Dressur d’amour

 GEBALLTE FRAUENPOWER IN DER KOMÖDIE »DER DRESSIERTE MANN«

Wann ist der Mann ein Mann? Das fragte schon Herbert Grönemeyer. Wenn er außen hart ist und innen ganz weich? Neueste Studien zeigen, dass das klassische Rollenbild des Mannes, der sich vor allem über Stärke oder Statussymbole definiert, von gestern ist. Der Mann von heute ist bereit, die weiche Seite nach außen zu kehren und eine Träne zu verdrücken, wenn der geliebte Fußballklub wieder haushoch verloren hat. Doch wie viel »Mann« bleibt da noch übrig? Immerhin 31 Prozent der in einer Umfrage befragten Frauen finden es lächerlich, wenn Männer sich die Achseln rasieren. Und jede fünfte Frau findet es unmännlich, wenn Er keinen Nagel in die Wand bekommt. Wie möchte Frau also den Mann haben?

Für Alice Schwarzer war das in den 1970er Jahren noch keine Frage. Dass die Frau über den Mann verfügen, ihn gar von sich abhängig machen kann – undenkbar! Schließlich kämpft(e) Schwarzer für die Emanzipation der Frau, für die Befreiung aus dem die Frau unterjochenden Patriarchat. In scharfer Abgrenzung zu Schwarzer stellte Esther Vilar in ihrem 1971 erschienenen Buch »Der dressierte Mann« die These auf, dass der Mann zwar ein starkes, intelligentes Wesen ist, sich aber bereitwillig in einem System namens Ehe versklaven lässt, in dem ihn die Frauen als »ausbeutendes Luxusgeschöpf« durch verschiedene Dressurakte von sich abhängig machen. Dass sich Vilar mit diesen Äußerungen keine Freundinnen machte, liegt auf der Hand. Als »Verräterin des eigenen Geschlechts« beschimpft, angefeindet und sogar zusammengeschlagen, verließ sie die Bundesrepublik und emigrierte in die Schweiz.

Wann ist der Mann ein Mann? Foto: Fotostudio M42

Der Autor John von Düffel hat Vilars antifeministische Kampfschrift für die Bühne als spritzig-amüsante Komödie bearbeitet. Düffel lässt dabei nicht nur die zwei Antipoden Emanze und Antifeministin in Gestalt zweier Mütter aufeinanderprallen, er hinterfragt auch die Chancen für ein glückliches Zusammenleben der nachfolgenden Generation. Bastian will Helen einen Antrag machen. Er ist der heiratswilliger Sohn von Dr. Elisabeth Schröder-Röder, Feministin der ersten Stunde und promoviert in Gender Studies. Helens Mutter ist Dr. Konstanze Engelbrecht, verheiratet in 3. Ehe mit einem Zahnarzt und promoviert »in Naturwissenschaften, also Männer«. Die Verlobte in spe teilt ihrem Liebsten jedoch just in dem Moment mit, dass sie den Job bekommen hat, auf den Bastian eigentlich scharf ist und dass sie jetzt ein Vielfaches mehr verdient als er. Für Helen kein Problem, schließlich leben die zwei in einer »Beziehung auf Augenhöhe«. Doch für Bastian ist der Abend gelaufen. Seine Männlichkeit ist angekratzt, an Heirat ist nicht mehr zu denken. Ein Drama für Helens Mutter. Schließlich glaubte sie, den »Ladenhüter ihres Lebens« endlich an den Mann gebracht zu haben. Und auch Dr. Schröder-Röder findet plötzlich Gefallen an der Idee, dass die Ehe eine perfide Erfindung der Frauen zur Unterwerfung des Mannes ist. Schließlich würde sich erst dadurch die Emanzipation der Frau bezahlt machen! Also wird Helen kurzerhand in ein powackelndes Weibchen verwandelt und bezirzt Bastian in der »Sprache der Verführung« so gut sie es eben kann. Als die drei Frauen sich am Ziel glauben, zieht Bastian überraschend den Schwanz ein und erklärt die Ehe für überholt. Jetzt hilft nur noch eins: Kinder!

Starke Frauen, die so rigoros wie vergnüglich ihren Mann stehen und ein beherzter Mann, der eigentlich nichts gegen Gleichberechtigung hat, solange die Frau nicht mehr verdient als er, stehen im Mittelpunkt dieser Komödie, die vielleicht einen Hinweis darauf geben kann, wie Liebende glücklich miteinander leben könn(t)en.

