.02.2012 19.30 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)
So. 05.02.2012 15.00 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)
So. 05.02.2012 19.30 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)

Gräfin Mariza
Foto: Staatsoperette Dresden

 

Starker Stoff

„Uff!“ Stephanie Paschke stößt die Luft aus und streicht sich die roten Haare aus dem ernsten Gesicht. „Das ist ein harter Stoff.“ Auf der kleinen Probebühne im Untergeschoss des Theaters Heilbronn probt sie mit den Schauspielern Susan Ihlenfeld und Johannes Bahr und dem Musiker Nicolas Kemmer für die szenische Lesung „Grafeneck“. Stephanie wirkt erschöpft. Und das nicht, weil sie als Regieassistentin parallel die Proben zum Musiktheaterabend „Die Winterreise“ betreut und die Abend- bzw. Morgenspielleitung bei „Agent im Spiel“ übernimmt. Sondern weil sich die Auszüge aus historischen Dokumenten und Zeugenaussagen, die sie für das Projekt zusammengestellt hat, nicht mehr auf Distanz halten lassen, wenn die beiden Schauspieler sie lesen.

Zwischen Januar und Dezember 1940 wurden auf Schloss Grafeneck in der Schwäbischen Alb über 10.600 Menschen in einer furchtbaren Euthanasie-Aktion ermordet. Der Beginn der systematischen Vernichtung menschlichen Lebens im NS-Deutschland. Dass sich das Theater Heilbronn jetzt mit diesem Thema auseinander setzt, ist Rita Eichmann, Rektorin der Realschule Weinsberg, und Günter Sauter, Direktor des Schulamts Heilbronn, zu verdanken. Im Deutschunterricht wird in diesem Schuljahr an den Realschulen „Grafeneck“ gelesen, der „Heimatkrimi“ von Rainer Gross, der den Massenmord an psychisch kranken und behinderten Menschen auf der Schwäbischen Alb zum Auslöser eines Verbrechens und seiner Aufklärung macht. Eichmann und Sauter kamen im letzten Jahr mit der Idee auf das Theater zu, eine Lesung oder ein Projekt aus der Schullektüre zu entwickeln.

Die einfache Lösung, den Roman in Auszügen lesen zu lassen, hat Stephanie Paschke und die Heilbronner Theaterleitung wenig gereizt: „Rainer Gross hat das Thema ‚Euthanasie im Dritten Reich‘ für eine heutige Geschichte über den Umgang mit Vergangenheit verwendet“, erklärt Paschke. „Wir sind bei der Recherche in Büchern und im Internet und bei einem Besuch der Gedenkstätte Grafeneck auf so viel gestoßen, was uns schockiert und berührt hat, dass wir allein damit schon mehrere Lesungen füllen könnten.“ Für das Projekt „Grafeneck“, das ab 30. Januar neun Mal im Komödienhaus für Schülergruppen, aber auch für alle anderen Interessierten zu sehen sein wird, haben sie und Dramaturg Andreas Frane eine Auswahl an Texten zusammengestellt, die die Hintergründe der Zahlen und Fakten aufhellen und die Zuschauer auf eine Spurensuche durch dieses finstere Kapitel der Geschichte mitnehmen will. Harter Stoff!

Andreas Frane, Dramaturg

Schloss Grafeneck

Toi toi toi …

Heute hat „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) “ – Komödie von Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield Premiere im Komödienhaus. Wir wünschen Oliver Firit, Gabriel Kemmether und Tobias D. Weber sowie dem ganzen Inszenierungsteam um Regisseur Nils Brück sowie Ausstatter Martin Fischer ein kräftiges TOI TOI TOI!!!

Männer in Pluderhosen
Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt) – im Komödienhaus

Zu einem  Wahnsinnsritt durch »Shakespeares sämtliche Werke« öffnet sich am 21. Januar 2012 um 20 Uhr im Komödienhaus der Vorhang.  Leicht gekürzt, denn statt rund 150 Stunden, die eine Aufführung von Shakespeares 37 Tragödien, Komödien und Königsdramen dauern würde, braucht es für diesen Abend nur zwei Stunden.

