Wahnsinnsritt durch „Shakespeares sämtliche Werke“ beginnt

Kaum ist ein Stück zur Premiere gebracht, beginnt auch schon der Probenzyklus für ein Neues. Für das Komödienhaus wird gerade der Wahnsinnsritt durch „Shakespeares sämtliche Werke“ geprobt. Leicht gekürzt, denn statt rund 150 Stunden, die eine Aufführung von Shakespeares 37 Tragödien, Komödien und Königsdramen dauern würde, braucht es für diesen Abend nur zwei Stunden.
Drei gut aufgelegte Schauspieler: Gabriel Kemmether, Oliver Firit und Tobias Weber spielen alle großen Herren- und Damenrollen des Großmeisters der englischen Dramatik und stellen sie in die aberwitzigsten Zusammenhänge. Nils Brück führt Regie und will das Publikum zur einer Achterbahnfahrt durch Shakespeares Werk und gleichzeitig durch 400 Jahre Theatergeschichte einladen. Bühnen- und Kostümbildner Martin Fischer will nicht nur die Schauspieler in Renaissance-Kostüme stecken, sondern er hat auch eine überraschende Lösung für die Bühne gefunden. Welche das ist, kann man spätestens zur Premiere am 21. Januar um 20 Uhr im Komödienhaus sehen.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Entscheidungen für Tanz! Heilbronn 2012 fallen jetzt

Seit ein paar Wochen läuft der Entscheidungsprozess für das Tanzfestival 2012 auf Hochtouren. Welche Gruppen sollen bei Tanz! Heilbronn im kommenden Jahr auftreten, welche Workshops sollen angeboten werden?

Die Einladung von großen internationalen Tanzkompanien muss immer schon sehr früh erfolgen. So wurde bereits im Februar 2011 die kanadische Company Marie Chouinard für das Festival im Mai 2012 eingeladen. Bekannte Künstler haben wie die Stadttheater einen Planungsvorlauf von über einem Jahr, und begehrte Stücke sind frühzeitig ausgebucht – da geht es den Programmmachern nicht anders als dem Theaterpublikum.

Außerdem gibt es in der Tanzwelt unausgesprochenen Hierarchien: ein Veranstalter, der mehrere Vorstellungen anbieten und womöglich als Koproduzent eine zukünftige Produktion mitfinanzieren kann, ist für einen bekannten Choreografen ein interessanterer Gesprächspartner als derjenige, der „nur“ ein einzelnes Gastspiel anbieten kann. Um die „Stars“ unter den Choreografen zu „kriegen“, ist also Einsatz gefragt. Manchmal – wie bei Alain Platel vor 2 Jahren – hilft das langjährige Interesse an der Arbeit und eine günstige Gelegenheit zum persönlichen Gespräch. Beharrlichkeit kann nützlich sein, oder das Glück, dass die Kompanie aus Fernost gerade zum Festivalzeitraum in Europa unterwegs ist. Und manchmal klappt es einfach nicht, die Termine passen nicht – und das Programm muss anders gestaltet werden.

In meiner Eigenschaft als Kuratorin oder Festivalprogrammacherin studiere ich die Tanzfachpresse und Spielpläne von Tanzhäusern und Tanzfestivals unter dem Blickwinkel, ob etwas für das Heilbronner Publikum dabei sein könnte, mache Listen mit Namen und plane Vorstellungsbesuche.

Bei der Auswahl spielt die jeweilige choreografische Handschrift und die Qualität der Arbeit eine große Rolle. Manche Künstler beobachtet man schon lange und wartet auf eine passende Gelegenheit zur Einladung. Andere werden von Kollegen empfohlen, wieder andere sind auf vielen Festivals präsent und so eine Art „must have“ im Tanzbetrieb. Außerdem senden Agenturen und Künstler Informationen über ihre Stücke und häufig auch DVDs der Arbeiten. Videoaufzeichnungen können aber nur einen ersten Eindruck verschaffen, den leibhaftigen Vorstellungsbesuch ersetzen sie nicht. Also heißt es Kofferpacken und Losfahren.