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Der dressierte Mann

Komödie von John von Düffel
Nach dem Bestseller  von Esther Vilar

Premiere am 02. März 2012, 20.00 Uhr im Komödienhaus

Regie: Alejandro Quintana
Bühnenbild: Stefan Brandtmayr
Kostüme: Cornelia Kraske
Dramaturgie: Stefanie Symmank
Mit:
Oliver Firit
Judith Lilly Raab
Sabine Unger
Katharina Voß

Zeigt her Eure Regale!

In einer Woche ist es soweit. „Der dressierte Mann“ hat am Freitag, dem 02. März, im Komödienhaus Premiere. Geprobt wird bereits fleißig und unser Bühnenbild ist auch schon fast fertig. Wie Ihr auf dem Foto sehen könnt, steht die Regalwand, vor der sich die Komödie um Helen und Bastian abspielt, auch schon. Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Bastian will Helen einen romantischen Antrag machen, da teilt sie ihm mit, dass sie befördert wurde und bald mehr Geld als er verdienen wird. Für Bastian ist der Abend gelaufen, der Heiratsantrag ist vom Tisch. Jetzt treten die beiden Mütter – eine Emanze und ein Weibchen – wortwörtlich aus dem Regal heraus. Parole: Die Heirat findet statt. Spritzig-frisch geht es dann zu, wenn Helen sich von einer Powerfrau in ein powackelndes Geschöpf verwandelt und Bastian, betrunken wie eine Strandhaubitze, die Welt nicht mehr versteht.

Noch ist unser Regal leer. Uns würde interessieren was in Euren Regalen so alles an Gegenständen, Nippes, Kunst, Büchern, Fotos, Maschinen usw. steht.

Also postet ein Foto oder schickt ein Foto bis zum 29.02.2012 an: katrin.schroeder@theater-hn.de
Wir sind gespannt!

Letzte Vorstellungen von „La Piaf“

Am 23., 24. und 25. Februar sind im Großen Haus des Theaters Heilbronn die letzten drei Vorstellungen von Mauro Bigonzettis Tanztheaterabend „La Piaf“ als Gastspiel des Staatstheaters Hannover zu sehen. Beginn der Vorstellung ist jeweils um 19.30 Uhr. Im Juni ist das Ballett aus Hannover dann mit „Gefährliche Liebschaften“ wieder in Heilbronn zu Gast.

Foto: Staatstheater Hannover

Mauro Bigonzetti gilt als führender Choreograf Italiens. Seine Arbeiten stehen für Humor und Sinnlichkeit, Athletik und Schönheit. Bigonzettis Bewegungssprache ist temperamentvoll, er kreiert starke Bilder. Im Auftrag des Staatstheaters Hannover entwickelte er eine abendfüllenden Choreografie über die größte Chansonette aller Zeiten: Edith Piaf. Nun kommt dieser im Mai 2011 uraufgeführte Abend als Gastspiel ans Theater Heilbronn.

»Non, je ne regrette rien« – das Chanson ging um die Welt, und »Nein, ich bereue nichts« war zugleich Lebensmotto seiner Interpretin: Edith Giovanna Gassion, die kleine Frau mit der großen Stimme, wurde als Edith Piaf zur Legende. Ihr Leben gleicht einem Roman aus dem Rotlichtmilieu, der kein Klischee auslässt. Als Kind zieht Edith mit ihrem Vater im Wanderzirkus umher und beginnt zu singen. Mit fünfzehn sorgt sie als Straßensängerin in Paris selbst für ihren Lebensunterhalt und wird wenig später fürs Cabaret entdeckt. Als »La Môme piaf« (kleiner Spatz) hat sie Erfolg und nimmt Schallplatten auf. Ihr Chanson »La Vie en rose« bringt der 31-Jährigen den internationalen Durchbruch. Sie singt von Liebe und Glück, von Abschied und Tod – und alles klingt glaubwürdig, denn sie geht selbst durch alle Höhen und Tiefen. Mit 47 – schwerkrank und drogenabhängig – stirbt »La Piaf«. Sie  hinterlässt kein nennenswertes Vermögen, aber rund 300 unsterbliche Lieder.