Statt der 1834 Schauspieler, so viele Rollen umfasst das Gesamtwerk des Großmeisters, spielen sich drei  gut aufgelegte Schauspieler durch das gesamte Repertoire: Gabriel Kemmether, Oliver Firit und Tobias D. Weber spielen alle großen Herren- und ganz nach elisabethanischer Theatertradition auch die Damenrollen und stellen sie in die aberwitzigsten Zusammenhänge. Nils Brück führt Regie und will das Publikum zur einer Achterbahnfahrt durch Shakespeares Werk und gleichzeitig durch 400 Jahre Theatergeschichte einladen. Bühnen- und Kostümbildner Martin Fischer steckt die Schauspieler nicht nur in Strumpf- und Pluderhose, sondern er hat auch eine überraschende Lösung für die Bühne gefunden, die an Shakespeares Globe erinnern wird.
Bereits 1987 brachten Daniel Singer, Adam Long und Jess Winfield als Autoren- und Schauspieltrio die Komödie »Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)« auf dem inzwischen legendären Kulturfestival Edinburgh Festival Fringe in Schottland auf die Bühne. Der 97-minütige Abend war so erfolgreich, dass Gastspiele in Los Angeles, Montreal und Tokio folgten. In England läuft das Stück an einigen Theatern seit Jahren vor vollbesetzten Zuschauerreihen. Der Siegeszug durch die deutschen Theater ist ebenfalls ungebrochen. Angefangen hat alles 1981 in San Francisco. Hier brachte das Trio eine gekürzte Version von »Romeo und Julia« auf die Straße, bald darauf folgte »Hamlet«. Da sich die vorgesehene Schauspielerin den Fuß brach, musste kurzerhand Adam Long  alle weiblichen Rollen übernehmen – ein Glücksfall, besonders für den Spaßfaktor dieser Komödie. Um einen ganzen Theaterabend an einer feststehenden Schaubühne zu präsentieren, bedurfte es jedoch noch 20 weiterer Minuten  Spielzeit. Die Idee, die 35 anderen Werke Shakespeares  einzukürzen und geschickt zusammenzufassen, machte den Abend rund.

Der Spaß besteht nicht nur darin, wie die drei Darsteller virtuos von einer Figur in die nächste springen. Es ist auch äußerst amüsant, die großen, bedeutungsschweren Sätze Shakespeares in einem anderen Zusammenhang zu hören und zu erleben, mit welcher Unverfrorenheit die großen Stoffe in heutige Alltäglichkeiten übersetzt werden.  Von »Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage« ist es nur ein kurzer Weg zu »Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona?«, bevor man bemerkt: »Es war die Nachtigall und nicht die Lerche«. Diese humorvolle Hommage an den großen Dramatiker bietet die Chance, Theaterfreunde und Theatermuffel zu einer großen friedlichen Fangemeinde der rasanten Schauspielkunst zu vereinen.

Nächste Spieltermine:
Sa. 21.01.2012 20.00 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)
Mi. 25.01.2012 20.00 Uhr (NUR NOCH RESTKARTEN)
Fr. 27.01.2012 20.00 Uhr
Do. 02.02.2012 20.00 Uhr
Fr. 03.02.2012 20.00 Uhr
Sa. 04.02.2012 20.00 Uhr
Di. 07.02.2012 20.00 Uhr
Do. 09.02.2012 20.00 Uhr
Sa. 11.02.2012 20.00 Uhr
Mi. 15.02.2012 20.00 Uhr
Fr. 17.02.2012 20.00 Uhr
Sa. 18.02.2012 20.00 Uhr
So. 19.02.2012 15.00 Uhr

Karten unter 07131/563001 oder 563050 oder direkt im Online-Karten-Shop unter www.theater-heilbronn.de

[slideshow]

Spur der Erinnerung

Die Spurensuche in Orginaldokumenten »Grafeneck« erinnert an die Opfer der Euthanasie-Verbrechen

Das ehemalige Jagdschloss Grafeneck wurde 1940 zum Schauplatz eines organisierten Massenmordes.