Fortsetzung folgt.

Karin Kirchhoff, Kuratorin Tanz! Heilbronn

Karin Kirchhoff

Tanz! Heilbronn 2012

»Tanz! Heilbronn« geht vom 09.-13. Mai 2012 in die vierte Runde
Die vierte Ausgabe des Festivals für zeitgenössischen Tanz steht unter dem Motto DER AUFRECHTE GANG, was sowohl wörtlich wie auch im übertragenen Sinne verstanden werden kann. Das Festival schließt sich damit dem Themenkomplex der Theaterspielzeit COURAGE UND WIDERSTAND an. Geplant sind Aufführungen, die sich thematisch mit dem »Einstehen« für die eigene Sache oder die eigene Überzeugung beschäftigen, auch gegen politische und gesellschaftliche Widerstände.

Besonderen Mut braucht es immer noch, wenn sich Menschen mit körperlichen Behinderungen tanzend auf der Bühne zeigen. Dass daraus beeindruckende künstlerische Produktionen entstehen können und dass DER AUFRECHTE GANG
auch mit körperlichen Einschränkungen möglich ist, soll in diesem Jahr durch eine Aufführung – begleitet von einem Amateurprojekt oder einem Workshop – thematisiert werden. Wie in den vergangenen Jahren wird sich die Bandbreite der gezeigten Stücke von großen, international bekannten Produktionen
bis zu ersten Arbeiten von jungen Choreografen erstrecken. Das Rahmenprogramm umfasst Künstlergespräche und/oder Einführungen in ein Werk, einen Film zum Thema sowie Workshops, in denen einige der im Festival auftretenden Künstler ihre Tanztechnik und Methodik vermitteln.
Wir freuen uns auf Sie!

Ihre Karin Kirchhoff
(Kuratorin Tanz! Heilbronn)

Internationales Highlight:
Compagnie Marie Chouinard (Montréal):
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Die kanadische Choreografin Marie Chouinard lässt ihre Ballerinen nicht nur Spitzenschuhe an den Füßen oder Händen tragen, sie gibt ihnen auch Krücken, Gehhilfen, Fesseln und lässt sie in Harnessen über die Bühne fliegen. Der Gebrauch der Hilfsmittel führt zu ungewöhnlichen Körpergebilden und öffnet ein Universum von präzisen und spielerischen Erkundungen, in denen Solos, Duos, Trios und Gruppensequenzen die menschliche Existenz in vielen Facetten widerspiegeln.

Gerätschaften und Schuhe begrenzen und erweitern die Bewegungsmöglichkeiten der zehn Tänzerinnen und Tänzer. Deren weitgehend entblößte Körper verwandeln sich in hybride Wesen zwischen Mensch und Maschine, roboter- oder insektenhaft, wie zerlegt in ihre Einzelteile und dennoch aggressiv sinnlich. Schönheit und Deformation, Vollkommenheit und Kontrollverlust irisieren in der extravaganten Ästhetik der Inszenierung. Ballettstangen werden zu Notenlinien und unterstreichen die enge Verbindung mit der Musik: ein elektronisch stark manipulierter Remix aus Bachs GOLDBERG-VARIATONEN, eingespielt von Glenn Gould, versetzt mit Interviewfragmenten Goulds.

Seit 1990 leitet Marie Chouinard ihre eigene Compagnie. Ihre Stücke touren weltweit, sie erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. den Ordre du Canada und den französischen Chevalier de l’Ordre des Arts et Lettres. Besonders bekannt wurde ihre Interpretation von Stravinskys sacre du printemps von 1993, das die Compagnie bis heute im Repertoire führt.