Foto: Staatstheater Hannover
Foto: Staatstheater Hannover

Mauro Bigonzetti
Mauro Bingonzetti wurde in Rom geboren und absolvierte ein Ballettstudium an der Opernschule von Rom. Von dort wurde er 1979 in die angeschlossene Ballettkompanie engagiert und wechselte vier Jahre später zum Aterballetto in Reggio Emilia, wo er zehn Jahre als Tänzer wirkte. In dieser Zeit arbeitete er u.a. mit Alvin Ailey, William Forsythe und Jennifer Muller zusammen. Ebenso wirkte er in zahlreichen Choreographien von George Balanchine und Leonide Massine mit. 1990 gestaltete er seine erste eigene Arbeit »Sei in movimento« für das Teatro Sociale in Grassina. Ab 1993 arbeitete er als freier Choreograph in enger Zusammenarbeit mit dem Balletto di Toscana. Von 1997-2007 war er Künstlerischer Leiter von Aterballetto. Weitere Kreationen sind für bedeutende Ensembles wie das English National Ballet London, Ballet National de Marseille, das Stuttgarter Ballett, das Ballett der Deutschen Oper Berlin und das New York City Ballet entstanden.

 

Foto: Staatstheater Hannover

 

Foto: Staatstheater Hannover

Do. 23.02.2012 19.30 – 21.15 Uhr
Fr. 24.02.2012 19.30 – 21.15 Uhr
Sa. 25.02.2012 19.30 – 21.15 Uhr

Für alle drei Vorstellungen gibt es noch Restkarten unter 07131/563001 oder 563050 oder im Online-Shop unter www.theater-heilbronn.de

Theater statt Unterricht

Eine kleine Überraschung hatte Frau Klaus dieser Tage für ihre 10. Klasse der Dammrealschule. Statt Deutschunterricht bekamen die Schüler einen ersten Einblick in das Klassenzimmerstück „Tito, mein Vater und Ich (UA)“ von Maja Das Gupta.

Probe im Klassenzimmer

Regisseur Christopher Gottwaldgab den Schülern zu verstehen, dass das Stück noch in der Probephase ist. D.h., die eine oder andere Requisite kann noch fehlen und auch Schauspieler Sebastian Weiss probiert sich noch aus.

Kurz darauf stürmte Sebastian Weiss schwer bepackt mit Kamerastativ und Taschen in die Klasse. Er spielt Tamas, einen Filmstudenten, der in der Klasse einige Szenen seines Films drehen will. Dieser Film ist seine Abschlussprüfung und soll die Geschichte seiner Geschwister und Eltern erzählen, die aus Ex-Jugoslawien stammen und im Krieg nach Deutschland gekommen sind.
Trotz Schlafmangels ist Tamas voller Energie. Er will wissen, wo Martha ist, teilt den Schülern ihre Rollen zu und, getrieben von der Angst, nicht fertig zu werden, steht er keine Minute still.

Probe im Klassenzimmer

Nach 20 Minuten ist der Teil des Schauspiels, den die Schüler an diesem Tag sehen sollten, vorbei. Denn nun folgte der Teil, der für das Inszenierungsteam wichtig ist, nämlich die Meinungen der Schüler zum bisher Gesehenen.

Es gibt konstruktive Kritik, aber auch noch die eine oder andere Frage, die beantwortet werden will.
Regisseur Christopher Gottwald testet mit der Frage „Wer ist Tamas und was will er in eurem Klassenzimmer“ erst mal, ob die Schüler dem Stück folgen konnten. Konnten sie, sehr gut sogar.
Eine Schülerin will wissen: „Ist Sebastian wirklich Tamas?“ Nein, d.h. er ist Schauspieler. Diese Frage kann man aber als großes Kompliment auffassen, denn Sebastian ist offenbar sehr überzeugend in seiner Rolle.
Wie Tamas auf die Klasse wirkt, interessiert Theaterpädagogin Katrin Singer. Er sei hektisch, überpowert und man merke, dass er unter großem Druck steht. Das ist durchaus im Sinn der Inszenierung.
Ein Schüler fragt: „Hat Sebastian improvisiert oder ist jeder Schritt geplant?“ Das Inszenierungsteam stellt klar: Sebastian improvisiert im Stück. Er muss auf die Situation im Klassenzimmer reagieren. Für einen Schauspieler ist es eine große Herausforderung, auf den Text, die Rolle und das Publikum gleichzeitig einzugehen.