Für die Dorfbewohner der Schwäbischen Alb war es damals das »verwunschene Schloss«. Für die Nachwelt ist es heute der Tatort eines Massenmordes. Abgeschieden auf einem Hügel über dem Dolderbach, vom Tal aus kaum zu sehen, leicht abzusichern und abzusperren: Das ehemalige herzogliche Jagdschloss Grafeneck bei Münsingen, 65 Kilometer südlich von Stuttgart. Zwischen dem 18. Januar und dem 13. Dezember 1940 wurden dort in der Euthanasie-»Aktion T4« mehr als 10.600 Menschen systematisch ermordet. Es waren vor allem Frauen und Männer aus den Heil- und Pflegeanstalten Süddeutschlands, mit psychischen Erkrankungen und geistigen Behinderungen, die als »Defektmenschen« und »unwertes Leben« ausgesondert und – unter strengster Geheimhaltung – mit Kohlenmonoxyd vergast wurden. Doch die »Geheime Reichssache« war nicht so geheim, wie es sich die Verantwortlichen gewünscht hätten.

Mit der szenischen Lesung »Grafeneck«, die auf Anregung des Schulamtes Heilbronn entsteht, will das Theater Heilbronn an die ungeheuerlichen Vorgänge erinnern und das Schicksal der Opfer ebenso wie den menschenverachtenden Zweckrationalismus der Täter aufzeigen. Susan Ihlenfeld und Johannes Bahr lesen aus Originaldokumenten, Briefen, Zeugenaussagen und dienstlichen Formularen und lassen so das erschreckende Bild einer Zeit auferstehen, in der Menschenrechte und Demokratie mit Füßen getreten und der Wert des Lebens nur nach Nützlichkeitskategorien beurteilt wurden.

Bislang sind nur circa 8000 Namen der Opfer von Grafeneck bekannt, die in der heute dort eingerichteten Gedenkstätte aufgezeichnet sind.

»Heute bin ich endlich der Spur der Erinnerung gefolgt«, schrieb dort eine Besucherin ins Gästebuch. »Jetzt endlich habe ich das Ausmaß realisiert und versuche, den Namen einer Tante, die hier zu Tode gekommen ist, ins Bewusstsein zu bringen.«

(Andreas F.)

Künstlerische Leitung
Stephanie Paschke
Musikalische Leitung
Nicolas Kemmer
Dramaturgie
Andreas Frane
Mit
Johannes Bahr
Susan Ihlenfeld
Nicolas Kemmer

Termine:
Mo. 30.01.2012 10.00 Uhr
Mo. 30.01.2012 19.00 Uhr
Mi. 01.02.2012 10.00 Uhr
Mi. 01.02.2012 19.00 Uhr
Mo. 13.02.2012 10.00 Uhr
Mo. 13.02.2012 19.00 Uhr
Di. 14.02.2012 10.00 Uhr
Di. 14.02.2012 19.00 Uhr

Wenn das der Willi wüsste …

… würde er sich wahrscheinlich auch nicht im Grabe umdrehen. Schließlich sagt man William Shakespeare ja auch nach, er habe in seinen Stücken hier und da „abgekupfert“, überhaupt  seien sie ohnehin alle nach dem gleichen Schema F geschrieben und sowie nicht von Shakespeare selbst, sondern von einem Mann gleichen Namens.

38 Werke sollen auf Shakespeares schriftstellerisches Konto gehen. Erst Ende der 90er Jahre wurde das Drama „Edward III.“ offiziell in das Oeuvre des Briten aufgenommen – aber „nur“ in Ko-Autorenschaft verfasst. 37 davon haben sich drei Amerikaner bereits 1987 „zu eigen“ gemacht. Das bedeutet in Zahlen: 884647 Worte auf 118405 Zeilen für insgesamt 31959 Sprechrollen haben Adam Long, Daniel Singer und Jess Winfield auf eine rasante und spritzig-witzige Komödie „verkleinert“, die nicht etwa 5 Tage und 5 Nächte dauert (so die reine Spielzeit aller Werke), sondern knappe 2 Stunden. „Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“ eben! Aus allen Werken Shakespeares haben die drei Autoren und Schauspieler nur die wichtigsten Inhalte und nötigsten Figuren herausdestilliert (selbstverständlich auch die Frauenfiguren, auf die kann natürlich nicht verzichtet werden!) und kompakt verpackt z. B. in ein königliches Fußballspiel, einen mörderischen Rapgesang, eine zerhacktstückte Küchenschlacht. Der Wahnsinn für jeden einzelnen Lachmuskel und für den Geist! Denn: Theater bildet. Einmal mehr, könnte man noch hinzufügen. Denn wer kann schon von sich behaupten, an einem Abend alle Werke des großen englischen Meisters mit soviel Lust und Freude gesehen zu haben?