Tanz! Heilbronn 2012

Deutscher Lernatlas weist aus: Wir leben in einer wirklich theaterbegeisterten Region

Wir haben es ja immer geahnt, aber nun ist es auch im Deutschen Lernatlas der Bertelsmann-Stiftung nachzulesen: In Heilbronn und Umgebung leben die am meisten theater- und konzertbegeisterten Menschen aller vergleichbaren Städte und Kreise in Deutschland. Die Stadt Heilbronn wurde in der Kategorie der kreisfreien kleinen und mittleren Großstädte deutschlandweit mit 56 Städten verglichen und liegt hier bei den Theater- und Konzertbesuchen auf Platz 1. Der Landkreis Heilbronn liegt unter 144 „Kreisen im verdichteten Umland“ bei den Theater- und Konzertbesuchen auf Platz 2.

Das ist heute in der Heilbronner Stimme nachzulesen. Und wer es ganz genau wissen möchte, möge unter www.deutscher-lernatlas.de nachschauen. Da kann man seine Region eingeben und erhält alle relevanten  Daten genau aufgeschlüsselt. Die Theater- und Konzert-Besuche sind in dem Bereich „Persönliches Lernen“ erfasst.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Ein Regisseur wird zum Brüller!

Es wird ja behauptet, dass Regisseure auf den Proben gelegentlich die Beherrschung verlieren und rumbrüllen was das Zeug hält. Das mag an einigen Theatern vielleicht auch zutreffen, aber was am Theater Heilbronn derzeit Vorstellung für Vorstellung des Weihnachtsmärchens „Der gestiefelte Kater“ passiert, ist ein Brüller für sich. Wenn in der Szene, in der der Kater den Zauberer mit einem klugen Trick überlistet, der Löwe mit mächtigem Gebrüll auf die Bühne kommt, schlottern nicht nur dem Kater die Knie. Doch wo kommt die Aufnahme her? Aus dem Safariurlaub der Regieassistentin, aus der Daktarisammlung eines Schauspielers, aus dem Archiv des Tonmeisters? Nein! „Eingebrüllt“ hat es der Regisseur Alejandro Quintana höchstpersönlich. Und nicht nur der Löwe kommt aus seiner Kehle, auch der Elefant ist ein Werk des animalischen Lautmalers Quintana. Ein tierisches Vergnügen … wie das Weihnachtsmärchen überhaupt. Und damit wollen wir uns gar nicht selber loben, sondern nur die vielen Rückmeldungen zitieren, die wir derzeit erhalten. „Der gestiefelte Kater“ ist in aller Munde, jeder will es sehen und manch einer greift auch zu etwas unkonventionellen Mitteln wie beispielsweise ‚Alibikindern’, um die Geschichte des Müllerburschen Hans, der dank des klugen Katers ein Graf wird und die große Liebe findet, zu erleben. Also machen Sie sich keinen Stress beim „Kinder kriegen“, bei uns dürfen sie auch ohne kindliche Begleitung das Weihnachtsmärchen anschauen. Denn wie sagte schon Erich Kästner: „Im Herzen bin ich immer Kind geblieben.“ Und wir ergänzen: „Gerade zur Weihnachtszeit dürfen wir diesem Kind freien Lauf lassen.“ Rennen Sie uns die Theatertüren ein!

Stefanie Symmank, Dramaturgin

Der Löwe

 

 