Ob er das in diesem kurzen Ausschnitt des Stücks geschafft hat? Die Schüler finden: „Ja“. Sie waren begeistert von seinem Auftritt und können sich umso mehr über Folgendes freuen: Sie sind Premierenklasse, d.h. am 8. März findet die Premiere von „Tito, mein Vater und Ich (UA)“ von Maja Das Gupta in ihrem Klassenzimmer statt.

(Rebecca G.)

»Tito, mein Vater und ich« wird gefördert vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Einer der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit…

Einer der rechtschaffensten und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit…
»Kohlhaas« – Schauspiel nach der Novelle von Heinrich von Kleist  in den Kammerspielen

»An den Ufern der Havel lebte, um die Mitte des 16. Jahrhunderts, ein Rosshändler, namens Michael Kohlhaas, Sohn eines Schulmeisters, einer der rechtschaffensten zugleich und entsetzlichsten Menschen seiner Zeit.« Mit diesem Satz beginnt Heinrich von Kleists Novelle »Michael Kohlhaas«, in der ein fleißiger und gewissenhafter Pferdehändler zum Mörder und Brandstifter wird, weil ihm Unrecht widerfährt. Kleists Novelle ist bis heute einer der stärksten und aktuellsten Texte, wenn es um den Widerspruch zwischen Recht haben und Recht bekommen und um den Kampf des Einzelnen gegen Willkürherrschaft geht. Nun kommt das Schauspiel »Kohlhaas« auf die Bühne der Kammerspiele. Premiere der Inszenierung von Constanze Kreusch mit Tobias D. Weber als Michael Kohlhaas ist am 23. Februar um 20 Uhr. Regisseurin Constanze Kreusch und Dramaturgin Stefanie Symmank haben aus Kleists Novelle eine Bühnenfassung für einen Schauspieler geschrieben. Das Schauspiel bleibt sehr dicht an Kleists Novelle – sowohl in der Handlung als auch in der Sprache. Die Ausstattung von Petra Wilke zitiert in den Kostümen die Entstehungszeit der Novelle und macht im Bühnenbild Kohlhaas’ Weg von einem geordneten bäuerlichen Leben zu einem verzweifelten Kampf  um sein Recht sinnlich erfahrbar.
Das Stück beginnt am Abend vor der Urteilsverkündung. Kohlhaas, einsam und auf sich geworfen, erzählt seine Geschichte, die ihn bis zu diesem Punkt geführt hat:

Probenfoto

Eines Tages ist Kohlhaas mit prachtvollen Tieren auf dem Weg zum Markt nach Dresden. An der Tronkenburg, die einen neuen Junker hat, wird plötzlich ein Passierschein von ihm verlangt, was bisher nie der Fall war. Da er den nicht vorweisen kann, soll er zwei schöne Rappen als Pfand zurücklassen und einen Knecht, der die Tiere so lange versorgt. In Dresden erfährt er, dass das Verlangen des Passierscheins ein reiner Willkürakt des Junkers Wenzel von Tronka war. Vom Markt zurückgekehrt, findet er seine Pferde halb verhungert vor. Sie wurden, ohne ausreichend Futter zu bekommen, zu schwerer Feldarbeit eingesetzt. Der Knecht wurde aus der Burg geprügelt. Kohlhaas zeigt den Vorfall bei Gericht an und wartet geduldig auf die Aufnahme des Verfahrens. Nach einem Jahr erfährt er, dass die Klage dank einflussreicher Verwandter des Junkers abgewiesen wurde.  Michael Kohlhaas wendet sich an den Kurfürsten von Brandenburg, der die Bittschrift an den Kurfürsten von Sachsen weiterleitet. Dieser weist Kohlhaas als »unnützen Querulanten« ab. Daraufhin versucht Kohlhaas’  Frau Lisbeth dem Kurfürsten von Brandenburg persönlich eine Bittschrift zu überbringen. Bei der Übergabe wird sie tödlich verletzt. Von nun an nimmt der Pferdehändler das Recht in die eigenen Hand. Mit einer kleinen Schar von Knechten brennt er die Tronkenburg nieder. Der Junker flieht, Kohlhaas verfolgt ihn mit seiner ständig wachsenden Anhängerschaft, die ihn als Würgeengel gegen ihre Unterdrücker sehen, und legt Feuer in den Orten, in denen er den Junker vermutet. Ein Einschreiten Martin Luthers lässt ihn innehalten. Luther handelt für ihn freies Geleit und die Annahme seiner Klage vor Gericht aus. Kohlhaas ist sofort bereit, die Waffen ruhen zu lassen, wenn der Junker seine Pferde wieder gesund füttert und ihm zurückgibt. Wie aber soll das Gericht mit der grausamen Selbstjustiz des Kohlhaas umgehen? Und was hat es mit dem geheimnisvollen Zettel auf sich, von dem eine Zigeunerin behauptet, er werde Kohlhaas dereinst das Leben retten?