Am Samstag, den 21. Januar 2012 um 20.00 Uhr ist die Komödie zum ersten Mal live und in Farbe im Komödienhaus zu sehen. Regisseur Nils Brück ist bereits vor einer Woche mit den drei Schauspielern Oliver Firit, Gabriel Kemmether und Tobias D. Weber und einer großen Anzahl Federhüten, Strumpfhosen, Degen, Mäntel und Totenköpfen (auch Hamlet wird dargeboten!) von der Probebühne ins Komödienhaus gezogen. Das Globe Theatre steht bereits fix und fertig aufgebaut und lässt die Spielstätte in völlig neuem Glanz erstrahlen. Aber nicht nur das ist ein wahrer Hingucker! Männer in Strumpfhosen haben immer ihren „gewissen Reiz“ und die Sehnsucht zwischen Romeo (Gabriel Kemmether) und Julia (Oliver Firit) scheint Funken zu sprühen, wenn sie von Tobias D. Weber am Klavier begleitet wird …
„Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)“? Nichts wie hin! Premiere ist am 21. Januar!   (Stefanie S.)

Übrigens: Auf Shakespeares Grabstein steht die Inschrift zu lesen:
Du guter Freund, tu’s Jesus zu Gefallen
und wühle nicht im Staub der hier verschlossen.
Gesegnet sei der Mann, der schonet diese Steine.
Und jeder sei verflucht, der stört meine Gebeine.

 

Das Komödienhaus verwandelt sich in ein Globe Theatre:

Shakespeares gelungene Zähmung

Sämtliche Werke des englischen Genies ab dem 21. Januar 2012 leicht gekürzt im Komödienhaus

Vergessen Sie alles, was Sie bisher über Shakespeare wussten! Jetzt kommen Oliver Firit, Gabriel Kemmether und Tobias D. Weber alias Chris, Peter und Jon und präsentieren Ihnen den unvergleichlichen William Shakespeare von einer ganz anderen, ganz humorvollen, ganz »reduzierten« Seite.

Es ist ein Abend der künstlerischen Superlative! Getreu dem Motto »Wenn schon, denn schon« zeigen die drei begnadeten Komödianten nicht etwa nur eine Tragödie des wohl berühmtesten Engländers nach der Queen und Mr. Bean, sondern sage und schreibe alle 37 Werke Shakespeares – und damit das dramatische Gesamtwerk – an einem Abend! Aber keine Angst, niemand muss dafür 120 Stunden (so lange würde eine Original-Aufführung aller abendfüllenden Stücke dauern) im Theater verbringen. Und wir haben auch nicht 1834 Schauspieler (so viele Figuren umfasst das Gesamtwerk) zur Verfügung. Wir präsentieren Ihnen das gesamte Œuvre des englischen Genies in zwei Stunden mit nur drei Schauspielern. Dabei bleiben wir dicht an der elisabethanischen Schauspieltradition und werden die Frauenrollen von einem Mann spielen lassen. Die Bühne im Stile von Shakespeares Globe Theatre bietet eine wunderbare Spielarena für Jon, Peter und Chris. Die Kostüme der Schauspieler, selbstverständlich u. a. Strumpfhosen und Pluderhöschen, sind dabei genauso originalgetreu wie sämtliche Textpassagen, die so (in etwa) und nicht anders bei Shakespeare zu finden sind. Dass bei diesem hohen Anspruch an geistiger (Weiter-)Bildung, gepaart mit Zeitdruck und Schauspielerbefindlichkeiten, nicht immer alles ganz glatt läuft, liegt auf der Hand. Aber genau das macht den Charme und Witz dieses Abends aus und beschert dem Publikum ein einzigartiges Amüsement.