Unsere Neuen: Stefanie Symmank

Und wenn man noch so ein großer Goethe-Freund ist − eines seiner Stücke über fünf oder sechs Stunden im Theater zu verfolgen, das hält wohl selbst der hartgesottenste Fan nicht aus. »Deshalb gibt es uns, die Dramaturgen«, sagt Stefanie Symmank. Damit so ein Goethe-Stück nur zweieinhalb oder drei Stunden dauert, nehmen sich die Dramaturgen den Text vor und kürzen ganz vorsichtig Passagen heraus. Entscheidend ist natürlich, dass man ihn trotzdem versteht und dass nichts Wesentliches fehlt. So anschaulich beginnt Stefanie Symmank ihre Arbeit zu erklären, denn sehr oft wird ihr die Frage gestellt: Was macht man eigentlich als Dramaturgin? Seit dieser Spielzeit gehört sie zum Leitungsteam des Theaters Heilbronn. Das Einstreichen der Texte ist dabei nur ein kleiner Aspekt der Arbeit. Die Dramaturgen erstellen die Programmhefte, sie sind das neutrale Auge im Inszenierungsprozess, vermitteln zwischen Autoren und der Regie, zwischen Regie und Schauspielern, zwischen Inszenierung und Publikum. »Wir sind die Textdeuter, die Vermittler, die Brückenbauer, – obwohl wir den Goethe natürlich auch nicht selbst gekannt haben.« Dramaturgen lesen unendlich viele Stücke und suchen aus der Vielfalt der alten und neuen dramatischen Texte diejenigen  heraus, die für die Zeit, die Stadt und ihr Theater interessant sein können. Sie arbeiten im Hintergrund, verbeugen sich nie auf der Bühne, obwohl sie auch  einen großen Anteil am Gelingen einer Inszenierung haben. In Heilbronn jedoch gehören sie zu den bekannten Gesichtern des Theaters. Sie sind die Protagonisten, wenn es heißt, engagiert auf das Publikum zuzugehen. Sie leiten die Theaterfrühstücke und halten vor den Vorstellungen die Einführungen zu den Stücken. Das bedeutet zwar gegenüber anderen Theatern ein Mehr an Arbeit, kann Stefanie Symmank aber nicht schrecken. »Der Austausch mit dem Publikum ist mit das Schönste an meiner Arbeit. Und die Aufforderung, mit mir und meinen Kollegen ins Gespräch zu kommen, ist immer ernst gemeint«, sagt die gebürtige Neubrandenburgerin. Eine Puppentheaterinszenierung von Ovids »Metamorphosen«, die sie im Vorschulalter in ihrer Heimatstadt sah, war das Erweckungserlebnis. Nicht Schauspielerin zu werden, sondern als Dramaturgin zu arbeiten, diese Entscheidung traf Stefanie Symmank während ihres Praktikums am Kinder- und Jugendtheater in Berlin. Die Kommunikation auf Augenhöhe mit dem künstlerischen Leiter einer Produktion, ja sogar die Mitwirkung an der inhaltlichen Ausrichtung eines ganzen Theaters sollten von da an zu ihren Arbeitsfeldern gehören. Ihr Studium in Hildesheim war »glücklicherweise« sehr praxisorientiert. Danach führte ihr Weg über die Theater Konstanz und Erlangen nach Heilbronn. Ihren Einstand als Dramaturgin hatte sie mit der »Zoogeschichte« und den »Präsidentinnen«. Derzeit beschäftigt sie sich intensiv mit dem »Gestiefelten Kater« und bereitet schon das Stück »Shakespeares sämtliche Werke (leicht gekürzt)« fürs Komödienhaus vor. Und nebenbei ist sie mit ihren Kollegen auf der Suche nach Stoffen für die neue Spielzeit.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

 

Stefanie Symmank
Foto: Fotostudio M42

 