1810 schrieb Kleist diese Novelle nach einem authentischen Fall. Das Top-Thema, das in der Zeit, in der Napoleon Europa überrollte, heftig diskutiert wurde, war das Recht auf Widerstand gegen Herrscher- Willkür. Das historische Vorbild von Kleists Titelfigur trug den Namen Hans Kohlhase, wurde um 1500 geboren und 1540 hingerichtet.
Noch heute ist dieser Stoff Grundlage für Diskussionen: Welcher Zweck heiligt die Mittel? Wie weit darf man für sein Recht gehen? Welche Chance hat der Einzelne, sich gegen Willkür und Vetternwirtschaft durchzusetzen?

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Premiere der Winterreise frenetisch bejubelt

Die Winterreise


Premiere der Winterreise frenetisch bejubelt

Was für eine Premiere! 90 Minuten lang fast atemlose Spannung im Zuschauerraum, dann begeisterter, nicht enden wollender Jubel, nachdem Matthias Horn den letzten Ton des Liedes „Der Leierkastenmann“ gesungen hatte und das Bühnenlicht langsam erloschen war. Der frenetische Beifall und die Bravorufe galten zuerst dem Sänger, aber auch den Statisten, die ihn szenisch großartig unterstützen. Der Riesenapplaus galt ebenso dem Inszenierungsteam um Christian Marten-Molnár und Nikolaus Porz, die Franz Schuberts „Winterreise“ als Geschichte von Menschen interpretieren, die gesellschaftlich aus der Bahn geworfen wurden. Er galt dem Komponisten Jens Josef, der Schuberts Lieder, die eigentlich für Klavier geschrieben sind, sehr sensibel für Streichorchester arrangierte. Und er galt dem Württembergischen Kammerorchester unter Leitung von Ruben Gazarian, das diese unvergleichliche Musik ganz einfühlsam interpretierte, so dass man unweigerlich berührt wurde.
Die heutige Vorstellung der „Winterreise“ ist bereits nahezu ausverkauft. Die nächsten Vorstellungen sind am 3. und 5. April.

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Audienz beim König …

… Schauspieler zum Anfassen
Nach der letzten Vorstellung vom »Gestiefelten Kater« durften die Kinder mit den Darstellern weiterspielen

Teetrinken mit der Prinzessin, Suppenhuhnzielwurf mit Gustav, Mäusefangen mit dem Kater und Hans oder eine Audienz beim König. Die rund 400 Kinder, die mit ihren Eltern oder Großeltern am Sonntag  in die letzte Vorstellung vom „Gestiefelten Kater“ gekommen waren, genossen nicht nur das turbulente Spiel auf der Bühne sondern hinterher auch das  Treffen mit den Schauspielern. Mit den Helden, die sie gerade eben noch auf der Bühne beklatscht hatten, nun zu reden und zu spielen, das hatten die Kinder noch nicht erlebt. Die meisten der kleinen Besucher waren selbst verkleidet und wollten auch mal das Katerkostüm anfassen oder wissen, wie sich die Perücke der Prinzessin anfühlt. Auch wichtige Fragen, etwa wie man Schauspieler wird oder wie man die Schminkmaske wieder abbekommt, konnten an diesem Nachmittag geklärt werden. Vor allem bei der Teezeremonie mit der Prinzessin hatten die Kinder reichlich Gelegenheit, ihre vor allem begeisterten Kommentare zu dem Stück loszuwerden, was wiederum für die Schauspieler interessant war. Wann kommt man schon mal so eng in Kontakt mit seinem Publikum?  Nach 48 Vorstellungen heißt es jetzt Abschied zu nehmen vom  Kater in den Roten Stiefeln (Peter Volksdorf), vom verliebten Müllerburschen Hans (Philipp Lind), von der wilden Prinzessin (Julia Apfelthaler), dem ewig hungrigen König (Rolf-Rudolf Lütgens) und seinem lustigen  Diener Gustav (Ivan Gallardo). Aber schon im November gibt es wieder ein großes Märchen im Heilbronner Theater. (Silke Z.)