Vorreiter dieser epochalen schriftstellerischen Reduktion sind drei Amerikaner. Bereits 1987 brachten Daniel Singer, Adam Long und Jess Winfield als Autoren- und Schauspieltrio die Komödie »Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)« auf dem inzwischen legendären Kulturfestival Edinburgh Festival Fringe in Schottland auf die Bühne.
Begonnen hatte alles 1981 in San Francisco. Hier brachte die Autorencombo eine gekürzte Version von »Romeo und Julia« auf die Straße, bald darauf folgte »Hamlet«. Da sich die vorgesehene Schauspielerin den Fuß brach, musste kurzerhand Adam Long alle weiblichen Rollen übernehmen – ein Glücksfall, besonders für den Spaßfaktor dieser Komödie. Um einen ganzen Theaterabend an einer feststehenden Schaubühne zu präsentieren, wurden kurzerhand auch noch die 35 anderen Werke Shakespeares weise eingekürzt und geschickt zusammengefasst. Herausgekommen ist ein zackiges Bühnenstück, bei dem es Schlag auf Schlag geht. Auf »Sein oder Nichtsein« folgt »Ist’s eine Natter, die ich vor mir sehe?«, bevor klar ist: »Es war die Nachtigall und nicht die Lerche«. »Ein Königreich für siebenunddreißig Mal Shakespeare leicht gekürzt«! Erleben Sie den mitreißenden Rausch einer shakespearischen Theaternacht mit ungekürztem Genuss! (Stefanie S.)

Regie
Nils Brück
Ausstattung
Martin Fischer
Musik
Peter Schneider
Mit
Oliver Firit
Gabriel Kemmether
Tobias D. Weber

Shakespeare wie im Rausch kann man nur im Komödienhaus erleben.

Rätselfrage und Chance auf Freikarten für den „Goldenen Drachen“

Auch bei den Beteiligten der Inszenierung „Der Goldene Drache“ steigt die Aufregung. Heute haben sie ihre Generalprobe und dann heißt es morgen im Großen Haus Premierenvorhang auf für das „Stück des Jahres“ 2010 von Roland Schimmelpfennig. Johanna Schall hat es für das Theater Heilbronn in Szene gesetzt. Wir verlosen Freikarten für die zweite Vorstellung der hochtourigen, bitterbösen Komödie, die am Mittwoch, dem 18. Januar, um 19.30 Uhr im Großen Haus stattfindet, wenn Sie die Antwort auf folgende Frage wissen: Wie viele Schauspieler schlüpfen in die 20 Rollen im Stück? Die Antwort schicken Sie bitte bis Dienstag, den 17. Januar 10 Uhr per Mail an schroeder@theater-hn.de. Bis 12 Uhr am 17. Januar erfahren Sie, ob Sie Freikarten für den Mittwoch gewonnen haben.

Making of – ein Dinosaurierkopf Teil 2

Der Bühnenbildner hüpft vor Freude in die Luft. An diesem Punkt atmet Theatermaler und –plastiker Stefan Dittrich auf. Sein Dinosaurierkopf für das Stück „Agent im Spiel“ (Premiere am Donnerstag, dem 12.01.2012) ist fertig und gefällt dem Inszenierungsteam. Bis hierhin war es viel Arbeit…

In „Making of – ein Dinosaurierkopf Teil 1“ fehlten dem aufgerissenen Maul noch die Reißzähne. Nachdem Stefan Dittrich die eingesetzt hat, wird der Dinokopf komplett mit Vaseline eingerieben. Denn nun kommt der Zwei-Komponenten-Epoxid-Harz zum Einsatz: der auf der Seite liegende und mit Glasfaserstoff kaschierte Dinokopf wird mit dem Harz übergossen. Glasfasern und Harz verbinden sich zu einer transparenten, festen Schicht, die wegen der Stabilität zweimal aufgetragen wird.
Ein von der Schlosserei gefertigtes Eisengerüst sorgt dafür, dass der Kopf steht und nicht mehr nach vorne kippt.