Unsere Neuen: Andreas Frane

»Ich wollte gar kein Dramaturg werden. Nicht mal ans Theater wollte ich«, sagt Andreas Frane. Vielmehr sah er sich im Feuilleton einer Zeitung. Mit journalistischer Arbeit hat er sich sein Studium der englischen Literatur und der Theaterwissenschaft in Erlangen finanziert. Er schrieb Theaterkritiken, Buchrezensionen und besprach Filme. Das Volontariat bei der Zeitung war ihm schon sicher. Um die Zeit zwischen Studium und Redakteursausbildung zu überbrücken, ging er als Hospitant ans Theater Hof – nur um sich mit noch mehr Wissen zu rüsten für seine künftige Arbeit. »Und das war’s. Da habe ich Blut geleckt und kam vom Theater nicht mehr los.« Selbst am künstlerischen Prozess beteiligt zu sein und nicht nur über das Ergebnis zu schreiben, erschien ihm viel reizvoller. »Das Theater ist eine eigene Welt, die kann einen auch auffressen. Aber sie garantiert in jedem Fall, dass das Leben nicht langweilig wird.« Von Hof ging es nach Nürnberg und von da aus zu seiner ersten festen Anstellung als Dramaturg ans Theater nach Passau. Das ist jetzt 13 Jahre her und in dieser Zeit hat sich Andreas Frane zu einem Theatermann entwickelt, der den Kunstbetrieb von vielen Seiten kennt. Er war in Tübingen, Oldenburg und Hildesheim engagiert, hat Öffentlichkeits- und Pressearbeit gemacht und war sogar für ein halbes Jahr Schwangerschaftsvertretung einer Verwaltungsdirektorin. 2010 hat er die 28. Bayerischen Theatertage in Regensburg geleitet. Noch immer schreibt er regelmäßig für Zeitungen, aber nicht mehr übers Theater, sondern über Bücher und Filme.
Was reizt ihn an Heilbronn?
Nicht nur die Nähe zu seiner Heimatstadt Nürnberg, sondern vor allem das Gefühl, in einem Team angekommen zu sein, in dem alle das Gleiche wollen. »Die Größe eines Hauses ist mir egal, aber man verbringt so viel Zeit miteinander, da muss Offenheit herrschen und man muss an einem Strang ziehen.« Beworben hat er sich in Heilbronn, weil es ein Schauspielhaus mit einem großen Ensemble ist und auch aus eigener Kraft Musicals produziert. Beidem, dem Schauspiel und dem Musical, gehört seine Leidenschaft. Er verbringt viel Zeit damit, nach Raritäten zu suchen, die zu Erfolgen werden könnten. In seiner letzten Wirkungsstätte, dem Theater Hildesheim, ist mit der Entdeckung des Musicals »Die Frau des Bäckers« vom »Wicked«-Komponisten Stephen Schwartz so ein großer Wurf gelungen. Im Schauspiel begeistern ihn vor allem englische und amerikanische Autoren. In Heilbronn mag er auch die intensive Publikumsarbeit, die man als Dramaturg leisten muss. »Ich bin gern fürs Publikum da, denn ich weiß, warum wir ein Stück im Spielplan haben und warum wir es so inszeniert haben. Ich liebe Diskussionen mit Zuschauern.« Gerade betreut er die Komödie »Frohe Feste« des von ihm sehr geschätzten Alan Ayckbourn, die am 11. November Premiere haben wird. Und dann liegen auf seinem Schreibtisch schon stapelweise neue Stücke und Musical-CDs, die für die neue Spielzeit gelesen und gehört werden müssen.

Silke Zschäckel, Pressereferentin

Andreas Frane
Foto: Fotostudio M42

 

Das richtige Licht für den „Process“ finden

Für die Stimmung eines Theaterstücks spielt neben den Schauspielern, dem Ton, dem Bühnenbild und den Kostümen das Licht eine große Rolle. Verschiedene Farben geben den Szenen die richtige Atmosphäre, um zum Beispiel die Gefühlslage des Hauptdarstellers zu unterstreichen.

Bei 400 Scheinwerfern muss aber erst mal entschieden werden, von wo das Licht kommen und welche Farbe es haben soll. Um das zu entscheiden, gibt es sogenannte Beleuchtungsproben, die bis zu zwei Tagen für ein Stück dauern können.

Dieser Tage war die Beleuchtungsprobe vom „Process“. Praktikant am Theater Heilbronn zu sein, macht wahnsinnig viel Spaß. Man lernt das Theater von allen Seiten kennen, heute als Beleuchtungsstatist.
Am Anfang gab mir die Regieassistentin Julika van den Busch einen kurzen Hinweis: „Wenn wir (d.h. Julika, Regisseur Axel Vornam und Carsten George, Leiter der Beleuchtungsabteilung) rechts sagen, gehst du links und wenn wir links sagen gehst du rechts.“ Das Trio sitzt nämlich im Zuschauerraum und sucht die richtige Stimmung für jede Szene.