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Unbehaust in einer kalten Welt

Unbehaust in einer kalten Welt
»Die Winterreise«: Musiktheaterabend  nach Franz Schubert in einer Neu-Orchestrierung von Jens Josef
Koproduktion mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn

Einmal im Jahr finden sich die beiden wichtigen Kulturinstitutionen der Stadt Heilbronn, das Theater Heilbronn und das Württembergische Kammerorchester Heilbronn, zusammen, um gemeinsam ein Stück Musiktheater auf die Bühne zu bringen, das jenseits des gängigen Repertoires nur selten oder gar nicht in den Spielplänen zu finden ist. Am 17. Februar hat »Die Winterreise« nach dem gleichnamigen Liederzyklus von Franz Schubert Premiere im Großen Haus des Stadttheaters. Der in Kassel lebende Komponist Jens Josef hat die von Schubert für Klavier und Gesangsstimme geschaffenen Lieder für Streichorchester und  Bariton bearbeitet. Diese Neu-Orchestrierung der »Winterreise« erlebt an diesem Abend ihre Uraufführung durch das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter Leitung von Ruben Gazarian mit dem Heidelberger Sänger Matthias Horn. Für die Inszenierung zeichnet Christian Marten-Molnár verantwortlich, Musiktheaterregisseur und Chefdramaturg am Theater Heilbronn. Er hat gemeinsam mit dem Bühnen- und Kostümbildner Nikolaus Porz auch die anderen beiden Koproduktionen zwischen dem Heilbronner Theater und dem WKO »Verklärte Nacht« und »sinn_spuren« auf die Bühne gebracht.

Nun also Franz Schuberts »Winterreise«, die in der Orchestrierung von Jens Josef zu einer wahrhaften Theatermusik wird, wie Christian Marten-Monár betont. Der Regisseur hatte schon lange den Wunsch, die »Winterreise« in Szene zu setzen. Da traf es sich gut, dass das Württembergische Kammerorchester in dieser Spielzeit einen  Schwerpunkt seiner Arbeit bei Franz Schubert setzt.

Probenbild „Die Winterreise“

»Die Winterreise« als Beschreibung der Situation des Menschen in der Gesellschaft

Christian Marten-Molnár sieht in dem Liederzyklus ein Kunstwerk, das die Situation des Menschen in seiner Zeit beschreibt. Franz Schubert schrieb die Musik zu den Texten von Wilhelm Müller, die in der damals verbotenen Zeitung »Urania« erschienenen waren. Der Winter steht als Symbol für Kälte und eine menschenfeindliche Gesellschaft. Unter dem Deckmantel der Geschichte über eine enttäuschte Liebe beschrieben Müller und Schubert das Grundgefühl der Moderne: Die Unbehaustheit des Menschen in einer kalten Welt. Dies verstanden sie sowohl als Metapher auf die politischen Bedingungen ihrer Zeit: In Österreich fuhr Fürst Metternich einen restaurativen Kurs, der jegliche Form von Liberalismus verbot. Sein ausgeklügeltes Spitzelsystem sorgte dafür, dass jeder Widerstand im Keim ersticken musste. Der Dichter und der Komponist sahen es aber auch als Synonym für die sozialen Missstände ihrer Zeit: Armut, Obdachlosigkeit und Hungersnöte führten zur Verelendung vieler Menschen.
Diese bittere Armut hat auch das Leben von Franz Schubert (1797-1828) geprägt. Der heute unsterbliche Schöpfer von 600 Liedern, wunderbaren Sinfonien, Messen und Streichquartetten konnte von seiner Kunst nicht leben und fürchtete, eines Tages verhungern zu müssen. Um Anstellungen als Kapellmeister bewarb er sich vergeblich. Er hatte keine eigene Wohnung, sondern kam immer wieder bei Freunden unter bzw. zog als »Trockenwohner« von Quartier zu Quartier. Schubert erlebte Entbehrung, Hunger, Obdachlosigkeit, also Unbehaustheit am eigenen Leib.
In keinem Werk hat Schubert persönlicher über sich erzählt als in der »Winterreise«, die er 1827 schuf. Als er sie zum ersten Mal in seinem Freundeskreis spielte und sang, waren die Freunde erschüttert von der Seelenlage Schuberts, die sich hier offenbarte. Lieder aus diesem Zyklus wie »Der Lindenbaum« oder der »Leierkastenmann« berühren uns noch heute und die 24 Lieder der »Winterreise« gehören zum Schönsten, was es im Genre des Kunstliedes überhaupt gibt.