Da der Dinokopf im Stück leuchten soll, muss die ausgehärtete Harzschicht aufgeschnitten und das Styropor entfernt werden. Dafür werden die verschiedensten Hilfsmittel benutzt: von der Hacke bis zum Schraubenzieher. Ist das Styropor entfernt, wird der Dinosaurier wieder zusammengesetzt und lasierende Stofffarbe in einer Mischung aus olive- und giftgrün aufgetragen. Zwischen dem Auftrag der Farben werden immer wieder Lichttests durchgeführt, damit der Dinokopf am Ende die passende Strahlung besitzt.

Rebecca G., Praktikantin

[slideshow post_id=“1796″]

Von fliegenden Zähnen und Parallelwelten

Roland Schimmelpfennig schrieb mit »Der Goldene Drache« das »Stück des Jahres 2010«

Der Zahn tut weh. Höllisch weh. Aber weil der kleine Chinese (oder ist es ein Vietnamese oder Thailänder?), der mit vier anderen in der winzigen Küche des Schnellrestaurants »Der Goldene Drache« arbeitet, kein Geld und keine Papiere hat, kann er nicht zum Zahnarzt gehen. Außerdem lenken die lauten Schmerzensschreie vielleicht unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihn und seine ebenfalls illegalen Kollegen. Und dann kommt jemand auf die Idee mit der Rohrzange …

Das ist eine von vielen Geschichten, die der Dramatiker Roland Schimmelpfennig in seinem Erfolgsstück »Der Goldene Drache« erzählt bzw. erzählen lässt. Mit fantastischer Fabulierlust führt er uns in und durch die Parallelwelten eines Hauses in einer Großstadt, vom Schnellrestaurant »Der goldene Drache« im Erdgeschoss bis zur Wohnung des jungen Paares unter dem Dach. Tür an Tür, Stock über Stock, Wand an Wand finden sich in 48 kurzen Szenen die Figuren und Handlungsfäden, die sich allein für die Zuschauer zu einem fast schicksalhaften Netz an Beziehungen aufspannen. Da will eine junge Frau ihrem Großvater von ihrer Schwangerschaft erzählen, ein Mann im gestreiften Hemd wird von seiner Frau verlassen, und ein Lebensmittelhändler verbirgt im Hinterzimmer ein böses Geheimnis. Die Verknüpfungen zwischen den Geschichten bilden die Bestellungen der Gerichte im »Goldenen Drachen« und der löcherige Zahn, der überraschend zum Fliegen kommt.

Roland Schimmelpfennig, aktuell der meist gespielte Gegenwartsdramatiker im deutschsprachigen Raum, nimmt sich ein Format, das man von »Lindenstraße« & Co. kennt, und spinnt es lustvoll zu einem manchmal grotesken, manchmal tragischen Theaterstück mit vielen doppelten Böden weiter. Dabei stellt er Schauspieler und Regisseure vor fast artistische Aufgaben: Die zahlreichen Rollen seines Stücks werden von nur fünf Darstellern übernommen, die spielen, kommentieren und (nach-)erzählen, was das Zeug hält und dafür sorgen, dass in der kleinen alltäglichen Welt der Figuren die globalisierte große aufscheint.

Bei der Kritikerumfrage der Theaterzeitschrift »Theater heute« wurde »Der Goldene Drache« zum Stück des Jahres 2010 gewählt, im selben Jahr hat Schimmelpfennig dafür auch den Mülheimer Dramatikerpreis erhalten. In Heilbronn wird das rasant zwischen den Ebenen, Spielweisen und Geschichten springende Stück von Johanna Schall auf die Bühne des Großen Hauses gebracht, die als Enkelin von Bertolt Brecht aus einer großen Theaterdynastie stammt. Willkommen im »Goldenen Drachen«! (Andreas F.)

Premiere am 14.01.12, 19.30 Uhr, Großes Haus

Regie
Johanna Schall
Bühne
Horst Vogelgesang
Kostüme
Jenny Schall
Dramaturgie
Andreas Frane
Mit
Stefan Eichberg
Susan Ihlenfeld
Till Schmidt
Sabine Unger
Sebastian Weiss

Fünf im Zahn: Im Schauspiel »Der Goldene Drache« schafft ein löcheriger Zahn verblüffende Verbindungen zwischen den Bewohnern eines Hauses.