Als Beleuchtungsstatist nimmt man also die jeweiligen Positionen der Schauspieler ein, die in der Szene spielen. Wenn man weiß, was eine „Gasse“ ist, hat man schon einen Vorteil. Die „Gassen“ sind verschiedene Eingänge, durch die man auf die Bühne gelangt. Also laufe ich von Gasse zu Gasse, lege mich in der Bühnenmitte auf den Boden und verwechsele regelmäßig rechts und links.

Außerdem muss ich mich immer wieder umschauen. Das Bühnenbild, das leider bis zur Premiere ein Geheimnis bleibt, ist beeindruckend. Auf der Bühne zu stehen und sich vorzustellen, dass einen bei einer Vorstellung über 700 Menschen beobachten, ist beunruhigend. Dass man die Zuschauer wegen des Lichts, das einen selbst anstrahlt, nicht erkennen kann, nimmt einem auch nicht gerade die Aufregung.
Für den Hauptdarsteller vom „Process“, Sebastian Weiss, dürfen die vielen Zuschauer kein Problem sein: Für die ersten Vorstellungen sind nur noch Restkarten zu haben.

Rebecca G., Praktikantin

Albtraum oder Wirklichkeit

»Der Process« nach Franz Kafka hat Premiere im Großen Haus
(Premiere 26.11.2011 – nur noch RESTKARTEN für die ersten 4 Vorstellungen!)

Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet. Welche Schuld der dreißigjährige Bankangestellte Josef K. auf sich geladen haben soll, erfährt er nicht. Er muss auch nicht ins Gefängnis, darf weiter seiner Arbeit nachgehen und soll auch sonst an seinem Leben nichts ändern. Doch zunehmend ergreift die unklare Bedrohung »Process« immer mehr die Herrschaft über K.s Gedanken und Handlungen.

Peggy Mädler, die gerade mit ihrem Romandebüt »Legende vom Glück des Menschen« Erfolge feiert und für das Theater Heilbronn bereits maßgeblich an der Textfassung der Schauspielcollage »Exit Europa« beteiligt war, hat Kafkas Roman für das Theater Heilbronn dramatisiert.

Wie stehst du zu diesem Roman:
Peggy Mädler: Ich bin – salopp gesagt – ein großer Fan von Kafka und besonders auch von diesem Roman. Ich mag die Mischung aus bedrückenden, sehr klug gebauten und gleichzeitig auch humorvollen Szenen. Es macht mir großen Spaß, bei Kafka dieses Augenzwinkern zu entdecken, mich von ihm zum Schmunzeln bringen lassen. Der Advokat, den K. aufsucht, liegt die ganze Zeit in einem riesigen Federbett – was für eine skurrile Situation, wenn man genauer darüber nachdenkt!

Unter welchem Aspekt seziert man einen Roman, wenn er auf der Theaterbühne spielbar sein soll?
Peggy Mädler: Im Vordergrund steht natürlich zunächst der Interpretationsansatz des Regisseurs. Dann kommen ganz praktische Erwägungen hinzu: Wie viele SchauspielerInnen stehen zur Verfügung? Wie sieht die Bühne aus? Welche Figuren gehen ab, welche bleiben auf der Bühne? Im Roman beispielsweise verlässt K. immer die Szene oder die jeweilige Situation. Bei uns kommt er während des ganzen Abends nicht von der Bühne. Ansonsten habe ich versucht, den Text hauptsächlich über Kürzungen und die Auswahl der Szenen zu modernisieren. K.s Leben in der Pension tritt in der Bühnenfassung in den Hintergrund, weil es aus einer heutigen Perspektive eher historisch wirkt. Dafür wird die Arbeitswelt von K., die Bank, viel stärker betont.