Inszenierungsidee

Christian Marten-Molnár ließ sich für die Inszenierung dieses Musiktheaterabends vom Leben Schuberts und den politischen Verhältnissen seiner Zeit leiten und wirft mit diesem Abend  einen Blick in die Seele eines einsamen, von der Gesellschaft ausgestoßenen Menschen – allerdings eines Menschen unserer Tage. Gemeinsam mit Ausstatter Nikolaus Porz suchte er für die Bühne nach einem Sinnbild für das gesellschaftliche Klima unserer Zeit, einem unbehaglichen Raum, in den »ein Mensch nicht hinein gehört, in dem er nicht leben sollte«. Sie entschieden sich für ein halbfertiges Parkhaus, an dem tagsüber noch gebaut wird und das nachts den Menschen ohne festen Wohnsitz als Unterschlupf dient. Die Tatsache, dass Schubert, der Schöpfer dieser wunderbaren Musik, auch ein Ausgestoßener in seiner Zeit war, lässt uns vielleicht zurückhaltender werden in unserem Urteil gegenüber seinen Leidensgenossen von heute, hofft der Regisseur.
Christian Marten-Molnár inszeniert den Abend mit dem Heidelberger Bariton Matthias Horn in der Hauptrolle, der ein ausgewiesener Spezialist der »Winterreise« ist und bereits eine eigene CD-Einspielung dieses Werkes vorgelegt hat. Er verkörpert auf der Bühne diesen Menschen, der aus dem bürgerlichen Leben herausgefallen und an einen Punkt geraten ist, an dem er nur noch sich selbst hat und die Musik Schuberts. Außerdem arbeitet er mit Statistinnen und Statisten des Heilbronner Theaters.

Die Neu-Orchestrierung

Die Komposition Schuberts war 1827 ungeheuer modern und innovativ. Er hat auf dem Gebiet des Liedes Grenzen überschritten wie kurz vorher Beethoven im Bereich der sinfonischen Musik.
Durch die Neu-Orchestrierung 2012 von Jens Josef wird die Brücke von Schuberts Zeit ins Heute geschlagen. Grundlage war die Idee für die szenische Umsetzung.
Jens Josef selbst sagt dazu: »Der Reiz besteht vor allem darin, dass das Original auf neue Weise gehört werden kann. Farben, mitunter sogar Klänge treten hervor, die zwar im Original angelegt waren, aber zugunsten anderer Schönheiten im Hintergrund blieben.« Zusätzlich hat er aus den Melodien Schuberts elektronische Klänge entwickelt, die für die Geräusche einer großen Stadt stehen.

Musikalische Leitung: Ruben Gazarian
Regie: Christian Marten-Molnár
Ausstattung: Nikolaus Porz

Mit: Matthias Horn
Statisterie
Württembergisches Kammerorchester

Premiere am 17. Februar 2012, 19.30 Uhr, Theater Heilbronn, Großes Haus

Alle Spieltermine:
Fr. 17.02.2012 19.30 Uhr
Sa. 18.02.2012 19.30 Uhr
Di. 03.04.2012 19.30 Uhr
Do. 05.04.2012 19.30 Uhr

Karten unter 07131/563001 oder 563050 oder direkt im Online-Karten-Shop unter www.theater-heilbronn.de

Die Winterreise – Impressionen einer Probe:

 

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Open-Air-Spektakel

Am 11. Mai gibt es um 22 Uhr ein großes Open-Air-Spektakel auf dem Theatervorplatz. Die Compagnie Retouramont aus Paris vollführt in der Choreografie von Fabrice Guillot »Danse des Cariatides« einen nächtlichen Tanz zwischen Himmel und Erde.

In einer spektakulären, abendlichen Aktion zwischen Himmel und Erde erobern drei Tänzerinnen den Luftraum vor dem Theater. Eine hohe Hauswand dient als »Tanzboden« für die Choreografie an Horizontal- und Vertikalseilen.
Die französische Compagnie Retouramont passt ihr Stück an die architektonischen Gegebenheiten des jeweiligen Ortes an. Dafür werden sie drei Tage in Heilbronn proben. Ein währenddessen hier gedrehtes Video spielt mit Perspektiven und Dimensionen und erschafft zusammen mit Licht, Ton und Live-Tanz eine so poetische wie spannungsgeladene Atmosphäre.

Foto: Pierre Galais

 

»In gewissen Nächten verlassen diese Steinwesen ihre Sockel und erobern den Raum, auf den sie so lange gestarrt haben. Ihre mineralische Konsistenz wird geschmeidig und allmählich befreien sie sich aus der Architektur. Auch unter dem Fundament leben mächtige Karyatiden, unterirdische Kolleginnen, Riesinnen mit einem Körper aus Dunkelheit. Sie erheben sich aus dem Untergrund, drängen sich an die Fassaden und treffen sich schließlich für einen nächtlichen Tanz. Sie bewegen sich umeinander, tragen einander und erschaffen unwahrscheinliche Zentauren mit Körpern aus Bildern und Dunkelheit. Lasst uns, nur für einen Moment, durch die Augen dieser Frauen sehen, und seht die Welt stürzen, die Wände schwanken und den Horizont sich um sich selber drehen. Die Karyatiden verkehren die Schwerkraft der Welt.« (Cie. Retouramont)

Foto: Pierre Galais

 

Produktion: Le Manège Mons/Belgien, Remue-Méninges/Lieux Publics, pOlau Pôle des Arts Urbains Cie Off, Compa/CG Eure et Loir, Theater Bonneuil, Theater Cachan,Theater Charenton (Val-de-Marne), Grand Théâtre Lorient, Gemeinde Port-Louis, Schloss Clermont, Associazione Culturale BASILICATA 1799 / Festival Citta delle Cento Scale – Rassegna Internazionale di Danza e arti performative nei Paesaggi Urbani (Italien).
Gefördert durch: Abteilung für Musik, Tanz, Theater und Darstellende Künste des Ministeriums für Kultur und Kommunikation Frankreich; Conseil Général Département Val-de-Marne; Conseil Général Département Seine-Saint-Denis.
Gastspiel mit freundlicher Unterstützung des Institut français d’Allemagne / Bureau de la création artistique – Théâtre et Danse.

Choregrafie:
Fabrice Guillot
Tanz:
Séverinne Bénnevault
Bérangère Roussel
Nathalie Tedesco
Komposition:
Bach to Beirut / Trio
Filmregie/Video, Lichtdesign:
Pierre Galais

Dauer: 40 Min.

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Danse des Cariatides von jmcarmona

Probenauftakt von „Tito, mein Vater und Ich“

Für unser Klassenzimmerstück „Tito, mein Vater und Ich (UA)“ von Maja Das Gupta haben dieser Tage die Proben begonnen. In der TheaterWerkStatt gibt es jetzt eine Tafel, ein Lehrerpult und natürlich Schulbänke. Ein „Probe-Klassenzimmer“ für den Schauspieler Sebastian Weiss, der im Stück Tamas spielt.

Tamas ist Filmstudent und in vier Tagen ist Abgabetermin für seinen Abschlussfilm. Um seinen Vater soll es gehen. Seine Eltern stammen aus Ex-Jugoslawien und sind im Krieg nach Deutschland gekommen. Und Tamas, der erst in Deutschland geboren wurde, hat sich nichts weniger vorgenommen, als die Geschichte seiner Eltern und Geschwister mit dem Film zu erzählen.

Das Stück wird, wie der Name schon sagt, im Klassenzimmer der jeweiligen Klasse spielen, die das Stück sehen will. Das bringt für Regisseur Christopher Gottwald und Schauspieler Sebastian Weiss Herausforderungen mit sich. Denn jedes Klassenzimmer ist anders: andere Stühle, andere Tische und vor allem andere Schüler! Wie werden sie wohl reagieren, wenn ein „Filmstudent“ vor ihnen steht und Fragen stellt? Wie viel wird Sebastian improvisieren müssen, wie nah bleibt er am Text?

Im Moment sind die Proben im vollen Gange und bald könnt ihr hier erste Bilder dazu sehen!

Rebecca Göttert, Praktikantin

Konzeptionsprobe „Tito, mein Vater und ich“