Welchen Interpretationsansatz verfolgt das Team mit der Inszenierung?
Peggy Mädler: Das Ganze ist wie ein Albtraum aufgebaut, bei dem man nicht genau weiß, was passiert hier eigentlich nur im Kopf von K. und was ist davon Realität. K. ist gleichzeitig Protagonist und Erzähler der Geschichte, das Geschehen entwickelt sich ja nicht unabhängig von seinem Erleben, sondern ist eng damit verknüpft, K. schätzt Situationen ein, bewertet sie und trifft Entscheidungen. Und letztendlich muss der Zuschauer auch immer wieder entscheiden, ob er K.s Wahrnehmung traut oder nicht.

Ist der Text der Bühnenfassung 100 Prozent Kafka?
Peggy Mädler: Ich würde sagen, der Text ist auf der Sprachebene 99 Prozent Kafka. Ich habe den Originaltext verwendet, ihn aber in Teilen anders strukturiert und verknappt und darüber hinaus Teile aus den Fragmenten und den »Traum« hinzugefügt, eine Erzählung, die im Umfeld des »Process« entstanden ist und in Kafkas Erzählband »Der Landarzt« veröffentlicht wurde. Josef K. geht in diesem Traum auf einem Friedhof spazieren, er fühlt sich nahezu magisch von den frischen Gräbern angezogen und entdeckt schließlich einen Künstler, der den Namenszug von K. in den Grabstein ritzt …

Wie ist deine Arbeitsweise beim Dramatisieren?
Peggy Mädler: Sie mutet wahrscheinlich sehr altmodisch an. Bevor ich mich an den Computer setze und losschreibe, arbeite ich mit Schere, Kleber, Papier und einer großen Wand in meiner Wohnung, die nur diesem Zweck dient – Strukturen bzw. Gliederungen zu erarbeiten. Genauso mache ich es auch beim Schreiben von Prosatexten, wie meinem Roman. Ich sortiere, ordne an dieser Wand, klebe Textpassagen zusammen oder verwerfe sie, bis das Grundgerüst fertig ist. Das hilft mir dann später am Computer bei der Orientierung.

(Die Fragen stellte Silke Zschäckel)

Getanzte Hommage an Edith Piaf!

Ballett von Mauro Bigonzetti als Gastspiel des Staatstheaters Hannover (Premiere 22. November 2011)

Non, je ne regrette rien« – das Chanson ging um die Welt, und »Nein, ich bereue nichts« war zugleich Lebensmotto seiner Interpretin: Edith Giovanna Gassion, die kleine Frau mit der großen Stimme, wurde als Edith Piaf zur Legende. Ihr Leben gleicht einem Roman aus dem Rotlichtmilieu, der kein Klischee auslässt. Als Kind zieht Edith mit ihrem Vater im Wanderzirkus umher und beginnt zu singen. Mit fünfzehn sorgt sie als Straßensängerin in Paris selbst für ihren Lebensunterhalt und wird wenig später fürs Cabaret entdeckt. Als »La Môme piaf« (kleiner Spatz) hat sie Erfolg und nimmt Schallplatten auf. Ihr Chanson »La vie en rose« bringt der 31-jährigen den internationalen Durchbruch. Sie singt von Liebe und Glück, von Abschied und Tod – und alles klingt glaubwürdig, denn sie geht selbst durch alle Höhen und Tiefen. Mit 47 – schwer krank und drogenabhängig – stirbt »La Piaf«. Sie hinterlässt kein nennenswertes Vermögen, aber rund 300 unsterbliche Lieder.
Mauro Bigonzetti widmet der Chanson-Legende sein neuestes Stück »La Piaf« – ein Auftragswerk für das Ballett der Staatsoper Hannover. Als einer der führenden italienischen Choreografen ist Bigonzetti bekannt für starke Bilder, Temperament und Sinnlichkeit. Seine Ballette sind auf den Spielplänen der Compagnien in aller Welt zu finden.

 

»La Piaf«
Foto: Staatsoper Hannover